Die Bedeutung paroxysmale Eruptionen wurde lange Zeit unterschätzt, doch in den letzten Jahren kristallisiert sich heraus, dass dieser Ausbruchstyp weitaus häufiger vorkommt, als bislang angenommen. Dazu trägt die bessere Dokumentation weltweiter Vulkanausbrüche bei, die im Rahmen der Digitalisierung in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte erzielte. Wenn ich hier von Ausbruchstyp spreche, ist zu berücksichtigen, dass die Paroxysmen bisher nicht in die offizielle Klassifizierung von Vulkanausbrüchen Einzug gehalten haben.
Der Begriff Paroxysmus stammt dabei ursprünglich aus der Medizin. Er beschreibt das anfallartige Auftreten einer Krankheitserscheinung, bzw. die anfallartige starke Steigerung bestehender Beschwerden. Auf einem Vulkanausbruch übertragen bedeutet dies, dass ein Paroxysmus ein sich langsam steigender Vulkanausbruch ist, der einen starken Höhepunkt erfährt.
Typischerweise beginnt ein Paroxysmus mit strombolianischer Tätigkeit. Diese tritt zu Anfangs der Eruption nur gelegentlich auf. Die Abstände zwischen den Explosionen steigern sich zusehends, bis die strombolianischen Explosionen in eine Lavafontäne übergehen. Die Lavafontänen können bis zu 1000 m hoch werden. Häufig werden Aschewolken ausgestoßen, die vom Typ her vulcanianisch, oder größer sind. Die Aschewolken können kollabieren, dann werden pyroklastische Ströme generiert. Während der Hochphase wird ein Lavastrom gefördert, der aus dem Krater quillt, oder aus einem separaten Schlot kurz unterhalb des Kraters.
Verlauf eines Paroxysmus
Die Hauptphase eines Paroxysmus hält meistens nicht lange an. Oft dauert sie weniger als 1 Stunde, sie kann aber auch 2-3 Tage anhalten. Sehr selten dauert sie länger. Bei länger anhaltenden Hochphasen kann es auch sein, dass eine Folge von Paroxysmen kurz hintereinander stattfindet, so dass man meint, es wäre ein Ausbruch. Typisch für einen Paroxysmus ist nicht nur die langsame Steigerung der Eruption, sondern, dass die Steigerung mit Beginn der Hauptphase exponentiell schnell voranschreitet. Der Verlauf der Tremorkurve im Seismogramm schießt geradezu nach oben. Wer sich dann nahe des Kraters aufhält, muss um sein leben rennen. Genauso schnell wie die Hauptphase des Paroxysmus beginnt, endet sie wieder. Die Tremorkurve gleicht einer Parabel.Gelegentlich kann es aber auch zu einem untypischen Verlauf eines paroxysmalen Ausbruchs kommen: die Hauptphase dauert länger als üblich und endet nicht plötzlich, sondern allmählich. Am Ätna auf Sizilien -der Urmutter aller Paroxysmen- wurden solche untypischen Paroxysmen in jüngster Vergangenheit öfters beobachtet. Es muss dann natürlich die Frage gestellt werden, ob man noch von einem Paroxysmus sprechen kann.
Oft eruptiert ein Vulkan Serien von Paroxysmen. Zwischen den einzelnen Ausbrüchen können Wochen vergehen, aber manchmal auch nur Stunden. Rekordverdächtig ist eine Serie paroxysmaler Eruptionen am Ätna: zwischen 1999 und 2001 erzeugte der Vulkan 77 solcher Eruptionen.
Paroxysmen gab es nicht nur am Ätna, sondern wurden an vielen Vulkanen beobachtet. In jüngster Vergangenheit traten sie besonders regelmäßig am Fuego in Guatemala auf, aber auch am Anak Krakatau, dem Mayon, oder am Manam in Papua Neuguinea.
Text: Marc Szeglat 2019