Blick über Pompeji mit Vesuv im Hintergrund
Pompeji, die blühende Stadt am Golf von Neapel, verging in einer dramatischen Vulkankatastrophe, wie sie die Menschheit nur selten erlebte.
Für die Wissenschaftler der Neuzeit stellt die Tragödie jedoch ein Glücksfall dar, denn sowohl das Leben als auch der Tod der Stadt wurden in einer Momentaufnahme konserviert, begraben unter einer zwölf Meter dicken Schicht aus Asche und Bims.
Modernen Forschungsergebnissen und den überlieferten Briefen eines Augenzeugen sind es zu verdanken, dass wir heute, fast 2000 Jahre nach dem verheerenden Ausbruch des Vesuvs, den Hergang der Katastrophe rekonstruieren können.
Der Aufstieg von Pompeji
Pompeji wurde im 6. vorchristlichen Jahrhundert von den Griechen gegründet. Eine kleine Erhöhung auf einem alten Lavastrom des Vesuvs bot eine gute Sicht über das Gelände und somit Schutz vor feindlichen Etruskern. An der Mündung des Flusses Sarno entstand ein kleiner Hafen, in dem Waren aus dem Umland verschifft wurden. An den fruchtbaren Hängen des Vulkans wuchsen Wein und Olivenbäume, weiter im Landesinneren wurde Getreide angebaut. So entwickelte sich Pompeji innerhalb weniger Jahrhunderte zu einer wohlhabenden Handelsstadt. 290 v. Chr. wurde die Stadt von den Römern besetzt. Seit dieser Zeit flüchteten jeden Sommer reiche Bürger aus der schwülen Enge Roms nach Pompeji. Die befestigte Stadt wuchs. Es wurden drei Thermenanlagen errichtet und Wasserleitungen aus Blei verlegt. Pompeji verfügte über ein Theater, ein Odeon und eine Arena. Neben dem Handel blühten Kunst und Kultur. Die Römer sprachen auch der fleischlichen Lust zu: 13 öffentliche Bordelle wurden bei den Ausgrabungen entdeckt. In bikonischen Mühlen aus Lavagestein wurde Getreide gemahlen, das in den 31 Bäckereien zu Brot gebacken wurde. In den Garküchen - den Thermopolien - nahmen die Bürger eine schnelle Mahlzeit im Stehen zu sich. Im Jahre 62 n. Chr. wurden weite Teile Pompejis durch ein Erdbeben zerstört. Das Geld aus Rom floss spärlich und so zog sich der Wiederaufbau über Jahre hin. Als im Jahre 79 n. Chr. das endgültige Aus der Stadt durch den Vesuv besiegelt wurde, waren noch nicht alle Schäden des Bebens repariert, als das endgültige Ende der Stadt besiegelt wurde.Bilder aus Pompeji
Der Untergang von Pompeji
Es war ein lauer Sommermorgen an jenem 24. August 79, als der Boden in Pompeji erneut schwankte. Der Donner einer gewaltigen Explosion riss die Bürger jäh aus ihrem Alltag. Verschreckt sahen sie in Richtung des Vesuvs, von dem das schreckliche Geräusch ausging, und sie sahen, dass der Berg seinen Gipfel weggesprengt hatte. An seine Stelle war ein Krater getreten, aus dem Feuersäulen schlugen. Eine graue, pinienförmige Wolke aus Staub und Gesteinstrümmern verdunkelte innerhalb von Minuten den Himmel und machte den Tag zur Nacht. Die verstörten Menschen fürchteten den Zorn der Götter. Fackeln wurden entzündet, Gebete wurden gesprochen, doch es half nichts: Eine halbe Stunde später prasselten vulkanische Aschen, Staub, Lapilli und schaumige Bimssteinstücke auf Pompeji nieder.Am zehn Kilometer entfernten Gipfel des Vesuvs tobte ein Inferno. Unter hohem Druck spie der Vulkan unermüdlich fragmentierte Lava aus. Glühende Brocken und Felstrümmer aus altem Gestein polterten zu Tal und verbrannten die Vegetation am Vulkanhang. Die Eruptionswolke hatte inzwischen die Stratosphäre erreicht. Die Stadt hatte das Pech, dass der Wind aus der Richtung des Vesuvs wehte und die Wolke zu ihr trieb. Aus der Wolke hagelte es Steine. Die Ablagerungen in Pompeji wuchsen mit einer Geschwindigkeit von 20 Zentimetern pro Stunde in die Höhe. Die Menschen gerieten in Panik, viele rafften Hab und Gut zusammen und versuchten zu flüchten. Andere suchten Schutz in ihren Häusern. Doch den bot die offene Bauweise der Atriumhäuser nur unzureichend. Giftige Gase drangen in die Zimmer ein, die Dächer ächzten unter ihrer steinernen Last. Bereits am Nachmittag gab so mancher Dachstuhl nach und brach zusammen.
Zwölf Stunden dauerte die erste Phase der Eruption. Gegen Mitternacht ließ das Bombardement aus vulkanischen Förderprodukten nach. Die Bewohner von Pompeji glaubten das Schlimmste überstanden zu haben, doch die Atempause währte nur kurz.
Durch das Nachlassen des Drucks aus dem Krater kollabierte die aufsteigende Eruptionswolke und generierte dabei pyroklastische Ströme. Die ersten Glutwolken erreichten allerdings nicht Pompeji, sondern zerstörten die Nachbarstadt Herculaneum. Diese lag weitaus näher am Vesuv als Pompeji, doch war sie bis zu diesem Zeitpunkt noch größtenteils vom Ausbruch verschont geblieben. In den pyroklastischen Strömen starben die Menschen einen qualvollen Tod. Selbst wer Schutz in einem Haus gefunden hatte, verbrannte in den 800 Grad heißen Gasen, auf denen sich ein Strom aus Asche und Gesteinen bewegte, der alles zermalmte, was die Gase nicht zerstört hatten.
In den ersten Morgenstunden des 25. August erreichten vier pyroklastische Ströme Pompeji und töteten jeden, der sich noch lebend in der Stadt aufhielt. Pompeji war nun vollends unter Tephra begraben. Im Laufe des Tages kam es noch zu zwei weiteren pyroklastischen Strömen, die am Ende das ehemalige Stadtgebiet bedeckten. Pompeji war nun unter einem zwölf Meter mächtigen Leichentuch begraben. In Herculaneum, das nur sechs Kilometer vom Krater entfernt war, türmten sich die vulkanischen Ablagerungen sogar 20 Meter hoch. Die versunkenen Städte gerieten in Vergessenheit. Wenn es damals schon die technischen Möglichkeiten gegeben hätte wie heute, wäre zwar der Untergang Pompejis und Herculaneums wohl nicht zu verhindern gewesen, allerdings hätte man die Städte evakuiert und die Geschehnisse wären genaustens dokumentiert worden. So zeugen neben den Ruinen nur wenige schriftlich überlieferte Augenzeugenberichte von der Naturkatastrophe.
Die Ausgrabungen von Pompeji
Die versunkenen Städte waren Legenden aus einer längst vergangenen Zeit, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts auf ihrem Gebiet zufällig einige Marmorstücke und Münzen gefunden wurden. Nach und nach kam es zu Raubgrabungen nach den antiken Kostbarkeiten. Es wurde geplündert und gestohlen. Viele Schätze gelangten in dieser Zeit in die Hände dubioser Sammler. Erst im 18. Jahrhundert begann man mit systematischen Grabungen - die Geburtsstunde der modernen Archäologie. Bis heute wurden gut vier Fünftel des alten Stadtgebietes freigelegt. Mehr als 2000 Leichen wurden gefunden, meist als Hohlräume im Lavagestein, die mit Gips ausgegossen wurden. Die Wissenschaftler gehen allerdings von insgesamt mehr als 16.000 Opfern aus. In diese Schätzung sind auch die ums Leben gekommenen Bewohner des Umlandes eingerechnet. Die Einwohnerzahl von Pompeji betrug zur Zeit der Katastrophe ca. 20.000.Der Ausbruch im Jahre 79 war nicht die erste große Katastrophe, die vom Vesuv ausging. Gut 1800 Jahre früher hatte der Vulkan schon die Hütten einer bronzezeitlichen Siedlung unter Asche begraben. Abseits dieser Hütten fanden Archäologen die Skelette zweier Menschen, deren Fußspuren in der Asche erhalten geblieben waren. Es handelte sich vermutlich um ein Bauernpaar, das sich auf der Flucht vor den Eruptionen befunden hatte. Die Siedlung befand sich nahe dem heutigen Ort Avellino, nordöstlich des Vulkans und wesentlich weiter von diesem entfernt als Pompeji. In 35 Kilometern Entfernung betrug die Dicke der Schicht aus Ascheablagerungen noch 50 Zentimeter. Wissenschaftler entdeckten Spuren der Wiederbesiedelung nach der Eruption, doch offensichtlich blieb dieser Versuch aufgrund der Umweltzerstörungen erfolglos. Nach Ansicht von Vulkanologen könnte sich eine derartige Katastrophe in naher Zukunft wiederholen. Im Unterschied zur damaligen Zeit leben aber im Ballungsraum Neapel heute nicht nur einige tausend Menschen, sondern Millionen. Im Falle einer Eruption, wie sie sich 79 n. Chr. ereignet hat, wären jetzt 800.000 Menschen unmittelbar betroffen. Eine erfolgreiche Evakuierung hängt von der Länge der Vorwarnzeit ab. Der Vesuv zählt zu den am besten beobachteten Vulkanen der Erde, und das Observatorium auf diesem Berg, das 1841 eingerichtet wurde, war das erste seiner Art. Somit kann Italien als Wiege der Vulkanologie und der modernen Archäologie zugleich gelten.
Seit der Errichtung des ersten Observatoriums mit seinen mechanischen Messinstrumenten hat sich einiges getan. Heute wird der Vesuv mit modernster Computertechnik überwacht. Selbst ein virtueller Spaziergang durch das wieder auferstandene Pompeji ist möglich.
Pompeji morgen
Wie sieht die Zukunft Pompejis aus? Die Antwort lautet: schlecht! Der Zahn der Zeit nagt an den ausgegrabenen Ruinen. Sonne, Wind, Regen, Umweltverschmutzung und die Füße zahlloser Touristen machen den antiken Gemäuern zu schaffen. Die Ruinen sind dem schutzlos ausgeliefert. Immer wieder stürzen Mauern und Dächer ein, meistens nach starken Regenfällen: am 6.11.2010 stürzte ein Haus der Gladiatoren-Schule ein, einige Tage später gab eine Mauer am "Haus des Moralisten" nach. Für besseren Schutz fehlt das Geld. Dabei wird Pompeji jährlich von ca. 3 Millionen Touristen besichtigt und das zu einem Eintritspreis von 11 Euro. Das Geld versickert zum Teil in den mafiosen Strukturen Italiens.Paradoxer Weise war Pompeji vor weiterer Zerstörung sicher, solange es von Bims und Asche bedeckt war. So fordern einige Forscher die Ausgrabung wieder unter Erdreich zu begraben, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Die Politiker halten von diesem Plan natürlich wenig und kündigten nun an zu handeln: im Frühsommer 2012 soll mit einer groß angelegten Restaurierungsaktion begonnen werden. Mal sehen, ob sie in die Tat umgesetzt wird.
Lichtblicke liefern private Initiativen und engagierte Wissenschaftler, die heute um das Überleben der Ruinen kämpfen. Unter ihnen befinden sich Archäologen, Präparatoren und Konservierungs-Spezialisten aus Deutschland. So unterstützen Forscher der Technischen Universität München (TUM), der Fraunhofer Gesellschaft und des ICCROM das Pompeii Sustainable Preservation Project. Sie wollen bis zum Jahr 2023 herausfinden, wie sich das Weltkulturerbe Pompeji vor dem Zerfall bewahren lässt.
Pompeji in Literatur und Medien
Der Untergang einer römischen Stadt war ein weltbewegendes Ereignis. Entsprechend vielfältig ist die Aufarbeitung des Themas in Literatur, Kunst und Medien. Die älteste Dokumentation der Naturkatastrophe sind die Briefe von Plinius dem Jüngeren an den römischen Geschichtsschreiber Tacitus. Sie bieten als einzige schriftliche Augenzeugenbericht eine Grundlage für viele weitere Arbeiten. Ein bemerkenswert vollständiges Bild vom Leben und Sterben in einer römischen Stadt gibt das Buch von Robert Etienne.Zahlreiche Regisseure versuchten sich an der Umsetzung des Themas. Meistens wurden Pompeji und der Vulkanausbruch auf eine Hintergrundhandlung reduziert. Im Vordergrund standen schnulzige Liebesgeschichten zwischen Sklaven und Herren, oder muskelbepackte Gladiatoren. Die Darstellungen der Eruption waren selten korrekt. Selbst bei aufwendig produzierten TV-Dokumentationen ließen sich die Macher dazu hinreißen zwei grundlegend unterschiedliche Eruptionstypen zu mischen. Rotglühende Basaltlava und Lavafontänen werden schamlos (oder ahnungslos) mit grauen Ascheeruptionen zusammengeschnitten. Lavabomben gleichen brennenden Teerklumpen, die einen kometenhaften Rauchschweif hinter sich herziehen. Nein, die Macher dieser Pompeji-Filme haben selbst niemals einen Vulkanausbruch live erlebt.
Anspruchsvoller sind da die Ausstellungen "Pompeji" und "Herculaneum", die in den letzten Jahren in verschiedenen Museen in Deutschland und Österreich präsentiert wurden und werden.
Die neusten Entdeckungen in Pompeji
Grabungen in der Region V fördern in letzter Zeit Erstaunliches zu Tage. So wurde das Skelett eines Rennpferdes nebst Zaumzeug entdeckt. Die sterblichen Überreste eines Mannes, der scheinbar von einem Steinquader erschlagen wurde und eine Inschrift, die vermutlich eine neue Datierung des Untergangs der Stadt nötig macht. Demnach könnte sich der Untergang erst am 17. Oktober 79 ereignet haben. Bisherige Datierungen könnten durch einen Übersetzungsfehler im Mittelalter entstanden sein.Die Grabungen halten auch im Jahr 2024 an und immer wieder werden Berichte über weitere Entdeckungen gemacht. So wurde eine kleine Kammer ausgegraben, in der drei Betten und Amphoren standen. Hier waren wahrscheinlich Sklaven untergebracht, die unter schlechten hygienischen Bedingungen lebten, denn es wurden auch die Skelette von Ratten und Mäusen entdeckt.
Die Eintrittspreise haben sich auch deutlich erhöht, und für manche Attraktionen muss extra bezahlt werden. Bei einem letzten Besuch waren einige früher geöffnete Gebäude gesperrt, darunter auch das Odeon.
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