Blick über die Ruinen von Herculaneum bis zum Vesuv.
Herculaneum liegt nur 7 Kilometern vom Gipfel des Vesuvs entfernt. Die Stadt war im Vergleich zu Pompeji ein bescheidener Ort, nicht vielmehr als ein Fischerdorf, in dem ein wenig Handel betrieben wurde. Der kleine Hafen war unbedeutend, fehlte hier doch ein schiffbarer Fluss wie der Sarno, der die Verbindung zum Hinterland herstellte. Von Bedeutung war einzig die Küstenstraße zum 8 Kilometer entfernten Neapolis, dem antiken Neapel. Eine typische Straßenszene in Herculaneum. Brunnenmosaik in der Casa di Nettuno e Amphitrite. Die 6 Tore der Bootshäuser sind neuerdings für Besucher geöffnet. In den Bootshäusern müssen sich vor 2000 Jahren dramatische Szenen ereignet haben. Die Skelette wurden aus den Ablagerungen des pyroklastischen Stroms heraus präpariert.
An jenem 24. August im Jahre 79 n.Chr, an dem Pompeji unterging, wurde auch das Schicksal von Herculaneum besiegelt.
Das Bombardement mit Bimssteinen und Lavabrocken, das Pompeji in den ersten Stunden der Katastrophe heimsuchte, erreichte Herculaneum nicht, obwohl es näher am Vesuv liegt, als Pompeji.
Bilder aus Herculaneum
Was genau in Herculaneum geschah ist unklar. Klar ist, dass Plinius der Ältere, der Herculaneum gegen 18.00 Uhr mit dem Schiff erreichte, die Küste zerstört vorfand und die Stadt bereits verschüttet war. Unterdessen hielt der Todeskampf Pompejis an. Lange Zeit hielten die Forscher, die bis zu 18 Meter mächtigen Ablagerungen, unter denen Herculaneum begraben war, für einen Schlammstrom. Der Erhaltungszustand vieler Details in Herculaneum war besser als in Pompeji. Zwar waren viele Mauern eingedrückt, doch Möbel, Kleidung, ja gar Papyri blieben in den Häusern erhalten. Holzteile der Häuser wurden zwar verkohlt, zerfielen aber nicht zu Staub wie in Pompeji. Zunächst fand man auch nur wenige Leichen und die Archäologen glaubten, die Anwohner hätten genug Zeit gehabt die Stadt zu verlassen. Doch in den letzten Jahren wurden bei neuen Ausgrabungen mehrere hundert Skelette in einem Bootschuppen am alten Hafen und in einem Gewölbe nahe der Arena gefunden. Die Untersuchung dieser Skelette zeigte nun, dass die Menschen innerhalb weniger Sekunden unter großer Hitzeeinwirkung starben. Sie hatten nicht einmal Zeit eine schützende Hand vor das Gesicht zu legen, wie es bei den Leichenfunden in Pompeji so typisch ist. Die Menschen starben in einer Wolke glühendheißer Gase, bei Temperaturen von über 500 °C, an plötzlichem multiplem Organversagen. Die betonharten Ablagerungen unter denen Herculaneum verschüttet wurde, werden heute als Ignimbrite erkannt, als Ablagerungen eines pyroklastischen Stroms.
Pyroklastische Ströme schießen mit über 100 Stundenkilometer zu Tal und vernichten in ihrer ungeheuren Gewalt alles was in ihrem Weg liegt. In Herculaneum wurden z.B. Bruchstücke einer Statue entlang einer Straße verteilt. Außerdem förderten die Grabungen viele Wertgegenstände zutage, die einfach in den Häusern zurückgelassen wurden. In den Straßen von Pompeji wurden viele Skelette entdeckt, die noch Wertgegenstände in den Armen hielten. Dort versuchten die Menschen zu retten, was noch zu retten war. In Herculaneum deuten alle Indizien für einen plötzlichen Fluchtversuch der Anwohner, ohne lange Vorwarnzeit gehabt zu haben. Vermutlich ereilte das Schicksal die kleine Stadt schon während einer der ersten Ausbruchsphasen, als der Vesuv seinen Gipfel sprengte.
Besonders Wertvolle Fundstücke waren 1800 Schriftrollen aus Papyrus, die in einer Villa gefunden wurden, die seitdem Villa dei Papiri heißt. Die Hitze der pyroklastischen Ströme verkohlte die Schriftrollen zu schwarzen Würsten. Sie drohen bei der leichtesten Berührung zu zerfallen. Doch gerade weil sie durch die Hitze verkohlten überdauerten sie die Jahrtausende im Boden und verfaulten nicht. Natürlich ist es schwierig die Schriftrollen zu lesen, doch mit modernster Infrarottechnik entlockten Wissenschaftler den antiken Schriften bereits einige Textfragmente.
Wer den Golf von Neapel besucht und nur wenig Zeit hat, sollte sich lieber die Ausgrabung von Herculaneum anschauen, als Pompeji. Die Ausgrabungen von Herculaneum sind besser erhalten, bei weitem nicht so großflächig und touristisch nicht so überlaufen wie das bekanntere Pompeji. Besonders gut gefällt mir der Brunnen aus Mosaikfliesen in der Casa di Nettuno e Amphitrite. Die Stimmung im kleinen Innenhof ist einmalig. Traurig ist, dass auch Herculaneum von einem 2. Untergang bedroht ist. Wie in Pompeji zerfallen auch hier die Ausgrabungen zusehends und ein neues Konzept zum Erhalt der einmaligen Ausgrabungen ist nötig.
Stand 2017