Merapi-Ausbruch im Jahr 2010.
Der Merapi liegt in Zentraljava, ca. 60 km von der Küste entfernt. Er zählt zu den Subduktionszonen-Vulkanen des zirkumpazifischen Feuergürtels. Aufgrund seines hohen, zerstörerischen Potentials und der Nähe zur Millionenmetropole Yogjakarta wird er als Hochrisikovulkan eingestuft und im Rahmen des Dekadenprogramms ständig beobachtet. Hier wurde praktisch schon alles ausprobiert, was die moderne Vulkanologie an Untersuchungsmethoden aufwarten kann, und eine geologische Karte der vulkanischen Ablagerungen erstellt.
Typisch für Subduktionszonen-Vulkane wie den Merapi ist die Förderung sehr zähflüssigen Magmas, das nicht in klassischen Lavaströmen oder Lavafontänen austritt, sondern sich in Form eines Domes am Gipfel des Vulkans aufstaut - solange, bis die Flanken des Lava-Domes so steil sind, dass sie abrutschen, oder der ganze Dom in sich zusammenbricht. Dabei entstehen die gefürchteten pyroklastischen Ströme. Der Dom besteht entweder aus einer Reihe sehr kurzer, sich überlagender Lavaströme, die den Schlot auffüllen, oder wächst von innen her, indem sich die nachrückende Lava von unten in den Dom presst. Der Dom verstopft dabei den Krater, wodurch der Gasdruck im Vulkan ansteigt. Bei zu hohem Druck kann der Dom weggesprengt werden und eine starke explosive Eruption einsetzen. In Extremfällen kann dabei sogar der ganze Vulkan gesprengt werden. Der aktuelle Kegel des Merapi erhebt sich aus den Ruinen eines Vorläufer-Vulkans: ein Indiz dafür, dass es am Merapi bereits zu einem katastrophalen Ereignis kam.
Klassische Lavaströme gibt es aufgrund der hohen Viskosität (Zähflüssigkeit) der Lava des Merapi nicht. Um richtig fließfähig zu sein, enthält die Lava zu viel Siliziumdioxid und bereits kristallisierte Mineralien. Was auf langzeitbelichteten Nachtaufnahmen wie Lavaströme aussieht, sind Schuttlawinen einzelner Lavabrocken, die vom Dom abbrechen und zu Tal kullern- was oft mit lautem Poltern und Rumpeln verbunden ist, was einem schon einen Schauer über den Rücken jagen kann.
Der gefährliche Lavadom
Der Dom am Merapi kann über Monate oder Jahre wachsen, bis es zu einem großen Ausbruch kommt. Die Energie kann sich auch in vielen kleinen Eruptionen entladen oder der Dom stellt das Wachstum ein, ohne dass es zu einer nennenswerten Eruption gekommen wäre. Auch nach einem großen Ausbruch können weitere Eruptionen folgen, wenn der Dom von Neuem wächst. Während der Wachstumsphase kommt es dabei oft zu Steinschlägen und Ausbrüchen von pyroklastischen Strömen. Das sind Asche- und Gerölllawinen, die auf einem Kissen superheißer Gase zu Tal rasen. Die Gase können Temperaturen von 800 Grad Celsius erreichen und reduzieren die Reibung zum Untergrund soweit, das die pyroklastischen Ströme bis zu 30 m/s zurücklegen. Dabei bewegen sie sich nahezu geräuschlos, eine tödliche Falle bei Nebel am Vulkan. Und Nebel gibt es am Merapi häufig. Eine Flucht auf kurzer Distanz ist praktisch unmöglich.Nur wenige Menschen überlebten bisher den Kontakt mit einem proklastischen Strom.
In historischen Zeiten kam es am Merapi alle 10 - 15 Jahre zu einer größeren Eruption. Die stärksten fanden in den Jahren 1006, 1786, 1822, 1872 und 1930 statt.
Beim Ausbruch 1006 flossen pyroklastische Ströme bis nach Yogjakarta. Der Ausbruch von 1872 gilt als die stärkste Eruption der jüngeren Geschichte. Beim Ausbruch 1930 zerstörten pyroklastische Ströme 18 Dörfer, wobei über 1300 Menschen starben.
Die jüngsten Eruptionen am Merapi
1994 legte am Merapi ein pyroklastischer Strom (PF) eine Entfernung von 12 Kilometern zurück und erreichte die Ausläufer des Dorfes Kaliurang. Damals starben 66 Menschen. Bei der Ausbruchsphase von 2006 legten die PFs eine maximale Distanz von 6 Kilometer zurück. 2 Männer starben in einem Schutzbunker bei Kali Adem: sie hatten bei der Evakuierung des Dorfes geholfen und suchten in letzter Sekunde Schutz in dem Notbunker am Ortsrand, der von einem pyroklastischen Strom verschüttet wurde. Rettungskräfte machten sich sofort an die Arbeit und maßen Temperaturen von 300 Grad. Zunächst bestand noch Kontakt via Mobiltelefon, der abbrach, als den Männern die Luft im Bunker ausging.Die bisher jüngste Eruptionsphase begann am 26.Oktober 2010. Zahlreiche Explosionen ließen den Dom kollabieren und generierten pyroklastische Ströme. Diese zerstörten Dörfer an der Vulkanflanke. Bei einem Ausbruch am 5. November 2010 zerstörten pyroklastische Ströme Dörfer in 15 km Entfernung. Mehr als 350 Menschen starben. In der 40 km entfernten Millionenstadt Yogjakarta ging Vulkanasche nieder und es kam zur Behinderung des Flugverkehrs. Der Ausbruch wird nach Einschätzung einiger Vulkanologen in Bezug auf seine Explosivität stärker eingeschätzt als die Eruption von 1872.
Nach einer mehrjährigen Pause meldete sich der Merapi im Mai 2018 mit phreatischen Eruptionen zurück. Im August des gleichen Jahres begann ein kleiner Lavadom im Krater zu wachsen. Dieser könnte das Potenzial für eine größere Eruption mit pyroklastischen Strömen entwickeln.
Subduktion und Erdbeben am Merapi
Tektonische Erdbeben sind oft mit Subduktionszonen assoziiert, genauso wie der Vulkanismus. An Subduktionszonen taucht die ozeanische Kruste unter die Kontinentale ab und wird in den Tiefen des oberen Erdmantels partiell aufgeschmolzen. Ein Teil des so entstandenen Magmas steigt hinter der Subduktionszone wieder auf und tritt an den Vulkanen aus. Der hohe Wassergehalt der ozeanischen Kruste erhöht zudem den Gasgehalt und die Explosionskraft dieser Vulkane, was sie besonders gefährlich macht.Das Erdbeben vom 27.05.06 stand im Zusammenhang mit den Kräften der Plattentektonik, die für die Entstehung von Subduktionszonen verantwortlich sind. Das Epizentrum lag im Küstengebiet Javas, nur 50 km vom Merapi entfernt. Der Erdstoß der Stärke 6.2 zerstörte nicht nur zahlreiche Ortschaften und kostete 5800 Menschen das Leben, sondern löste auch einen großen pyroklastischen Strom aus.
Einen Tag vor der jüngsten Eruptionsphase erschütterte ein schweres Erdbeben ebenfalls Indonesien. Vor Sumatra ereignete sich ein Erdbeben mit der Stärke 7.7.
Wissenschaftler des Geoforschungszentrums Potsdam analysierten mit Hilfe von Seismometern das Verhalten der Erdbebenwellen unter dem Merapi. Unterschiedlich dichtes Material sorgt für verschiedene Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Erdbebenwellen. So entdeckten die Forscher unter dem Merapi ein riesiges, schwammförmiges Gebilde, das mit einem Fluid gefüllt zu sein scheint. Spekulationen um eine gut gefüllte Magmakammer und eine bevorstehende Mega-Eruption geistern durch die Presse. Die Forscher halten sich indes mit eindeutigen Kommentaren zurück: Obwohl die Möglichkeit besteht, dass es sich bei dem Fluid um Magma handelt, ist es keine Gewissheit. Sollte es Magma sein, dann schlummert unter dem Merapi etwa dreimal so viel Magma, wie bei der Eruption des Tambora 1815 gefördert wurde.
Published 2006, aktuallisiert 2018