Lavafontäne am Pu'u 'O'o.
Der Kilauea ist einer von fünf Vulkanen auf "Big Island Hawaii", der Hauptinsel des hawaiianischen Archipels. Der Schildvulkan befindet sich im Südosten der Insel und ist derzeit aktiv. Er wurde lange Zeit für einen Nebenvulkan des Mauna Loa gehalten. Erst vor wenigen Jahren fanden Vulkanologen heraus, dass der "kleine Bruder" des größten Vulkans der Welt über ein eigenständiges Fördersystem verfügt. Dieses reicht bis zu 60 Kilometern Tiefe hinab.
Die gesamte Inselgruppe Hawaii verdankt ihre Existenz einem Hot Spot - einem gigantischen Magmaschlauch, der sich aus den Tiefen des Erdmantels einen Weg bis an die Erdoberfläche geschmolzen hat. Unter dem Pazifik durchbricht dieser "heiße Fleck" die ozeanische Erdkruste und lässt eine Vulkankette entstehen. Der jüngste Vulkan dieser Kette, der über dem Meeresspiegel liegt, ist der Kilauea. Sein Alter ist nicht genau bekannt, aber seine ersten, noch unterseeischen Eruptionen dürften mehr als 300.000 Jahre zurückliegen. Seit dieser Zeit wuchs er vom 3700 Meter tief unter dem Meeresspiegel gelegenen Ozeanboden empor. Vor gut 100.000 Jahren durchbrach er die Meeresoberfläche und schaffte es anschließend noch auf eine Höhe von 1219 Metern.
Die Gipfelcaldera und der Halema'uma'u-Krater
Die Gipfelcaldera des Kilauea hat keinen eigenständigen Namen. Die Hauptdepression misst 5 x 3 km und ist 165 m tief. Es handelt sich um eine relativ junge Caldera und entstand wahrscheinlich in mehreren Phasen vor 1500 Jahren. In der Caldera bildete sich der Hauptkrater des Vulkans. Er heißt Halema'uma'u, was frei übersetzt soviel bedeutet wie "Haus aus Farn". Der hawaiianischen Mythologie zufolge wohnt dort die Vulkangöttin Pele, nach deren Haar die charakteristischen Lavafäden benannt wurden. Der Legende nach überdachte sie den Krater mit Farn.Der Halema'uma'u-Krater hat einen Durchmesser von fast 1000 m und zählt somit zu den größten Vulkankratern der Welt. Derzeit ist er gut 79 m tief.
Die Störungszonen und der Pu'u 'O'o-Krater
Nur manche Ausbrüche des Kilauea gehen von seinem Gipfelkrater aus. Weitaus aktiver ist er entlang zweier Störungszonen an seinen Flanken. Diese Störungszonen liegen im Osten (East-Rift-Zone) und im Südwesten (West-Rift-Zone) des Vulkans, und an ihnen entlang entstanden eine Reihe von Parasitärkratern. Als Schildvulkan ist der Kilauea normalerweise effusiv tätig: Lavafontänen mit geringer Explosivität speisen Lavaströme, oder es kommt zur Bildung von Lavaseen. In der Feuergrube des Halema'uma'u brodelte viele Jahrzehnte lang ein solcher See aus geschmolzener Lava, bis es 1924 zu einer Flankeneruption kam und der See auslief. 1924 setzte auch eine der seltenen hoch explosiven Ausbruchsserien am Kilauea ein. Sie kam dadurch zustande, dass Wasser in die Magmakammer eindrang und phreatomagmatische Explosionen auslöste. Asche stieg in einer hohen Eruptionswolke auf, und mehrere Tonnen schwere vulkanische Bomben wurden gefördert. Bei einem ähnlichen Ereignis 1790 waren einige Tote zu beklagen gewesen. Im Januar 1983 verlagerte sich die Aktivität an die Südostflanke des Kilauea, in die "East-Rift-Zone". Es öffnete sich eine effusive Spalte, an der entlang mehrere Nebenkrater entstanden. Die Aktivität hier war durch kurze, aber heftige Episoden bestimmt, in deren Verlauf bis zu 470 Meter hohe Lavafontänen produziert wurden. Die Lava war verhältnismäßig zähflüssig und floss als Aa-Lava bis zu sechs Kilometer weit. Sie erreichte eine kleine Siedlung, die "Royal Gardens Subdivision", und zerstörte dort 16 Häuser. Im Juni 1983 entstand der Pu'u 'O'o-Kraterkegel, der bis heute aktiv ist.Zwischen 1986 und 1991 verlagerte sich die Aktivität vom Pu'u 'O'o drei Kilometer weiter nach Westen, wo bei Kupaianaha ein neuer Förderschlot entstand. Die Lava hier war dünnflüssig und erreichte den Ozean. Auf ihrem Weg dorthin zerstörte sie zahlreiche Häuser und unterbrach die Küstenstraße. 1991 kehrte die Aktivität in den Pu'u 'O'o-Krater zurück. Seither ist er- von einigen Pausen abgesehen- fast ständig aktiv. Oft bildet sich am Kraterboden ein kleiner Lavasee, und ein Teil der Schmelze läuft durch unterirdische Lavatunnel in Richtung Küste ab. Die dünnflüssigen Lavaströme aus basaltischer Schmelze legen dabei eine Strecke von elf Kilometern zurück, bevor sie sich in den Pazifischen Ozean ergießen. Dort bildeten sie das Lavadelta "West Highcastle"; es reicht zurzeit 250 Meter weit in den Ozean. Die Brandung nagt jedoch unablässig an der neuen Küstenlinie und von Zeit zu Zeit brechen große Stücke des neu geschaffenen Landes ab und versinken im Ozean. Von diesen "bench collapses" geht eine gewisse Gefahr aus, und deshalb ist der Zugang zum Lavadelta gesperrt. Der Punkt, an dem die Lava in den Ozean fließt, wird auch oft "ocean entry" genannt. Im Falle des Kilauea sind es oft nur armdicke Lavaströme, die aus dem Ende einer Tube ins Meer schießen und dabei mehrere hundert Meter hoch aufsteigende Dampfwolken hervorrufen. Gelegentlich kommt es auch hierbei zu weiteren Explosionen- besonders dann, wenn die Brandung die Tube ein Stück hinaufläuft und das Wasser in ihr explosionsartig verdampft. Solche lateralen Eruptionen können Lavabrocken sehr weit fortschleudern und stellen deshalb für allzu Neugierige eine ernste Gefahr dar.
Der Lavasee im Halema'uma'u-Krater
Im März 2008 kehrte die Aktivität in den Halema'uma'u-Krater am Gipfel des Kilauea zurück. Bei einer explosiven Eruption entstand ein 30 m durchmessender Pitkrater. Lavabrocken flogen bis auf den Kraterrand und zerstörten eine Aussichtsplattform. In den folgenden Monaten verdoppelte sich seine Größe und in ihm akkumulierte sich Lava bis ein richtiger Lavasee entstand. Im Laufe der Monate wuchs der Lavasee weiter an und erreichte einen Durchmesser von mehr als 200 Metern. Der Spiegel des Lavasees schwankte zwischen 30 und 70 m unter dem Kraterrand.10 Jahre später setzte eine Phase mit erhöhter Inflation ein. Mitte April 2018 kam es zu multiplen Überläufen des Lavasees, welche den Boden des Halema'uma'u-Kraters mit Lava überfluteten. Unter dem Pu`u O`o wurde ebenfalls lang anhaltende Inflation registriert. Der kleine Lavasee im Westpit vergrößerte sich deutlich und lief ebenfalls über.
Die Spalteneruption 2011
Drei Jahre später ereignete sich die bisher jüngste Flankeneruption. 2 km südwestlich des Pu`u O`o Kraters öffnete sich eine 500 m lange Spalte, aus der 25 m hohe Lavafontänen aufstiegen. Lava überflutete die Gegend. Der Lavaseespiegel in den beiden Kratern Pu`u O`o und Halema'uma'u fiel dramatisch. Vermutlich lief die Lava der Seen aus der Spalte aus. Nach wenigen Tagen endete der Ausbruch und für einige Wochen blieb es ruhig am Vulkan. Dann füllten sich die Lavaseen wieder. Der des Pu`u O`o-Kraters wuchs auf ungeahnte Größe heran. Ein neuer Eruptionszyklus hatte begonnen.Der Lavastrom vom 27. Juni 2014
Ende Juni 2014 startete am Pu'u 'O'o-Krater ein neuer Lavastrom. Dieser floss nicht in die übliche Richtung, sondern nach Nordosten. Mehrere Monate bewegte er sich durch den Wald und verließ die Grenze des Nationalparkes. Im September hatte er eine Länge von 16 km zurückgelegt und floss langsam, aber unaufhaltsam auf die Siedlung Pāhoa zu. Am 26. Oktober erreichte die Lava eine Straße kurz vor der Ortschaft und unterbrach sie auf einer Breite von 50 m. Einen Tag später wurde ein Friedhof von der Lava begraben. Am 29. Oktober stand der Lavastrom nur noch wenige Meter von den ersten Gebäuden entfernt. Ein Erdwall, der unter Eigeninitiative eines Hausbesitzers entstand, lenkte die Lava ab.Am 10. November erreichte ein kleiner Seitenarm des Lavastroms ein unbewohntes Haus und brannte es nieder.
Lavastrom 61g
Im Mai 2016 begann ein neuer Lavastrom zu fließen. Dieser ging von einem Förderschlot an der Basis des Pu'u 'O'o-Kraters aus. Der Lavastrom bekam die Bezeichnung 61g. Ende Juni erreichte er die Küstenebene und am 27. Juli begann er in den Ozean zu fließen. Es entstand ein Lavadelta, welches zum Jahreswechsel kollabierte. Von nun an ergoss sich die Lava aus einer Tube in einem 20 m hohen Lavafall in den Pazifik. Dabei entstanden litorale Explosionen. Diese Explosionen fragmentierten den größten Teil der Lava, sodass über Monate hinaus kein neues Lavadelta entstand. Ende März änderte sich dies jedoch: Der Lavafall verkrustete und es bildete sich eine vertikale Tube. Zeitgleich begann ein neues Delta zu wachsen.Leilani-Eruption 2018
Im Frühjahr 2018 mehrten sich die Anzeichen eines bevorstehenden Ausbruchs am Kilauea. Die Spiegel der Lavaseen in Halema'uma'u und Pu'u 'O'o steigen stark an. Die seismische Tätigkeit nahm ebenfalls deutlich zu. Am 1. Mai kollabierte der Boden des Pu'u 'O'o-Kraters und der Lavasee begann unterirdisch über das Ostrift abzulaufen. 2 Tage später kam es zu einem Erdbeben der Magnitude 5,1. Ein magmatischer Gang intrudierte auf der Küstenebene bei Pahoa. Erste Risse bildeten sich im Boden. Aus 11 Spalten wurden geringe Mengen Lava ausgestoßen. Am 5. Mai kam es zu einem Erdbeben der Magnitude 6,9 und der Lavasee im Halema'uma'u-Krater begann abzulaufen. Am nächsten Tag verstärkte sich die Eruption und die Zerstörung der Siedlung Leilani begann. Nach wenigen Stunden erreichten die Lavaströme den Ozean und bildeten ein großes Lavadelta. Der Halema'uma'u-Krater begann zu kollabieren und sollte sich in den nächsten Monaten enorm vergrößern. Zeitweise befürchtete man sogar, dass das Jaggar-Museum zerstört werden könnte. Die Eruption hielt bis Mitte August an. Nicht nur Leilani wurde dem Erdboden gleich gemacht, sondern auch Kapoho. 716 Häuser wurden zerstört. Nur wenige überstanden das Inferno. Es war die größte Eruption der letzten 200 Jahre am Kilauea.Lo'ihi und die Zukunft Hawaiis
Vor der Küste der Insel Hawaii steht schon der Nachfolger des Kilauea in den Startlöchern: der unterseeische Vulkan Lo'ihi wächst 30 Kilometer südlich des Kilauea. Sein Gipfel befindet sich noch 969 Meter unter dem Meeresspiegel.Während Big Island über den Hot spot wandert, verlagert sich die Aktivität immer mehr. In ein paar Tausend Jahren wird der Kilauea erlöschen und Lo'ihi das Tageslicht erblicken. Die älteren Inseln erodieren und werden in Jahrmillionen an der Subduktionszone vor Japan und Kamtschatka in den Erdmantel abtauchen und aufgeschmolzen.
© Marc Szeglat 2008. Letzte Aktualisierung: Dezember 2018
Quelle der Fotos: HVO/USGS/Marc Szeglat