Eruptionsspalte am Fimmvörduhals.
Die isländische Spreizungszone
Island liegt mitten im Nordatlantik, nur 287 km von Grönland entfernt und ist ungefähr so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Politisch gehört die Vulkaninsel zu Europa, geografisch mehr zu Nordamerika und geologisch zu beiden Kontinenten.Die Nahtlinie zwischen Nord-Amerika und Europa verläuft mitten durch Island. Sie ist durch ein SSW-NNE streichendes Risssystem gekennzeichnet, an dem viele der aktivsten Vulkane der Insel liegen. Unterseeisch setzt sich diese kontinentale Naht im Mittelatlantischen Rücken fort. Der Südteil des Rückens nennt sich Reykjanes-Spreading-Ridge und mündet bei der Reykjaneshalbinsel auf Island. Die nördliche Fortsetzung der Spreizungszone geht in das Kolbensey-Spreading-Ridge über. An diesem Riftsystem entsteht in einem geologischen Schöpfungsakt neue ozeanische Kruste. Es ist der Ort des "seafloor spreadings", denn durch die Neubildung ozeanischer Kruste werden die Kontinentalplatten auseinander gedrückt. Die Kontinente wandern und die Distanz zwischen Nordamerika und Europa vergrößert sich jährlich um ca. 2 Zentimeter..
Der Island-Mantelplume
Island verdankt seine Existenz nicht nur dem mittelatlantischen Rücken, sondern auch dem "Hotspot" eines Mantelplumes. Eine gewaltige Magma-Blase steigt aus dem oberen Erdmantel auf und wölbt die Erdkruste nach oben. Den Rest erledigte die vulkanische Tätigkeit und ließ Island zu der größten Vulkaninsel weltweit wachsen. Das Zentrum des Plumes wird unter dem Vatnajökullgletscher vermutet, unter dem mehrere subglaziale Vulkane liegen. Bardarbunga und Grimsvötn sind die bekanntesten. Der Mantelplume wirkt sich aber auch auf den Vulkanismus am Rand von Island aus, insbesondere auf die Reykjanes-Halbinsel, die in letzter Zeit im Fokus des vulkanischen Geschehens auf Island steht.Erdbeben auf Island
Wo so viel Bewegung in der Erde ist, sind Erdbeben nicht fern. Zwar kommen auf Island nur selten Starkbeben mit Magnituden größer als 7 vor, doch es kommt immer wieder zu moderaten bis starken Erschütterungen und Erdbebenschwärmen. Das stärkste Erdbeben des neuen Jahrtausends hatte bisher die Magnitude 6,6. Es ereignete sich am 17.06.2000 auf den Westmännerinseln. Darüber hinaus sind der Süden und der Norden der Insel seismisch besonders aktiv: Stärkere Erschütterungen gibt es öfter entlang der South-Iceland-Seismic-Zone. Schwarmbeben ereignen sich mit Vorliebe an der Tjörnes-Fracture-Zone.Vulkane auf Island
Auf Island gibt es gut 130 Vulkane, von denen 18 in historischen Zeiten aktiv waren. Insgesamt geht man von 30 potenziell aktiven Vulkanen auf Island aus. Die auf Island vorkommenden Vulkantypen sind sehr unterschiedlich. Bedingt durch die Entstehungsgeschichte der Insel und ihrer besonderen Lage kommen sowohl Intraplattenvulkane als auch Vulkantypen vor, die typisch für Dehnungszonen sind. Neben Stratovulkanen, Schildvulkanen, Schlackenkegeln und Eruptionsspalten stellen die subglazial entstandenen Tafelberg-Vulkane eine Besonderheit dar. Unter der Gletscherbedeckung entstanden, haben diese Vulkane keine Spitze, sondern eine flache Hochebene. Die meisten Vulkane unter den großen Gletschern bildeten mächtige Calderen im Gipfelbereich. Diese Calderen entstanden nicht zwangsläufig durch Kollaps nach plinianischen Eruptionen, sondern können auch effusiv entstanden sein, indem große Mengen dünnflüssiger basaltischer Schmelze durch Eruptionsspalten abflossen.Viele Vulkane auf Island sind Teil großer Vulkansysteme. Ausgehend von einem Zentralvulkan ziehen sich Spalten durch die Insel, die in Richtung der Hauptstörungszonen verlaufen. Entlang dieser Spalten kommt es immer wieder zu Eruptionen. Bei den Zentralvulkanen selbst handelt es sich meistens um die großen subglazialen Calderavulkane.
Heute noch brechen Vulkane unter dem Eis aus. Katla, Bárðarbunga (Bardarbunga) und Grimsvötn sind die prominentesten Beispiele hierfür. Letzterer ist zuletzt im November 2011 ausgebrochen. Die Unmengen Schmelzwasser, die bei einer subglazialen Eruption entstehen, schießen meistens als Jokulhlaup (Gletscherlauf) über die endlosen Sanderflächen an der Ostküste Islands. Dabei können die Wassermassen große Schäden an der Ringstraße verursachen.
Große Spalteneruptionen auf Island
Im langjährigen Durchschnitt bricht auf Island alle 10 Jahre ein Vulkan aus, wobei sich die Intervalle in den letzten Jahren eher auf 5 Jahre zu verkürzen scheinen. Einer der dramatischsten Ausbrüche begann am Pfingstsonntag des Jahres 1783. Südwestlich des Gletschers Vatnajökull öffnete sich eine 12 km lange Eruptionsspalte. Sie erhielt später den Namen Laki. Innerhalb von 10 Monaten wurden 15 Kubikkilometer Lava gefördert. Es wurde sehr viel Schwefeldioxid ausgestoßen, das dramatische Wirkungen auf die Vegetation und das Klima hatte. In der Folge verhungerten auf Island knapp 10.000 Menschen. Auf den britischen Inseln, in 1000 km Entfernung, verhungerten sogar 25.000 Menschen.Als die Tätigkeit im Februar 1784 nachließ, blieb eine 27 Kilometer lange Kraterreihe aus über 130 Einzelkratern zurück. Seitdem wurde niemals von solchen Lavamassen berichtet, die auf einmal an der Erdoberfläche austraten. Während des Holozäns förderte nur Eruption an der Eldgjá-Spalte mehr Basaltlava. Sie ereignete sich im Jahr 939, nur wenige Kilometer von der Laki-Spalte entfernt.
Geysire und heiße Quellen
Island ist nicht nur für seine Vulkane bekannt, sondern auch für Geysire und heiße Quellen. Diese finden sich in Thermalgebieten, die oft mit Vulkanen assoziiert sind. Namensgeber aller Springquellen ist der "Große Geysir" im Thermalgebiet von Haukadalur. Jahrelanges Seifen hat ihn letztendlich kaputt gemacht. Heute springt er nur noch sporadisch. Direkt nebenan findet sich das Butterfass "Strokkur". Er ist der wohl schönste und bekannteste Geysir auf Island. Er springt regelmäßig alle paar Minuten, wobei seine Wasserfontäne bis zu 30 m hoch steigen kann.Die vielen heißen Quellen laden zu einem Bad ein. Es gibt eine regelrechte Badekultur auf der nordischen Insel. Bekannt und beliebt ist das Thermalgeiet von Landmannalaugar. Es ist relativ einfach zu erreichen und gut erschlossen. Die heißen Quellen liegen in einem Bach, in dem es unterschiedlich warme Zonen gibt. Mein persönlicher Favorit liegt im Hochland zwischen den Gletschern Langjökull und Hofsjökull: Hveravellir. Dort finden sich nicht nur bunte Mineralquellen und kleine Kalksinterkegel, sondern auch ein hot pool an einer kleinen Hütte.
Geothermie auf Island
Auf Island gibt es Erdwärme im Überfluss und die Isländer wissen diese gut zu nutzen: sie sind weltführend in der Geothermie und gewinnen mehr als die Hälfte ihres Stroms mittels Geothermiekraftwerke. Fernwärme versorgt die Isländer mit günstiger Heizenergie im Winter. In Reykjavik verfügen einige Bürgersteige über eine Fußbodenheizung, um die Gehwege im Winter eisfrei zu halten. Das Abwasser einiger Geothermiekraftwerke wird zudem in großen Bädern wie der berühmten "Blauen Lagune" genutzt. Bekannteste Kraftwerke sind Svartsengian der Blauen Lagune und das Geothermalkraftwerk Kröflustöð an der Krafla. Das größte und modernste Kraftwerk ist derzeit Hellisheiði am Zentralvulkan Hengill. Es hat eine Leistung von 303 MW Strom und 133 MW Heizungswasser.Chronik der wichtigsten Vulkanausbrüche in der jüngeren Geschichte Islands
1875 Askja Die Eruption der Askja und die damit einhergehende Calderabildung war einer der stärksten Vulkanausbrüche auf Island in der neueren Geschichte. Die Eruption dauerte mehrere Monate.1918 Katla Subglazialer Vulkanausbruch im Jahr 1918. Die Eruption dauerte 24 Tage. Ein großer Gletscherlauf verwüstete zahlreiche Gehöfte. Es flossen pro Sekunde bis zu 200.000 m³ Schmelzwasser ab.
1963 Surtsey: Die submarine Eruption vor Vestmannaeyjar ließ eine neue Vulkaninsel auftauchen. Heute ist sie ein El Dorado für Naturforscher und nur mit Sondergenehmigung zu betreten.
1973 Heimaey: Ende Januar brach der Vulkan Eldfjall auf der Insel Heimaey aus. Lavaströme und Vulkanasche begruben über 100 Häuser des nahe gelegenen Ortes. Ein Lavastrom floss ins Meer und drohte den Hafen zu verschütten.
1975- 1984 Krafla: Die Spalteneruption dauerte ungewöhnlich lang und fand in mehreren Phasen statt. Dabei wurden ca. 0,18 Kubikkilometer Lava gefördert. Die Eruption schuf das Leirhnjúkur-Lavafeld und ist als Krafla-Feuer bekannt geworden.
1996 Grimsvötn / Bardarbunga: Subglaziale Eruption entlang einer Spalte (Gjalp) zwischen den beiden Vulkanen . Ein großer Gletscherlauf zerstörte Brücken entlang der Ringstraße. Die Eruption fand 1996 statt.
2000 Hekla: Eine vergleichsweise kleine Eruption zwischen dem 26. Februar und dem 8. März. Trotz der geringen Dauer fand die Eruption in 4 Phasen statt: explosive Phase, Lavafontänen, strombolianische Eruptionen, hawaiianische Phase. Es entstanden keine Schäden.
2004 Grimsvötn: Eine subglaziale Eruption in der Caldera des Vulkans, lässt Vulkanasche bis zu 13 km hoch aufsteigen.
2010 Eyjafjallajökull: Der Vulkanausbruch am Gletschervulkan Eyjafjallajökull fand in 2 Phasen statt. Im März 2010 begann eine hawaiianische Spalteneruption am Fimmförduhals-Pass. Als diese im April endete begann eine explosive Eruption des Zentralvulkans unter dem Eis. Der Flugverkehr über Europa wurde stark beeinträchtigt.
2011 Grimsvötn: Erneute Subglaziale Eruption im Mai 2011. Die Eruptionswolke stieg bis zu 19 km hoch auf. Diese Höhe erreichte allerdings nur Wasserdampf. Vulkanasche stieg bis zu 7 km hoch auf. Der Ausbruch endete nach 6 Tagen.
2014 Bradarbunga: &xnbsp;Mitte August begann eine seismische Krise unter dem Vatnajökull. Von der Bardarbunga-Caldera bereitete sich ein magmatischer Gang aus, der 30 km in nördlicher Richtung migrierte. Am 31. August begann 4 km vor dem Gletscher eine effusive Spalteneruption. Innerhalb einer Woche förderte sie mehr Lava als die mehrjährige Krafla-Eruption.
2021 Fagradalsfjall: Am 19. März 2021 begann auf Island eine kleine Spalteneruption am Plateauvulkan Fagradalsfjall. Er liegt auf der Reykjanes-Halbinsel und gehört zum Spaltensystem von Krýsuvík-Trölladyngja. Der Eruption voran ging eine 3-wöchige seismische Krise, inklusive Bodendeformation infolge des Eindringens eines magmatischen Ganges. Es entstand ein neues Lavafeld zwischen den verschiedenen Hügeln des Vulkankomplexes. Die Eruption endete am 18. September. Forscher gehen davon aus, dass die Eruption nur der Beginn einer neuen Aktivitätsphase auf der Reykjanes-Halbinsel war.
2022 Fagradalsfjall-Meradalir: Am 3. August öffnete sich eine Eruptionsspalte im Meradalir-Tal im Vulkangebeit Fagradalsfjall. Die Eruption dauerte 18 Tage und schuf ein neues Lavafeld zwischen den Hügeln des Vulkans, der sich während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung gebildet hatte.
2023 Fagradalsfjall-Litli-Hrútur: Weniger als 1 Jahr nach der Meradalir-Eruption, begann am 10. Juli 2023 ein weiterer Ausbruch im Fagradaslfjall-Gebiet. Es bildete sich eine Eruptionsspalte am Hügel Litli-Hrútur und es entstand ein großer Lavastrom. Der Vulkanausbruch dauerte knapp 4 Wochen.
Ende 2023 bahnt sich bereits die nächste Eruption auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel an. Zunächst wurden Erdbeben und Bodenhebung im Bereich des Fagradalsfjalls registriert. Dann shiftete die Aktivität weiter in den Westen und erfasste einen Bereich am Vulkan Thorbjörn, in direkter Nachbarschaft zum Geothermalkraftwerk und Svartsengi. Ende Oktober bis zum 9. November von innerhalb von 2 Wochen wurden mehr als 29.000 Erdbeben festgestellt. Der Boden hob sich um 10 cm.
2023 Riftingepisode und Ausbruch bei Grindavik: Das Jahr 2023 war für die isländische Reykjanes-Halbinsel ein sehr bewegendes Jahr, besonders in Bezug auf Bodendeformationen. Am 10. November setzte eine Riftingepisode ein, die in Verbindung mit der Bildung eines 15. km langen Magmatischen Gangs stand, dessen Südende bei Grindavik lag. Erdbeben richteten Schäden an und der Ort wurde evakuiert. Erst am 18. Dezember kam es dann zu einer Eruption, als sich eine Spalte bei Sundhnúksgígar öffnete. Der Ausbruch war stark, aber kurzlebig, und nach 2 Tagen wieder vorbei. Direkt nach dem Ausbruch wurde weitere Bodenhebung detektiert und es bestätigte sich, was Geoforscher bereits 2021 vermuteten: Die Reyjkajnes-Halbinsel war in eine neue Aktivitätsphase eingetreten, die lange Zeit andauern könnte.
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