Mount St. Helens vor der Eruption.© USGS
Der Ausbruch kündigte sich bereits Wochen zuvor an. Im März 1980 bebte die Erde am Vulkan und es kam zu kleineren Asche-Eruptionen. Es wurden erhöhte Schwefeldioxid-Emissionen gemessen. Am 27. März folgte ein phreatischer Ausbruch, als Schmelzwasser des Gipfelgletschers mit dem Magma reagierte. Es entstand ein 2. Krater und bei einem noch größeren Ausbruch am 3. April, verschmolzen die beiden Krater zu einem Großen. Der Ausnahmezustand wurde ausgerufen und Straßensperren errichtet. Fotos vom 12. April zeigten, dass sich die nördliche Flanke des Vulkans durch aufsteigendes Magma wölbte. Diese Wölbung entwickelte sich wenig später zu einer 90 Meter hohen Beule. Auf einem Felsgrat, etwa 10 Kilometer vom Vulkan entfernt, wurde ein Beobachtungsposten eingerichtet.
Noch vor ein paar Wochen waren die dichten Wälder und Seen beliebte Ausflugsziele. Die Bewohner der nahen Großstädte Seattle und Portland nutzten die Gegend zur Naherholung. Jetzt begann es an diesem idyllischen Fleckchen Erde unbequem zu werden. Lahars und Geröll-Lawinen verwüsteten die Täler. Die großen Städte waren weit genug entfernt, als dass sich für sie eine unmittelbare Bedrohung ergab, aber es gab im Umkreis des Vulkans mehrere kleine Ortschaften, die gefährdet waren. Niemand hatte hier wirklich damit gerechnet, dass der, seit langem ruhende, Vulkan wieder ausbrechen würde. Nur wenige Wissenschaftler sprachen in den Jahren vor dem Ausbruch über das Gefahrenpotenzial der Cascaden Vulkane. Diese gehören zu den Subduktionszonen Vulkanen und entstehen, weil die ozeanischen Kruste der Juan de Fuca Platte, unter der des nordamerikanischen Kontinents abtaucht. Im oberen Erdmantel schmilzt diese Platte, und die Schmelze steigt zum Teil als Magma durch Risse in der Erdkruste auf. Das Magma ist zähflüssig und gasreich, bildet Dome und explosive Eruptionen.
Am 18 Mai nahm die Katastrophe ihren Lauf. Um 8.32 Uhr löste ein Erdbeben der Stärke 5.2 einen Hangrutsch aus. Von dem Buckel an der Nordseite donnerten einige große Blöcke zu Tal, die, wiederum weiteres Material mitrissen, sodass bald der ganze Nordhang in Bewegung geriet, in einer gigantischen Lawine abscherte und mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h in den Spirit Lake rutschte. 2 Kubikkilometer Gestein und Gletschereis trieben das Wasser aus den See, ließen ihn in riesigen Wellen überschwappen und verstopften seinen Abfluss, sodass sich das Wasser staute. Der Hangrutsch und die damit verbundene Druckentlastung auf die Magmakammer, verursachte ein spontanes Freisetzen der in der Magma gelösten Gase. Die folgende, seitwärts gerichtete Explosion hatte die Kraft von 500 Atombomben des Hiroshima-Typs. Ihr Knall war noch in 800 Kilometern Entfernung zu hören. Ein 300 Grad heißer, pyroklastischer Strom fegte mit 500 km/h nordwärts und zerstörte alles, was die Druckwelle der Explosion verschont hatte. Der in 10 Kilometern Entfernung postierte Vulkanologe David Johnston konnte noch einen letzten Funkspruch abgeben, bevor ihn die Glutwolke erfasste: "Vancouver! Vancouver! Jetzt geht es richtig los!"
57 Menschen starben bei dieser Eruption. Die meisten davon hielten sich in der Todeszone des Sperrgebietes auf. Einige überlebten wie durch ein Wunder und lieferten dramatische Augenzeugenberichte von ihrem Wettlauf gegen den Tod. Die meisten Opfer starben an Verbrennungen, oder erstickten an der Asche, die sich in ihren Lungen sammelte. 1,5 Millionen Säugetiere verloren schätzungsweise ihr Leben. In der 30 x 20 km messenden Explosionszone knickten meterdicke Bäume wie Streichhölzer um. In den Randgebieten starben noch zahlreich Bäume aufgrund der Hitzeentwicklung.
In den folgenden 9 Stunden spie der Vulkan eine 25 km hohe Aschewolke aus. Von deren kollabierenden Rändern separierten sich pyroklastische Ströme. Schlammströme wälzten sich durch die Flussbetten von Lewis- und Toutle River. Neben Geröll und Baumstämme gehörten bald Autos und Holzhäuser zur tödlichen Fracht der Flüsse, die über ihre Ufer traten und große Zerstörungen anrichteten.
Die Asche verbreitete sich in den Höhenwinden mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h. Ein dichter Ascheregen ging auf die Städte um Yakima und Spoken nieder, 145 km vom St. Helens entfernt betrug die Sichtweite hier mittags nur noch 3 Meter. In den nächsten Tagen erreichte der Asche-Niederschlag Gebiete in Minnesota und Oklahoma. Insgesamt verursachte die Eruption vom 18 Mai Schäden in Höhe von 1,1 Milliarden USD.
Doch damit kam der St. Helens noch lange nicht zur Ruhe. Litorale Eruptionen hielten in den nächsten Tagen an. Auf der "Pumice Plain" am Fuß des Vulkans ereigneten sich diese sekundären Ausbrüche durch den Kontakt von Wasser und heißer Asche.
Am 22 Juli 1980 ereignete sich eine weitere, größere Eruption, bei der Asche bis in die Stratosphäre aufstieg. Seitdem gab und gibt es mehrere Perioden mit Domwachstum im hufeisenförmigen und nach Norden offenen Krater des Mount St. Helens.
So dramatisch die Katastrophe am Mount St. Helens auch war, war es im Vergleich mit anderen großen Vulkankatastrophen eher ein bescheidener Ausbruch mit einem VEI von 5. Zudem bot und bietet er ein El Dorado für verschiedene Disziplinen der Naturwissenschaften. Neben Vulkanologen, Geologen und Geochemiker sind es die Biologen, die im zerstörten Gebiet ein ergiebiges Forschungsfeld fanden. Schon wenige Tage nach der großen Eruption, beobachteten sie, wie das Leben langsam in die zerstörten Zonen zurückkehrt.
Auch heute noch, über 25 Jahre nach dem Vulkanausbruch, sind seine Folgen unübersehbar. 1982 wurde der Mt. St. Helens zum "National Volcanic Monument" erklärt. Dies geschah, um den Berg und die sich wieder erstarkende Flora und Fauna zu schützen und um Besuchern den Ausbruch und die imposante Landschaft nahe zu bringen. So existiert heute ein Visitor Center, in dem sehr anschaulich der Vulkan und sein Ausbruch erläutert werden. Sehenswert ist dort auch ein begehbares Modell des Berges. Hier finden Sie eine Live-Volcano-WebCam, welche sich alle 60 Sek. aktualisiert).
Es ist aber auch möglich, sich auf verschiedenen, gut ausgeschilderten Wanderwegen bis hin zum Kraterrand an den Ort des Geschehens zu wagen. So gibt es beispielsweise einen Trail, auf dem man um den gesamten Berg gehen kann. Wanderer brauchen neben festem Schuhwerk und einem Sonnenschutz (da es in der direkten Nähe des Vulkans wenig Schatten gibt), Rucksäcke mit etwas Proviant und Wasser. Zudem muss man sich eine Erlaubnis, eine so genannte Climbing Permit besorgen (am besten bereits von Deutschland aus) und sich bei den dortigen Rangers an- und auch wieder abmelden.
Alle Fotos des Artikels "Der Ausbruch des Mount St. Helens" sind copyright USGS
Die Bilder der Fotogalerie sind copyrigth Marc Szeglat