Für uns Mitteleuropäer sind Vulkane meistens weit entfernte Phänomene, von denen wir uns nicht betroffen fühlen. Dabei gibt es im Norden und im Süden des Kontinents zahlreiche aktive Vulkane, deren Eruptionen auch Auswirkungen auf uns haben können. Jüngstes Beispiel hierfür ist der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, der im Frühjahr 2010 den Flugverkehr über Nord- und Mitteleuropa lahmlegte. Ein großer Ausbruch der Campi Flegrei in Italien hätte wahrscheinlich auch bei uns in Deutschland dramatische Folgen. Aber wir brauchen gar nicht so weit in die Ferne schweifen: Selbst in Deutschland gibt es 2 Vulkangebiete, in denen sich wieder Vulkanausbrüche ereignen könnten: Die Vulkane der Eifel ruhen derzeit nur, und im deutsch-tschechischen Grenzgebiet bei Karlsbad gibt es Anzeichen für Magmatismus im Untergrund.
Italien gilt als das klassische Vulkanland Europas. Hier liegt die Wiege der modernen Vulkanologie, was nicht weiter verwundert, denn in historischen Zeiten waren dort 4 Vulkane aktiv. Zudem ist Italien seit der Antike zivilisiert und dicht besiedelt. Die fruchtbaren vulkanischen Böden, Roh- und Baustoffe waren Gründe genug, um in direkter Nachbarschaft zu den Vulkanen sesshaft zu werden.
Einer der Hauptgründe für den Vulkanismus in Italien und dem gesamten Mittelmeerraum ist die Kollision des afrikanischen Kontinents mit der europäischen Kontinentalplatte (Eurasien). Das führt nicht nur zur Auffaltung der Alpen, sondern auch zur Entstehung des Apenningebirges, das sich der Länge nach durch Italien zieht. Vor der Ostküste Italiens schiebt sich der adriatische Sporn als Fortsetzung Afrikas unter die eurasische Kontinentalplatte. Im Gegensatz der Anhebung des Apennin-Gebirges sank der Meeresboden des Tyrrhenischen Meeres im Westen Italiens ab. Entlang der Plattengrenzen wurden so an der Westküste Italiens Wegsamkeiten für aufsteigendes Magma geschaffen. Zudem scheint eine Reihe regionaler tektonischer Besonderheiten für die sehr unterschiedlichen Vulkantypen in Italien verantwortlich zu sein. Ein wirres Nebeneinander von Subduktion kleinerer Lithosphärenplatten, Riftbildung und lokalen Störungszonen ließ verschiedene Entstehungstheorien aufkommen, die bislang noch nicht zur Gänze entschlüsselt sind.
In Italien gibt es 4 große Vulkanprovinzen: Die Vulkane konzentrieren sich auf die Toskana, den Golf von Neapel, den Liparischen Inseln und den Ätna auf Sizilien. Mehr über den Vulkanismus in Italien erfahrt ihr in einem eigenen Kapitel.
Die Vulkane Griechenlands werden bei uns eigentlich kaum zur Kenntnis genommen. Dennoch liegen dort 3 aktive Vulkane, die zusammen mit einigen erloschenen Vulkanen einen vulkanischen Inselbogen in der Ägäis formen. Er erstreckt sich von den Vulkanen bei Methana auf der Halbinsel Peloponnes bis zur Insel Kos vor der türkischen Küste bei Bodrum. Bei der Stadt Methana gibt es gleich 4 Vulkanruinen. Die letzte größere Eruption ist aus dem Jahre 285 v.Chr. bekannt. Einige Quellen berichten auch von einem kleinen Ausbruch im 17. Jahrhundert. Die jüngste Eruption auf Santorin ereignete sich im Jahr 1950. Die Insel ist mit ihren malerischen Dörfern an der Steilküste ein beliebtes Urlaubsparadies. Den wenigsten Urlaubern ist allerding bewusst, dass sie als Reiseziel einen aktiven Vulkan gewählt haben, dessen Steilküste katastrophalen Eruptionen zu verdanken ist. Diese Ausbrüche leiteten vor ca. 3500 Jahren den Untergang der Minoer ein.
Auf der Insel Milos sind die Spuren des Vulkanismus deutlich zu erkennen, doch die Vulkane dort gelten als erloschen. Der Vulkan Nysiros war zuletzt 1887 aktiv. Und auf Kos zeugen Fumarolen von der vulkanischen Vergangenheit der Insel.
Die Ursachen für den Vulkanismus Griechenlands sind im Prinzip die gleichen wie in Italien. Die Kollision der afrikanischen Kontinentalplatte mit dem eurasischen Kontinent erzeugt im Mittelmeer vor Kreta eine Subduktionszone. Dabei wird die ägäische Mikroplatte unter die Platte Eurasiens geschoben und im Erdmantel aufgeschmolzen. Ein Teil des dabei entstehenden Magmas steigt hinter Kreta Richtung Erdoberfläche auf und erzeugt die Vulkane des ägäischen Inselbogens.
Weiter im Osten, genauer in der Türkei, kollidiert die arabische Platte mit Eurasien und der anatolischen Platte. Dabei taucht die arabische Platte unter die anatolische Platte. In der Folge entsteht ein Vulkangürtel, der sich über tausend Kilometer durch Anatolien und die Türkei erstreckt. Ararat, Nemrut Dagi und Erciyes Dagi sind die bekanntesten Vulkane dieser Region. Der letzte Ausbruch des 5165 m Ararat war 1840. Der Ararat ist ein Symbol für die Türkei und wird von einigen Altertumsforschern gerne als Landungsort der Arche Noah angenommen. Während die Vulkannamen in Westeuropa kaum jemandem geläufig sind, sind es aber die Urlaubsregionen, die ihre Attraktivität den Folgen des Vulkanismus in der Türkei verdanken. Die Tuffablagerungen von Kappadokien mit den bekannten Feenkaminen, Felsenkirchen und Wohnhöhlen von Göreme entstanden durch Vulkanausbrüche im Tertiär. Die heißen Quellen der Kalksinterterrasen von Pamukkale deuten ebenfalls auf einen hohen thermischen Gradienten des Untergrundes hin. Dieser kommt durch einen sich abkühlenden Magmakörper zustande, der in der Erdkruste steckt.
In Zentraleuropa gibt es mehrere Vulkangebiete, die seit einigen Jahrzehnten als eine zusammenhängende Vulkanzone betrachtet werden. Sie erstreckt sich von Schlesien über Böhmen, dem rheinischen Schiefergebirge der Eifel, bis zur Auvergne in Südfrankreich. Dort ereignete sich vor 5800 Jahren der letzte Vulkanausbruch. In der Eifel ist es 9500 Jahre her, dass der letzte Feuerberg tätig war. Der berühmt-berüchtigte Ausbruch des Laacher-See-Vulkans war vor 12.900 Jahren. Der Ausbruch hinterließ eine Caldera, die sich mit Wasser füllte. Heute steigen am Seeufer Gasblasen auf, die von der vulkanischen Vergangenheit zeugen. Mehr über die Vulkaneifel gibt es hier.
Kalte Gasaustritte sorgen im böhmischen Cheb-Becken für Unruhe. Hier steigerte sich der Kohlendioxid-Ausstoß in den letzten Jahren und Wissenschaftler fanden heraus, dass tatsächlich frisches Magma in die unteren Sichten der Erdkruste eindringt. Diese Art der Aktivität wird von den Fachleuten Magmatismus genannt, da es nicht sicher gesagt werden kann, ob tatsächlich ein Vulkan ausbrechen wird.
Für die Ursachen des Vulkanismus in Zentraleuropa werden verschieden Möglichkeiten kontrovers diskutiert. Einige Wissenschaftler versuchen ihn mit Hilfe der Hot-Spot-Theorie zu erklären. Diese Theorie postuliert einen ortstabilen Mantelplume (Magmaschlauch), der im Erdmantel verankert ist und Magma an die Erdoberfläche pumpt. Dort brennt es sich wie ein Schweißbrenner durch die Erdkruste. Da diese im Rahmen der Plattentektonik wandert, entsteht eine Vulkankette. Unter der Vulkaneifel wird so ein Magmaschlauch vermutet. Allerdings liegt die Eifel in der Mitte der zentraleuropäischen Vulkanprovinz, daher scheint es eher ein lokales Phänomen zu sein. Heute findet die Theorie mehr Akzeptanz, dass diese Vulkanzone ebenfalls mit der Orogenese der Alpen in Zusammenhang steht. Das Rheinische Schiefergebirge und andere Mittelgebirge in Zentraleuropa entstanden während der variszischen Orogenese vor über 300 Millionen Jahren. Bereits zu dieser Zeit gab es hier aktiven Vulkanismus und es wurden Störungszonen angelegt, die in den verschiedenen Erdepochen immer wieder reaktiviert wurden. Während einer der Hauptphasen der alpidischen Gebrigsbildung vor 34 Millionen Jahren entstanden die Riftsysteme Europas, zu denen der Oberrheingraben zählt. Durch Spannungen in der Erdkruste veränderten sich Struktur und Dynamik der Unterkruste, was die lokale Schmelzbildung und den Magmenaufstieg förderte. Zudem schob von Süden her nicht nur der afrikanische Kontinent auf die eurasische Platte: Aus nördlicher Richtung drückte das Material auf Eurasien, was entlang der divergenten Plattengrenze am mittelatlantischen Rücken gefördert wurde. Die zentraleuropäische Vulkanzone ist praktisch als Knautschzone zweier schiebender Bewegungen zu verstehen.
Noch mehr Vulkane als in Italien gibt es in Europa nur auf Island. Von den 130 Vulkanen und Eruptionsspalten gelten 30 als potenziell aktiv. Alleine in den letzten 100 Jahren sind 25 Vulkane ausgebrochen. Einige von ihnen eruptierten in diesem Zeitraum öfter. Geschichtlich bedeutend war die Eruption der Laki-Spalte in den Jahren 1783 - 1785. Aus über 130 Kratern entlang der Spalte wurden 12 Kubikkilometer Lava gefördert. Mehr als 500 Millionen Tonnen vulkanischer Gase stieß die Laki aus. Das Gras der Weiden verdorrte und mit ihm starb das Vieh. Einer Hungersnot fielen 9000 Isländer zum Opfer. Das waren damals 20 % der Bevölkerung. Selbst auf Irland und in Nordengland soll die Gaswolke zu Hungersnöten geführt haben.
Tektonisch gesehen gehört Island nur teilweise zu Europa, denn durch die große Insel im Nordatlantik verläuft die kontinentale Nahtstelle zwischen Europa und Nordamerika. Die Spreizungszone des mittelatlantischen Rückens fördert nicht nur ständig Lava, sondern stellt zugleich das größte Gebirge der Welt dar. Hier lest ihr mehr über den Vulkanismus auf Island.
Island stellt nicht die einzige vulkanische Insel entlang des mittelatlantischen Rückens dar. Einige Tausend Kilometer weiter südlich liegt die Inselgruppe der Azoren. Politisch gesehen zählt diese Inselgruppe zu Portugal, geologisch gesehen liegt sie auf dem Schnittpunkt zwischen 3 Kontinenten. Unter den Azoren stoßen die Kontinentalplatten von Nordamerika, Eurasien und Afrika zusammen. Der letzte Vulkanausbruch ereignete sich auf den Azoren am Vulkan Pico im Dezember 1963.
Die Kapverdischen Inseln gehörten bis 1975 ebenfalls zu Portugal. Sie liegen vor Mauretanien und dem Senegal. Bei den Vulkanen hier handelt es sich um Intraplattenvulkane, die ihre Existenz einem Mantelplume verdanken. Jüngster Ausbruch eines kapverdischen Vulkans war 1995. Der Fogo förderte einen Lavastrom, der ein Dorf bedrohte.
Als Letztes der "europäischen" Vulkangebiete seien hier die Kanarischen Inseln erwähnt. Geologisch betrachtet befinden sie sich bereits auf der Kontinentalplatte Afrikas. Aufgrund ihrer politischen Zugehörigkeit zu Spanien werden sie gerne unter Europa geführt. Wie bei den Kapverden wird auch hier ein Mantelplume für den Vulkanismus verantwortlich gemacht. Die 8 Inseln werden von einer Reihe unterseeischer Vulkane flankiert. Prominentester Vulkan der Kanarischen Inseln in der Pico de Teide. Mit einer Höhe von 3718 Metern ist er zugleich der höchste Berg Spaniens. Sein letzter Ausbruch liegt schon einige Jahrhunderte zurück und fand im Jahr 1492 statt. Auch über die Vulkane der Kanaren gibt es ein eigenes Kapitel.
Stand 2012
Europa - Ein Kontinent speit Feuer
Steckbriefe
Ätna - Lage: 37,73°N 15,00°E, Höhe: 3352 m, Art: Komplex- VulkanEyjafjallajökull - Lage: 63.63°N 19.62°W, Höhe: 1666 m, Art: Caldera
Hekla - Lage: 63.98°N 19.70°W, Höhe: 1,491 m, Art: Stratovulkan
Katla - Lage: 63.63°N 19.05°W, Höhe: 1512 m, Art: Caldera / Subglazial
Stromboli - Lage: 38,78°N, 15,21°E, Höhe: 924 m, Art: Stratovulkan
Vesuv - Lage: 40.82 N 14.43 E, Höhe: 1.281 m, Art: Somma-Vulkan
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