Eldgjá ist der Name einer großen Eruptionsspalte im Süden von Island. Sie hat eine Länge von gut 75 km und zeichnet sich für eine der größten effusiven Eruption des Holozäns verantwortlich. In einem Teil der Spalte bildete sich eine 8 km lange und bis zu 140 m tiefe Schlucht, in der der gleichnamige Fluss fließt. Bis zum Jahr 1993 überspannte ein Natursteinbogen den Wasserfall Ófærufoss. Sie war ein beliebtes Touristenziel, wurde durch ein Hochwasser allerdings zerstört.
Die Eruptionsspalte geht vom Zentralvulkan Katla aus und erstreckt sich fast bis zum Grimsvötn unter dem Vatnajökull. Somit stellt die Eldgjá praktisch eine Verbindung zwischen den beiden zentralen Gletschervulkanen her. Die Spalte verläuft parallel zur Östlichen Riftzone Islands, die Teil der kontinentalen Nahtstelle zwischen Nordamerika und Europa ist. In der anderen Richtung, also vom Grimsvötn in Richtung Katla, verläuft die Laki-Spalte. Sie ist allerdings deutlich kürzer als die Eldgjá und erreicht die Katla nicht. Dafür überdecken die vulkanischen Ablagerungen der Laki-Eruption, jene, die von der Eldgjá stammen. Zumindest in dem Bereich, wo sich die beiden Spalten nahe kommen.
Daraus lässt sich schließen, dass die Laki-Spalte nach der letzten Eruption der Eldgjá aktiv war. Tatsächlich bestätigen das auch die historischen Überlieferungen und die Datierungen von Seiten der Wissenschaftler: während die Laki in den Jahren 1783-84 eruptierte, war die Eldgjá im Jahr 939 aktiv. Bei dieser Eruption handelte es sich nicht nur um die erste von Menschen dokumentierte Eruption der Spalte, sondern auch um ihre stärkste. In der Literatur wird sie oft mit einem Flutbasalt-Ereignis gleichgesetzt, obwohl genaugenommen dazu noch ein paar Größenordnungen fehlen. Dennoch, es wurden gut 18 Kubikkilometer Basaltlava eruptiert. Sie bedeckt eine Fläche von 800 Quadratkilometern. Zum Vergleich: bei der Baradarbunga-Eruption 2014 wurden gut 1,1 Kubikkilometer Lava gefördert, die eine Fläche von 83 Quadratkilometern bedecken.
Die Eldgjá-Eruption stieß nicht nur gewaltige Mengen Lava aus, sondern auch entsprechend viele vulkanische Gase. Besonders das Schwefeldioxid schaffte es als Aerosol bis in die Stratosphäre und bedingte einen Temperaturrückgang in den Folgejahren. Für die nördliche Hemisphäre war der Sommer 940 der Kälteste der letzten 1500 Jahre. Die Temperaturen lagen um ca. 2 Grad unter dem langjährigen Mittel. Die Daten wurden durch die Untersuchung der Wachstumsringe von Bäumen gewonnen und auch das Klimaarchiv des Polareises enthüllte entsprechendes.
Die Eruption von 939 war nicht der erste Ausbruch der Eldgjá: bereits vor über 2000 Jahren war die Spalte aktiv. Mit weiteren Ausbrüchen entlang des Systems muss gerechnet werden, doch Vorhersagen darüber, wann die nächste Spalteneruption stattfinden wird, lassen sich nicht treffen. Statistisch gesehen wäre zumindest ein Ausbruch der Katla fällig, doch Vulkane lesen bekanntlich keine Statistiken.
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