Eine Reportage von Jens Edelmann
Der Mayon ist mit 2.462 Metern der zweithöchste unter den aktiven Feuerbergen der Philippinen. Gleichzeitig ist er einer der schönsten Vulkane der Welt. Dies verdankt er nicht nur seinen steil aufragenden Flanken, die den Eindruck eines nahezu perfekt geformten Kegels vermitteln. Auch seine Lage, inmitten einer der schönsten Provinzen des Landes, der Region Bikol, die auch die Schweiz der Philippinen genannt wird, trägt zu diesem Ruf bei.
Doch die Schönheit hat ihre Schattenseiten, denn Mayon ist der aktivste philippinische Vulkan und für seine oft überraschend einsetzenden, explosiven, meist mit der Bildung pyroklastischer Ströme und Lahar einher gehenden Eruptionen berüchtigt. Außerdem steht er in einem dichtbesiedelten Gebiet. Jeder seiner Ausbrüche birgt deshalb ernsthafte Gefahren für die in seiner Umgebung befindlichen Städte und Dörfer sowie deren Bewohner.
Geographischer und geologischer Überblick
Lage: 13.26 N/ 123.68 OLand: Philippinen (Südostluzon)
Höhe: 2.462 m
Vulkantyp: Stratovulkan
Lavatyp: Andesit, basaltischer Andesit
Die Philippinen gehören zum großen Inselkomplex des malaiischen Archipels, der in mehreren Stadien, zuletzt durch ein starkes Steigen des Meeresspiegels während des oberen Miozän (ca. vor 10 Mio. Jahren), gebildet wurde. Sie sind Teil des sogenannten "Ring of Fire", eines Vulkan- und Erdbebengürtels, der den gesamten Pazifik umspannt.
Vulkanologisch gesehen, sind die Philippinen als magmatischer Inselbogen aufzufassen, der aus mehreren großen Segmenten besteht: dem Luzon-Bogen, dem Bikol-Bogen, den Visayas und Mindanao. Interessant ist, daß es auf den Philippinen auch Zonen gibt, die frei von rezenter vulkanischer Aktivität sind. Hierzu zählt u.a. das Palawan-Mindoro Terran. Der Vulkanismus des Luzon-Bogens (auf Luzon befinden sich neben der Hauptstadt Manila auch so bekannte Vulkane wie Taal, Pinatubo) hat seinen Ursprung in der ostwärts gerichteten Subduktionszone des Manilagrabens. Hierbei wird das (ankommende) Ozeanbecken des Südchinesischen Meeres unter das Luzon-Terran subduziert (DEFANT et al., 1989).
Das relativ flache Einfallen der Subduktionszone (größer als 50 Grad) gestattet neben der Entsteheung von Basalten die Entstehung höherdifferenzierter Magmen (z.B. Dacite), die bei der Eruption des Pinatubo 1991 beobachtet werden konnten (vgl. SCHMINCKE, 2000). Intermediäre Magmen (Andesite) kommen demgegenüber eher selten vor. Der junge Vulkanismus des südostlich an den Luzon-Bogen anschlie-ßenden Bikol-Bogens ist auf ein anderes Subduktionssystem, nämlich das des Philippinengrabens zurückzuführen. Charakteristisch ist hier das relativ steile Einfallen (50 - 70 Grad) der ankommenden (pazifischen) Platte, die unter die philippinische Platte subduziert wird (vgl. DEFANT et al., 1989).
Die wichtigsten Vulkangebiete der Philippinen sind folgende:
a) Nord- und Zentralluzon (u.a. Vulkane Babuyan, Santo Tomàs, Pinatubo, Taal, Banahaw);
b) Südostluzon und östliche Visayas (u.a. Vulkane Mayon, Bulusan, Iriga, Biliran, Mahagnao)
c) Westliche Visayas (u.a. Vulkane Canlaon, Silay, Mandalagan)
d) Mindanao (u.a. Vulkane Hibok-Hibok, Ragang, Parker, Apo, Calayo).
Petrographisch handelt es sich beim Mayon um einen Stratovulkan, der überwiegend basaltische Andesite und Andesite mit mittleren K-Gehalten fördert. Allen Förderprodukten gleichermaßen eigen ist die verhältnismäßig hohe Farbzahl (Colour Index) > 35. Hieraus erklärt sich auch das unge-wöhnlich dunkle Erscheinungsbild des Vulkans. Die z.T. sehr reichlich Plagioklas führenden Laven des Mayon sind als untersättigte Melanoandesite anzusprechen.
Die Legende von Magayon
Der Legende nach lebte einst in dem Landstrich, den man heute als Bikol bezeichnet, eine schöne Prinzessin. Sie hatte einen zornigen Onkel namens Magayon, der sie so behütete, daß kein Mann es wagte, um ihre Hand anzuhalten. Eines Tages jedoch war ein tapferer und männlicher Krieger so sehr von der Schönheit der Prinzessin angetan, daß er alle Warnungen in den Wind schlug, durch ein Fenster des Palastes kletterte und die Prinzessin entführte. Magayon, als er davon erfuhr, schäumte vor Wut und heftete sich sogleich an die Fersen der Fliehenden. Diese flehten die Götter um Hilfe an und wie durch ein Wunder, begrub ein Erdrutsch den wütenden Magayon unter sich. Deshalb glauben die Einheimischen an den Hängen des Mayon, daß der noch immer nicht zur Ruhe gekommene Zorn des Magayon in den Ausbrüchen des Mayon-Vulkans weiterlebt.Besteigung des Mayon
Charakter: Ernstzunehmende, anstrengende 2-3 Tagestour.Anspruch: Trittsicherheit im weglosen Gelände und Schwindel- freiheit sind erforderlich.
Ausrüstung: Zelt und Kocher sinnvoll, ansonsten die vulkanische Standardausrüstung (Maske, Helm, Hammer).gopro Ein Wasserfilter sollte unbedingt mitgenommen werden. Für die (derzeit nicht ratsame) Überschreitung sind Seil und Sicherungsmittel [Bandschlingen, Klemmkeile, Karabiner] unerläßlich. Es empfiehlt sich robuste Bundeswehr Bekleidung aus Baumwoll-Mischgewebe zu tragen.
Gefahren: große bei Aktivität (Glutwolken!), im übrigen verhältnismäßig großes Unfallrisiko, stark taifun- und monsunexponierte Tour.
Höhenmeter: Im Auf- und Abstieg auf der SO-Route ca. 2.400, auf der NW-Route ca. 1.700, sofern bis zur Mayon Vista Lodge gefahren wird.
beste Monate: 2 - 4
Zwei mögliche Aufstiegsrouten führen zum Krater des Mayon. Die erste führt von Südosten (Talort Lidong) über das Camp 1, den Bonga-Gully und das Camp 2 zum Knife Edge, dem derzeit höchstmöglichen erreichbaren Punkt. Das Knife Edge ist eine Einsattlung im Kraterrand und bietet eine guten Blick auf den Krater). Die zweite mögliche Route führt von Nordwesten über die Mayon Vista Lodge und den Buang-Gully zum Kraterrand. Talort ist hier Buang. Eine Überschreitung des Mayon von Norden war in früheren Jahren möglich, wenngleich aufgrund des sehr steilen, instabilen Geländes gefährlich. Da sich die Instabilität der ohnehin kritischen Nordostflanke (Richtung Tabaco) in der Folge der Eruptionen von 1999/ 2000 noch verstärkt hat, sollte auf eine Überschreitung aus Sicherheitsgründen verzichtet werden.
Zunächst sei angemerkt, daß eine Besteigung des Mayon von Südosten her ohne Führer nicht möglich ist. Ortsunkundige Bergsteiger sind nicht in der Lage, das komplizierte Netzwerk von Pfaden, das sich am Fuße des Berges erstreckt, nachzuvollziehen. Man kann zwar versuchen, einen Durchschlupf zu finden, dies dürfte jedoch stark vom Glück abhängen. Eher wahrscheinlich sind Verhauer und tagelanges Suchen nach dem richtigen Weg - in der tropischen Hitze der Philippinen nicht gerade ein Vergnügen. Dies gilt auch für die Südwestseite des Berges (Camalig), die für Besteigungen nicht infrage kommt.
Desweiteren sei darauf hingewiesen, daß die Hänge des Berges bis zu einer Höhe von etwa 1.900 m mit dichtem Sekundärdschungel und mehrere Meter hohem Talahibgras bewachsen sind. Wer es geschafft hat, das Camp 1 auf eigene Faust zu finden, wird ohne Führer sehr wahrscheinlich am Abzweig zum Camp 2 (der sich im dichten Wald am rechten Rand einer steilen Rinne befindet) vorbeilaufen. Die Folge: plötzlich steht man vor einem Steilabbruch an dem es weder vor noch zurück geht.
Die bereits von unten sichtbaren Rinnen sind übrigens Canyons von zum Teil über 100 Metern Wandhöhe. Hier ist besonders auf Steinschlag zu achten. Eine gute Ausgangsbasis zur Besteigung des Mayon ist die Stadt Legaspi (121.000 Einwohner). Hier gibt es genügend Hotels, in denen man sich für 1 oder 2 Tage einmieten kann, bevor man zur eigentlichen Tour aufbricht (mein Tip: Catalina`s Lodging House, Penaranda Street 96, mit sauberen Zimmern ab 8,- DM/ Nacht). Auch Guides können in Legaspi problemlos angeheuert werden. Da die Tour auch für den Guide, der zugleich als Träger arbeitet, nicht von Pappe ist, sind die Preise entsprechend hoch und können bis zu 100 US-Dollar pro Teilnehmer betragen (Stand: Frühjahr 1999). Allerdings sind die Guides von Legaspi nicht nur gute Bergsteiger und Führer, sondern darüber hinaus auch noch ausgezeichnete Köche. Man bekommt deshalb für das viele Geld auch einen akzeptablen Gegenwert.
Wer sich nicht beim Tourist Office um einen Führer bemühen möchte, kann es im Laden von Mario Banzuela Jr., R. Serrano Street 32, Old Albay, Legaspi versuchen. Mario spricht gut englisch, ist ein versierter Bergsteiger und arbeitet nebenberuflich als Führer.
Die eigentliche Besteigung des Mayon beginnt nicht in Legaspi City sondern in der Nähe des etwa 10 Kilometer außerhalb gelegenen Dorfes Lidong. Da morgens um fünf noch keine Jeepneys unterwegs sind, empfiehlt es sich, bereits am Vorabend der Tour ein Tricycle chartern.
Allein die kurze Fahrt über die Dörfer ist mit dem schwerbeladenen Gefährt (2-3 Bergsteiger + Guide + Rucksäcke!) ein Erlebnis für sich. Das Chartern des Tricycles hat den weiteren Vorteil, daß man nach dem Abbiegen von der Hauptstraße auf Höhe Lidong, nicht zu Fuß weitergehen muß, sondern sich bis zum Ende der Straße/ Piste fahren lassen kann. Diese endet an einem aufgelassenen Golfplatz, der als solcher aber nicht mehr erkennbar ist. Die ersten beiden Wegstunden führen durch sanft ansteigendes, leichtes Gelände. Daß man von hier aus stets die überwältigende Kulisse des Mayon mit seinem rauchenden Krater vor Augen hat, macht die Sache noch angenehmer. Eine halbe Stunde später wird ein Waldgebiet erreicht und die Szenerie wechselt. An einer verlassenen Plantage kann man eine Verschnaufpause einlegen. Üblicherweise sammeln die Guides an dieser Stelle einige Kokosnüsse, deren Wasser eine willkommene Erfrischung bietet.
Nach ein bis anderthalb weiteren Wegstunden erreicht man das Camp 1, das schon von weitem sichtbar durch eine weiße Fahne gekennzeichnet ist. Spätestens hier trifft man wo man auch auf die ersten philippinischen Bergsteiger (während der Sommermonate gibt es kaum Tage, an denen niemand am Mayon unterwegs ist). Camp 1, das sich bereits in einer Höhe von 800 Metern befindet, ist eine Ansammlung primitiver Hüttchen, die bei Wetterumschwüngen sicher willkommen sind. Komfortabler schläft es sich aber im eigenen Zelt.
Anschließend beginnt die ziemlich mühselige Kletterei durch den Bonga-Gully, einen steil ins Gelände geschnittenen und in seinem unteren Teil von dichter Vegetation bedeckten Canyon. Die steilsten Passagen sind mit (dünnen) Fixseilen gesichert, auf die im Klettern weniger geübte Mayon-Aspiranten auch zurückgreifen sollten. Größere Schwierigkeiten bereiten die lehmbedeckten, rutschigen Steilstufen, deren Überwindung mit geschultertem Rucksack sehr anstrengend ist.
Nicht verpassen darf man den Abzweig zum Camp 2, der sich auf der rechten Seite des Canyons, am Ende einer Zone mit moosbewachsenen Felsblöcken befindet.
Von Camp 1 aus gerechnet, erreicht man nach insgesamt drei Stunden ein Gebiet mit breiten, ausgewaschen Lavarinnen, längs derer man bequem höher steigen kann. In der umgekehrten Richtung ist dieser Abschnitt vor allem bei Regen ein höchst unfallträchtiger Bereich. 1992 stürzten hier zwei französische Bergsteiger ab und konnten nur mit knapper Not geborgen werden. An den Pfützen der Lavarinnen sollte man die Wasservorräte ergänzen (Filter!), da es vor allem nach dem "On to Mayon!"- Massenaufstieg während der Karwoche bzw. im trockenheißen philippinischen Sommer vorkommen kann, daß man weiter oben kein Wasser mehr findet.
Eine gute Stunde später langt man schließlich im Camp 2 am orogr. rechten Rand des Bonga-Gullys an und hat genügend Zeit, einen ruhigen Nachmittag zu genießen. Falls Filipinos anwesend sind, wird es nicht ausbleiben, daß man zu einer (oder mehreren) Runden Gin eingeladen wird.
Der Start zum Krater erfolgt in der Morgendämmerung des nächsten Tages. Sofern es über Nacht trocken war, hat man gute Chancen, schon nach zweistündiger Kletterei über die 45 Grad steilen, oberen Hänge des Vulkans das sogenannte Knife Edge zu erreichen, von wo aus sich ein beeindruckender Tiefblick auf den Gulf of Albay, die oberen Hänge des Mayon und den 1993iger Lavastrom bietet. In der Ferne, jenseits des Gulf of Albay erkennt man den meist rauchenden Mount Bulusan. Aufregend ist auch der Blick in den zerschrundenen, solfataren-besetzten Krater. Eine weite Breche öffnet den Krater nach Südosten. Sie ist das Ergebnis der 1993, 1999 und 2000 erfolgten Eruptionen (siehe History). Der von den Ausbrüchen förmlich aufgeschlitzte Krater bietet einen guten Einblick in den - verhältnismäßig simplen - Aufbau des aus Wechsellagen von Asche, Lapilli und Lava zusammengesetzten Vulkans.
Da aufsteigende Wolken am späten Vormittag die Sicht häufig einschränken und die Orientierung erschweren, sollte man nicht zu lange am Kraterrand verweilen. Der Abstieg zum Camp 2 erfolgt über die Aufstiegsroute uns sollte wegen des losen Gerölls mit äußerster Vorsicht durchgeführt werden.
Fazit:
Der Mayon ist einer der interessanten Vulkane Südostasiens, dessen Besteigung jedoch verhältnismäßig hohe Anforderungen an die Kondition, die Trittsicherheit und die Schwindelfreiheit der Besteiger stellt. Unsere Mayon-Tour, Mitte Mai 1999, fand zu einem Zeitpunkt der wieder erwachendenden Aktivität des Vulkans statt. Nachdem wir uns im PHIVOLCS-Observatorium in Legaspi über den Zustand des Berges erkundigt hatten, wurde uns kein größeres Risiko bescheinigt. Die Tour muß jedoch im nachhinein, vor allem mit Hinblick auf die im Juni 1999 einsetzende Ausbruchsserie des Mayon, als objektiv risikobehaftet eingeschätzt werden.Tipp: Den besten Blick auf den Berg hat man in den frühen Morgen-stunden von dem am Stadtrand von Legaspi gelegenen Kapuntukan Hill.
Literatur: DEFANT, M.J. 1989, Geochemistry and tectonic setting of the Luzon arc, Philippines, Geological Society of America Bulletin, v. 101, p. 663-672
SCMINCKE, H.U. 2000, Vulkanismus, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, S. 102 f.
WOLFE, E.W.; HOBLITT, R.P. in NEWHALL und PUNONGBAYAN, Fire and Mud - Eruptions and Lahars of Mount Pinatubo, Philippines, University of Washington Press, 1996, p. 3-20
PETERS, J., Philippinen Reise-Handbuch, Jens Peters Publikationen, 1997
HANEWALD, R., Philippinen Abenteuer-Handbuch, Jens Peters Publikationen, 1997
Karten:
Topographische Karte 1:250.000, Blatt 2516 des Coast and Geodetic Survey (jetzt Namria), erhältlich im Namria Store, Barraca Street, San Nicolas, Manila; Bezug in Deutschland über Buchhaus Angermann, Wiesbaden (www.Das.Landkartenhaus.de) möglich. Preis pro Karte ca. 20,- €.
Über den Autor:
Für Jens Edelmann (36) aus Dresden sind die Vulkane längst mehr als ein Hobby. Deshalb vergeht kaum ein Tag, an dem er sich nicht mit ihnen und ihrer Aktivität beschäftigt. Sein besonderes Interesse gilt dabei den Feuerbergen Südostasiens, die er bereits im Rahmen mehrerer Reisen nach Indonesien und den Philippinen besucht hat. Weitere Aufenthalte an den Vulkanen dieses Teils des "Ring of Fire" sind geplant, Grund genug also, auf weitere Reportagen von unserem Co-Autor gespannt zu sein.