Erdbeben zählen zu den beeindruckendsten Naturphänomenen der Erde und haben ein sehr hohes zerstörerisches Potential. Aus diesem Grund wird ein Erdbeben schnell zu einer Naturkatastrophe. Erdbeben können Hangrutschungen und Lawinenabgänge verursachen. Die gefürchtetsten Nebenwirkungen von Erdbeben sind Tsunamis, die oft weitaus mehr Menschenleben fordern als die auslösenden Erdbeben.
Was versteht man unter einem Erdbeben?
Per Definition sind Erdbeben messbare Erschütterungen des Erdkörpers. Die Erschütterungen entstehen meistens durch spontane Massenverschiebungen entlang von Bruchzonen in der Erdkruste. In diesem Fall spricht man von tektonischen Erdbeben. Diese Verschiebungen können so groß sein, dass sie sich auf die Rotationsachse der Erde auswirken. Ein tektonisches Erdbeben kann ganze Landstriche verschieben.
Dringen Fluide wie Magma in die Erdkruste ein, dann können durch das eindringende Material Brüche im Gestein entstehen, bei denen ebenfalls Erdbeben entstehen. Diese Erschütterungen nennt man vulkanische Erdbeben.
Wie entstehen Erdbeben?
Tektonische Erdbeben entstehen an Störungszonen oder Plattengrenzen. Im Zuge der Kontinentaldrift verschieben sich die Erdkrustenplatten relativ zu einander. Die Platten wandern dabei im jährlichen Mittel zwischen 2 und 4 cm. Die Platten können zusammenstoßen und Gebirge wachsen lassen oder auseinander driften und Schluchten und Täler entstehen lassen. Besonders entlang von Störungszonen gleiten Plattenteile aneinander vorbei oder bilden Auf- und Abschiebungen. Es kann aber auch vorkommen, dass sich die Platten verhaken. Dann bauen sich große Spannungen im Gestein auf. Ist die Scherfestigkeit des Gesteins überschritten, dann bricht es ruckartig: Ein Erdbeben entsteht.
Seismische Wellen
Bei einem Erdbeben wird Energie in Form seismischer Wellen freigesetzt. Diese breiten sich vom Erdbebenherd ausgehend in alle Richtungen aus. Es gibt unterschiedliche Arten seismischer Wellen. Sie unterscheiden sich in Schwingungsrichtung, Frequenz, Geschwindigkeit und Energie. Am schnellsten sind die P-Wellen, dann folgen die S-Wellen. Verschiedene Arten seismischer Wellen haben unterschiedlich große Zerstörungspotentiale.
Magnituden und Seismogramme
Die Stärke eines Erdbebens wird als Magnitude angegeben. Die Magnitude wird überwiegend aus der Amplitude eines Seismogramms bestimmt, welches mit Hilfe eines Seismometers aufgezeichnet wird.
Ein Seismometer ist ein Gerät, das die Schwingungen der Erdbebenwellen registriert. Die Magnitude lässt sich in mathematischer Beziehung zur Energie eines Erdbebens setzen und ist somit mathematisch definiert. Die Stärke eines Erdbebens lässt sich auch durch seine Intensität bestimmen. Hier werden in erster Linie die sichtbaren Auswirkungen eines Erdbebens untersucht.
Erdbeben-Skalen
Es gibt unterschiedliche Skalen zur Einstufung der Erdbebenstärke. Die modernen Magnituden-Skalen haben gemein, dass sie auf einem dekadischen Logarithmus basieren. Die bekannteste Skala ist die Richterskala. Die ihr zu Grunde liegenden Amplitudenmessungen von Seismogrammen sind nur für relativ geringe Distanzen zum Epizentrum genau. Theoretisch ist die Richterskala nach oben offen. In der Praxis können Erdbeben mit Magnituden größer 9,5 nicht differenziert aufgezeichnet werden.
Die heute gebräuchlichste Skala ist die Momenten-Magnituden-Skala Mw. Sie basiert auf dem seismischen Moment. Dies ist das Skalarprodukt aus der Größe der Bruchfläche im Untergrund, der mittleren Verschiebung der Gesteinsblöcke und dem Schermodul des Gesteins. Die Momenten-Magnituden-Skala ist bei Mw 10,6 begrenzt, da man annimmt, dass bei diesem Wert die feste Erdkruste vollständig zerbricht. Bei der Erhöhung um eine Magnitudenstufe wird das 32-fache an Energie frei.
Wenn auf vulkane.net Erdbebenstärken angegeben werden, beziehe ich mich auf diese Magnitude.
Eine ältere Erdbebenskala stufte die Stärke der Erdbeben nach ihrer Intensität ein. Dabei wurde unter anderem die zerstörerische Wirkung von Erdbeben verglichen.
Epizentrum, Hypozentrum und der Erdbebenherd
Im Zusammenhang mit Erdbeben tauchen immer wieder die Begriffe Epizentrum und Hypozentrum auf. Als Epizentrum bezeichnet man den Punkt an der Erdoberfläche über dem Erdbebenherd. Letzteres ist der Ort, an dem das Erdbeben unterirdisch stattfindet. Das Hypozentrum ist identisch mit dem Erdbebenherd und beschreibt die räumliche Lage des Erdbebens in der Erdkruste. Es wird also auch die Tiefe des Erdbebens berücksichtigt.
Vorbeben, Hauptbeben, Nachbeben
Oft kündigen sich starke Erdbeben durch eine Serie schwacher Vorbeben an. Seismologen versuchen anhand dieser Vorbeben Vorhersagen über bevorstehende Hauptbeben zu treffen. Allerdings müssen auf einer Serie schwacher Erdbeben keine Hauptbeben folgen. Genausogut kann ein starkes Erdbeben spontan auftreten. Nach einem Hauptbeben finden meistens mehrere schwächere Erdbeben statt, die als Nachbeben bezeichnet werden.
Erbebenschwärme und Schwarmbeben
Von einem Schwarmbeben spricht man, wenn sich an einem Ort zeitnahe mehrere Erdbeben vergleichbarer Stärke ereignen. Es gibt also kein deutlich stärkeres Erdbeben, sodass man nicht zwischen Hauptbeben und Nachbeben unterscheiden kann. Schwarmbeben geringer Magnitude treten häufig im Zusammenhang mit Magmenaufstieg auf. Schwarmbeben mit Magnituden größer als 5 sind meistens tektonischen Ursprungs.
Erdbebenregionen
Erdbeben manifestieren sich überwiegend entlang der Plattengrenzen und anderer Störungszonen oder an Vulkanen. In Deutschland ist es der Rheingraben, entlang dessen die größte (wenn auch recht geringe) Erdbebengefahr besteht. In Italien bebt die Erde besonders häufig im Apennin und auf Sizilien. Im Westen liegt Portugal im Fokus der Erdbeben. Richtung östliches Mittelmeer sind Griechenland und die Türkei besonders gefährdet. Der Erdbebengürtel zieht sich dann weiter durch den Iran und entlang der Küsten Südost-Asiens. Entlang der Pazifikküste gibt es nicht nur besonders viele Vulkane, sondern auch Erdbeben: Indonesien, Japan und Kamtschatka sind Erdbeben-Hotspots. Über die Aleuten ziehen sich die Erdbebengebiete weiter über Alaska und Kanada bis zur Westküste der USA. Während sich an der Ostküste der USA relativ selten Erdbeben ereignen, sieht es in der Karibik ganz anders aus. Natürlich gibt es auch im Westen Mittelamerikas häufig Erdbeben, genauso wie entlang der Westküste Südamerikas. Die Anden vereinen ein Gebirge mit häufigen Erdbeben und Vulkanausbrüchen. In Afrika bebt die Erde häufig im Ostafrikanischen Riftvalley. Weniger gefährlich ist es inmitten der Kontinente: Zentralasien, Kanada, die Mitte der USA, Zentral Grönland und Australien werden sehr selten erschüttert.
Die katastrophalsten Erdbeben der letzten Jahre
In den letzten 2 Jahrzehnten kam es zu einer Häufung extrem katastrophaler Erdbeben, wobei ich nicht weiß, welches sich stärker einprägt: das Sumatra-Erdbeben von 2004 oder das Japan-Erdbeben von 2011. Letzteres führte zum Gau des Atomkraftwerks Fukushima und leitete die Energiewende in Deutschland ein. Durch beide Erdbeben wurden Tsunamis ausgelöst, die die Katastrophe dramatisch verstärkten. Die Sumatra-Katastrophe kostete mehr als 230.000 Menschen das Leben und brachte es auf eine Magnitude von 9,1. In Japan waren offiziell über 11.000 Toten zu beklagen. Inoffiziell wird von 28.000 Opfern gesprochen. Die japanische Hauptinsel wurde um 240 cm versetzt, die Erdachse um 10 cm. Das Erdbeben hatte eine Magnitude von 9,0.
Nicht weniger dramatisch müssen die Geschehnisse in Haiti gewesen sein, als im Jahr 2010 ein Erdbeben der Magnitude 7,0 eine Katastrophe auslöste: offiziell starben 316.000 Menschen, viele der Opfer wurden unter den maroden Bauten der Hauptstadt Port-au-Prince begraben. Fast 2.000.000 Menschen wurden obdachlos.
Das stärkste jemals registrierte Erdbeben manifestierte sich 1960 unter dem Chilenischem Valdivia. Es hatte eine Magnitude von 9,5 und forderte 1655 Menschenleben.
Verhalten bei Erdbeben
Wie verhält man sich bei einem Erdbeben? Dazu gibt es ein Merkblatt des GFZ-Potsdam.
Als Vulkanfilmer habe ich bereits mehrere Erdbeben erlebt und darüber berichtet. Zeit zum Reagieren blieb mir allerdings kaum. Generell sollte man versuchen nicht in Panik zu geraten. Die größte Gefahr geht von herabstürzenden Teilen aus. Selbst mittelstarke Erdbeben mit Magnituden um 5 können einfache Gebäude stark beschädigen. Dachziegel, Fassadenteile, Baugerüste und berstende Fensterscheiben werden zu tödlichen Geschossen. Befindet man sich in einem Gebäude, können Möbel umstürzen, Deckenteile herunterkommen oder es kann sogar zum kompletten Einsturz des Gebäudes kommen. Wenn es möglich ist, sollte man draußen freie Flächen aufsuchen. Wer in einem Haus ist, sollte sich neben stabile Möbelstücke legen. Wer sich nahe eines Ausgangs befindet, kann versuchen das Gebäude zu verlassen. Doch Vorsicht: gerade im Eingangsbereich kann man von herabstürzenden Trümmern getroffen werden. Niemals Aufzüge benutzen. Zudem drohen Brände und Explosionen, wenn Gasleitungen brechen. Keller können mit Wasser volllaufen.
Wenn man eine Reise in eine Erdbeben-gefährdete Region plant, kann es sinnvoll sein, sich die Unterkunft nach dem Aspekt der Erdbebensicherheit auszusuchen. Billige oder alte Hotels mit maroder Bausubstanz sind zu meiden. Zudem sollte man bei Nähe zur Küste bedenken, dass man sich der Gefahr eines Tsunamis aussetzt. Dieser kann anrollen, selbst wenn das Erdbeben Tausende Kilometer weit entfernt war.
In Tälern und am Fuß von steilen Hängen können Lawinen, Steinschläge oder Schlammströme eine zusätzliche Gefahr darstellen.
Vorsorglich kann es nicht schaden, eine Erdbeben-Warn-App auf dem Smartphone installiert zu haben oder sich per SMS benachrichtigen zu lassen. Wenn man sich in einem Katastrophengebiet befindet, funktioniert oft das Telefonnetz nicht mehr. Ein kleines batteriebetriebenes Radio kann als zuverlässige Informationsquelle dienen.