Überfluteter Hof in Sri Lanka.
Der Begriff Tsunami stammt aus dem Japanischen und bedeutet "große Welle im Hafen". Diese Hafenwellen entstehen durch die plötzliche Verdrängung ungeheurer Wassermassen. In den meisten Fällen sind Seebeben für die Entstehung von Tsunamis verantwortlich; sie können aber auch durch Vulkanausbrüche, Hangrutschungen und Meteoriteneinschläge entstehen.
2004 löste ein unterseeisches Erdbeben vor Sumatra die schlimmste Flutkatastrophe der Neuzeit aus: Ein Tsunami raste durch den Indischen Ozean und zerstörte die Küsten der angrenzenden Inseln und Festlandgebiete. Selbst im weit entfernten Sri Lanka und in Thailand wurden noch Menschen von den Fluten in den Tod gerissen. Mehr als 260.000 Menschen kamen insgesamt ums Leben.
Die wohl bekannteste durch einen Vulkanausbruch ausgelöste Tsunami-Katastrophe ist jene infolge des Krakatau-Ausbruchs vom 27. August 1883; dabei fanden mehr als 36.000 Menschen den Tod. Der Vulkan in der Sundastraße zwischen Java und Sumatra vernichtete sich in einer gigantischen Eruption selbst. Seebeben und die gewaltigen Gesteinsmassen, die ins Meerwasser krachten, lösten eine ganze Reihe von Flutwellen aus, welche die benachbarten Küsten überrollten. Der Explosionsknall dieser Eruption wanderte in Form von Luftdruckschwankungen um die ganze Welt; sogar im Ärmelkanal wurden erhöhte Pegelstände registriert.
Auch das Mittelmeer kann von Tsunamis heimgesucht werden. Die bronzezeitliche Explosion des Vulkans Thera auf der Insel Santorin löste Tsunamis aus, die wahrscheinlich den Untergang der minoischen Kultur auf Kreta einläuteten. 2002 verursachte ein Hangrutsch am Vulkan Stromboli eine kleine Flutwelle, welche die Uferpromenade auf der Insel zerstörte. Auf der beliebten Urlaubsinsel La Palma droht die komplette Flanke eines Vulkans abzurutschen. Sollte dies geschehen, würde auch ein riesiger Tsunami auf New York zurollen und Manhattan überfluten.
Tsunamis sind auf offener See recht ungefährlich; dort werden sie meist nur als langwellige Dünung von maximal einem Meter Höhe registriert. Die Wellen transportieren dort kein Wasser, sondern nur Energie, die in Form von Schwingungen von Wassermolekül zu Wassermolekül weitergegeben wird. Für die Schifffahrt auf offener See stellen diese Wellen also kein Problem dar; sie entfalten ihre volle Gewalt erst im flachen Wasser. Dort ändert sich der Charakter der Wellen: Am zur Küste hin ansteigenden Meeresboden wird der untere Teil der Welle gebremst, während sich der obere Wellenteil ungebremst weiterbewegt. Daher bricht die Welle im oberen Bereich, und anstelle der Energie wird nun tatsächlich Wasser transportiert.
Tsunamis weisen eine extrem lange Wellenlänge auf. Von Wellenkamm zu Wellenkamm kann die Entfernung dabei 100-300 Kilometer betragen. Tsunamis sind so schnell wie ein moderner Düsenjet: Sie reisen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 800 km/h; in einer solchen Welle steckt also eine ungeheure kinetische Energie. Trifft zuerst ein Wellental auf die Küste, entsteht am Strand ein Sog und das Meer weicht vom Ufer zurück, was die Welle zusätzlich "füttert" - ein allerletztes Warnsignal für alle, die sich an der Küste aufhalten, doch ab jetzt bleiben nur noch wenige Minuten zur Flucht. Mit unvorstellbarer Gewalt kracht das Wasser auf die Küsten, wobei enge Buchten und Hafeneinfahrten besonders gefährdet sind. Das Wasser schiebt sich bis zu mehrere Kilometer weit ins Landesinnere. Oft wird berichtet, dass die Tsunamis so hoch gewesen seien wie das Niveau des Landes über dem Normalpegel. Zahlreiche Videoaufnahmen der Flutkatastrophe von 2004 belegen jedoch, dass die Hauptwelle vergleichsweise niedrig war. Durch die schiere Kraft der langwelligen Wogen kann sogar Land überflutet werden, das viele Meter über Normalnull liegt, obwohl die eigentliche Wellenfront gerade einmal zwei Meter Höhe misst.
Tsunamis legen Strecken von mehreren tausend Kilometern zurück. Meist folgen mehrere Wellen aufeinander, deren Amplitude stetig abnimmt. Alles, was im Wasser treibt, läuft dadurch zusätzlich Gefahr, weit aufs Meer gezogen zu werden.
Tsunamigefahr besteht bei Seebeben, die stärker als 7 auf der Richter-Skala sind und deren Hypozentrum in geringer Tiefe liegt. Damit eine Flutwelle ausgelöst wird, muss der Ozeanboden ruckartig um eine vertikale Komponente versetzt werden; eine seitwärts gerichtete Verschiebung löst keine Tsunamis aus.