Auch aus der Luft betrachtet hat die Afar-Senke eine dreieckige Form. Sie ist der besonderen tektonischen Lage geschuldet: Im Norden des Dreiecks kreuzen sich gleich 3 Riftzonen, wodurch die Erdkruste extrem ausgedünnt ist. Tatsächlich handelt es sich bei der Senke um einen embryonalen Ozean: zahlreiche Salzseen zeugen heute davon, dass die Gegend bereits einmal vom Meer überflutet worden sein muss. Diesen Umstand bestätigen auch Funde fossiler Korallen. Der dominierende Grabenbruch ist das Ostafrikansiche Riftvalley, welches sich im Bereich des Afar-Dreiecks öffnet und im Nordwesten in das Riftsystem des Roten Meeres mündet. Östlich liegt der Golf von Aden mit einem Rift, das in den Mittelozeanischen Rücken des Indischen Ozeans übergeht.
Das Becken ist abflusslos und mehrere Flüsse wie der Awash speisen die Salzseen. Bei ihnen handelt es sich um die Seen Abbe, Assale, Karum, Bakili und Afrera. Das Salz war früher eine begehrte Handelsware und wird auch heute noch in Handarbeit abgebaut. Kamel-Karawanen transportieren es dann bis in die Stadt Mekele.
Das Becken wurde im Laufe seiner tektonischen Geschichte mehrmals angehoben und wieder abgesenkt und füllte sich mit Sedimenten. Es ist von zahlreichen Brüchen durchzogen, entsprechend ausgeprägt ist der Vulkanismus der Region. Hier dominieren flache Schildvulkane, die eine basaltische Lava fördern, wie sie für ozeanischen Riftvulkanismus typisch ist. Die bekanntesten Vulkane sind der Dallol und der Erta Alé. Aber es gibt auch hydrothermale Quellen, die stark an die Black Smoker der Tiefsee erinnern und sich unterwasser bildeten. Diese Travertin-Türme finden sich am Abbe-See.
Die Wiege der Menschheit
Abseits der Geologie bietet die Region ein weiteres Superlativ: die Danakil ist als Wiege der Menschheit bekannt: schwer vorstellbar, wenn man sich das heutige aride Klima anschaut, doch vor über 3 Millionen Jahren mag das anders ausgesehen haben. Damals durchstreifte der Australopithecus afarensis das Land der Afar und mindestens ein Exemplar fand seine letzte Ruhestätte beim heutigen Hadar. Dort entdeckte ein Team um den Paläontologen Donald Johanson 46 Knochen eines Skelettes. Sie dienten als Rekonstruktionsvorlage für "Lucy". Darüber hinaus wurden ältere Knochen von Australopithecus afarensis an einem mehrere Tausend Kilometer entfernten Ort gefunden: im tansanischen Teil des Ostafrikanischen Riftvalleys.Auf meinem ersten Besuch in Äthiopien wurde mir die Ehre zuteil, die originalen Überreste von Lucy zu begutachten. Im Jahr 2000 waren sie öffentlich nicht zugänglich, sondern wurden in der Asservatenkammer des Naturhistorischen Museums in Addis aufbewahrt.
Lucy ist nicht das einzige bedeutende Fundstück aus dem Afar-Dreieck. Zwischen 1994 und 1997 wurden in der Nähe von Lucys Fundstätte am Awash die Überreste von "Ardi" geborgen. Hierbei handelt es sich um ein 4,4 Millionen alten Fossil eines Ardipithecus ramidus. Hierbei handelt es sich um eines der besterhaltenen Skelette eines frühen Hominiden.
Inwieweit die Entstehung des Menschen mit der Öffnung des Ostafrikanischen Riftvalleys verknüpft ist, lässt sich wissenschaftlich nicht genau belegen. Mir persönlich gefällt die Hypothese, dass von Ast-zu-Ast schwingende Primaten den aufrechten Gang entwickelten, weil sich die Vegetation durch die Bildung des Ostafrikanischen Grabens änderte: Baumbewuchs wich der Steppe und auf einmal war es von Vorteil aufrecht zu gehen, damit man über das hohe Gras gucken konnte. Umwälzende tektonische Prozesse als Motor der Evolution: so etwas findet man nur im Riftvalley!
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