Fast am Ende des Wikis über Vulkane und Erdbeben angekommen, möchte ich etwas über Vulkan-Zen schreiben. Zen ist eine Lehre des Buddhismus, die ihren Ursprung in China hat und später nach Japan exportiert wurde. Zen hat jedoch auch indische Wurzeln, da der Begriff „Zen“ vom chinesischen Wort „Chan“ abstammt, das wiederum eine Ableitung des Sanskrit-Wortes „Dhyana“ ist, was „Meditation“ oder „Geistessammlung“ bedeutet. Ein Ziel des Zen ist es, eine fokussierte Geisteshaltung zu erreichen und nach innerer Perfektion zu streben. Diese Perfektion entspricht jedoch nicht einem Idealbild, sondern liegt vielmehr darin, die Gegenwart mit voller Präsenz und Akzeptanz zu erleben. Und wo ginge das besser als an einem Vulkan?
Nirgendwo sonst auf unserem Planeten liegen Schöpfung und Zerstörung, Sein und Untergang so nah beieinander wie an einem Vulkan. Wer einen Vulkanausbruch erlebt, dem wird klar, dass er als Mensch den Kräften des Erdinneren nichts entgegensetzen kann. Gleiches gilt für Erdbeben. Wer solchen Ereignissen ausgesetzt ist, muss auf den gegenwärtigen Augenblick fokussiert sein und ihn annehmen und akzeptieren. Im Gegensatz zu Vulkanausbrüchen, bei denen neues Land entstehen kann und wichtige Stoffe an die Erdoberfläche gelangen, scheinen Erdbeben keinen schöpferischen Akt zu beinhalten. Doch das stimmt nur oberflächlich betrachtet. Erdbeben sind ein Ausdruck der Erddynamik, und ohne diese wäre die Erde sehr wahrscheinlich leblos.
Vulkane und Erdbeben symbolisieren Veränderung und Wandel. Schon vor Jahren schrieb ich, dass wir an Vulkanen „Geologie im Zeitraffer“ erleben. Der Vulkan kann uns lehren, loszulassen und offen für neue Erfahrungen und Lebensumstände zu sein. Veränderung und Transformation sind natürliche und unausweichliche Aspekte des Lebens und eine wichtige Lehre im Zen.
Vulkanausbrüche sind einzigartig und niemals exakt gleich. Als Vulkanfotograf ist man natürlich auch auf der Suche nach dem perfekten Bild, nach einer besonders ästhetischen Eruption, bei der die Leuchtspuren glühender Tephra gleichmäßig verteilt sind und sich eine insgesamt harmonische Bildkomposition ergibt. Dabei ist einem jedoch bewusst, dass Perfektion niemals erreicht werden kann. So ist das Streben danach das eigentliche Ziel des Lebens. Oder einfacher ausgedrückt: Der Weg ist das Ziel!