Einem internationalen Team von Wissenschaftlern der Universitäten von Liverpool, Monash und Newcastle ist es gelungen einen weiteren Auslöser von Vulkanausbrüchen zu entschlüsseln. Die Wissenschaftler sagen, dass das Verständnis von Auslösemechanismen der Eruptionen enorm dazu beiträgt Vulkanausbrüche vorherzusagen. Eine präzise Vorhersage hilft den Schaden zu minimieren, der durch Vulkanausbrüche entstehen kann: weltweit leben mehr als 600 Millionen Menschen im Umfeld aktiver Vulkane. Alleine durch die Eyjafjallajökull-Eruption im Jahr 2010 entstand durch Flugausfälle ein wirtschaftlicher Schaden von 1,8 Milliarden USD.
Da die wenigsten Prozesse die im Erdinneren ablaufen direkt beobachtet oder gemessen werden können, entwickeln die Forscher immer neue Modelle und Computersimulationen. Die Wissenschaftler der drei genannten Universitäten schufen ein Vulkanmodel in dem sie speziell das Verhalten von Magma im Fördersystem untersuchen wollten. Dazu füllten sie Gelatine in einem Tank und injizierten gefärbtes Wasser in die Masse. Mittels Zeitlupenkamera und Laser beobachteten sie das Bewegungsverhalten des Wassers (Magmas) in miteinander verbundenen Frakturen, die zuvor in der Gelatine modelliert wurden. Die vertikal verlaufenden Risse heißen in der Fachsprache Dykes, die Horizontalen werden Sills genannt. Letztere bilden eine flach liegende Fläche im Gestein, die man mit einem Kohleflötz vergleichen kann. Die Sills füllen sich mit Magma, wenn der vertikale Aufstieg des Magmas in den Dykes ins Stocken kommt. Neu ist die Beobachtung, dass es im Magma in den Dykes zu einem plötzlichen Druckabfall kommt, wenn es seitwärts in die Sills abfließt. Dadurch wird der altbekannte Prozess in Gang gesetzt, der schon seit langem als Auslöser explosiver Eruptionen bekannt ist: Druckentlastung. Durch den hydrostatischen Druckabfall bilden sich schlagartig Gasblasen im Magma. Unter hohem Druck war das Gas bislang im Magma gelöst. Die aufsteigenden Gasblasen lassen das Magma aufschäumen und der Gasdruck treibt es durch den Förderschlot. Der Vulkan bricht aus. Diesen Vorgang kann man einfach nachvollziehen, wenn man eine gut geschüttelte Sektflasche öffnet. Der Korken knallt raus und das Kohlendioxidgas treibt den aufgeschäumten Sekt (Lava) aus dem Flaschenhals (Vulkanschlot).
Doch was nützen diese Erkenntnisse aus dem Labor bei der Vorhersage von Vulkanausbrüchen? Schließlich kann man die Prozesse im Erdinneren nicht visuell beobachten. Doch die Wissenschaft entwickelt immer genauere Messverfahren um den Vulkanen den Puls zu fühlen. In erster Linie geben die verschiedenen Arten von Erdbebenwellen Auskunft über das Geschehen im Erdinneren. Vulkanische Erdbeben zeigen an das Gesteine bersten und Risse entstehen. Tremor (beständiges Zittern des Bodens) wird durch die Bewegung von Fluide (Flüssigkeiten, Gas, Magma) ausgelöst. Mittels GPS Messungen von Satelliten lassen sich kleinste Bodendeformationen beobachten. Aufwölbungen im Boden zeigen, wo sich Magma sammelt und wie es sich bewegt. Wichtig sind auch Gasmessungen. Ändern sich der Gasfluss und das Verhältnis bestimmter Isotope, dann kann Magma auf dem Weg sein.
Das Alles macht aber auch deutlich, wie schwierig eine verlässliche Prognose eines bevorstehenden Vulkanausbruches ist. Jahrzehntelanges Studium ist nötig, um die Anzeichen richtig zu deuten, zumal Vulkane Individualisten sind. Die neuen Erkenntnisse lösen das Puzzlespiel der Dynamik eines Vulkanausbruches ein wenig besser auf und helfen den Wissenschaftlern das System Erde besser zu verstehen. Dennoch ist es oft schwierig die komplexen Abläufe der Erddynamik mit einfachen Modellen zu simulieren. Eine 1:1 Übertragung der neuen Erkentnisse auf bevorstehende Vulkanausbrüche dürfte schwierig sein und nicht immer gelingen.
Quelle: Das Wissenschaftsteam veröffentlichte die Ergebnisse ihrer Arbeit in der Online-Zeitschrift geology.com.
Anmerkung: der Begriff Dyke, bzw. Magmatischer Gang tauchte oft in der Berichterstattung zur Holuhraun-Eruption am Bardarbunga auf.