Vorsicht: Dieser Artikel enthält Satire, aber keine bezahlte Werbung!
Mittlerweile ist es eine Ewigkeit her, dass ich zuletzt auf der Lipareninsel Vulcano war, dabei zählte sie einst zu meinen italienischen Lieblingszielen. Seit 1990 stattete ich der Insel zahlreiche Besuche ab. Tatsächlich bestieg ich den Vulkan auf Vulcano noch vor dem Stromboli, der einige Inseln weiter liegt. Der zuletzt aktive Vulkankrater auf Vulcano heißt Fossa 2 und ist für seine Fumarolenfelder bekannt, die vor lauter Schwefelkristalle gelb leuchten.
Magmenintrusion auf Vulcano
Vulcano steht seit September 2021 häufig in den Schlagzeilen, denn damals gab es eine Magmenintrusion, die von einem Schwarmbeben und erhöhtem Gasausstoß begleitet wurde. Man fürchtete, dass sich der Vulkan auf eine Eruption vorbereiten würde, sperrte den fast 400 m hohen Aufstieg zum Krater und riegelte auch das Fangobad am Strand ab, denn auch dort gab es erhöhte Kohlendioxid- und Schwefelgaskonzentrationen. Einige Gebäude mussten sogar evakuiert werden, da sich in deren Kellern viel Kohlendioxid ansammelte. Letztes Jahr im Sommer schien sich die Situation allmählich zu entspannen, als plötzlich wenige Hundert Meter vor dem Strand von Vulcano Porto ein enormer Gassprudel entstand und sich das Wasser verfärbte, da Schwefelverbindungen aus dem Gas kondensierten und ausflockten. Schon damals war ich drauf und dran eine Reise nach Vulcano anzutreten, doch erst jetzt, im März 2023 fand ich tatsächlich die Gelegenheit dazu. Zusammen mit Manfred, der Mitglied der Vulkanologischen Gesellschaft e.V. und ein langjähriger Freund und Wegbegleiter von mir ist, machte ich mich auf den Weg, die Situation auf den Liparischen Inseln genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben dem Vulkanismus interessierte mich, wie das Eiland nicht nur die erhöhte magmatische Aktivität im Untergrund verdaute, sondern wie es dort nach 3 Jahren Corona-Restriktionen aussah und ob der Aufstieg zur Fossa immer noch gesperrt ist.
Corona und Magma: Eine Insel im Abwind
Am Sonntag Vormittag kamen wir mit dem Tragflügelboot von Milazzo aus an und wurden von dem vertrauten Geruch fauler Eier empfangen, der so typisch für Vulcano ist: die Luft nahe des Fangobads ist mit dem Aroma von Schwefelwasserstoff erfüllt, ein Geruch, den viele vulcanophile Sünder lieben. Ein wenig erstaunt waren wir über den Umstand, dass mit uns nur 2 weitere Touristen das Boot verließen. Sicher, während der kalten Jahreszeit scheinen die Liparischen Inseln generell einen Winterschlaf zu halten, aber so still habe ich es hier noch nie erlebt. So hatte offiziell nur ein Hotel am Hafen geöffnet und ich musste fast eine Stunde durch den Ort streifen, um ein Zimmer in einer Pension aufzutreiben. Bei meinem Rundgang überkam mich eine erste Depression: Das Fangobad war gesperrt und viele Hotels in der Bucht von Porto di Levante scheinen für immer ihre Pforten geschlossen zu haben. Verfall, wo man auch hinsieht. Viele Häuser sahen so aus, als wären sie schon vor der Aktivitätssteigerung verlassen worden, nicht nur für die übliche Winterschließung, sondern dauerhaft. Ein Indiz, dass dem so ist, lieferte dann auch ein Bauschild am Rand des abgesperrten Fangobeckens: Im Herbst 2019 hatte man eine Baugenehmigung für eine Therme erhalten, doch mehr als ein Bauzaun und ein paar Betonmauern wurden seitdem dicht errichtet. Kunststück, ein paar Monate später stand Corona auf der Matte. Ein wenig erfreulicher Gast für die Menschen einer Insel, die zum großen Teil vom Tourismus lebt. So erzählte mir eine freundliche Inselbewohnerin dann auch, dass der Tourismus selbst im Sommer um mehr als ein Drittel zurückgegangen sei. Während ich mich so umschaute, dachte ich mir, dass es wohl eher Zweidrittelrückgang waren. Die Bewohner der Insel zeigten sich ziemlich unzufrieden damit, wie die Situation gehandhabt wurde, besonders die lange Sperrung von Vulkan und Fangobad, den beiden Hauptattraktionen von Vulcano, konnte man auf der Insel selbst wenig abgewinnen. Das ganze war zumindest skurril und erinnert mich ein wenig an behördlich angeordnete Sabotage! Dazu gesellten sich dann noch willkürlich verhängte Bußgelder für allzu neugierige Vulkanstürmer, die sich an die Verbote nicht hielten. Bis zu 500 € Strafe wurden bereits kassiert und erst in der letzten Woche hätte man 2 Vulkanwanderer erwischt und die Personalien aufgenommen, erzählte mir die Frau weiter. Das waren ja schlechte Vorzeichen für meinen geplanten Aufstieg zum Krater, denn ich wollte nachts hochsteigen, um zu gucken, ob es nicht etwa Schwefelbrand gäbe, denn die von den Vulkanologen gemessenen Gastemperaturen lagen zuletzt bei 390 Grad. Damit waren die Temperaturen zwar noch niedriger, als sie für die Entzündung von Schwefel nötig sind, aber man weiß ja nie.
Kritisch sind übrigens Gastemperaturen jenseits der 500-Grad-Marke. Treten dann noch permanent Schwarmbeben auf und wird Inflation nachgewiesen, dann droht tatsächlich eine Eruption. Meiner Meinung nach wird der Vulkan auf Vulcano noch ein wenig schlummern, bevor er wieder ausbricht. Dazu muss das Magma im Magmenkörper erst reifen. Kommt es dann zu einer weiteren Magmenintrusion, droht in der Tat eine explosive Eruption. Vulkangesteine, die ich bei einem Inselrundgang fand, weisen darauf hin, dass es bei einem der letzten Ausbrüche tatsächlich zu einer Vermischung zweier Magmen kam, bevor der Vulkan explodierte.
Gesperrter Aufstieg zum Krater
Nachdem Manfred und ich unser Zimmer bezogen hatten, machten wir einen kleinen Explorationsspaziergang zum Beginn der Aufstiegsroute. Sie war unübersehbar abgesperrt. Flatterband, ein rotes Absperrnetz und 2 Schilder zeugten davon, dass Wanderer hier nicht willkommen sind! Es wurde nicht nur vor den hohen Gaskonzentrationen gewarnt, sondern auch ein Bußgeld undefinierter Höhe angedroht, sollte man das Verbot missachten. Ein paar Hundert Meter entfernt gab es eine zweite Wegsperre, an der sich gerade zwei Polizisten zu schaffen machten. Ok, das sah schlecht aus! Langsam zweifelte ich daran, ob der geplante Aufstieg in der Vollmondnacht ein kluges Unterfangen sei.
Maggi ist giftig!
In der Mittagspause recherchierte ich ein wenig im Internet und bekam eine sehr interessante Meldung im Google-Browser meines Smartphones angezeigt: Maggie ist schädlich für die Gesundheit, hieß es in der Schlagzeile. Grund hierfür sind 2 Arten Glutamat und ein hoher Salzgehalt der Würze. Bluthochdruck und allergische Reaktionen seien möglich, wenn man zu viel von dem Zeug konsumierte. Das wollte ich zwar gar nicht wissen, fand es aber trotzdem sehr aufschlussreich, weil ich noch vor ein paar Tagen zuhause sagte: „Maggi ist alle“! Entweder sind die Google-Algorithmen gedankenlesend oder die KI hört über das Smartphone tatsächlich mit! So machte ich mir natürlich Gedanken, ob die KI nicht auch von meinem nächtlichen Vorhaben wusste und die Polizei alarmieren würde, doch diese Gedanken drückte ich erstmal beiseite.
Nordstream auf Vulcano
Nachmittags ging es dann zum Strand am Fangobad, in dessen Nähe doch tatsächlich noch ein beeindruckender Gassprudel aktiv war. Der unterseeische Gasaustritt erinnerte aus der Luft betrachtet ein wenig an die Bilder, die man noch von der Sprengung der Nordstream-Pipeline in Erinnerung hat. Gegenüber dem Sommer trat hier zwar nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Gasmenge aus, doch beeindruckend war es allemal. Natürlich fragt man sich dann als vulkanologischer Laie, ob das nicht etwas gefährlich sein könnte und ob hier am Strand eher phreatische Explosionen drohen, als oben am Krater? Erstaunlicherweise war das Areal nicht abgesperrt und daher nutzte ein Touristenpärchen gleich die Gelegenheit, den natürlichen Whirlpool auszuprobieren. Während ich ein wenig fassungslos auf das Bild meiner Drohne starrte, dass mir das fliegende Auge auf den Bildschirm des Telefons übertrug, kam mir eine andere Geschichte in den Sinn: letztens war Elternabend in der Schule meines Sohns gewesen. Es ging um die Klassenfahrt, die im Mai stattfinden soll. Eine Lehrerin wies die Eltern darauf hin, dass ein Schüler eine schlimme Nussallergie hat und die Kinder deswegen keine Snacks mit Nüssen auf die Klassenfahrt mitbringen dürfen. Also auch keine Erdnüsse und Snickers. Ob das schwimmende Paar da draußen ahnte, dass die Gase mindestens genauso schädlich sind wie Maggi?
Ein nicht angetretener Aufstieg
Um die Geschichte ein wenig abzukürzen: Mein Wecker schellte nicht nachts um Drei und ich stiefelte nicht im Vollmondlicht zum Krater hinauf, denn dann hätte ich Verbote übertreten müssen. Stattdessen bat ich einen namenlosen Zufallsbekannten -nennen wir ihn Mystic- hoch zu gehen und ein paar Nachtaufnahmen vom Krater zu machen, damit ich sehen konnte, ob dort Schwefel brennt, was nicht der Fall war. Also, statt mitten in der Nacht aufzustehen und ohne Taschenlampenlicht sinnbefreit auf einem Berg rumzustolpern, schlief ich aus und stiefelte morgens zum einzigen Café, das auf Vulcano geöffnet hatte, als ich plötzlich seltsam röchelnde Laute vernahm: Nussallergie, schoss es mir sofort durch den Kopf, doch als ich mich erschrocken umdrehte, sah ich nur Mystic, der versuchte auf Italienisch ein mit Puddingcreme gefülltes Croissant zu bestellen. Erdnüsse sind übrigens mit Bohnen verwandt!