Bericht zum Roadtrip im Südwesten der USA im Juli 2024
Erste Woche von Las Vegas zum Arches N.P.: Im Wunderland der Canyons
Zugegeben, mitten im Hochsommer in den Südwesten der USA zu reisen, ist nicht unbedingt die beste Idee, auf die man kommen kann, denn der Juli ist dort der heißeste Monat im Jahr. Um dann noch ausgerechnet Las Vegas in Zeiten des Klimawandels (aus dem wir aber auch nicht mehr herauskommen werden) anzusteuern, muss man entweder bekloppt oder fatalistisch-enthusiastisch sein, und zumindest auf den Autor dieser Zeilen trifft beides zu. Zu meiner Verteidigung habe ich zu sagen, dass man sich mit einem schulpflichtigen Kind und einer Freundin im öffentlichen Dienst eines Kindergartens, in dem man nur während der Sommerschließung lang genug Urlaub am Stück bekommt, um länger zu verreisen, nicht unbedingt die Reisezeit aussuchen kann. Wenn man also dann in die USA reisen möchte, heißt es: „Friss oder lass es sein!“. Dass wir Las Vegas ansteuerten, war ein wenig der Preisgestaltung der Airlines geschuldet, denn entgegen den Zielen in den Metropolen der Westküste spart man hier gut 200 Euro pro Flugticket. Also nahmen wir den Schweiß bei der Buchung der Flüge in Kauf und fluchten dann am Ziel angekommen nicht schlecht, denn es war nicht nur heiß, sondern kochend: Das Thermometer zeigte 47 Grad Celsius an, und in den Nachrichten sprach man nicht nur von einer Hitzewelle, sondern vom heißesten Juli in Las Vegas seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. Nun ja, Sport wollte ich hier sowieso nicht treiben.
Unsere erste Nacht verbrachten wir im Hotel Stratosphere, das wir aufgrund seines hohen Turms ausgewählt hatten, von dem man einen tollen Blick über die Spielermetropole im Bundesstaat Nevada hat. Das Problem hier und in ganz Las Vegas ist nur, dass man mit einem Minderjährigen nicht die Casinobereiche der Hotels betreten darf, was dann das Besichtigungsprogramm für die begleitenden Erwachsenen doch ein wenig einschränkt. Im Aussichtsturm machten wir die erste Bekanntschaft mit den Preisen in den USA: Für zwei Slush-Eis und eine Flasche Wasser war ich dann gleich 20 USD los. Früher galt Las Vegas immer als Billigmeier, und man lockte die Leute über günstige Drinks und „All-You-Can-Eat-Buffets“ in die Casinos. Sollte sich daran seit meinem letzten Besuch hier vor 30 Jahren etwas geändert haben? Um die Antwort vorwegzunehmen: Ja! Spätestens beim Frühstück wurde klar: Amerika ist teuer. Durchschnittspreis für drei Mal amerikanisches Frühstück mit Getränken lag bei 70 USD. Nicht nur in Las Vegas, sondern auf der ganzen Tour. Ich habe mich bis heute nicht getraut, meine Kreditkartenabrechnung anzusehen.
Am nächsten Tag nahmen wir unser gemietetes Wohnmobil in Empfang: Es war ausgerechnet in Dunkelgrau gehalten, und eine Sauna war nichts gegen die Temperaturen in seinem Inneren. Der Übergabecheck, der online erfolgte und mit dem Smartphone in der Hand abgearbeitet werden musste, dauerte über eine halbe Stunde und brachte mich an den Rand eines Kreislaufkollapses. Erst später sollte ich auf die Idee kommen, den Motor einfach auch im Stand laufen zu lassen und die Klimaanlage voll aufzudrehen, was hier üblich ist. Auch wenn man kurz aussteigt, etwa um ein Foto zu machen oder einkaufen zu gehen, praktiziert man es so. Ich lernte schnell: In dem Land, in dem man unter Hitzewellen und Waldbränden leidet wie kaum anderswo, schert man sich einen Dreck um Klimaschutz! Natürlich geht man nicht mit gutem Beispiel voran, wenn man zum Schwitzen elf Stunden über den großen Teich fliegt und mit einem Wohnmobil durch die Gegend fährt, doch im Endeffekt bin ich auch nicht bereit, auch noch aufs Reisen ganz zu verzichten, wenn anderswo permanent voll aufgedreht wird.
Nachdem die Formalitäten erledigt waren, ging es direkt auf die Straße und hinaus aus dem Höllenloch Las Vegas, hinauf in die kühleren Regionen des höher gelegenen Coloradoplateaus. Da es schon Spätnachmittag war, als wir endlich losfahren konnten, steuerten wir zuerst eine nette Bergregion bei Cedar City an und übernachteten im Duck-Creek-Statepark. Wie es der Zufall so will, gab uns einer der Security-Männer im Stratosphere den Tipp, uns dort umzusehen. Und tatsächlich war es ein wunderschöner Ort, mitten in einem Pinienwald, wo sich der Entenbach zu einem See erweiterte. Hier schlug gleich Leroys und mein Anglerherz höher, doch um die Ruten auszupacken, hatten wir noch nicht die Muße.
Als nächstes mussten wir den Zion Nationalpark und den Bryce Canyon ansteuern, da wir den Campingplatz im Bryce Canyon Nationalpark reserviert hatten. Erfahrungsgemäß ist es nicht einfach, auf die Plätze in den Nationalparks unterzukommen, besonders nicht in der Ferienzeit. Den Zion nahmen wir im Schnellgang mit, fotografierten die versteinerten Dünen und sagten die geplante Wanderung zu den Emerald Springs kurzerhand ab, weil es hier zwar kühler war als in Las Vegas, das Thermometer aber trotzdem die 40-Grad-Marke sprengte. Außerdem nervte es, dass man nur mit den nationalparkeigenen Bussen durch die Schlucht fahren durfte.
Camping im Bryce Canyon Nationalpark
Abends erreichten wir dann den Bryce Canyon Nationalpark, wo die Temperaturen immer noch warm, aber erträglich waren. Tatsächlich war der Campingplatz voll, doch die Reservierung hatte geklappt und wir konnten zwei Nächte hier bleiben. Wie auf solchen Plätzen üblich, gab es weder Strom für den Camper, noch anderen Luxus, der über einfache Toiletten (immerhin mit Spülung) und einem Waschbecken hinausging. Sehr zu Ullahs Leidwesen. Zwar hatte der Camper ein Duschklo, aber wir noch kein Wasser im Tank, und so richtig wollten wir Dusche und Klo nicht benutzen. Mich musste man eh mit Pressluft in die Kabine hineinschießen, so eng war das Teil, und außerdem hielt sich meine Motivation in Grenzen, ständig eine Kassette mit chemisch aufgelösten Fäkalien zu reinigen! Also, erstmal keine Dusche, dafür schnell zum Aussichtspunkt mit Blick auf den Canyon, um den Sonnenuntergang zu genießen.
Der Bryce Canyon gehört meiner Meinung nach zu den schönsten geologisch geprägten Naturwundern im Südwesten der USA. Der von Wind, Wasser und Frost modellierte Canyon im Sandstein des Colorado-Plateaus schimmert in allen vorstellbaren Nuancen von Rot bis Ocker. Die Farben variieren mit dem Licht. Am Morgen brachen wir mit dem Sonnenaufgang zu einer kleinen Wanderung auf und stiegen in den Canyon hinab. Das Besondere hier sind die Hoodoos genannten Sandsteintürme, die unter einem Deckstein aus härterem Material stehen geblieben sind, während der Sandstein rundherum erodierte. Ähnliche Feenkamine kenne ich ansonsten nur aus Göreme in der Türkei. Bereits um 10 Uhr beendeten wir aufgrund der zunehmenden Hitze unsere Tour und gingen im Bryce Canyon Village vor den Toren des Nationalparks zum Brunch. Wir erfuhren, dass es abends ein Rodeo geben sollte, das wir uns natürlich anschauen wollten. Zurück auf dem Campingplatz streiften wir auf dem Gelände umher und bestaunten die Gespanne der Einheimischen. Caravan-Salon lässt grüßen! Unser Campervan schnitt im Vergleich zu den anderen Wohnmobilen, die schnell mal 250.000 USD und mehr kosten, ziemlich schlecht ab. Bei uns kam die Frage auf, wie sich so viele Amerikaner sowas leisten können. Tatsächlich verdient man in den USA deutlich mehr als bei uns, was sich auf den Campingplätzen u.a. durch Stille bemerkbar machte: Saufgelage und nächtliches Krakeelen erlebt man auf Campingplätzen in den USA nicht. Hier steht man auch nicht Hering an Hering, sondern hat geräumige Stellplätze mit eigener Feuerstelle und Tischen mit angebauten Bänken zur Verfügung. Häufig gibt es sogar eine Bärenbox mit Stahltor, in der man Lebensmittel einschließt, damit Bären nicht Zelte oder Caravans demolieren und plündern. Außerdem kann man hierin prima übernachten, falls es doch mal ein Bär bis ins Zelt schafft.
Während die Campingplätze in den Parks meistens zwischen 20 und 30 USD pro Nacht kosten, sieht es bei den privat betriebenen Anlagen anders aus: Hier gibt es dann Duschen, Strom und Wasseranschlüsse für die Wohnmobile, aber auch Rechnungen, die dreistellig werden können. Auf so einem Campingplatz begaben wir uns nachmittags zum Duschen und Wassertankauffüllen. Für die Dusche bezahlten wir 8 USD pro Person, was in meinen Gedanken die 70 € für den Eintritt in der Blauen Lagune auf Island ein wenig abmilderte. Luxus hat eben seinen Preis, und wenn man sein Duschklo im Camper nicht dreckig machen will, muss man den zahlen und darf nicht jammern. Ein Gedanke, den ich noch öfter denken sollte.
An unserem letzten Abend in der Region besuchten wir dann noch das Rodeo. Es war mal eine interessante Erfahrung, so etwas live zu sehen. Das Ganze erinnerte ein wenig an eine Stuntshow mit gut trainierten Reitern, die gekonnt von Pferden und Bullen fielen.
Abstecher zum Grand Canyon
Vom Bryce Canyon ging es zu einem kurzen Abstecher ans North Rim des Grand Canyons. Den mehrtägigen Abstieg in die größte Schlucht der Welt sparten wir uns. Dafür absolvierten wir den Rim Drive und genossen von verschiedenen Parkplätzen aus den Blick über den Canyon. Besonders im Licht der tiefstehenden Sonne des Nachmittags entfalteten die Jahrmillionen alten Gesteinsschichten ihre volle Farbenpracht. Unglaublich, welche Naturkräfte hier am Werk gewesen sein müssen.
Da wir uns aufgrund der hohen Temperaturen so manche Wanderung erspart hatten, lagen wir ziemlich gut in der Zeit, und so beschlossen wir, Leroy seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen und dem Antelope Canyon einen Besuch abzustatten. Dazu mussten wir nach Page zum Lake Powell fahren, wo der Colorado River in einer Schlucht, ähnlich dem Grand Canyon, gestaut wird. Der Weg dorthin führte durch die menschenleere Halbwüste, und hier bekamen wir einen schönen Eindruck von der Weite des amerikanischen Südwestens. Kurz vor dem Ziel legten wir eine kleine Pause an den beiden Navajo Bridges ein, die hier über den Fluss führen, der als Lebensader der gesamten Region gilt. Ich fragte zwei Biker, ob ich sie fotografieren dürfte, und einer sprang sogar von seiner Harley und gestattete Leroy, eine Runde zu drehen.
Der Antelope-Canyon: Steingewordener (Alp)Traum
Den Antelope Canyon kannte ich schon von einem früheren Besuch des Südwestens, und zweifellos gehörte er immer in meine Top 10 geologischer Naturwunder. Leider scheint er nicht nur in meiner Liste weit oben zu stehen. Im Vorfeld unseres Abstechers recherchierte Leroy während der Fahrt im Internet zum Antelope Canyon und kam zu dem Schluss, dass man zwingend eine Online-Reservierung bei einem der zahlreichen Veranstalter buchen müsste, doch praktisch alle Plätze waren natürlich vergeben. Außerdem waren mir diese Touren zu teuer, denn die Preise lagen zwischen 120 und 180 USD pro Person für einen gut 2-stündigen Trip. Doch ich, wie immer optimistisch, meinte, dass man beim Navajo vor Ort bestimmt noch etwas deichseln konnte. Ich erinnerte mich an das Gatter am Eingang zum Indianerland, vor dem ich vor 30 Jahren stand, an dem ein Schild mit einer Telefonnummer hing, die man anrufen sollte, wenn man den Slickrock-Canyon besichtigen wollte. Damals wählte ich diese Nummer und verabredete mich mit dem Besitzer der Schlucht, die in einem Navajo-Reservat auf Privatland liegt. Während ich mit meiner damaligen Begleiterin auf den Navajo wartete, gesellten sich noch eine Handvoll anderer Touristen zu uns und der Native American fuhr uns gegen ein moderates Entgelt zur Schlucht, wo wir uns frei umsehen konnten. Damals schrieb ich ins Tagebuch: „Der Antelope Canyon, ein steingewordener Traum, der in allen Variationen von Gelb, Rot und Ocker schillert“. Wieder am Tor gab er sein Einverständnis, dass wir uns noch in den Lower Antelope Canyon begeben konnten, den wir dann tatsächlich für uns ganz alleine hatten und eine spannende Klettertour erlebten. Umso heftiger musste ich schlucken, als wir jetzt auf die gut ausgebaute Touristenstation zufuhren, in der deutlich über 150 Schaulustige warteten. In der Ferne lag eine zweite Station, die den Eintritt in den Lower Canyon verwaltete.
Anstelle des alten Tors gab es einen gut ausgebauten Parkplatz, einen überdachten Wartebereich für die Touristen, zwei Ticketschalter, zwei Reihen echt vollgeschissener und seit Wochen nicht geleerter Dixiklos und gut 20 Pickups mit Sitzbänken für bis zu 14 Personen auf der Ladefläche. Die einen hatten rote Baldachine, die anderen blaue. Beide knackten sicher beim reinbeißen. Es gab also zwei Tourenanbieter, die alle 40 Minuten zeitversetzt mit einer Tour starteten. Soviel dazu! Am Ticketschalter stand ein Schild „cash only“ und ich fluchte bereits gedanklich, da ich keine 360 USD mehr cash hatte, aber zum Glück akzeptierte man auch Kreditkarten und es gab sogar noch ein paar freie Plätze für uns. Also, obwohl mir meine Lust angesichts des Massentourismus eigentlich vergangen war, zahlte die Kreditkarte. Da Filmen und Fotografieren vom Stativ auch noch verboten war, speckte ich meine Ausrüstung ab und nach kurzer Wartezeit wurden wir zusammen mit gut 70 anderen in Richtung Canyoneingang gefahren. Nach 10 Minuten über eine staubige Piste erreichten wir den Eingang zum Upper Antelope Canyon. Hier parkte bereits eine Doppelreihe klimatisierter Kleinbusse mit abgedunkelten Scheiben, die auswärtigen Reiseunternehmen gehörten, die nicht zum Navajo-Clan gehörten. Schätzungsweise waren gut 120 Personen in der Schlucht unterwegs, die so schmal ist, dass man in vielen Bereichen die beiden Steilwände mit ausgestreckten Armen berühren kann. Damit kein Chaos entsteht, gehörte zu jedem Pickup ein Führer, der seine Leute zusammenhielt und so durch die Schlucht bugsierte, dass kein größeres Gedränge entstand. Allerdings wurde das Tempo der Wanderung durch die Schlucht vorgegeben und man konnte nicht einfach an einem Ort länger verweilen, etwa um die einzigartige Stimmung in sich aufzunehmen oder um Fotos zu machen. Außerdem hatte man natürlich fast immer jemand anderes im Bild, sobald man den Boden der Schlucht mit auf dem Foto haben wollte. Obwohl der Canyon derselbe geblieben ist, stellte sich bei mir nicht mehr diese ehrfurchtsvolle Faszination ein, die ich bei meinem ersten Besuch hier empfand. Damals konnte man sich gut vorstellen, wie die Navajos tanzend und singend die Schlucht durchzogen, die eine heilige Stätte für sie war. Durch diese extreme Form des geschäftstüchtigen Massentourismus haben sie selbst diesen einmaligen Ort entweiht, obschon ich natürlich gut verstehen kann, dass auch Native Americans inzwischen den amerikanischen Traum des Weißen Mannes träumen. Und Geld lässt sich so auf jeden Fall verdienen!
Nach gut eineinhalb Stunden standen wir wieder am Ausgangspunkt der Touristenstation. Leroy war wieder um einen Traum ärmer und um eine Erfahrung reicher. im Angewsicht der herben Enttäuschung ob der Menschenmassen war mein Kommentar, dass es wohl erst besser wird, wenn die menschliche Zivilisation nach dem zu erwartenden Kollaps in den nächsten Jahrzehnten neu startet und wir mit modernen Segelschiffen den Atlantik überqueren. Allerdings wird Reisen dann wieder so exklusiv sein, wie es vor 3 bis 4 Generationen der Fall gewesen war. Ob Leroy -so wie ich- nach 30 Jahren eine zweite Chance erhält, dem Antelope Canyon einen Besuch abzustatten, ist fraglich. Soviel zu meinem Optimismus.
Den Mittag verbrachten wir dann in Page. Dort besichtigten wir den majestätischen Glen-Canyon-Damm. Der Pegel des Sees hat sich in diesem Jahr etwas von der vorherigen Dürre erholt, lag aber dennoch weit unter dem früher anvisierten Maximum. Im Marina State Park bezogen wir Quartier und zahlten für den Stellplatz prompt 105 USD. Aufgrund der Temperaturen von ca. 44 Grad benötigten wir allerdings für das Wohnmobil Elektrizität, damit die Klimaanlage auch nachts laufen konnte, daher war der teure Stellplatz alternativlos, zumindest, wenn man sich im Womo nicht wie in einem Schnellkochtopf fühlen wollte.
Nachmittags ging es dann noch zum Schwimmen ans Seeufer. Eigentlich hat die Umgebung des Sees schon so viele Naturwunder zu bieten, dass man hier einen ganzen Urlaub verbringen kann, doch da es mir ein wenig darum ging, Leroy einen möglichst umfassenden Eindruck des geologischen Wunderlands zu vermitteln, beschränkten wir uns auf die Highlights.
Arches Nationalpark: Im Wunderland der Steinbögen
In diesem Sinne dehnten wir unsere Tour noch etwas weiter aus und nahmen auch noch den Arches Nationalpark mit. Dafür hieß es einen ganzen Tag lang Autofahren und Kohlendioxidemissionen zu erzeugen, was der Auspuff nur so hergab. Morgens besichtigten wir noch den Horseshoe Bend am Colorado. Hier macht der Fluss eine spektakuläre 180-Grad-Wende. Anschließend ging es vorbei am Monument Valley, den gefalteten Gesteinen am Mexican Hat und dem Eingang zu den Canyonlands. Am Abend erreichten wir Moab mit dem nächsten 100-Dollar-Stellplatz. Wenigstens gab es hier nicht nur Strom, sondern auch Duschen und einen Pool, was wir bis in die Dunkelheit hinein ausnutzten. Verwöhnte Bande!
Am Morgen hieß es um 5:30 Uhr aufstehen und schnell in den Arches Nationalpark zu fahren. Wir wollten möglichst früh eine Wanderung zum Double-O-Arch unternehmen und wieder am Wagen sein, bevor die Hitze zuschlug. Die Wanderung hatte ich als ziemlich spektakulär in Erinnerung: Sie führt auf einer Strecke von ca. 7 Kilometern durch das Gebiet des Devil’s Garden. Bevor man den doppelten Steinbogen erreicht, passiert man den Landscape-Arch, der mit einer Spannweite von 88 m der Bogen mit der größten Spannweite ist. Doch das Spektakuläre an dieser Wanderung ist der Pfad, der teilweise auf schmalen Graten von Gesteinsrippen entlangführt und ein wenig Kraxelei erfordert. Ich war mir nicht ganz sicher, wie motiviert Ullah und Leroy waren und ob sie die teils exponierte Lage auf den Graten vertragen würden. Daher behielt ich diesen Detail der geplanten Wanderung für mich, ermahnte Leroy nur, bei uns zu bleiben und nicht voranzupreschen. Erstaunlicherweise schien es den beiden Spaß zu machen, auf den Gesteinsrippen, aus denen in einigen Hunderttausend Jahren vielleicht mal Natursteinbögen werden, entlangzulaufen. Der Double-O-Arch zählt meiner Meinung nach zu den schönsten Bögen im Park. Tatsächlich waren hier um diese Uhrzeit noch nicht viele andere Wanderer unterwegs, sodass wir einige kostbare Momente fast meditativer Stille im Angesicht der Steinbögen verbringen konnten.
Zurück am Parkplatz verließen wir während der Mittagshitze den Park, fuhren in die Stadt hinab, um Nahrung zu fassen, zu tanken und wieder in den Park zu fahren, als man uns plötzlich den Eintritt verwehrte: „Zwischen 7 und 16 Uhr darf man nur mit Online-Reservierung den Park betreten“, teilte uns der Ranger am Parkeingang mit. Es spielte auch keine Rolle, dass wir bereits morgens ein Ticket gelöst hatten, das typischerweise 7 Tage lang gültig ist. Da war es wieder, dieses „Online-Reservierung“, wie ich das mittlerweile abgrundtief hasse! Es erstickt jeden Raum für Spontanität. Heutzutage wird Reisen immer mehr nur noch etwas für Leute, die ihren Urlaub totplanen. Also, wieder mal ran ans Smartphone, und tatsächlich gab es noch 20 Zusatztickets für diesen Tag, die man gegen eine kleine Gebühr erwerben konnte.
Nach der Verzögerung besichtigten wir einige andere Steinbögen, bis wir am Delicate-Arch ankamen. Dieser Steinbogen, den einigen Lesern noch aus der Mars-Werbung mit dem Indianer bekannt sein dürften, liegt ebenfalls spektakulär. Sollten wir die 5 Kilometer lange Wanderung trotz der Hitze von 42 Grad wagen? Der Weg wird in der nationalparkeigenen Karte als schwierig beschrieben und führt über eine schattenlose Sandsteinplatte stetig bergauf. Trotz Warnung eines Rangers, dass es keinen Schatten gäbe und viele Wanderer wegen der Hitze über 3 Stunden brauchten, packten wir reichlich Wasser ein und machten uns auf den Weg. Leroy war eindeutig zu warm und so opferte ich eine Wasserflasche für seine Kühlung. Auch hier waren nur wenige Menschen unterwegs. Kurz vor dem Ziel verlief der Pfad inmitten einer Felswand, in die er geschlagen war. In gut 20 Metern Höhe beschrieb er eine Kurve und gab unvermittelt den Blick auf den rot leuchtenden Steinbogen frei, der am Rande eines natürlichen Amphitheaters steht. Natürlich war man auch hier nicht alleine, was man auch nicht unbedingt erwarten konnte. Doch was mir den letzten Nerv raubte, war, dass jeder Tourist ein Foto von sich haben wollte, wie er in der Öffnung des Steinbogens steht. Instagram lässt grüßen. Eine leider komplett sinnbefreite Aktion, denn wenn man eine Person in einem 16 Meter hohen Steinbogen positioniert und diesen formatfüllend ablichtet, ist die Person auf dem Bild etwa stecknadelkopfgroß und somit beliebig. So wartete ich gut 30 Minuten, bis ich endlich Fotos vom Steinbogen machen konnte, auf denen KEINE Personen abgebildet waren.
Zurück am Wagen waren wir gut durchgekocht, aber froh, dass wir die Wanderung unternommen hatten.
Hier endete die erste Reisewoche. Die zweite wollten wir im kühleren Nordkalifornien verbringen. Darüber berichte ich im zweiten Teil der Reisedokumentation. Außerdem werden in lockerer Folge noch ein paar Beschreibungen zu den besichtigten Nationalparks veröffentlicht.