Erdbeben-News 20.02.23: Türkei

Erdbeben Mw 6,4 erschüttert Erdbebengebiet in der Türkei

Datum: 20.02.23 | Zeit: 17:04:29 UTC | 36.13 N ; 36.04 E | Tiefe: 10 km | Mw 6,4

Am späten Nachmittag ereignete sich heute in der türkisch-syrischen Erdbebenregion an der Ostanatolischen Verwerfung ein weiteres starkes Erdbeben der Moment-Magnitude 6,4. Das Hypozentrum befand sich in einer Tiefe von 10 km. Das Epizentrum wurde 14 km südwestlich von Antakya (Türkei) verortet. Die Grenze nach Syrien ist nur wenige Kilometer entfernt. Das Beben war vergleichsweise stark und man kann kontrovers diskutieren, ob es sich um ein Nachbeben handelt oder um ein weiteres Hauptbeben. Obwohl das Beben mit den anderen Erdbeben in Verbindung stand, tendiere ich dazu, es als Hauptbeben zu bezeichnen, da es sich mehr als 100 km von den Epizentren der beiden anderen Hauptbeben entfernt ereignete. Den Menschen vor Ort dürfte es auch egal sein, wie der Seismologe das Beben einstuft, denn es dürfte weiter beschädigte Gebäude zum Einsturz gebracht haben.

Nachdem sich die Bebensituation in den letzten Tagen etwas beruhigt hatte, sehe ich jetzt wieder eine höhere Wahrscheinlichkeit für weitere starke Erdbeben in der Region. Besonders zwischen den Epizentren des Bebens von heute und dem Initialbeben vom 6. Februar könnte es weitere Spannungen entlang des Südarms der Ostanatolischen Verwerfung geben, die noch nicht von den schwächeren Nachbeben abgebaut wurden. Auch im weiteren Verlauf des Südarms der Ostanatolischen Verwerfung, der in den Zypern-Bogen übergeht, besteht die Gefahr eines weiteren Starkbebens. Ob sich die Spannungen bis in die Transformstörung des Toten Meeres übertragen können, ist spekulativ. Doch auch hier würde ich Erdbeben nicht ausschließen wollen, was man für Regionen entlang großer Störungszonen freilich nie kann, denn das Risiko starker Erdbeben ist praktisch immer da.

Erdbeben-News 19: Februar 2023: Türkei

Nachbeben Mb 5,2 erschüttert Zentraltürkei

Datum: 18.02.23 | Zeit: 19:31:32 UTC | 38.02 N ; 36.65 E | Tiefe: 10 km | Mb 5,2

Morgen ist es zwei Wochen her, dass die beiden Starkbeben mit den Magnituden 7,8 und 7,5 den Südwesten der Türkei erschütterten. Die Beben manifestierten sich an den beiden Westarmen der Ostanatolischen Verwerfung und wirkten sich bis nach Syrien aus. Hunderte Nachbeben folgten. In der Türkei wurden 200.000 Gebäude stark beschädigt oder stürzten wie Kartenhäuser zusammen und begruben Zehntausende Menschen unter sich. Die vorläufige Opferbilanz: Mehr als 46.000 Tote und über 80.000 Verletzte. Alleine in Syrien sollen Millionen Menschen ihre Unterkunft verloren haben und Hunderttausende sind bereits geflohen. Es droht eine weitere humanitäre Katastrophe, deren Ausmaß bis jetzt entweder noch nicht absehbar ist, oder von unseren Politikern falsch eingeschätzt wird, denn ich kann keine Maßnahmen erkennen, wie man sich bei uns erfolgreich auf immer weiter steigende Flüchtlingszahlen einstellt. Im Gegenteil, die meisten Kommunen sind bereits mit den ukrainischen Kriegsflüchtlingen überlastet und da sie mit deutschen Staatsbürgern quasi gleichgestellt sind, drohen Verteilungskämpfe in praktisch jedem sozialen Bereich, einschließlich Kita- und Schulplätzen!

Obwohl in der letzten Woche Anzahl und Stärke der Nachbeben entlang der Ostanatolischen Verwerfung nachgelassen haben, gibt es immer noch viele davon. Das Stärkste gestern hatte eine Magnitude von 5,2 und einen Erdbebenherd in 10 km Tiefe. Das Nachbeben manifestierte sich am nördlichen Arm der Verwerfung, an dem es das Beben Mw 7,5 gegeben hatte. Das Epizentrum wurde 13 km östlich von Göksun verortet. Dort in der Nähe wurde letzte Woche auch von einem vermeintlichen Vulkanausbruch berichtet, dessen Ursache immer noch nicht geklärt ist. Ich halte es für wahrscheinlich, dass es sich dabei um eine Schlammeruption gehandelt hatte.

Auf der Shakemap erkennt man, dass praktisch die gesamte Ostanatolische Verwerfung von den Nachbeben betroffen ist. Man kann sich die Frage stellen, ob es Nachbeben sind, oder eigenständige Beben, die durch die starken Erschütterungen im Südwesten ausgelöst wurden.

Im Katastrophengebiet werden immer noch vereinzelt Überlebende aus den Trümmern geborgen, doch im Wesentlichen geht es mittlerweile darum, die Toten zu bergen und die Trümmer zu beseitigen. Es wird Monate bis Jahre dauern, um die Schäden zu beseitigen. Bleibt zu hoffen, dass die neuen Gebäude erdbebensicher gebaut werden, ansonsten erlebt man in einigen Jahrzehnten die nächste Katastrophe dort. Einstweilen drohen Seuchen und Unruhen. Themen, die uns in den nächsten Wochen bestimmt weiterhin beschäftigen werden.


Weitere Meldungen:

Chile: Erdbeben Mw 5,3

Datum: 19.02.23 | Zeit: 02:40:41 UTC | 19.98 S ; 71.09 W | Tiefe: 10 km | Mw 5,3

Vor der chilenischen Küste bebte es mit Mw 5,3. Das Hypozentrum lag 10 km tief. Das Epizentrum befand sich 102 km westlich von Iquique. Entlang der chilenischen Subduktionszone gibt es aktuell viele Beben.


Kreta: Erdbeben Mb 4,8

Datum: 18.02.23 | Zeit: 17:32:57 UTC | 35.76 N ; 25.48 E | Tiefe: 10 km | Mb 4,8

Gestern Nachmittag bebte es nördlich von Kreta mit einer Magnitude von 4,8. Der Erdbebenherd lag 10 km tief. Das Epizentrum wurde 57 km nord-nordöstlich von Heraklion verortet. Zwischen Kreta und dem Ägäischen Vulkanbogen ereigneten sich mehrere schwache-moderate Erdstöße.


Ionisches Meer: Erdstoß Mw 4,5

Datum: 18.02.23 | Zeit: 20:14:32 UTC | 37.38 N ; 20.80 E | Tiefe: 10 km | M3 4,5

Gestern Abend gab es dann noch ein Erdbeben Mw 4,5 vor der Ostküste Griechenlands, genauer im Ionischen Meer. Südlich der Insel Zakynthos bebte es mit Mw 4,5. Das Hypozentrum befand sich in 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 45 km südlich von Zakynthos festgestellt. Es gab mehrere Nachbeben.

Erdbeben Türkei: Zwei lange Risse entdeckt

Im türkischen Erdbebengebiet laufen die Bergungsarbeiten in der Türkei auf Hochtouren, doch mittlerweile schwindet die Hoffnung noch Überlebende unter den Trümmern zu finden. Mittlerweile sind mehr als 35000 Menschen tot geborgen worden. Experten gehen davon aus, dass sich die Opferzahlen noch verdoppeln könnten. Manche befürchten sogar eine Verdreifachung der Zahlen. Mehr als 80.000 Menschen wurden verletzt. Hunderttausende sind obdachlos geworden. Zeitweise kommt es zu Unruhen, da die Versorgungslage nicht für alle Menschen gut ist. Das Militär muss die Hilfskräfte vor Übergriffen schützen. Es gibt Berichte über Plünderungen. Mittlerweile wurden auch zahlreiche Personen festgenommen, denen eine Mitschuld an der Katastrophe gegeben wird: Sie werden für Pfusch am Bau verantwortlich gemacht, wegen dem so viele Hochhäuser wie Kartenhäuser einstürzten. Einige Personen wurden an Flughäfen verhaftet, als sie das Land verlassen wollten.

Erdbeben verursacht lange Risse in der Erdkruste

Nicht nur die Rettungskräfte sind fleißig, sondern auch Geowissenschaftler, die die geologischen Folgen der Erdstöße dokumentieren. Forscher des britischen Observation & Modelling of Earthquakes, Volcanoes & Tectonics (COMET) entdeckten auf Sentinel-Satellitenfotos zwei lange Risse in der Erdoberfläche. Der Längere ist 300 km lang und entstand während des ersten Erdstoßes Mw 7,8. Er verläuft in Nordost-Südwestrichtung und folgt damit parallel zur Streichrichtung des Südarms der Ostanatolischen Verwerfung. An der Mittelmeerküste verliert sich seine Spur. Die zweite Fraktur ist gut 125 km lang und öffnete sich infolge des zweiten starken Erdbebens Mw 7,5. Diese Fraktur verläuft entlang des Nordarms der Ostanatolischen Verwerfung.

Laut Aussage von Professor Tim Wrigh, dem Leiter von COMET, bilden sich bei starken Erdbeben oft solche Risse, doch diese beiden zählen zu den längsten, die je beobachtet wurden. Das zeugt von der enormen Energie der Beben. Die Risse verlaufen nicht nur durch Ortschaften, sondern sogar direkt durch Gebäude. Die horizontale Verschiebung des längeren Risses beträgt bis zu 5 Metern. Die Verschiebung am kürzeren Riss ist noch größer und beläuft sich fast auf 8 Metern.

NASA-Wissenschaftler Eric Fielding vergleicht das Erdbeben mit jenem, das im Jahr 1906 San Francisco zerstörte.

Vulkanausbruch im türkischen Erdbebengebiet?

Mögliche phreatische Eruption im türkischen Erdbebengebiet. © Twitter/ Prof. Dr. Övgün Ahmet Ercan

Die Erdbeben in der Türkei triggerten möglicherweise einen kleinen phreatischen Ausbruch

Nach den beiden verheerenden Erdbeben im Südwesten der Türkei, die am 6. Februar für große Zerstörungen mit Tausenden Todesopfern sorgten, wächst nun die Sorge vor einer weiteren Naturkatstrophe, denn in der Region gibt es viele Vulkane, die während des Holozäns eruptierten und teilweise als aktiv eingestuft werden. Tatsächlich geht auf Twitter ein Video viral, dass Spuren einer Eruption zeigt. Bei dem betroffenen Berg handelt es sich um den Kuşkayası Mountain, der nahe des Dorfes Büyükkızılcık (Gemeinde Göksun) in der Region Kahramanmaraş liegt. Zu sehen ist ein dampfender Bereich unter dem Berggipfel und ein dunkelgrauer Schuttfächer auf der unteren Flanke des Berges. Es sieht so aus, als wäre es hier zu einer kleinen seitwärts-gerichteten Eruption gekommen, wobei das ausgestoßene Material des Schuttfächers für mich nach Schlamm aussieht.

Es ist denkbar, dass es zu einer phreatischen Eruption gekommen ist und ein schlammartiges Gemisch aus Tephra und Wasser ausgestoßen wurde, das praktisch einen Lahar bildete. Durch die massiven Verschiebungen entlang der Ostanatolischen Verwerfungen könnten magmatische Fluide aus dem Boden gepresst worden sein, ähnlich als wenn man eine Zahnpastatube ausquetscht. Natürlich ist es auch möglich, dass es zu einem schnellen Aufstieg eines Magmenkörpers gekommen ist. Dann könnten weitere Eruptionen folgen. Die Frage ist, ob der Kuşkayası Mountain vulkanischen Ursprungs ist? Eruptionen abseits von bekannten Vulkanen sind mir in meiner Laufbahn noch nicht untergekommen. Ich bleibe an dem Thema dran!

Erdbeben können Vulkanausbrüche auslösen

Es ist bekannt, dass starke Erdbeben ab einer Magnitude von 6,0 Vulkanausbrüche triggern können. Doch normalerweise heißt es, dass der Vulkan dafür „geladen“ sein muss. Da es bislang keine Anzeichen für sich aufheizende Vulkane in der Türkei gab, habe ich diesmal auf entsprechende Hinweise in meinen Berichten zu den tragischen Ereignissen in der Türkei verzichtet. Wobei, ganz richtig ist diese Aussage auch nicht, denn nach einem der letzten stärkeren Erdbeben im Südwesten der Türkei wurden ähnliche Vorgänge beobachtet und man fürchtete ebenfalls einen bevorstehenden Vulkanausbruch, der dann aber ausblieb.

Das Video halte ich nicht für einen Fake, denn es wurde vom türkischen Geowissenschaftler Prof. Dr. Övgün Ahmet Ercan gepostet. Türkische Medien griffen die Meldung bereits auf und lieferten weitere Details, anhand derer ich die Lokation des betroffenen Berges als orangenen Marker in der Karte einzeichnen konnte. An dieser Stelle gab es bis jetzt keinen bekannten Vulkan. Diese haben grüne Vulkansymbole. Offensichtlich ist es aber, dass sich in der Region der auslaufenden und sich teilenden Ostanatolischen Verwerfungszone mehrere Vulkangebiete befinden, die laut Definition als aktiv eingestuft werden können. So liegt es im Bereich des möglichen, dass wir in der Region eines Tages einen Vulkanausbruch sehen werden. 

Update: Der unten ursprünglich zitierte Tweet von Professor Dr. Övgün Ahmet Ercan wurde inzwischen gelöscht! Ich habe ihn durch das entsprechende Youtube Video ersetzt. Eine andere Quelle schrieb mir, dass es sich bei dem Berg um den Büyük Kızılcık handelt. Weitere Recherchen ergaben, dass es sich dabei um ein Dorf handelt, das von Bergen umgeben ist. Bilder aus der Region zeigen schlammbeschmierte Kinder. Offenbar gibt es dort Schlammquellen. So könnte es sich bei dem eruptierten Fluid auch direkt um Schlamm handeln! Unklar ist, ob das Material unter Einwirkung von geothermaler Hitze eruptiert wurde oder ob es sich um ein rein tektonisch/seismologisches Phänomen handelt. Ich halte Letzteres mittlerweile für das wahrscheinlichere Szenario. Ich habe den Titel der Meldung daher mit einem Fragezeichen versehen. Hinweise, dass es sich bei den infrage kommenden Bergen um holozäne Vulkane handeln könnte, habe ich nicht gefunden.

Weiterführender Link: 

Vulkane und Erdbebenzonen der Türkei

Erdbeben Türkei: Küstenabschnitte überflutet

Eine um gut 3 m versetzte Straße im Zentrum von Kahramanmaraş. © CNN Turkey

Bodenabsenkung und horizontaler Versatz nach Erdbebensequenz

Im türkisch-syrischen Erdbebengebiet schnellen die Opferzahlen weiter in die Höhe und haben sich gegenüber gestern verdoppelt: bis jetzt wurden mehr als 16.000 Todesopfer bestätigt. Die Zahlen werden weiter ansteigen. Angestiegen ist auch der Meeresspiegel an der Küste im Südwesten der Türkei, zumindest relativ: Da das Land infolge des Erdbebens abgesackt ist, wurden mehrere Küstengemeinden im Bezirk Iskenderun in der Provinz Hatay überflutet. In den Medienberichten ist die Rede davon, dass das Wasser bis zu 200 m weit ins Landesinnere vorgedrungen ist. Der Boden soll sich um bis zu 1 m abgesenkt haben. Auf einem Video sieht man Autos, die eine überflutete Straße passieren. Das Wasser reicht ihnen fast bis zu der Stoßstange, steht also ca. 20 cm hoch in den Straßen. Anders als bei einer Flut wird das Wasser nicht mehr zurückweichen, da sich ja der Boden dauerhaft abgesenkt hat.

Es gibt weitere Bilder, auf denen zu erkennen ist, dass Straßen und Schienen um gut 3 Meter horizontal versetzt wurden. Dieser Wert wurde von örtlichen Seismologen als Versatz infolge des Erdbebens bestätigt. Die Verwerfung brach auf einer Linie von Gölbaşıbis nach Türkoğlu. In den nächsten Tagen sollten weitere wissenschaftlich bestätigte Daten zu den geologischen und geografischen Auswirkungen der Erdbebensequenz veröffentlicht werden.

Großbrand im Hafen von Iskenderun

Neben den allgemeinen Zerstörungen und den Überflutungen gab es in Iskenderun ein weiteres Problem: Im Containerhafen war ein Großbrand ausgebrochen, der mit Hilfe von Löschflugzeugen bekämpft werden musste. Außerdem gab es mehrere kleine Brände zu bekämpfen. Aufgrund der verschütteten und blockierten Straßen haben Feuerwehren und Einsatzkräfte Probleme bis zu den Feuern vorzudringen. Das gleiche gilt auch für viele entlegene Orte jenseits des Ballungsraums. Viele Menschen stehen in den Trümmern ihrer Orte und suchen ohne Hilfe von außen nach Verschütteten. Viele Menschen sind obdachlos und müssen in Autos übernachten, da nicht einmal genug Notunterkünfte zur Verfügung stehen.

Mangelhafter Katastrophenschutz

Wie immer war man auf so eine große Katastrophe nicht vorbereitet, obwohl das Erdbeben vorprogrammiert war genauso wie es vergleichbare (oder schlimmere) Ereignisse auch in Zukunft geben wird! Das ist jetzt nicht einmal Kritik an amtierende Politiker, sondern eine Kritik am menschlichen Verhalten generell, dass solche existenziellen Gefahren ausblendet, nur weil sie vermeintlich in ferner Zukunft liegen. Wir in Deutschland wären auf Katastrophen vergleichbaren Ausmaßes nicht im geringsten vorbereitet. Als Beispiel kann man auf die Ahrtal-Katastrophe verweisen, die im Vergleich zu den Geschehnissen in der Türkei ein sehr begrenztes Gebiet erfasste! Katastrophenschutz und unbürokratische Hilfe sind auch hierzulande Fremdwörter.

Erdbeben in der Türkei: Opferzahlen steigen weiter

Mehr als 8600 Todesopfer wurden im Erdbebengebiet bestätigt

Am 2. Tag nach der verheerenden Erdbebensequenz im Südwesten der Türkei steigen die Opferzahlen weiter an und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Bis jetzt wurden insgesamt 8600 Todesfälle bestätigt. Davon fallen mehr als 6200 auf die Türkei. Fast 40.000 Verletzte wurden registriert. Die Opferzahlen werden weiter stark steigen. Tausende Menschen gelten noch als Vermisst. Man steht noch am Anfang der Bergungsarbeiten, die in den entlegeneren Regionen Der Türkei und besonders in Syrien noch nicht einmal voll angelaufen sind: Winterwetter, zerstörte Verkehrswege und mangelnde Ausrüstung sind nur drei der Gründe, warum viele Menschen weiter auf Unterstützung warten müssen. Doch in den zentralen Gebieten der Erdbebenregion sind nach türkischen Angaben mehr als 16.000 Rettungsteams unterwegs. Insgesamt sollen 60.000 Helfer im Einsatz sein. Doch alleine in der Türkei wurde in 10 Provinzen der Notstand ausgerufen. Im gesamten Erdbebengebiet leben mehr als 13,5 Millionen Menschen. Viele von ihnen sich von der Strom, Wasser und Gasversorgung abgeschnitten und das bei strengem Frost. Lebensmittel und Benzin werden ebenfalls knapp. Am Rande Europas droht die nächste humanitäre Katastrophe.

Die starke Erdbebensequenz wirkte sich nicht nur auf Mensch und Infrastruktur aus, sondern versetzte beide beteiligten tektonischen Platten um mehrere Meter. Genaue Werte stehen noch aus, doch es gibt erste Gerüchte, dass der Versatz gut 4 m betragen soll. Auf Bildern einer zerstörten Straße sieht man auch einen vertikalen Versatz von mehreren Metern. Allerdings könnte es sich hier auch um ein lokales Phänomen handeln, da ein Berghang ein Stück abgerutscht sein könnte. Ebenso wissenschaftlich unbestätigt sind Aufnahmen, die überflutete Straßen an der Küste zeigen. Hier soll die Anatolische Platte abgesunken sein, sodass das Meer das Land überflutete. Doch da es sich bei der Ostanatolischen Verwerfung um eine Blattverschiebung handelt, die überwiegend horizontal versetzt, sind so große Höhenunterschiede eher unwahrscheinlich.

Vorprogrammierte Naturkatstrophe durch unsichere Bauten entlang einer Hauptstörungszone

Die Erdbebenkatstrophe macht den Menschen auf einmal bewusst, wie vergänglich sie sind und dass es vielleicht doch nicht klug ist, Megacitys direkt am Rand großer Störungszonen zu bauen! Im Falle des aktuellen Erdbebengebiets baute man Großstädte mit Hochhäusern, die alles andere als erdbebensicher sind, auch noch an einem Kreuzungspunkt wo sich die Ostanatolische Verwerfung in 2 Arme teilt. Sicher gründete man die Städte bereits vor langer Zeit, noch bevor der Verlauf von Störungszonen wissenschaftlich erforscht wurde. Und die Topografie der Landschaft war günstig, weil sich entlang der Störungszone ein langgestrecktes Tal auftut. Doch seit mindestens 50 Jahre weiß man um die realen Gefahren und trotzdem wurde in Sparbauweise gebaut: eine vorprogrammierte Katastrophe. Und sie wird sich widerholen! An der gleichen Stelle wahrscheinlich erst in ein paar Jahrhunderten, doch an anderer Stelle vielleicht schon morgen. Nicht nur hier, im Südwesten der Türkei, sondern auch an der Nordanatolischen Verwerfung, an der gegenüberliegenden Grenze der Anatolischen Platte, dort, wo der Europäische Kontinent beginnt und die Metropole Istanbul liegt. ein Damoklesschwert, dass den Menschen jetzt wieder bewusst wird- trotzdem gelingt es den Menschen immer wieder die Bedrohung zu verdrängen, obwohl sich nicht die Frage stellt, ob es zur Katastrophe kommen wird, sondern nur wann?

Doch nicht nur Megacitys in der Türkei sind bedroht. Davon gibt es leider viele. Die prominentesten Beispiele sind Tokio und San Francisco. Neue Gebäude in den gut entwickelten Metropolen sind zwar nach erdbebensicheren Standards gebaut, doch auch sie haben Grenzen. Außerdem gibt es in den Ballungsräumen noch mehr als genug Häuser, die eben nicht sicher sind. Bleibt zu hoffen, dass man aus der jüngsten Katastrophe Lehren zieht! Am erdbebensichersten wohnt man übrigens in einem Zelt oder Caravan.

Und nein, die Erde geht nicht unter, auch wenn es sich um eine schlimme Naturkatastrophe handelt! Die Erde ist ein dynamischer Planet und Erdbeben und Vulkanausbrüche sind notwendige Manifestationen der Erddynamik. Diese ist auch für unseren Schutzschirm, das Erdmagnetfeld verantwortlich, ohne das es kein Leben auf der Erde geben würde.

In unserer FB-Gruppe „Naturkatastrophen  und Naturphänomene“ wurden viele Medien zum Erdbeben in der Türkei geteilt. Ich kann hier immer nur einen Bruchteil einbinden.

Weiterführende Links bei Vnet:

Erdbeben und Seismik: Was Du schon immer darüber wissen wolltest

Vulkane und Erdbeben in der Türkei

Moment-Magnitude Mw

Erdbeben für Schüler

Erdbeben Türkei: News am 07.02.23

Mehr als 4900 Tote in der Türkei und Syrien

Nach der starken Erdbebenserie gestern wird langsam das ganze Ausmaß der Katastrophe sichtbar, wobei von Anfang an klar war, dass die Region von einer der schlimmsten Erdbebenkatastrophen der letzten Jahrzehnte heimgesucht wurde. Bis jetzt wurden in der Türkei und in Syrien mehr als 4900 Todesopfer bestätigt. Hinzu wurden über 20.000 Verletzte gemeldet. Es ist davon auszugehen, dass die Todeszahlen weiter steigen werden: unter den Trümmern der zahlreichen eingestürzten Hochhäuser werden noch viele Opfer verschüttet sein. Noch ist es das Ziel, nach Verschütteten zu suchen, die noch unter den Trümmern am Leben sein könnten, doch die Chance sie zu retten sinkt von Stunde zu Stunde.

Inzwischen sind großangelegte Hilfsaktionen angelaufen. Die Türkei hatte kurz nach der Katastrophe um internationale Hilfe gebeten. Wer helfen möchte, kann bei einer der vielen Organisationen spenden.

Was war geschehen? Gestern um 01:17:36 UTC begann eine Serie starker Erdbeben. Das Initialbeben hatte eine Momentmagnitude von 7,8. Das Epizentrum lag 30 km west-nordwestlich der Millionenstadt Gaziantep. Nur wenige Minuten später folgte ein weiter starker Erdstoß Mw 6,7. Er manifestierte sich ca. 11 Minuten nach dem ersten Beben. Das Epizentrum lag in der gleichen Region. Während sich das Hypozentrum des ersten Bebens in 10 km Tiefe befand, lag das zweite Beben 40 km tief. Aufgrund der geringeren Magnitude und der größeren Tiefe war es an der Erdoberfläche weniger stark zu spüren gewesen. Trotzdem versetzte es vielen bereits beschädigten Gebäuden den Todesstoß. Dem nicht genug, ereignete sich um 10:24:49 UTC ein weiteres starkes Erdbeben der Magnitude Mw 7,5. Es wurde in den Medien als Nachbeben bezeichnet, doch dieser Meinung bin ich nicht. Hierbei handelte es sich um ein weiteres Starkbeben, das vom EMSC in gut 90 km Entfernung von den anderen Beben lokalisiert wurde. Demnach befand es sich nordwestlich des eigentlichen Bebenclusters. Sein Epizentrum wurde 11 km süd-südöstlich von Elbistan ausgemacht. Der Erdbebenherd lag auch hier 10 km tief. Der Erdstoß wirkte sich natürlich auch auf die Erdbebenzone aus und verursachte weitere Schäden. Insofern war der Appell der Behörden, der nach dem ersten Erdstoß ausgegeben wurde, die Häuser nicht mehr zu betreten, das Gebot der Stunde!

Neben diesen 3 Beben, die ich als Bebenserie bezeichnen würde, gab es Hunderte Nachbeben entlang des unteren Bereichs der Ostanatolischen Verwerfung. In dem betroffenen Bereich teilt sie sich in 2 Arme auf, deren Verlauf sehr gut anhand des geteilten Bebenclusters auf der Shakemap zu sehen ist. Die meisten Erschütterungen gab es entlang des südlichen Arms, der nahe der Grenze zu Syrien verläuft. Das dritte Beben Mw 7,5 lag am Nordarm der Störung und verursachte dort die Nachbeben. Das EMSC registrierte 25 Nachbeben mit Magnituden ab 5. Alleine diese Beben hatten schon ein moderates Zerstörungspotenzial. Aktuell nehmen Häufigkeit und Intensität der Nachbeben ab.

Sehr starkes Erdbeben erschüttert Türkei am 06.02.23

Erdbeben MW 7,8 erschüttert Südwesten der Türkei

Datum: 06.02.23 | Zeit: 01:17:32 UTC | 37.23 N ; 37.02 E | Tiefe: 10 km | Mw 7,8

Im Südwesten der Türkei hat es ein sehr starkes Erdbeben der Moment-Magnitude 7,8 gegeben. Das Hypozentrum lag in 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 26 km ost-nordöstlich von Nurdağı verortet. In dem Ort leben 12.800 Menschen. Die Großstadt Gaziantep mit mehr als 1 Millionen Bewohnern liegt nur 37 km vom Epizentrum entfernt. Es hat große Schäden und zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Bilder zeigen, dass die Häuser ganzer Straßenzüge eingestürzt sind. Das Hauptbeben manifestierte sich zu nachtschlafender Zeit und riss viele Menschen aus dem Schlaf, die es nicht mehr schafften, ihre Häuser zu verlassen. Das Beben ereignete sich um 04:17:32 Lokalzeit bzw. um 01:17:32 UTC.

Medienberichten zufolge gab es im Mittelmeer einen kleinen Tsunami, obwohl das Epizentrum nicht an der Küste lag, sondern gut

Das Erdbeben ereignete sich in der Grenzregion zu Syrien. Die bekannte Stadt Aleppo, die im Syrienkrieg zum großen Teil zerstört wurde, liegt ebenfalls im Wirkungskreis des Erdbebens. Nach vorläufigen Zahlen sind in der Türkei mindestens 280 Personen ums Leben gekommen. In Syrien wurden bis jetzt mehr als 300 Todesfälle bestätigt. Außerdem gab es Hunderte Verletzte. Die Opferzahlen werden weiter steigen, denn man befindet sich noch ganz am Anfang der Bergungsarbeiten.

Es gibt sehr viele starke Nachbeben, die über ein großes Gebiet entlang der Störungszone streuen. Das stärkste Nachbeben hatte eine Magnitude von 6,7. Die Menschen wurden aufgefordert im Freien zu bleiben, denn viele der Gebäude, die vielleicht nur leicht beschädigt wurden, könnten durch ein starkes Nachbeben zum Einsturz gebracht werden.

Das Erdbeben ereignete sich an der Ostanatolischen Verwerfung. Bei ihr handelt es sich um eine große Blattverschiebung, an der die Anatolische Platte und die Arabische Platte aneinander vorbeigleiten. Steht man auf der Arabischen Platte und blickt nach Norden, dann bewegt sich die Anatolische Platte relativ gesehen nach links und die Arabische Platte nach rechts. Daher spricht man auch von einer sinistralen (linkshändigen) Verschiebung. Da ein großes Segment der Ostanatolischen Verschiebung derzeit bebt, sind weitere starke Erdbeben in anderen Regionen entlang der Störung nicht auszuschließen.

Update 12:00: Uhr: Es gab ein weiteres starkes Erdbeben mit der Magnitude 7,5. Das Hypozentrum lag wieder in 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 6 km östlich von Ekinözü verortet.

Erdbeben löst in Türkei Panik aus

Erdbeben Mw 6,0 bei Istanbul

Datum: 23.11.22 | Zeit: 01:08:14 UTC | 40.83 N ; 31.00 E | Tiefe: 07 km | Mw 6.0

Heute Nacht kam es in der Region um Istanbul zu einem starken Erdbeben der Moment-Magnitude 6,0. Das Epizentrum wurde 14 km west-südwestlich von Düzce verortet. Istanbul liegt gut 100 km westlich des Epizentrums. Das Hypozentrum lag in nur 7 km Tiefe. Daher war das Erdbeben an der Erdoberfläche besonders stark zu spüren gewesen. Zahlreiche Anwohner gerieten in Panik, sprangen nachts aus den Betten und weiter aus den Fenstern, oder rannten auf die Straßen. Infolge der Panik verletzten sich mindestens 35 Personen. In den Medien ist von einem Schwerverletzten die Rede. Todesopfer gab es bislang nicht. Der Bürgermeister der Provinzhauptstadt Düzce, Faruk Özlü teilte via Twitter mit, dass es nur leichte Gebäudeschäden gab. Der Erdstoß manifestierte sich um 04:08 Uhr Ortszeit und war nicht nur in der gesamten Region Istanbul deutlich zu spüren gewesen, sondern auch in der türkischen Hauptstadt Ankara.

Tektonischer Hintergrund des Erdbebens

Die Angst vor starken Erdbeben ist in der Region Istanbul besonders groß, denn hier befindet sich ein Bebenspot, an dem es bereits besonders oft zu Starkbeben mit Magnituden im 7er Bereich kam, bei denen Hunderte oder sogar Tausende Menschen starben. Dabei erscheinen die Erdbeben in Serien, worauf ich bereits Anfang November hinwies, als es bei Izmir zu einem Erdbeben M 4,9 kam. Im Jahr 1999 ereignete sich dort eine Katastrophe mit 18.373 Todesopfern. Im gleichen Jahr bebte es auch in dem heute betroffenen Düzce mit Mw 7,2. Damals starben fast 900 Menschen. Die Zerstörungen aus früheren Jahren könnten ein Grund sein, warum das aktuelle Erdbeben nur geringe Schäden verursachte: die neuen Gebäude sind deutlich robuster gebaut und halten den Erdstößen besser stand. Große Gebäude wurden erdbebensicher gebaut. Trotzdem fürchtet man sich gerade in Istanbul vor einem Starkbeben, da es dort eine seismische Lücke gibt.

Die Erdbeben in der Region Istanbul stehen im Zusammenhang mit der großen nordanatolischen Verwerfung. Sie grenzt die Anatolische Mikroplatte im Zentrum der Türkei gegen die Eurasische Platte ab. Die Grenze im Süden wird von der südanatolischen Verwerfung gebildet. Sie trennt die anatolische Platte von der arabischen Platte.