Türkei: Starkes Erdbeben Mw 6,2 bei Istanbul

Datum: 23.04.2025 | Zeit: 09:49:11 UTC | Koordinaten:  40.833 ; 28.227 | Tiefe: 15 km | Mw 6,2

Ein starkes Erdbeben Mw 6,2 im Marmarameer nahe Istanbul – Anwohner reagieren in Panik

Heute Vormittag ereignete sich im Marmarameer nahe Istanbul in der Türkei ein starkes Erdbeben der Magnitude 6,2. Der Erdbebenherd lag in 15 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde vom EMSC 37 km südwestlich von Büyükçekmece lokalisiert. In der Stadt leben rund 163.000 Menschen. Die Metropole Istanbul liegt etwa 60 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Es kam zu zahlreichen Nachbeben, darunter eines mit einer Magnitude von 5,0.

Der Erdstoß trat um 09:49:11 UTC (11:49:11 MESZ, 12:49:11 Uhr Ortszeit) auf und wurde in einem Umkreis von mehr als 600 Kilometern wahrgenommen. Das Erdbeben war auch in den Nachbarländern Griechenland und Bulgarien zu spüren gewesen.

Beim EMSC gingen zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen ein. Zeugen in der Nähe des Epizentrums beschrieben das Beben als sehr stark. Ein Augenzeuge schilderte seine Eindrücke besonders eindrücklich: Er schrieb, dass er sich an den Albtraum von 1999 erinnert fühlte. Neben dem Hauptbeben spürte er auch mehrere Nachbeben sowie ein Vorbeben. Er berichtete, dass er sich sofort auf ein Beben mit katastrophalen Folgen vorbereitete und eine Fluchttasche packte. Das Erdbeben an das sich der Bebenzeuge erinnert fühlt war das Izmit-Erdbeben von 1999. Es hatte eine Magnitude von 7,5 und forderte ca. 17500 Menschenleben.

Die Schilderung macht deutlich, wie stark die Menschen der Region um Istanbul auf Erdbeben reagieren: Sie sind äußerst sensibilisiert, da in der Gegend ein Starkbeben mit potenziell katastrophalen Folgen erwartet wird. Auch wenn diese aktuell ausblieben, reagierten viele Menschen in Panik. Medienberichten zufolge verletzte sich eine Person beim Sprung von einem Balkon. Einsatzkräfte kontrollierten sofort kritische Infrastruktur wie Autobahnen, Brücken, Gleisanlagen und Flughäfen, doch größere Schäden wurden nicht entdeckt. Auch Meldungen über eingestürzte Wohngebäude blieben aus. Dennoch muss in der Region, besonders in den Orten nahe des Epizentrums mit Gebäudeschäden gerechnet werden.

Ein Video, das in den sozialen Medien geteilt wurde, zeigt, wie mehrere größere vom Erdbeben ausgelöste Wellen gegen die Küsten liefen. Aufgrund des Charakters der betroffenen Verwerfung ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass bei einem Beben hier große Tsunamis ausgelöst werden, obgleich bei dem Beben von 1999 Wellen mit einer Höhe von 2,5 Metern entstanden.




Das Erdbeben steht im Zusammenhang mit der Nordanatolischen Verwerfung (NAF). Dabei handelt es sich um eine große Transformstörung im Norden der Türkei, die südlich von Istanbul verläuft und das Marmarameer quert. Die Störung teilt sich zuvor in zwei Arme: Ein Arm verläuft durch das nördliche Marmarameer, der zweite entlang der Südküste. Die aktuelle Bebensequenz ereignete sich am nördlichen Arm, unweit der Region, in der sich die Spur der Störung verliert. Die Nordanatolische Verwerfung weist große Ähnlichkeiten mit dem San-Andreas-Fault in Kalifornien auf. An beiden Störungen verschiebt sich die Erdkruste horizontal und nicht vertikal, wie es entlang von Tiefseegräben der Fall ist. Der Verschiebungssinn ist dextral (rechtseitig). Die NAF ist etwa 1500 Kilometer lang, das Pendant in den USA ist gut 200 Kilometer kürzer. An beiden Störungszonen wird in den nächsten Jahrzehnten ein Starkbeben erwartet.

Entlang der NAF verschiebt sich die anatolische Mikroplatte bzw. der anatolische Block relativ zur eurasischen Platte in Richtung Westen, während die eurasische Platte fast ortsfest ist und sich nur minimal nach Süden bewegt. Die Relativbewegung beträgt ca. 20 bis 25 mm im Jahr und entspricht in etwa der Geschwindigkeit, in der die Fingernägel wachsen.

Wie das GFZ in einer Pressemeldung mitteilt, manifestierte sich in der gleichen Region der Verwerfung bereits am 26. September 2019 ein ähnlich starkes Erdbeben der Magnitude 5,7. Das aktuelle Erdbeben erweitert die damalige Bruchzone, und zwar auch in Richtung Istanbul. Insgesamt ist auf dieser Verwerfung Energie für ein Erdbeben der Magnitude bis zu 7.4 gespeichert, erklärt Marco Bohnhoff vom GFZ. Die Befürchtungen der Anwohner, dass sich ein noch stärkeres Erdbeben ereignen könnte sind also nicht unberechtigt.

Momentan scheinen sich wieder die stärkeren Erdbeben zu häufen, denn gestern gab es bereits einen Erdstoß Mw 6,2 bei den Talaud-Inseln, die zwischen den Philippinen und Indonesien liegen. Auch das Inselreich Vanuatu wurde von einem Erdstoß Mw 6,1 heimgesucht. Wir hatten innerhalb von 24 Stunden gleich 3 Beben mit einer Magnitude über 6,0.

Update: In Istanbul ist ein leerstehendes Haus eingestürzt und ein Krankenhaus musste evakuiert werden. Mehr als 150 Personen erlitten Verletzungen. Die meisten Menschen verletzten sich offenbar selbstverschuldet, indem sie in Panik aus Fenstern sprangen um die wackelnden Gebäude schnell zu verlassen.

Türkei: Unterirdischer Riss breitet sich entlang Zagros zum Irak aus

Alte ozeanische Platte reißt unter der arabischen und eurasischen Kontinentalplatte ab

Forschungsteam untersucht den Einfluss des Zagros-Gebirges im Iran und Irak auf die Erdabsenkung des Vorgebirgsbeckens

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen untersuchte die plattentektonischen Prozesse, die im Zagros-Gebirge der irakischen Region Kurdistan zur Bildung einer tiefen Depression führen. Diese Depression bildet ein sedimentgefülltes Becken im Vorland des Gebirges, das sich in Nordwest-Südost-Richtung durch den Süden des Irak und Irans erstreckt, dessen Ausläufer jedoch bis in die Osttürkei reichen. Das Vorgebirgsbecken war ursprünglich zwischen drei und vier Kilometern tief. Sedimente füllten die Senke größtenteils auf, sodass eine langgestreckte Ebene vor dem Gebirge entstand.

Entlang der Zagros-Gebirgszone erstrecken sich prominente Störungszonen, die für ihre Erdbebenaktivität bekannt sind und auch mit den beiden großen Störungen in Anatolien in Verbindung stehen.

Das Gebirge ist ein Ergebnis der Plattentektonik und bildete sich infolge der Kollision der Arabischen Platte mit Eurasien. Vor der Kollision waren beide Platten durch ein urzeitliches Meer, den Neotethys-Ozean, getrennt. Die ozeanische Kruste der Neotethys tauchte entlang einer Subduktionszone unter Eurasien in den Erdmantel ab. Dieser Prozess begann vor etwa 60 Millionen Jahren und endete vor rund 25 Millionen Jahren, als die Arabische Platte mit der Eurasischen Platte kollidierte und die Auffaltung des Zagros-Gebirges einsetzte.


Die Forschenden stellten fest, dass die sedimentgefüllte Depression im Vorland des Zagros-Gebirges tiefer ist als anhand der Gebirgshöhe zu erwarten wäre. Vorgebirgsbecken entstehen durch die Auflast des Gebirges, das die Kontinentalplatte an ihrem Rand nach unten drückt.

Mit seismischen Untersuchungen und Computermodellierungen bestimmten die Forschenden nicht nur die Tiefe des Vorlandbeckens, sondern auch, dass ein Relikt der Neotethys-Kruste an der Unterseite der Arabischen Platte haftet. Dieses zieht die Platte in der Kollisionszone mit Eurasien nach unten und erklärt die große Tiefe des Beckens.

Das subduzierte Stück der Ozeankruste haftete ursprünglich auch unter der Anatolischen Platte in der Türkei. Dort ist die Senke jedoch flacher, was darauf hindeutet, dass sich die ozeanische Kruste bereits gelöst hat. Der entstehende Riss entlang der horizontalen Lösungsfläche dehnt sich weiter in Richtung Nordwestiran aus, was möglicherweise die Erdbebenaktivität der Region beeinflusst.

Die Studie unter Leitung von Dr. Renas I. Koshnaw wurde bereits im letzten Jahr in der Fachzeitschrift Solid Earth veröffentlicht und nun durch eine Pressemeldung der Universität Göttingen bekannt gemacht. Das entwickelte geodynamische Modell könnte auch für weitere geologische Untersuchungen genutzt werden und liefert wichtige Erkenntnisse zur Struktur der Erdkruste. (Quelle: AGU)

Türkei: Mittelstarkes Erdbeben besorgt Bürger

Mittelstarkes Erdbeben Mb 4,5 war im weiten Umkreis spürbar – Meldungen besorgter Bürger

Datum 12.12.24 | Zeit: 11:34:52 UTC | Koordinaten: 40.429 ; 26.230 | Tiefe: 12 km | Mb 4,5

Heute Mittag manifestierte sich um 11:34:52 UTC (14:34:52 Uhr Lokalzeit) ein Erdbeben der Magnitude Mb 4,5. Das Hypozentrum wurde in 12 Kilometern Tiefe verortet. Das Epizentrum befand sich laut EMSC-Angaben 34 km nordwestlich von Çanakkale, kurz vor der Nordwestküste des Mittelmeeres und nahe der Grenze zu Griechenland. Obwohl es sich nur um ein mittelstarkes Erdbeben handelte, war es in einem Umkreis von mehr als 300 Kilometern zu spüren gewesen. Dem EMSC gingen sogar Meldungen aus Bulgarien und Istanbul ein. Vermutlich dachten die Anwohner von Istanbul, dass sich ein Beben in ihrer Nähe ereignet hatte, denn die Stadt liegt an der Nordanatolischen Verwerfung und gleicht einem tektonischen Pulverfass, denn man wartet seit Jahren auf das „Big One“: ein Starkbeben mit großer Zerstörungskraft. Seismologen berechneten eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit für ein Erdbeben innerhalb der nächsten 30 Jahre mit der Magnitude 7 oder mehr. Dementsprechend nervös ist man am Bosporus.

Das aktuelle Beben ereignete sich am Nordarm der Nordanatolischen Verwerfung, die sich am Marmara-Meer in drei Arme teilt. Bei der Störung handelt es sich um eine rechtsversetzende Blattverschiebung, die dem San-Andreas-Fault in den USA gleicht, und sie bildet die Grenze zwischen der Anatolischen Platte und dem eurasischen Kontinent. Die Relativgeschwindigkeit der Platten entlang der Verwerfung beträgt etwa 20–25 mm pro Jahr. Da die Platten nicht widerstandslos aneinander vorbeigleiten, kommt es zu Blockaden und Spannungsaufbau entlang der Störung. Sie lösen sich in einem fast als explosiv zu beschreibenden Ereignis, das die Erdbebenwellen auslöst.

Die südliche Grenze der Anatolischen Platte ist nicht weniger gefährlich, denn hier manifestierte sich das verheerende Gaziantep-Erdbeben. Ein Erdbeben nahe Istanbul hätte wahrscheinlich ähnlich dramatische Folgen.

Gestern ereignete sich übrigens ein vergleichbares Erdbeben (Mb 4,5) südwestlich von Kreta. Betrachtet man die Shakemap genau, dann erkennt man auch wieder ein schwaches Beben nördlich der Vulkaninsel Santorin. Hier kam es in den letzten Tagen häufiger zu Erschütterungen.

Türkei: Zahlreiche schwache bis mittelstarke Erdbeben

Zahlreiche Erdbeben an der Ostanatolischen Verwerfung in der Türkei – Großes Gebiet betroffen

Schaut man sich heute die Erdbebenkarten der Türkei an, dann erkennt man entlang der Ostanatolischen Verwerfung zahlreiche Erdbeben, die sich hier in den letzten 48 Stunden manifestierten. Ein Bebenschwerpunkt liegt natürlich weiterhin im Osten der Verwerfung, dort, wo sich das verheerende Gaziantep-Erdbeben manifestierte. Diese Beben können als Nachbeben der beiden starken Erschütterungen vom Februar 2023 angesehen werden. Doch folgt man der Verwerfung in Richtung Westen, sieht man, dass es auch hier viele Erdbeben gegeben hat. Ein Schwerpunkt liegt hier im Südosten des Van-Sees, wo sich zwei Beben (Mb 4,2 und Mb 4,1) ereigneten, denen zahlreiche schwächere Erschütterungen folgten. Zwischen Gaziantep und dem Van-See klafft eine seismische Lücke, entlang derer es in den nächsten Jahren weitere Starkbeben geben könnte. Auch entlang der zweiten großen Verwerfung, die die Anatolische Mikropatte nach Norden abgrenzt, bebt es oft. Eine Bebenhäufung gibt es auch im Westen der Türkei. Fasst man den Kartenausschnitt weiter, dann erkennt man, dass sich die rege Seismizität nach Westen über Griechenland, Sizilien und Spanien fortsetzt. Alles in allem scheint es viel Bewegung entlang der Plattengrenze zwischen Eurasien und Afrika zu geben. Davon bleiben auch die Vulkanregionen Siziliens nicht verschont, denn in den letzten 2 Tagen ereigneten sich zwei Erdbeben mit Magnituden im Zweierbereich in der Ätna-Gegend. Zwei weitere Erschütterungen manifestierten sich in großen Tiefen in einigem Abstand zur Küste von Stromboli.




Selbst in der Alpenregion bis nach Frankreich hinein zeichnete das seismische Netzwerk zahlreiche Erschütterungen auf.

Schaut man ganz in den Norden Europas, kommt man mit Island zu einem weiteren Bebenspot, der aber nicht mit der Plattengrenze zwischen Afrika und Europa in Verbindung steht, sondern mit der divergenten Kontinentalnaht zwischen Europa und Nordamerika: gemeint ist Island! Hier gab es heute ein Erdbeben Mb 3,6, das sich unter dem Vulkan Bardarbunga manifestierte.

Türkei: Erdbeben Mb 5,0 am 27.10.24

Mittelstarkes Erdbeben in Region Gaziantep – Zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen

Datum 27.10.24 | Zeit: 17:07:10 UTC | Koordinaten: 37.637 ; 36.072 | Tiefe: 10 km | Mb 5,0

Die türkische Erdbebenregion bei Gaziantep wurde von einem mittelstarken Erdbeben der Magnitude 5,0 heimgesucht. Das Epizentrum des Erdstoßes wurde 30 km nordöstlich von Kozan verortet. Die Tiefe des Erdbebenherds wurde auf 10 Kilometer fixiert, was bedeutet, dass der Erdstoß in geringer Tiefe stattfand. Diese Daten stammen vom EMSC. Nach Angaben des GFZ lag die Magnitude bei 4,8. Der türkische Erdbebendienst stellte die Tiefe des Erdbebenherds mit 20 Kilometern fest.

Auf der Shakemap mit den Wahrnehmungsmeldungen erkennt man, dass der Erdstoß noch im 400 Kilometer entfernten Beirut wahrgenommen werden konnte. Nahe des Epizentrums könnte es zu leichten Gebäudeschäden gekommen sein. In bereits vorgeschädigten Häusern könnten auch größere Schäden aufgetreten sein. Meldungen hierüber liegen aber nicht vor.

Es gab mehrere schwächere Nachbeben, wobei das Hauptbeben wiederum als Nachbeben der katastrophalen Erdbebenserie vom Februar 2023 betrachtet werden kann, die in der Region extreme Verwüstungen verursachte und mehr als 57.000 Menschenleben forderte. Gut 316.000 Wohnungen wurden damals unbewohnbar und ca. 1,9 Millionen Menschen verloren ihr Zuhause. Die Region hat sich noch lange nicht von den Auswirkungen der Katastrophe erholt. Viele Menschen leben noch heute in Notunterkünften und Containerhäusern.

Die Ursache für die außerordentlich hohe Seismizität der Region liegt nach allgemeiner Auffassung in der Ostanatolischen Verwerfungszone begründet. Sie stellt die 1200 Kilometer lange Nahtstelle zwischen der Anatolischen und Arabischen Platte dar und zählt zu den aktivsten Störungszonen der Welt. Im Bereich der Küstentiefebene bei Adana, in der sich der Erdstoß gestern manifestierte, zweigt eine weitere bedeutende Störungszone von der Ostanatolischen Störung ab: die Levante-Störung. Einige Autoren machen sie für den Doppelschlag der beiden katastrophalen Erdbeben vom Februar letzten Jahres verantwortlich. Die Levante Störung ist genauso lang wie die Ostanatolische Verwerfung und verläuft von Nord nach Süd im Küstenbereich der Arabischen Halbinsel und mündet in den Ozeanischen Rücken des Roten Meeres, über das sie mit dem Ostafrikanischen Graben gekoppelt ist. Entlang der Levante-Störung stoßen mehrere Kontinentalplatten zusammen, doch die Prozesse entlang dieser Störungszone sind noch nicht gut verstanden.

Türkei: Lithosphärischer Gesteinstropfen verursacht Beckengenese

Konya-Becken in der Türkei könnte sich durch gigantischen Gesteinstropfen der Lithosphäre absenken

Ein erst vor wenigen Jahren entdeckter geologischer Prozess könnte die zunehmende Senkung im zentralanatolischen Plateau in der Türkei erklären. Verantwortlich dafür ist nicht die Plattentektonik, sondern ein riesiger Gesteinstropfen, der in etwa 40 bis 80 Kilometern Tiefe am unteren Rand der Lithosphäre hängt und das Konya-Becken nach unten zieht, wie Geologen um Erstautorin Julia Andersen von der University of Toronto in „Nature Communications“ berichten.

Dies ist nicht das erste Mal, dass ein solcher Lithosphären-Tropfen in dieser Region entdeckt wurde. Eine ähnliche Studie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass die Ablösung eines gigantischen Gesteinstropfens für die Hebung der zentralanatolischen Hochebene verantwortlich gewesen sein könnte.

Normalerweise sind plattentektonische Prozesse entlang von Störungszonen und die Drift der Kontinente für die Entstehung von Gebirgen, Hochplateaus oder Grabenbrüchen verantwortlich. Doch einige Landschaftsformen, wie das zentrale Hochplateau der Anden oder die zentralanatolische Hochebene in der Türkei, lassen sich nicht durch diese Prozesse erklären. Beide Regionen wurden angehoben, obwohl keine typischen tektonischen Einflüsse vorliegen.

Das Konya-Becken stellt dabei ein besonderes Rätsel dar: Inmitten des ansteigenden zentralanatolischen Hochplateaus senkt sich die Erdoberfläche in einem Bereich stetig. Satellitendaten zeigen, dass sich die Kruste im Konya-Becken jährlich um etwa 20 Millimeter absenkt, ohne erkennbare seitliche Krustenbewegungen oder plattentektonische Anzeichen.

Auf der Suche nach einer Erklärung nutzten Geologen seismische und gravimetrische Messungen und entdeckten an der Grenze zwischen der Lithosphäre und dem oberen Erdmantel eine Anomalie. Unter der Kruste des Konya-Beckens gibt es eine Zone, in der Erdbebenwellen schneller durch das Gesteinsmaterial verlaufen, was darauf hindeutet, dass es kühler und dichter ist als das umgebende Material. Dieses Material sinkt von der Lithosphäre in den darunterliegenden Mantel ab, ähnlich wie es bereits vor 25 Millionen Jahren in Zentralanatolien geschah. Damals löste sich ein großer Gesteinstropfen von der Lithosphäre, wodurch das Plateau aufgrund isostatischer Prozesse aufstieg. Der jetzt entdeckte Tropfen ist bereits der zweite in dieser Region. Da sich dieser Gesteinstropfen noch nicht abgelöst hat, zieht er die Erdkruste nach unten und verursacht die Senke des Konya-Beckens.

Durch Modellierungsexperimente im Labor konnten die Forscher den Prozess nachstellen: In einem Plexiglastank füllten sie zähflüssiges Polydimethylsiloxan (PDMS) als Modell für den Erdmantel. Darüber legten sie eine Schicht aus mit Ton vermischtem PDMS, die die Lithosphäre darstellte, und eine sandähnliche Schicht als Erdkruste. Ein Klümpchen PDMS diente als Auslöser des Prozesses. Innerhalb von zehn Stunden bildete sich ein erster Tropfen, der in den Mantel absank, gefolgt von einem zweiten Tropfen, der hängenblieb und wuchs. Dieser zweite Tropfen erzeugte eine Senke an der Oberfläche, ähnlich dem realen Konya-Becken.

Da komplexe geodynamische Prozesse in dieser Region stattfinden, sind vulkanische Aktivitäten nicht weit entfernt. Östlich von Konya liegt das quartäre Karapınar-Vulkanfeld, eine vulkanische Landschaft mit erloschenen Schlackenkegeln, Kratern und Lavafeldern. Diese vulkanischen Strukturen sind Teil des anatolischen Vulkanbogens, der durch frühere vulkanische Aktivität in der Region entstanden ist. (Quelle: https://www.nature.com/articles/s41467-024-52126-7)

Türkei: Starkes Erdbeben Mw 5,9 in Ostanatolien

Eilmeldung: Starkes Erdbeben Mw 5,9 erschüttert Osten der Türkei – Schäden möglich

Datum 16.10.24 | Zeit: 07:46:33 UTC | Koordinaten:38.336 ; 38.824 | Tiefe: 10 km | Mw 5,9

Vor wenigen Minuten erschütterte ein starkes bis sehr starkes Erdbeben der Magnitude 5,9 den Osten der Türkei. Das Epizentrum wurde 26 km südsüdöstlich von Baskil verortet. Die Großstadt Malatya liegt 44 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Dort leben 441000 Menschen. Der Erdbebenherd lag in 10 Kilometern Tiefe. Diese Angabe deutet darauf hin, dass es sich um ein flach liegendes Hypozentrum handelte, dessen genaue Tiefe aber noch nicht ermittelt wurde. Auch die Magnitude ist noch nicht endgültig festgestellt worden und kann noch korrigiert werden. Die Daten stammten vom GFZ. Beim EMSC wird die Magnitude mit 6,0 angegeben.

Erdbeben dieser Magnitude können starke Schäden verursachen und Todesopfer fordern. Entsprechende Meldungen liegen noch nicht vor.

Es sind schon zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen beim EMSC eingegangen. Das Beben war in einem Umkreis von 600 Kilometern deutlich zu spüren, u.a. auch in Ankara.

Tektonisch betrachtet manifestierte sich das Erdbeben an der Ostanatolischen Störung, an einem Segment, das weiter nordöstlich liegt, als es bei dem verheerenden Gaziantep-Beben im Februar 2023 der Fall war.

In der Region gibt es nicht nur die Ostanatolische Verwerfung, sondern auch die Malatya Fault: Dies ist eine lokale Verwerfung, die speziell die Region um Malatya betrifft. Sie verläuft parallel zur Ostanatolischen Verwerfung und ist ebenfalls ein potenzieller Auslöser für Erdbeben in der Region.

In den sozialen Medien sieht man, die zahlreiche Menschen in der Erdbebenregion ihre schwankenden Häuser verließen und auf die Straßen flüchteten. Es werden Videos schwankender Lampen und durchgerüttelten Inventars geteilt, aber Bilder von größeren Schäden konnte ich bis jetzt nicht entdecken.

Das Erdbeben löste zahlreiche schwächere Nachbeben aus und es stellt sich natürlich die Fragen, ob nicht noch ein starkes und vielleicht noch stärkeres Erdbeben folgen wird. Es werden sicher Stunden voller Unruhe und Angst und viele Menschen bleiben auf den Straßen in Erwartung eines weitern starken Erdbebens. Sicher ist man indes nicht in engen Straßenschluchten, sondern auf freien Plätzen, ohne das man von herabstürzenden Dach- und Fassadenteile getroffen werden kann.

Das Beben zeigt, dass die Ostanatolische Verwerfung auf ihrer gesamten Länge unter großen Spannungen steht, die durch die beiden sehr starken Erdbeben im Februar 2023 nur in der betroffenen Region um Gaziantep abgebaut wurden. In anderen Regionen kann es jederzeit zu weiteren starken Erdbeben kommen.

Update: Inzwischen wurde gemeldet, dass mehr als 40 Personen medizinischer Betreuung bedürfen und offenbar Verletzt wurden oder unter Schock stehen. Nahe des Epizentrums kam es zu einigen Gebäudeschäden. Was Bilder im Net betrifft, muss man skeptisch sein, teilweise werden solche des Starkbebens vom Februar 2023 gezeigt.

Türkei: Aktive Magmenkörper im Westen entdeckt

Geoforscher entdecken aktive Magmenkörper in der westtürkischen Region Manisa – Es besteht Eruptionsgefahr

Türkische Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Özgür Karaoğlu, Geologe an der Universität Eskişehir Osmangazi, entdeckten Hinweise auf acht Magmenkörper, die sich im Vulkangebiet Kula-Salihli in der westtürkischen Provinz Manisa befinden. Diese Magmenansammlungen liegen in Tiefen zwischen 5 und 30 Kilometern und sollen Durchmesser von bis zu 30 Kilometern aufweisen. Besonders die oberste Magmakammer beunruhigt die Forscher, da von ihr ein erhebliches Ausbruchsrisiko ausgehen soll.

In Kula befinden sich die jüngsten Vulkane der Türkei, um die sich bereits die alten Griechen Sagen erzählten. Die letzten Eruptionen ereigneten sich vor 4.700 Jahren in einem Gebiet, das als „Verbranntes Land“ bekannt ist. In der Region gibt es zahlreiche Thermalquellen, und das Gebiet ist aufgrund seiner Naturschönheit in einem Geopark geschützt, der als UNESCO-Weltnaturerbe gelistet ist.

Die Magmenkörper wurden mithilfe eines neu installierten seismischen Arrays aufgespürt. Die Geophone wurden im Rahmen eines von TÜBİTAK unterstützten Projekts installiert und von Wissenschaftlern von vier Universitäten unter der Leitung der Technischen Universität Eskişehir Osmangazi betrieben. Für ihre Forschungen nutzten die Geowissenschaftler auch Daten von Stationen des Nationalen Erdbeben-Beobachtungszentrums. In der Pressemeldung zu den Forschungsarbeiten wird nicht näher auf die angewandte Methodik eingegangen, doch ich vermute, dass die Magmenkörper mithilfe der Methode der seismischen Tomografie entdeckt wurden. Unklar bleibt auch, wie hoch der Schmelzanteil in den Magmenkörpern ist.




Die Forschungsarbeiten dauerten mehr als drei Jahre und umfassten ein Gebiet von 10.000 Quadratkilometern.

Aufgrund der Lage und Nähe der Magmenkörper besteht die Möglichkeit, dass sie durch tektonische Bewegungen wieder aktiv werden. Karaoğlu betonte, dass es in der Region aktive Verwerfungslinien gibt, die in Verbindung mit Erdbeben das Risiko eines Vulkanausbruchs erhöhen könnten.

Auch Prof. Dr. Bülent Kaypak, Leiter der Geophysikalischen Abteilung der Universität Ankara, erklärte, dass die Region anfällig für Spannungen ist und das Risiko eines Vulkanausbruchs durch diese geologischen Aktivitäten erhöht wird.

Waldbrände im Mittelmeerraum wüten weiter

Sommerzeit ist Waldbrandzeit! Besonders im Mittelmeerraum wüten im August wieder mehrere Waldbrände, die Metropolen besonders nahe kommen, Häuser zerstören und Evakuierungen nötig machen. Nachdem die verheerenden Waldbrände bei Athen in der letzten Woche gestoppt wurden, brennt es nun in der Türkei und Frankreich.

Bei einem Waldbrand bei Izmir in der Türkei kämpfen 3000 Einsatzkräfte gegen die Flammen

In den letzten Tagen wurden 131 Brände gemeldet, die auf türkischem Gebiet Wälder vernichten, landwirtschaftliche Nutzflächen schädigen und auch auf Ortschaften übergreifen. Sie wüten vor allem in den Provinzen Manisa und Bolu, wobei nun auch die Ägäisregion um Izmir von Flammen heimgesucht wird. Dichte Rauchschwaden ziehen zeitweise über die Stadt hinweg und beeinträchtigen die Luftqualität.

Izmir liegt im Westen der Türkei und die Waldbrände rücken an der Küstenmetropole an mehreren Stellen gefährlich nahe auf die Pelle. Erste Vororte sind bereits direkt von den Feuern betroffen. Einer dieser Vororte ist Karşıyaka, wo ein außer Kontrolle geratener Waldbrand auf den Ort übergesprungen ist und mehrere Häuser abfackelt. Darunter befanden sich ein Industriepark und ein zehnstöckiges Wohnhaus. Laut Behördenangaben wurden gut 4000 Anwohner des Wohngebietes evakuiert. Die Evakuierungsmaßnahmen lösten Panik bei der Bevölkerung aus.

Eine ähnlich hohe Zahl Einsatzkräfte hat den Kampf gegen die Flammen aufgenommen, denn es wird berichtet, dass gut 3000 Feuerwehrleute und Helfer in der Region Izmir sein sollen. Zum Einsatz kommen auch Löschflugzeuge. Bei ihnen handelt es sich um eine der wichtigsten Waffen gegen die immer weiter ausufernden Waldbrände.

Löschflugzeuge kommen insbesondere beim Kampf gegen einen Waldbrand bei am Berg Yamanla zum Einsatz. Das Feuer dort ist am Donnerstagabend ausgebrochen und war gestern noch nicht unter Kontrolle. Ähnlich wie wir es in der vergangene Woche in Griechenland sahen, sind es auch hier starke Winde, die für eine rasante Ausbreitung der Feuer sorgen. Diese wird man wahrscheinlich erst unter Kontrolle bekommen, wenn der Wind nachlässt.

Im Zusammenhang mit den Bränden wurden in Izmir und Bolu insgesamt sechs Personen festgenommen, die verdächtigt werden, einige der Feuer absichtlich gelegt zu haben. Die Ermittlungen dazu dauern an.

Eine Ursache für die Waldbrände steht schon fest: ungewöhnlich hohe Temperaturen, die teilweise über 40 Grad lagen, haben die Wälder und Böden ausgetrocknet.

Waldbrände in Frankreich machen Evakuierungen nötig

Im Südwesten Frankreichs ähnelt die Situation jener in der Westtürkei: Hier loderten am Wochenende Waldbrände in der Nähe von Montpellier auf und gestern Abend kam es zu ersten Evakuierungen in der Ortschaft Frontignan. 600 Einsatzkräfte bekämpfen im Verbund mit 11 Löschflugzeugen und 2 Hubschraubern das Flammenmeer, das einen Pinienwald erfasst hat. Dieses Beispiel verdeutlicht einmal mehr, welcher Bedeutung den Löschflugzeugen zukommt. Diese sind mittlerweile oft veraltet und nicht in genügender Stückzahl vorhanden. Daher hat die EU-Kommission nun beschlossen, den Staaten unter die Arme zu greifen, und hat die Firma Canadian Commercial Corporation mit dem Bau von 12 amphibischen Löschflugzeugen beauftragt. Die Maschinen vom Typ CL 415 und auch der neue Typ CL 515 kosten mehr als 45 Millionen Euro pro Stück und können 6000 Liter Wasser fassen. Eine Flugstunde kostet mehr als 40.000 Euro. Das zeigt, wie teuer die Bekämpfung der Waldbrände ist, einmal von dem Schaden abgesehen, den sie anrichten.