Island: Neue Risse in Straße am 28.12.23

Bodenhebung am Gang ist hoch – Neue Risse in Straße entdeckt

Bereits gestern habe ich von einem ungewöhnlichen Sprung in der Bodenhebung berichtet gehabt, der von 2 Messungen angezeigt wurde und infrage gestellt, ob es sich um eine korrekte Messung handelte. Nun bestätigen weitere Messungen, das zwar die erste Messung mit der größten Bodenhebung gestern offenbar nicht korrekt war, aber dass die zweite Messung, die etwas niedriger ausfiel, wohl richtig war. Jedenfalls ginge die Messungen heute von diesem erhöhten Niveau weiter und dokumentierten eine kurzweilige Beschleunigung der Bodenhebung. Dadurch ist bereits jetzt wieder fast das Bodenhebungsniveau wie vor der Gangbildung am 10. November und der Eruption am 18. Dezember erreicht. Tatsächlich wurden auch neue Risse im Grindavíkurvegi entdeckt. hierbei handelt es sich um die Hauptstraße nach Grindavik, die an der Blauen Lagune und Svartsengi vorbeiführt und die man durch die Lava der letzten Eruption bedroht sah. Es bildeten sich nicht nur neue Risse, sondern bereits vorhandene erweiterten sich. Die Straße muss zwar noch nicht gesperrt werden, dennoch beobachtet die Straßenwacht das Geschehen genau und wird ggf. eine Sperrung verhängen.

Für die Anwohnern von Grindavik sind das keine guten Nachrichten, denn die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Eruption in den nächsten Tagen/Wochen ist groß.

Einstweilen gibt es neue Analysen der Lava, die beim jüngsten Ausbruch gefördert wurde. Wie erwartet handelt es sich um Tholeiitbasalt, wie er für Eruptionen auf Reykjanes typisch ist, doch das Kristallwachstum der Mineralien in der Lava zeigt, dass sich die Schmelze längere Zeit in einem Magmenkörper befand bevor sie eruptiert wurde. insofern unterscheidet sich die Lava von jener, die bei den vorherigen Eruptionen am Fagradalsfjall ausbrach. Das zugrundeliegende Magma ist relativ schnell aufgestiegen und verweilte nur kurz in der Erdkruste.

Island: Wachsende Ausbruchsgefahr am 27.12.23

Bodenhebung steigt deutlich – Die Ausbruchsgefahr ist groß

Nach wenigen Updates zur Situation auf Reykjanes sind heute wohl wieder mehr IMO-Mitarbeiter nach Weihnachten zum Dienst erschienen und es wurde ein ordentliches Update herausgebracht. Die Geoforscher berichten von 730 schwachen Erdbeben, die sich seit dem 22. Dezember entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes ereigneten. Gestern waren es 160 und in der ersten Hälfte des heutigen Tages wurden gut 100 Beben detektiert. Die Bebentätigkeit bleibt unverändert hoch, auch wenn sie ein gutes Stück von den Spitzenwerten der Magmenintrusionen entfernt liegen. Nichtsdestotrotz steigt weiter Magma auf und lässt den Boden im Bereich von Svartsengi anschwellen. Die Messwerte heute Nacht waren recht besorgniserregend, denn es gab einen plötzlichen Sprung in der Bodenhebung. So schien der Boden um gut 5 cm angehoben zu sein, doch in der Folgemessung halbierte sich der Wert, so dass die Vermutung naheliegt, dass es sich um eine Fehlmessung handelte. Schaut man sich den Verlauf des Grafen an, so sieht man, dass er dem vor der letzten Eruption ähnelt. Auch da kam es zuerst zu einer Bodensenkung und dann zu einem vergleichbaren Sprung wie heute, mit dem Unterschied, dass der Punkt der zweiten Messung noch höher lag, und heute die zweite Messung tiefer. Da auch kein neues Schwarmbeben einsetzt, rechne ich nicht mit einer unmittelbar bevorstehenden Eruption. Allerdings muss man mittelfristig mit einem weiteren Ausbruch rechnen. Auch die IMO-Vulkanologen sehen eine wachsende Tendenz beim Ausbruchsrisiko und sagen, dass die Geschwindigkeit der Bodenhebung mit jener vor der Eruption vergleichbar ist.

Modellrechnungen deuten darauf hin, dass im Zuge der jüngsten Eruption etwa 11 Millionen Kubikmeter Magma den Magmenkörper unter Svartsengi verließen und in den magmatischen Gang gelangten, der sich am 18. Dezember bildete und in der bekannten Eruption endete. IMO gibt an, dass es, basierend auf der aktuellen Geschwindigkeit der Landhebung, etwa zwei Wochen dauern wird, bis sich das gleiche Volumen im Magmenkörper angesammelt haben wird. Allerdings besteht große Unsicherheit darüber, wann der Druck in der Magmakammer hoch genug sein wird, um eine neue Magmainjektion auszulösen.

Wenn ich den Verlauf des Bodenhebungsgraphen extrapoliere, komme ich allerdings auf einen anderen zeitlichen Verlauf, denn meiner Meinung nach hat man das gleiche Bodenhebungsniveau wie vor der Eruption spätestens Anfang nächster Woche erreicht. Aber es kann sein, dass die IMO-Wissenschaftler den plötzlichen Anstieg der Bodenhebung unmittelbar vor der Eruption mit hinzurechnen. Wie auch immer, es bleibt spannend auf Island.

Island: Erdbeben nicht nur auf Reykjanes

Weitere Erdbeben auf Reykjanes – Auch unter Vatnajökull bebte es

Datum 07.12.2023 | Zeit: 00:02:52 UTC | Lokation: 64.666 ; – 17.455| Tiefe: 2,2 km | Md 3,1

Heute Nacht gab es gut 90 Erschütterungen im Gebiet von Svartsengi und dem magmatischen Gang bei Grindavik und bis um 10 Uhr steigerte sich die Zahl auf 120. Im laufe des Nachmittags konnte man eine Intensivierung der Seismizität beobachten. Doch die stärksten Erschütterungen ereigneten sich gestern im Bereich des Vantajökull-Gletschers im Osten der Insel. Dort manifestierte sich ein Erdstoß Md 3,1 am Bardarbunga. Ein Beben Md 2,8 manifestierte sich am benachbarten Grimsvötn-Vulkan, der ebenfalls unter dem größten Gletscher Europas liegt. Grimsvötn ist statistisch gesehen mit einer Eruption überfällig, und vor 3 Jahren gab es eine länger anhaltende Episode mit Bodenhebungen. Es wurde über einen neuen Vulkanausbruch spekuliert, der aber bis jetzt ausbliebt. Das Beben am Bardarbunga ist wohl nicht als Anzeichen eines sich zusammenbrauenden Ausbruchs zu interpretieren, selbst wenn es von Magmenaufstieg zeugen sollte. Der Vulkan brach zuletzt 2014 aus und die Aufheizungsphasen des großen Calderavulkans werden wenigstens in Dekaden gerechnet. Während ein mittelfristiger Vulkanausbruch im Bereich des großen Gletschers eher unwahrscheinlich ist, sieht es mit der Reykjanes-Halbinsel anders aus. Auch wenn die seismische Aktivität momentan unspektakulär zu sein scheint, zeugt sie von einem anhaltenden Magmenaufstieg in einem Magmenkörper, der sich in 4-5 km Tiefe unter Svartsengi befindet. Theoretisch kann es jederzeit zu einem Vulkanausbruch kommen. Die Vorwarnzeit könnte extrem kurz sein.

Gestern gab es eine Sitzung der Stadtverwaltung in Grindavik, und man beratschlagte über die Reparaturarbeiten, die bereits begonnen haben. Es gibt Überlegungen, einige Schäden nicht zu beheben und sie quasi als Mahnmal in Erinnerung an die Geschehnisse vom 10. November zu erhalten. Gleichzeitig könnten sie als Touristenattraktion dienen. Vor allem denkt man da wohl an Risse und Erdfälle, die man teilweise bereits verfüllt hat. Außerdem hat man bereits begonnen, beschädigte Leitungen auszutauschen. Wenn man bedenkt, dass auf Island nur knapp 330.000 Menschen leben, ist es erstaunlich, über wieviel Manpower man verfügt! Wenn ich drandenke, dass ich bereits fast ein Jahr auf einen Glasfaseranschluss der Telekom warte, und das, wo das Kabel gerade einmal 120 m entfernt liegt. Armes Deutschland! Man darf gespannt sein, wie viele Jahrzehnte ins Land gehen, bis bei uns die energetische Transformation vollendet ist.

Bis zum Spätnachmittag gab es heute noch keine Aktualisierung der GPS-Messwerte zur Bodenhebung. Ich reiche sie so schnell wie möglich nach.

Übrigens, ich bin dabei meine Seite Streaming-Planet etwas auszubauen und habe ein paar Länderinformationen zu Island zusammengestellt. Meine älteren Reisevideos über Island findet ihr hier.

Island mit Beschleunigung der Bodenhebung am 07.12.23

Wenigere Erdbeben am magmatischen Gang – Bodenhebung bei Svartsengi verstärkt sich

Entlang des magmatischen Gangs, der sich am 10. November auf der Reykjanes-Halbinsel bei Grindavik gebildet hatte, gab es in den letzten Stunden vergleichsweise wenige Erdbeben. Gestern wurden insgesamt 180 Erschütterungen detektiert. Abends schrieb IMO in einem Update, dass die neuesten geodätischen Modellierungsergebnisse darauf hindeuten, dass der Magmazufluss zum Gang wahrscheinlich aufgehört hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu diesem Zeitpunkt entlang des Deichs zu einem Ausbruch kommt, ist daher deutlich gesunken. Unter Svartsengi setzt sich jedoch die Ansammlung von Magma fort. Diese Einschätzung fußte darauf, dass nicht nur die Erdbebentätigkeit entlang des Gangs nachgelassen hatte, sondern dass auch die Bodenhebung an den meisten Stationen entlang des Gangs gestoppt hatte oder sehr gering war. Allerdings sieht man heute, dass es weitere Bodenhebungen in der Größenordnung von mehr als 1 cm am Tag bei den Sundhnukur-Kratern gibt, die ja als wahrscheinlichster Ausbruchsort entlang des Gangs gehandelt wurden.

Signifikant bleibt auch die Bodenhebung bei Svartsengi, wobei hiervon ein recht großes Areal betroffen ist, das sich bis nach Eldvörp im Westen ausdehnt, wo ebenfalls eine Bodenhebung von mehr als 1 cm detektiert wird. Das Gleiche gilt für die nördlich von Svartsengi gelegene Messstation NORV. Wie man sieht, hebt sich der Boden in einem großen Areal weiterhin an, wobei die Geschwindigkeit der Hebung fluktuiert, was man aber auch erwarten kann. Generell frage ich mich, ob das geodätische Modell richtig ist, was davon ausgeht, dass Schmelze von einem Sill in 4 km Tiefe unter Svartsengi in den Gang bei den Sundhnukur-Kratern fließt. Ich denke, dass die Bodenhebung von einer großräumige Magmenakkumulation verursacht werden könnte, die unterhalb des Sills liegt und sich im Osten bis an den Westrand vom Fagradalsfjall ausbreitet und im Westen bis hinter Eldvörp reicht. Alternativ kann man sich auch fragen, ob das Modell des Sills richtig ist oder ob es sich hierbei nicht um einen größeren Magmenkörper handelt. Da es abseits des Gangs nur wenige Erdbeben gibt und praktisch keine in größeren Tiefen, scheinen die Aufstiegswege frei zu sein. Sie bildeten sich wahrscheinlich bei den früheren Phasen mit Magmenaufstieg, die seit 2019 mehrmals vorkamen.

Sollte die Bodenhebung in diesem Tempo weitergehen, dann wird der kritische Punkt der Akkumulation, bei dessen Erreichen am 10. November der Gang entstand, nicht erst Ende nächster Woche erreicht werden, sondern bereits an diesem Wochenende. Geht man davon aus, dass die Strukturen im Untergrund noch vom letzten Ereignis geschwächt sind, könnte ein kritischer Schwellenwert des Drucks auch früher überschritten werden. Kurzum, wir könnten also wenige Tage vor einem neuen Event stehen, das sich möglicherweise in einer neuen Gangbildung oder in einer Eruption manifestiert. Es ist natürlich denkbar, dass alle Modelle falsch sind und erst einmal nichts passiert. Es bleibt also spannend und zuverlässige Prognosen lassen sich nicht stellen.

Übrigens verglichen die IMO-Wissenschaftler, die das gestrige Update schrieben, die aktuelle Situation einmal mehr mit den Geschehnissen an der Krafla im Jahr 1975.

Island: Blaue Lagune verlängert Schließung

Bodenhebung bei Svartsengi hält an – Blaue Lagune bleibt geschlossen

Eigentlich wurde das beliebte Thermalressort Blaue Lagune auf der Reykjanes-Halbinsel erst einmal bis zum 7. Dezember geschlossen. Nun wurde bekannt, dass man die Schließung um 2 weitere Tage verlängert, um dann die Situation neu zu bewerten. Man kann davon ausgehen, dass bei weiter anhaltender Bodenhebung im Bereich von Svartsengi, in dem nicht nur das Geothermalkraftwerk liegt, sondern auch die Blaue Lagune, das Thermalressort kaum wieder geöffnet werden kann. Zu groß ist der Unsicherheitsfaktor, ob es nicht doch zu einer Eruption kommen wird. Zwar halten es die meisten Geowissenschaftler für wahrscheinlich, dass sich eine potenzielle Eruptionsspalte gut 2 km östlich bei den Sundhnukur-Kratern öffnen wird, doch der eine oder andere Experte schloss es nicht aus, dass eine Eruption am westlich gelegenen Eldvörp beginnen könnte. So oder so, würde die Blaue Lagune in unmittelbarer Nähe eines Vulkanausbruchs liegen und das Restrisiko, dass Mitarbeiter und Gäste ausgesetzt wären, ist für einen entspannten Badeurlaub zu groß.
Neue Messwerte von heute Morgen zeigen, dass sich der Boden mit einer Rate von etwas weniger als 1 cm am Tag hebt. Bei gleichbleibender Hebegeschwindigkeit dürfe man Ende nächster Woche wieder den Wert an Bodenhebung erreicht haben, wie am 10. November als die Riftbildung einsetzte. Was dann geschieht -wenn überhaupt etwas geschieht- ist offen, aber vielfach wird angenommen, dass dann wieder ein kritischer Wert erreicht ist, an dem die Schmelze unter Svartsengi einen neuen Ausbruchsversuch unternehmen könnte.

Während die Bodendeformation weiterhin anhält, hat die Erdbebentätigkeit im Bereich des magmatischen Gangs abgenommen. Nachts gab es gut 50 Erdbeben. Gestern wurden über den Tag verteilt 220 Erschütterungen detektiert. Heute gibt es phasenweise gar keine Erdbeben, aber sowas kann eine normale Fluktuation sein oder eben Anzeichen nachlassender Aktivität.

Island: Weitere Bodenhebung detektiert – News vom 02.12.23

Bodenhebung beleibt hoch – Nulllinie bei Svartsengi erreicht

Die Erdbebentätigkeit am magmatischen Gang auf Reykjanes setzt sich fort. Zwischen Mitternacht und 6:00 Uhr morgens wurden laut IMO gut 90 Erschütterungen registriert. Gestern stellte man insgesamt 370 Beben fest. Das stärkste Erdbeben brachte es auf M 2,7 und lag 3 km nördlich von Grindavik. Da sich täglich zwischen 300 und 400 Beben manifestieren, lag die Erdbebenaktivität im durchschnittlichen Bereich.

Überdurchschnittlich hingegen war die Bodenhebung im Bereich Svartsengi und Sundhnúkar. Während gestern die Messwerte einen Rückgang der Aktivität anzeigten und allem Anschein nach Subsidenz angezeigt wurde, machten die Werte nachts einen regelrechten Sprung um 2 cm und erreichten heute Morgen die Nulllinie, von der aus die Bodenhebung Ende Oktober begann. Die gesamte Inflation seit Beginn der Phase beträgt 35 cm. Seit der Riftbildung am 10. November hob sich der Boden um 25 cm. Was den vermeintlichen Rücksetzer der Bodenhebung von gestern angeht, vermute ich einen Messfehler, genauso wie am Tag zuvor. Sehr wahrscheinlich blieb die Bodenhebung bei 1 cm pro Tag und liegt somit weiterhin auf hohem Niveau, auch wenn die Spitzenwerte noch höher lagen.

Nach wie vor stellt sich die Frage, ob der Sill unter Svartsengi während der Riftbildung leer lief und sich das Magma in den Gang ergoss, oder ob die Schmelze des Gangs aus größerer Tiefe von der Hauptmagmenquelle stammte? Sollte ersteres der Fall gewesen sein, dann hat man bei gleichbleibender Inflation noch knapp 2 Wochen Luft, bis wieder ein kritisches Bodenhebungsniveau erreicht ist, bei dem das Magma sehr wahrscheinlich einen neuen Ausbruch versuchen wird. Sollte das zweite Szenario stimmen, dann befindet sich unter Svartsengi bereits eine besorgniserregend große Magmenakkumulation und es kann jederzeit zu einem Vulkanausbruch kommen.

Leider sind die IMO-Wissenschaftler recht still geworden und veröffentlichen kaum noch Zahlen. Mich würde es interessieren, wie groß das Volumen der Magmenakkumulation unter Svartsengi nun ist.

Island: Bodenhebung bleibt hoch

Bodenhebung unter Svartsengi bleibt hoch – Gedankenmodell zur Intrusion

Während die Erdbebenanzahl gegenüber den Vortagen gering ist – es gibt minutenweise gar keine Bebentätigkeit mehr, obwohl man auf dem Seismogramm auch einige stärkere Erdbeben erkennt – kann man das von der Bodenhebung im Bereich Svartsengi-Eldvörp nicht behaupten. Dort hebt sich der Boden weiter rasend schnell und hat seit dem 10. November um 180 mm zugelegt. Man rechnet mit einem Magmenzufluss zwischen 50 und 70 Kubikmeter pro Sekunde.

So wie es aussieht, stammte das Magma der Dyke-Intrusion, die am 10. November stattfand, zumindest teilweise aus der Akkumulation unter Svartsengi. Das erklärt die starke Subsidenz von Svartsengi, die gleichzeitig mit der Dyke-Intrusion stattfand, obwohl das Areal von Svartsengi westlich des Rifts liegt. Die Frage ist nur, ob das Magma von Svartsengi in Richtung Osten ausbrechen wollte und dabei das Rift schuf, oder ob es unabhängig davon zu einer Riftbildung kam und das Magma dann die Lücke füllte. Da ich ja schon die ganze Zeit über vermute, dass der magmatische Hauptaufstiegsort aus der Tiefe unter Svartsengi liegt und die Schmelze dann diagonal nach Osten aufsteigt und für die drei Eruptionen am Fagradalsfjall verantwortlich war, favorisiere ich die erste Variante und kann mir folgendes Szenario vorstellen: Am 10. November wollte die Schmelze final aufsteigen, um am Fagradalsfjall zu eruptieren. Doch die Schwächezone, die das Magma bei früheren Ausbrüchen nahm, war durch vorherige Schmelzdurchgänge verfestigt, so dass der Druck nicht reichte, um durchzubrechen. Das Magma suchte sich dann den schwächsten Weg entlang einer bereits existierenden Schwächezone und der Gang intrudierte. Das ist aber nur ein Gedankenmodell ohne wissenschaftliche Belege. Die Realität könnte auch ganz anders aussehen!

Unabhängig von Gedankenmodellen sammelt sich aber weiter Schmelze im Sill unter Svartsengi an und der Zufluss ist bis zu 10 Mal höher als es vor dem 10. November war. Man kann daraus schließen, dass die Gefahr einer Eruption noch lange nicht vorbei ist. Es könnten sich weitere vertikal verlaufende Intrusionen bilden, oder die aktuelle wird remobilisiert. Allzu sicher sollte man sich in Grindavil noch nicht fühlen: Das Spielchen könnte sich über Wochen und Monate hinziehen.

Island: großflächige Bodenhebung am 20.11.23

Interferogramm bestätigt schnelle Bodenhebung unter Svartsengi – Nachlassen der Bebentätigkeit beobachtet

Heute wurden im Tagesverlauf deutlich weniger Erdbeben entlang des magmatischen Gangs registriert als es in den letzten Tagen der Fall war. IMO meldet nur ca. 700 Beben anstatt der gut 1500 Erschütterungen der letzten Tage. Auf den Diagrammen zur Bebenhäufigkeit ist das Ausdünnen der Bebenpunkte sehr anschaulich. Nachdem es zum ersten Mal zu einem deutlichen Rückgang der Seismizität gekommen war, das war am Samstag, hatte es noch geheißen, dass der erwartete Vulkanausbruch unmittelbar bevorsteht. Inzwischen ist man mit den Prognosen deutlich vorsichtiger geworden, dennoch hält man einen Ausbruch immer noch für sehr wahrscheinlich. Nur auf den Zeitrahmen mag man sich nicht mehr festlegen, obwohl das Nachlassen der Bebentätigkeit seit heute Nachmittag signifikant und auffällig ist. Nicht ausgeschlossen ist, dass der starke Wind aktuell die Registrierung der schwachen Erdbeben behindert, so dass es in Wirklichkeit mehr Beben gibt als dargestellt werden.

Tatsächlich ist die Bebentätigkeit entlang des Dykes am intensivsten, obwohl sich der Boden westlich des Mittelteils des Dykes am stärksten hebt. Das ist bei Svartsengi. Am Wochenende betrug die Bodenhebung 30 mm, was in einem neuen Interferogramm schön visualisiert wird. Was ich erstaunlich finde ist die Größe des betroffenen Areals! Hier müssen sich gewaltige Mengen von was auch immer ansammeln.

Da die Hebung praktisch unter Ausschluss von Erdbeben stattfindet, halten die Vulkanologen die kurzfristige Ausbruchswahrscheinlichkeit bei Svartsengi für relativ gering. Man sieht die Quelle der Bodenhebung in 4 bis 5 km Tiefe und keine Anzeichen dafür, dass Magma in flachere Gefilde vordringt. Sofern es sich tatsächlich um Gesteinsschmelze handelt und nicht um magmatische Fluide. Wäre auch echt blöd wenn es das Kraftwerk nebst Blaue Lagune verschlingen würde, insbesondere da man gerade Schutzwälle gegen die Lava errichtet, die aus Richtung des Gangs kommen soll.

Früher im Jahr detektierte man ebenfalls eine starke Bodenhebung im Bereich der Askja, und praktisch jeder Geowissenschaftler hätte darauf gewettet, dass wir dort den nächsten Ausbruch auf Island sehen, bis dann im Juli der dritte Ausbruch am Fagradalsfjall los ging. Inzwischen ist Askja aus dem Fokus des Interesses gerückt, nicht zuletzt, weil die Bodenhebung gegen Ende des Sommers praktisch stoppte, nachdem sich der Boden um 68 cm gehoben hatte. Das zeigt deutlich, wie unberechenbar die Vorgänge im Erdinneren sind, und selbst wenn sie sich nur ein paar Hundert Meter tief unter unseren Füßen abspielen, können wir immer noch nicht genau sagen, was vor sich geht, geschweige denn zuverlässige Prognosen abgeben. So bleibt es rätselhaft an den Vulkanen der Welt, und diese Unbestimmtheit ist ja auch ein Teil der Faszination geschuldet, die der Vulkanismus auf viele Menschen ausübt.

Übrigens wurde eine neue Gefahrenkarte herausgebracht, doch davon morgen früh mehr.

Island: Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigt

Erdbebenaktivität stabil – Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigte sich

Letzte Nacht manifestierten sich laut IMO 530 Erdbeben entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes. Das waren gut 60 Beben mehr als im vergleichbaren Zeitraum am Sonntag. Da es immer Fluktuationen in der Aktivität gibt, kann man sagen, dass die Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil ist. Auch die Bodenverformungen halten an und die Ausbruchswahrscheinlichkeit gilt weiterhin als hoch.

Am wahrscheinlichsten erscheint eine Eruption entlang des magmatischen Gangs zu sein. Aber auch jenseits der Dyke-Intrusion gibt es magmatische Aktivität im Untergrund. Zuletzt beschleunigte sich die Landhebung im Bereich des Geothermalkraftwerks Svartsengi wieder. Vor der Entstehung des Dykes befürchtete man, dass sich hier eine Eruption anbahnen könnte. Magma soll sich in flachen, linsenförmigen Schichten sammeln, die der Fachmann auf Neudeutsch Sills nennt. Diesbezüglich äußerte sich gestern Abend Vulkanologe Þorvald Þórðarson auf MBL, dass sich der Boden in dem Areal nun 5,5 Mal schneller hebt, als es noch von der Dyke-Intrusion der Fall war. Der Magmenzufluss sei etwa um den Faktor 10 größer geworden. Anfang November betrug der Zustrom 5–7 Kubikmeter pro Sekunde, jetzt seien es etwa 50 Kubikmeter. Das Magma bildet einen Sill in etwa 4,5 km Tiefe. Leider wurde in der letzten Zeit nicht kommuniziert, wieviel Schmelze man nun insgesamt im Untergrund des Systems vermutet, aber mir dünkt es, dass wir langsam auf Dimensionen zusteuern, wie man sie vor der Bardarbunga-Eruption in 2014 hatte. Der mehrmonatige Ausbruch brachte ca. 1,2 Kubikkilometer Lava hervor und schuf das größte Lavafeld, das auf Island seit der Laki-Eruption entstanden war.

Inzwischen gibt es wissenschaftliche Diskussionen, dass man den Vulkanismus auf Reykjanes neu bewerten muss. Insbesondere steht zur Diskussion, dass die fünf Spaltensysteme nicht als eigenständige Vulkansysteme betrachtet werden müssen, sondern dass sie untereinander verknüpft sein könnten. Die Verbindung könnte eine gemeinsame Magmenquelle in größerer Tiefe darstellen, die die Systeme mit Schmelze versorgt. Während vorangegangener Eruptionsphasen kam es häufig zu Eruptionen der verschiedenen Systeme. Auch jetzt sind ja bereits zwei unterschiedliche Spaltensysteme involviert, denn die drei Eruptionen beim Fagradalsfjall gehören zu einem anderen System als die aktuellen Geschehnisse bei Svartsengi. Der magmatische Gang verläuft überdies diagonal durch beide Systeme. Da stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, von unterschiedlichen Systemen zu sprechen?

für die Menschen vor Ort sind diese wissenschaftlich ambitionierten Gedankengänge von untergeordneter Wichtigkeit. Ob so oder so, die Gefahr einer Eruption bleibt bestehen. Die Grindavikings bangen weiter um ihre Existenzgrundlage. Heute dürfen wieder 120 Stadtbewohner zu ihren Häusern um Wertgegenstände zu bergen.