Grindavik: der langsame Niedergang einer isländischen Stadt

Sind die Schäden in Grindavik so groß, dass der Kampf vergebens scheint?

Grindavik war vor den jüngsten Eruptionen auf Island ein kleiner Fischerort, der nur eingefleischten Islandreisenden bekannt gewesen sein dürfte. Nun wird die Stadt immer mehr zum Synonym einer schleichenden Vulkankatastrophe, die, anders als in Pompeji, nicht über Nacht alles in Schutt und Asche legt, aber dafür unablässig an die Infrastruktur des Ortes nagt. Solange, bis wohl keine andere Wahl bleibt, als den Ort aufzugeben. Heute erschien in der Onlineausgabe des isländischen Senders RUV ein Artikel, der enthüllt, dass die Schäden durch den letzten Ausbruch vor einer Woche größer sind, als zunächst bekannt wurde. So wurde nicht nur die Warmwasserleitung gekappt, was sich auf den größten Teil der Reykjaneshalbinsel auswirkte, sondern auch die Trinkwasserversorgung von Grindavik. Zudem wurde ein wichtiges Stromkabel gekappt, das vom Geothermalkraftwerk Svartsengi nach Grindavik führt. Der RUV-Artikel enthüllt auch, dass viele Abwasserrohre der Kanalisation in Grindavik beschädigt sind. Bevor die Stadt wieder bezogen werden kann, wären umfangreiche Sanierungsmaßnahmen nötig.

In einem anderen Bericht von MBL heißt es, dass einer große Firme in Grindavik die 22 Angestellten offenbar dauerhaft beurlaubt hat und sie nun Arbeitslosengeld beziehen müssen. Der Chef der Firma verlangt von Seiten der Regierung Klarheit, wie es in Grindavik weitergehen soll. Auch andere Chefs von mehr als 100 Betrieben in Grindavik schließen sich dieser Forderung an.

Die Prognosen für die Region sind nicht gut. Es ist kein Ende der magmatischen Aktivität im Untergrund sichtbar. Im Gegenteil: In isländischen FB-Gruppen gibt es Berichte, nach denen kurz vor der letzten Eruption ein deutlicher Anstieg der Inflation festgestellt worden war, der bis jetzt nicht abgeflacht ist. Ich kann diesen Anstieg anhand der GPS-Messdaten allerdings nur bedingt nachvollziehen. Für mich sieht der Verlauf des Grafen ähnlich aus wie nach der Intrusion am 10. November. Die tägliche Hebungsrate liegt demnach bei etwas mehr als 10 mm pro Tag, und je weiter die Bodenerhebung fortschreitet, desto größer wird der Gegendruck im Fördersystem, so dass die Kurve langsam abflachen wird, bis es wahrscheinlich zu einer weiteren Eruption kommt. Sollten die Berichte in den FB-Gruppen stimmen, kann das aktuelle Pausenintervall kürzer ausfallen und es droht wieder eine Eruption mit erhöhtem Lavaausstoß. Ansonsten werden wir Vulkanspotter wohl noch 2 bis 4 Wochen auf den nächsten Vulkanausbruch warten müssen.

Übrigens, die GPS-Messstation GOHN (Fagradalsfjall) ist wieder online und deutet eine schwache Bodenhebung an.

Island: Eigentümer von Grindavik bekommen Entschädigung

Erdbeben und Bodenhebung gehen weiter – Regierung kauft Häuser

Heute sitze ich wieder am heimischen PC und kann in gewohnter Manier die Daten aus Island auswerten und sehe, dass auf der Reykjaneshalbinsel Bodenhebung und Erdbeben weitergehen. Die Erdbebentätigkeit ist weiter recht hoch, insbesondere wenn man bedenkt, dass der jüngste Ausbruch bereits für beendet erklärt wurde. Normalerweise würde man direkt nach einer Eruption erst einmal eine Phase mit Entspannung erwarten, doch die gibt es auf Reykjanes nicht. In den letzten 48 Stunden wurden von IMO 122 Erdbeben registriert. Sie manifestierten sich entlang des Svartsengi-Systems, aber auch am benachbarten Fagradalsfjall und im Krýsuvík-System. Die Daten der GPS-Messungen sind hier nicht ganz eindeutig. Während an einigen Stationen im Krýsuvík-System eine leichte Subsidenz angezeigt wird, deuten die letzten Messungen der Messstation am Kleifarvatn eine leichte Bodenhebung an. Deutlich stärker fällt sie da im Bereich von Svartsengi aus, wo sich der Boden im Schnitt mit 10 mm am Tag hebt. Besonders groß scheint die Hebungsrate gerade an der Station Eldvörp zu sein, wo der Graph besonders steil ansteigt. Ein Ende der magmatischen Prozesse ist hier nicht in Sicht, und die Isländer und besonders die Grindavikings müssen sich auf weitere Gangintrusionen und Vulkanausbrüche einstellen. Grindavik wird nicht so schnell zur Ruhe kommen und es ist nicht absehbar, was für Schäden dort noch entstehen werden und ob die Stadt jemals wieder bewohnbar werden wird.

Das haben nun wohl auch die führenden Politiker von Island eingesehen und haben nach zähem Ringen beschlossen, den Grundeigentümern in Grindavik ihre Immobilien abzukaufen, damit sie an anderer Stelle ein neues Leben beginnen können. Ihnen wird als Kaufpreis 95% der Summe angeboten, die man im Falle eines Totalschadens von der isländischen Naturkatastrophenversicherung bekäme. Dieses Angebot gilt insbesondere für die Eigentümer, deren Häuser bis jetzt noch bewohnbar sind. Die direkt Geschädigten werden von der Versicherung entschädigt. Dies wurde beschlossen, nachdem die Premierministerin Katrín Jakobsdóttir gestern Grindavik besuchte.

Eine gute Nachricht gibt es wenigstens für die Region von Reykjanes: Gestern füllten sich die Heißwassertanks wieder, nachdem man am Vortag die vom Lavastrom zerstörte Warmwasserleitung repariert hatte.

Island: Heißwasserversorgung läuft wieder

Heißwasserleitung und Straße repariert – Erdbebenaktivität hoch

Nach dem jüngsten Ausbruch am Donnerstag, bei dem eine Heißwasserleitung und eine Straße zerstört wurden, klotzen die Isländer richtig rein und haben die Heißwasserversorgung wiederhergestellt. Auch der unterbrochene Grindavikurvegur wurde wieder behelfsmäßig repariert, indem eine Piste über den noch heißen Lavastrom angelegt wurde, so dass die Unterbrechung der Straße bei der Kreuzung zur Blauen Lagune überbrückt wurde. Der erstarrte Lavastrom ist zwar oberflächlich abgekühlt, aber in seinen tieferen Schichten herrschen noch Temperaturen von bis zu 700 Grad. Die Straße dient in erster Linie als Arbeitsstraße, damit wichtige Materialien nach Grindavik und zum Geothermalkraftwerk transportiert werden können. Die Arbeiten dort gehen weiter und auch in Grindavik ist man immernoch dabei, die Häuser zu sichern.

Unterdessen hält die Erdbebentätigkeit an. In den letzten 48 Stunden gab es 163 Erschütterungen im Bereich der Reykjaneshalbinsel. Die Beben manifestierten sich nicht nur im Svartsengigebiet, sondern auch bei Krýsuvík und Bláfjallaskáli.

Die Bodenhebung setzte direkt nach der Eruption ein bzw. wurde in den GPS-Daten sichtbar. Man kann davon ausgehen, dass der Magmenzustrom aus der Tiefe erst gar nicht stoppte, sondern auch während der Eruption anhielt. Die Kurve verläuft recht steil und die Hebungsrate liegt bei gut 10 Millimeter am Tag. Damit ist sie schneller als kurz vor der Eruption, was ein Indiz dafür ist, dass jetzt der Gegendruck im oberen Speichersystem geringer ist als in den Tagen vor dem Ausbruch. Bei diesem wurden ca. 15 Millionen Kubikmeter dünnflüssiger Basaltschmelze ausgestoßen. Noch nie zuvor wurde in so kurzer Zeit ein größerer Schmelzfluss auf Island beobachtet. Die IMO-Wissenschaftler hatten berechnet, dass seit der Eruption vom 14. Januar ca. 9 Millionen Kubikmeter Lava in das obere Speichersystem aufgestiegen waren. Also wurde auch Magma gefördert, dass sich vorher angesammelt hatte.

Morgen geht es wieder nach Hause und ab Mittwoch wird Vnet wieder wie gewohnt aktualisiert. Bald kommt dann mein Reisebericht zu den Geschehnissen am Vesuv und der Campi Flegrei. So richtig begeistert bin ich hiervon nicht. Vor allem nervt der Verkehrsinfarkt und die touristischen Entwicklungen am Vesuv, die ich nur noch als Nepp bezeichnen kann!

Island: Eruption endete am 09.02.24

Vulkanausbruch auf Reykjanes wahrscheinlich vorbei – Keine sichtbare Aktivität mehr

Der jüngste Vulkanausbruch auf Island ist wahrscheinlich bereits wieder vorbei, denn seit gestern Abend gibt es keine sichtbare Aktivität mehr an der Eruptionsspalte. Wie schon die vorherigen Eruptionen handelte es sich auch diesmal um ein sehr kurzweiliges Ereignis, das aber einige Störungen mit sich brachte. Noch immer ist die Heißwasserversorung auf weiten Teilen des Halbinselgebietes unterbrochen und die Menschen sitzen ohne Heizungen in ihren frostigen Räumen, und Wasserleitungen drohen zu gefrieren und könnten platzen. Bei nächtlichen Temperaturen von minus 14 Grad nicht gerade angenehm! Am Freite gab es dann auch lange Schlangen vor Baumärkten, und fast jeder der Betroffenen versuchte elektrische Heizgeräte zu ergattern. Allerdings warnten die Stromversorger davor, dass die Stromnetze nicht für so eine Belastung ausgelegt seien. Bis jetzt habe ich aber noch nicht von einem kollabierten Stromnetz auf Island gelesen. Unterdessen gehen die Arbeiten an der provisorischen Heißwasserleitung weiter. Man hofft, sie heute in Betrieb nehmen zu können.
Die Eruption war zwar kurz, aber in den wenigen Stunden der Hauptphase wurden enorme Mengen Schmelze gefördert. Dies bewirkte, dass der Boden zwischen Svartsengi und Thorbjörn bis zu 10 cm absackte. Diese Subsidenz ist sowohl auf den GPS-Kurven sichtbar als auch auf einem neuen INSAR-Satellitenbild, das von IMO gestern Nachmittag veröffentlicht wurde. Damit bewegte sich die Eruption auf ähnlich intensivem Niveau wie der Ausbruch vom 18. Dezember. Die Eruption vom 14 Januar verursachte hingegen nur eine geringe Absackung des Bodens.

Was heißt das für die zukünftige Entwicklung des Geschehens auf Reykjanes? Vorausgesetzt, der Magmenaufstieg unter Svartsengi geht weiter, dann wird es sehr wahrscheinlich länger dauern, bis das Reservoire wieder so voll ist, bis es zur nächsten Eruption kommt. Ich gehe davon aus, dass wir den nächsten Ausbruch in ca. 6 bis 8 Wochen erleben werden, wobei es natürlich immer möglich ist, dass bisherige Muster durchbrochen werden und andere Mechanismen aktiviert werden, die uns mit unerwarteten Ereignissen konfrontieren können.

So, während ich diese Zeilen schrieb, klarte es etwas auf und ich kann den Vesuv von meiner Unterkunft bei Neapel wieder sehen. Der Regen hat auch nachgelassen und ich breche jetzt nach Herculaneum auf.

Island: Vulkanausbruch hat stark nachgelassen

Vulkanausbruch schwächelt – Heißwasserleitung zerstört

Der Vulkanausbruch auf Island, der erst heute Morgen gegen 6 Uhr UTC begonnen hat, verlor am frühen Abend bereits wieder ordentlich an Kraft. Aktuell sieht man auf den Livecams nur noch wenige Stellen entlang der gut 3 km langen Spalte, an der es Lavaspattering gibt. An diesen Stellen haben sich bereits kleine Wälle um die Förderschlote gebildet. So erfreulich die Nachricht der Abschwächung der Eruption für die Bewohner von Reykjanes auch sein mag: Völlig folgenlos blieb sie nicht, denn kurz bevor sich der Lavaausstoß signifikant abschwächte, erreichte der Lavastrom die Heißwasserleitung und zerstörte sie. Doch wenigstens war es den Arbeitern zuvor noch gelungen, eine ca. 600 Meter lange Behelfsleitung im Boden zu vergraben. Aktuell arbeitet man daran, diese an den Warmwasserkreislauf anzuschließen, was noch bis morgen dauern könnte. Solange haben viele Bewohner der Reykjaneshalbinsel kein Warmwasser, was gleichbedeutend mit dem Ausfall der Fernwärmeheizungen ist.

An diesem Beispiel kann man sehen, dass auch die Geothermie nicht ganz ohne Nachteil ist, denn wenn man in vulkanisch aktiven Gegenden lebt, muss man ständig mit dem Verlust der Anlagen rechnen. Zugegebenermaßen ist es jetzt Jahrzehnte gut gegangen, aber was sind schon ein paar Jahrzehnte auf der Zeitskala eines Vulkans?

Der Lavastrom legte nach der Zerstörung der Leitung noch ein paar zehner Meter zurück, bevor er 500 m nordnordöstlich der Blauen Lagune stoppte. Auf Satellitenbildern erkennt man, dass er gut 4,5 km lang ist und teilweise das Lavafeld der Eruption vom 18. Dezember querte. Bei diesem Lavastrom handelt es sich um den südwestlichen Arm des Stroms, der grob in westlicher Richtung von der Eruptionsspalte abging und sich bei der Erhebung Stóra-Skógfell in zwei Arme teilte. Der andere floss von der Erhebung aus in nordöstlicher Richtung weiter und legte dort gut 1200 m zurück. Es gab auch einen kurzen Lavastrom im Süden der Eruptionsspalte, aber dieser war nicht ganz so lang wie der Strom vom 18. Dezember.

Alles in allem war/ist es eine kurze aber heftige Ausbruchsepisode, deren bemerkenswertestes Merkmal die schnellfließende und sehr dünnflüssige Lava war, die Vulkanologen jetzt bestimmt so schnell wie möglich analysieren. Vielleicht ergeben sich ja neue Erkenntnisse über die Vorgänge im Untergrund, die uns möglicherweise noch eine Wiele beschäftigen werden.

Die Eruption ist zwar noch nicht ganz zu Ende, doch die Seismizität und der Tremor haben deutlich nachgelassen. Berücksichtigt man, wie kurzlebig auch die vorangegangen Ausbrüche in dem Areal waren, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich der Ausbruch wieder verstärken wird, obwohl man es nicht völlig ausschließen kann.

Das verlängerte Karnevalwochende widme ich den Vulkanen Campi Flegrei und Vesuv, wenn es der morgige Generalstreik in Italien denn zulässt!

Island: Lava fließt Richtung Geothermalkraftwerk

Lavastrom Auf Reykjanes schneller als zunächst gedacht – Blaue Lagune und Geothermalkraftwerk gefährdet

Der Vulkanausbruch auf Island ist voll im Gange und die Lava fließt sehr viel schneller, als man vor Ort heute Morgen angenommen hatte. Zunächst floss die Lava senkrecht zur Eruptionsspalte ab, die grob in Nord-Südrichtung verläuft, um dann ihre Richtung zu ändern. Inzwischen hat der Lavastrom die Hauptstraße Grindavíkurveg überquert und hält auf das Gebiet von Geothermalkraftwerk und Blauer Lagune zu. In weniger als drei Stunden könnte der Lavastrom die Heißwasserbohrungen und Leitungen erreichen, die Suðurnes (Großteil von Reykjanes mit Ausnahme der Hauptstadt) mit warmem Wasser versorgen. In weiten Teilen von Reykjanes könnte somit die Warmwasserversorgung gefährdet sein, und das mitten im Winter!

Víðir Reynisson, Direktor der Katastrophenschutzabteilung, gab gegenüber den isländischen Medien zu, dass man praktisch machtlos ist und nichts gegen die sich anbahnende Katastrophe unternehmen könne. Zwar gibt es Versuche, eine überirdisch verlaufende Warmwasserleitung noch schnell mit Erdreich zu bedecken, aber ob die verbleibende Zeit ausreicht, um die Leitung wirksam zu schützen, ist ungewiss. „Im Moment sieht es nicht gut aus, aber es wird alles getan, um einen Ernstfall zu verhindern,“ meinte Víðir Reynisson.

Der Direktor forderte die Menschen auf, Wasser zu sparen und kündigte an, dass industrielle Großverbrauche von der Wasserversorgung getrennt werden, damit wenigstens Privathäuser noch etwas geheizt werden können. Sollte die Warmwasserleitung zerstört werden, kann es bis zu drei Tage dauern, bis die Warmwasserbereitung wiederhergestellt ist.

Doch ganz hoffnungslos ist die Lage nicht, denn wenn man sich die Livestreams anguckt, erkennt man, dass der Lavaausstoß an der Spalte bereits etwas nachgelassen hat. Mittlerweile beginnen erste Teile der Spalte inaktiv zu werden und es gibt Unterbrechungen in der langen Reihe der Lavafontänen. Doch ob die Aktivität schnell genug nachlässt, um die Wasserleitungen und das Bohrloch zu retten, ist eine andere Frage.

Island: Neuer Vulkanausbruch auf Reykjanes am 08.02.24

Neue Eruption auf Reykjanes hat begonnen – Vorwarnzeit war kurz

Heute morgen begann um kurz nach 6 Uhr UTC der erwartete Vulkanausbruch auf der isländischen Reykjaneshalbinsel. Nach einer kurzen seismischen Krise von ca. 30 Minuten Dauer, die sich bei Sýlingarfell manifestierte, öffnete sich eine gut 3 Kilometer lange Eruptionsspalte in dem Gebiet der Eruption vom 18. Dezember 2023. Die Spalte streicht grob in Nord-Südrichtung und verläuft von Sundhnúk im Süden bis zum östlichen Ende von Stóra-Scógfel. Die Lava strömt zu den Seiten von der Spalte fort, also in Ost-West-Richtung. Obwohl Lavafontänen entlang der Spalte aufsteigen, scheint die Förderrate geringer zu sein, als bei der Eruption vom 18. Dezember. Vielleicht hält sie im Gegenzug ja auch länger an!

Die Bodenhebung begann bereits gestern Abend wieder leicht anzusteigen, nachdem es in den 36 Stunden zuvor kaum noch Hebung gab. Ich spekulierte darüber, dass die Elastizitätsgrenze des Gesteins über dem Magmenkörper erreicht worden sein könnte und dass der Gegendruck im Fördersystem zu groß war, damit weiters Magma ungehindert aufsteigen konnte. Das könnte in der Tat der Fall gewesen sein. Jetzt heißt es die nächsten Messungen abzuwarten, um zu sehen, ob und um wieviel der Boden abgefallen ist.

Der Vulkanausbruch ist sehr schön über die verschiedenen Webcams auf den Erhöhungen um Grindavik zu sehen. Aktuell gibt es wohl keine unmittelbare Bedrohung für den Ort, da die Eruption wieder nördlich der Wasserscheide stattfinden dürfte. Sollte der Ausbruch mehrere Tage andauern, dann ist aber die Hauptstraße, die nach Grindavik hineinführt, gefährdet.

Das aktuelle Geschehen zeigt, wie schnell sich eine Eruption entwickeln kann und wie wenig Vorwarnzeit bleibt, um evtl. Evakuierungen durchzuführen. Ich denke da speziell an den Badebetrieb der Blauen Lagune, die nicht weit von der Spalte entfernt liegt. Die Verantwortlichen dort sind bis jetzt immer davon ausgegangen, dass ihnen mindestens 90 Minuten Vorwarnzeit zwischen Einsetzten der Schwarmbeben und dem Beginn der Eruption bleiben. Weit gefehlt!

Island: Von Erdbeben und Rissen

Weitere Erdbeben bei Svartsengi – Riss unter Sporthalle von Grindavik

Nachdem es gestern Abend bei Svartsengi seismisch recht ruhig war, lebte die Erdbebenaktivität gegen Mitternacht wieder auf und seitdem ist ein neuer Schwarm im Gange, der auch die Spalten bei Krýsuvík in Bewegung versetzt hat. Aktuell zeigt die Reykjanes-Erdbebenliste bei IMO 193 Erschütterungen für die letzten beiden Tage an. Die Erdbebenherde liegen in Tiefen, wie sie einerseits für Störungszonen typisch sind, andererseits aber auch für Intrusionen. Wahrscheinlich ist es immer noch das Magma, das Spannungen erzeugt und Störungszonen aktiviert. Einige Erdstöße gab es auch bei Bláfjallaskáli. Die Erdbebentätigkeit vor der Westküste scheint abgeflaut zu sein.

Die Bodenhebung, ja, die macht mir gerade ein paar Sorgen, nicht etwa, weil die Hebungskurve steil abgehen würde, sondern weil sie sich signifikant abgeflacht hat. Es wird zwar noch eine leichte Bodenhebung detektiert, doch das ist nichts im Vergleich zu vorher. Als Vulkan-o-Mane hoffe ich ja immer auf Eruptionen, natürlich im Gegensatz zu den Anwohnern des betroffenen Areals. Sorry dafür!

Nichtsdestotrotz haben sich ja bereits seit der letzten Eruption zwischen 9 und 13 Millionen Kubikmeter Magma im Untergrund angesammelt, und es könnte jederzeit zu einem Vulkanausbruch oder/und einer neuen Riftingepisode mit Dykeintrusion kommen.

Erst nach und nach werden die Folgen der vorangegangenen Episoden in ihrem ganzen Ausmaß klar. Gestern Abend machte ein MBL-Artikel die Runde, in dem es hieß, dass ein weiterer großer Riss entdeckt wurde: Er verbarg sich bis jetzt unsichtbar unter dem Kunstrasen in der Sporthalle von Grindavik, wo man ihn bei Aufräumarbeiten entdeckt hatte. Der Riss, den man draußen vor der Sporthalle schon gesehen hatte, ist bis zu 9 m tief und stellenweise mehr als einen Meter breit. Wäre jemand unbedacht über die Sportfläche gerannt, hätte er durch den Rasen in den Riss stürzen können. Dieses Beispiel macht klar, wie gefährlich die Situation in Grindavik ist: Auch unter normalen Hausböden könnten verdeckte Risse lauern, die irgendwann nachgeben und Menschen fressen.

Schaut man sich beim IMO die größere Shakemap an, dann erkennt man, dass es aktuell auch einige Beben im Bereich des Vatnajökulls gibt. Hier konzentrieren sich die Erschütterungen am Grimsvötn und Bardarbunga. Während bestimmt noch Jahrzehnte ins Land gehen werden, bis Bardarbunga wieder aufgeladen ist, könnte am Grimsvötn kurzfristig eine Eruption starten.

Island: Erdbeben unter Katla am 06.02.24

Erdbeben Mb 3,4 erschüttert Katla – Situation bei Svartsengi kritisch

Datum 04.02.2024 | Zeit: 04:17:16 UTC | Lokation: 63.628  ; -19.056  | Tiefe: 0,1 km | Mb 3,4

Heute Morgen bebte es unter dem subglazialen Vulkan Katla mit einer Magnitude von 3,4. Das Beben ereignet sich um 7:51 Uhr Ortszeit. Das Hypozentrum wurde in nur 100 m Tiefe ausgemacht. Solche Erschütterungen unter der Katla sind nicht alltäglich, kommen aber immer wieder vor. Ungewöhnlich war eher, dass es ein einzelnes Erdbeben war und keinen Erdbebenschwarm auslöste. Das liegt die Vermutung nahe, dass die Erschütterung im Zusammenhang mit Eisbewegungen auftrat, zumal das Hypozentrum sehr flach lag.

Die Erdbebenaktivität auf Reykjanes war gestern wie berichtet sehr hoch. Inzwischen ebbte sie ab, aber es gibt immer noch Erdbeben vor der Westküste der Halbinsel und entlang der Magmatischen Gänge bei Svartsengi. In den letzten 48 Stunden ereigneten sich mehr als 250 Beben.

Die Bodenhebung bei Svartsengi verlangsamte sich deutlich. Diesmal nicht nur an der Messstation SENG, sondern auch im gesamten Umfeld. Entweder hat der Magmenzustrom aus der Tiefe deutlich nachgelassen oder das Magma wird durch den Gegendruck im gefüllten Speichersystem ausgebremst.

Einem neuen IMO-Bericht zufolge, der gestern Abend veröffentlicht wurde, sollen sich im Speicherreservoire unter Svartsengi auf einmal zwischen 9 und 13 Millionen Kubikmeter Magma angesammelt haben. Letzte Woche war noch von 6 Millionen Kubikmeter die Rede. Diesen Wert hatte ich bereits damals für zu niedrig gehalten. Die Vulkanologen gehen nach wie vor davon aus, dass das System unter Druck steht und es bald zur Eruption kommen könnte.

Als Vorwarnsystem werden nun Bohrlöcher des Geothermalkraftwerks eingesetzt, in denen 40 bis 50 Minuten vor den letzten drei Ereignissen der aktuellen Hebungsphase der Gasdruck deutlich anstieg. Inzwischen gilt es als gesichert, dass dieser Druckanstieg als Frühwarnindikator einer bevorstehenden Intrusion angesehen kann, und es wurde ein System entwickelt, das die IMO-Wissenschaftler automatisch per E-Mail benachrichtigt, wenn es zu einem Druckanstieg kommt. So hat man neben der Seismik ein weiteres Instrument zur Kurzfristprognose eines bevorstehenden Vulkanausbruchs in der Hand.