Santorin: Deutlicher Rückgang der Erdbebentätigkeit

Seismizität hat deutlich nachgelassen – Seismologen wagen sich aus ihrer Deckung

Im Erdbebengebiet nordöstlich von Santorin lassen die frequenten Erschütterungen langsam nach und man kann inzwischen von einem signifikanten Rückgang der Seismizität sprechen. Dennoch wurden in den letzten 24 Stunden noch 25 Erschütterungen mit Magnituden zwischen 3,4 und 2,3 registriert. Obgleich die Tätigkeit wieder aufleben könnte und sich nach wie vor stärkere Erdbeben ereignen könnten, scheint sich die Situation erst einmal zu beruhigen. Sollte der Grund für die Erdbeben magmatisch gewesen sein und durch aufsteigendes und nicht seitlich abfließendes Magma verursacht worden sein, dann könnte es in den nächsten Monaten einen neuen Schwarm geben.

Die Seismologen des geophysikalischen Instituts wagen sich ein wenig aus der Deckung, in der sie sich medial zurückgezogen hatten, und veröffentlichten gestern eine Einschätzung der Situation. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass der Schwarm abklingt, was ja auch zu beobachten ist. Sie meinten in ihrem Statement, dass es keinen Hinweis auf einen bevorstehenden Vulkanausbruch gebe und dass auch der Kolumbos in den nächsten 10.000 Jahren nicht ausbrechen werde. Ich frage mich da, auf welcher wissenschaftlichen Basis dieses Expertenurteil fußt. In diesem Fall könne man den Vulkan ja gleich als erloschen erklären, obwohl in einer Studie nachgewiesen wurde, dass der Kolumbos über einen aktiven Magmenkörper verfügt. Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass diese Experten alles tun, um die Wogen für die anstehende Urlaubssaison zu glätten und die Bälle flachzuhalten.

In Bezug auf Santorin schreiben sie hingegen schon von Bodenverformungen. Die Seismologen nehmen Bezug auf horizontale Verschiebungen, bei denen sich der Nordteil der Insel um 8 Zentimeter verschoben haben soll und der Südteil um 4. Aus vulkanologischer Sicht wäre der horizontale Versatz erst einmal wichtiger zur Lagebeurteilung gewesen, aber vielleicht teilt man den uns ja noch mit.




Obwohl ich das Risiko für einen mittelfristig bevorstehenden Vulkanausbruch auf Santorin auch nicht als besonders hoch einschätze, würde ich mit der Buchung einer Santorinreise derzeit warten oder sie auf nächstes Jahr verschieben, zumindest wenn ich ruhige und sorgenfreie Ferien verbringen wollte.

Santorin: Weitere Erdbeben mit Magnituden 5,1

Zwei weitere Erdbeben mit Magnituden 5,1 erschütterten Santorin

Datum 18.02.25 | Zeit: 06:08:09 UTC | Koordinaten:  36.608 ; 25.618 | Tiefe: 8 km | Mw 5,1

Die Erdbebenkrise bei der griechischen Insel Santorin hält weiter an. Die Anzahl der Erdbeben variierte in den letzten 48 Stunden wenig, doch heute Morgen gab es wieder 2 stärkere Erdbeben mit einer Magnitude von 5,1. Sie manifestierten sich um 04:46:52 Uhr und um 06:08:09 Uhr UTC. Die Hypozentren beider Beben lagen in 8 Kilometern Tiefe. Die Epizentren lagen wieder in dem Offshore-Bereich nordöstlich von Santorin, wobei ein Beben westlich und das andere östlich der kleinen Insel Anydros lag. Generell erkennt man, dass es jeweils in dem Bereich der stärkeren Beben zu einer Clusterbildung kommt, mit einer Tendenz der weiteren Ostwärts-Verlagerung der Epizentren.

Während sich einzelne Forschergruppen in Bezug auf den Ursprung der Beben klar positionieren, mögen sich die federführenden Institutionen nicht festlegen und bleiben nach allen Seiten diplomatisch offen. In einem Bericht vom GFZ-Potsdam heißt es weiterhin, dass es sowohl magmatisch getriggerte Beben als auch rein tektonische Erschütterungen sein könnten. Auch eine Kombination von beiden Ursachen halten sie für möglich.




Einige Forscher formulieren aber auch ziemlich detaillierte Vorstellungen zu dem, was ihrer Meinung nach passiert ist. So habe ich Medienberichte gelesen, nach denen der griechische Forscher Athanasios Ganas (Geodynamischen Instituts Athen) meinte, dass der Magmenaufstieg unter Santorin begonnen hatte, dann Richtung Kolumbos migrierte und von dort weiter in das jetzt seismisch aktive Gebiet strömte. Grund zu der Annahme liefert die Bodenhebung von wenigen Zentimetern, die zwischen Herbst und Beginn der seismischen Krise im Calderabereich von Santorin gemessen wurde. Das ist eines der möglichen Szenarien, aber nicht unbedingt das Wahrscheinlichste.

Nach wie vor lassen sich über den weiteren Verlauf des Erdbebenschwarms keine verlässlichen Prognosen anstellen, höchstens Szenarien des denkbar Möglichen erstellen. Diese Szenarien beginnen dabei, dass nichts weiter passiert und die Erdbeben nach einer Weile aufhören. Es könnte aber auch eine erneute Verstärkung der Beben geben, bis hin zum Auftreten eines starken Erdbebens mit großem Zerstörungspotenzial, in dessen Folge auch ein Tsunami entstehen könnte. Ein Vulkanausbruch ist ebenfalls denkbar, der würde sich aber wahrscheinlich submarin abspielen. Auch in diesem Fall könnte ein Tsunami resultieren.

Santorin: Seismizität und Tourismus

Kreuzfahrtschiffe in der Caldera von Santorin. © Marc Szeglat

Erdbebentätigkeit auf Santorin rückläufig, dennoch einzelne Erdbeben im Viererbereich

Auf Santorin hat sich der Erdbebenschwarm weiter abgeschwächt und die Anzahl täglicher Erdbeben ist überschaubar geworden. Es sieht so aus, als hätte sich die magmatische Intrusion abgeschwächt, doch es gibt immer noch einen Magmazustrom, der Spannungen erzeugt und die Erdbeben in den Störungszonen anregt, wobei durchaus noch Erdbeben mit mittelstarken Magnituden im Viererbereich entstehen. Das stärkste Erdbeben der letzten 24 Stunden manifestierte sich gestern Abend und hatte eine Magnitude von 4,5. Heute Morgen bebte es mit M 4,0. Insgesamt wurden seit gestern 40 Erschütterungen mit Magnituden ab 2 registriert. Würden wir mit dieser Erdbebenstatistik am Anfang des Schwarms stehen, dann würde man aufgeregt von einem starken Erdbebenschwarm sprechen, so sieht es halt nach einer anhaltenden Abschwächung aus. Dennoch kann es jederzeit zu stärkeren Erdbeben kommen. Es ist auch möglich, dass sich der Erdbebenschwarm verstärkt oder nach einiger Zeit der Ruhe ein neues Schwarmbeben beginnt.

Bedeutung des Schwarmbebens für den Tourismus auf Santorin

Nun, da man weiß, dass tatsächlich so viel Schmelze im tieferen Untergrund steckt, wird man auf Santorin besonders wachsam belieben müssen und die Insel mit anderen Augen betrachten. Es macht einen Unterschied, ob man intellektuell weiß, dass der Vulkan irgendwann mal wieder ausbrechen könnte, oder ob man bestätigt hat, dass es in ein paar Kilometern Tiefe einen aktiven Magmenkörper gibt, von dem aus Magma in wenigen Tagen bis zur Erdoberfläche durchstoßen könnte.

Die Kommunalverwaltung und die Chefs der Tourismusbranche werden sich künftig wohl neue Konzepte überlegen müssen, wie man die Sicherheit garantieren will. Jetzt, im Winter, befanden sich vergleichsweise wenige Menschen auf Santorin und es gab schon einiges an Verunsicherung und Chaos auf der Insel. Was macht man, wenn im Sommer 3-mal so viele Menschen auf der Insel sind und auch die anderen Inseln der Ägäis gut besucht sind? Woher sollen die ganzen Fähren kommen, um Anwohner und Touristen im Notfall zu evakuieren? Was, wenn es bereits Ascheeruptionen gibt und Flugzeuge Santorin und die Nachbarinseln nicht mehr anfliegen können?




Kein Wunder, dass Hoteliers und Manager der Tourismusbranche versuchten, die Wissenschaftler zu beeinflussen und die Theorie unterstützten, dass die Erdbeben rein tektonischer Natur seien. Hier könnte man nach Beendigung des Schwarmbebens sagen, dass die Spannungen im Untergrund abgebaut seien und die Gefahr eines starken Erdbebens vorbei sei. Mit einem aktiven Magmenkörper im Untergrund bleibt die Gefahr eines Vulkanausbruchs über Jahre bestehen und steigt mit jeder Intrusion an. Wenn man hier das Sicherheitsbedürfnis unserer modernen Gesellschaft nicht klammheimlich zu Grabe trägt, dann dürfte bzw. müsste das das Ende des Massentourismus auf Santorin gewesen sein. Aber ich bin mir sicher, dass spätestens zum Sommer 2026 alles vergessen sein wird, sofern es vorher nicht zu weiteren Schwarmbeben kommt. Nimmt man andere Vulkanregionen zum Beispiel, dann ist aber damit zu rechnen, dass sich die Aufheizungsphase über mehrere Jahre hinzieht, bis es dann zum Ausbruch kommt. Das aktuelle Schwarmbeben manifestierte sich zwar offshore, ein Stück von der Küste Santorins entfernt, doch ich halte es für möglich, dass sich unter dem gesamten Areal in Tiefen von mehr als 10 Kilometern ein großer Magmenkörper befindet, der sich bis unter Santorin erstreckt.

Update: Kurz nach Veröffentlichung des Artikels gab es ein Beben Mw 5,0 in nur 7 Kilometern Tiefe.

Santorin: Magmatischer Einfluss bestätigt

Lavablick von Nea Kameni Richtung Thira auf Santorin. © Marc Szeglat

Erdbebenaktivität bei Santorin schwächt sich ab – Forscher bestätigen magmatischen Einfluss auf die Bebentätigkeit

In den letzten zwei Tagen kam es im Erdbebengebiet nordöstlich von Santorin zu einer weiteren Abschwächung des Schwarmbebens. Es werden zwar immer noch viele Erdbeben registriert, doch sowohl Anzahl als auch Stärke der Erschütterungen haben nachgelassen.

Das stärkste Erdbeben der letzten 48 Stunden manifestierte sich am 13. Februar und hatte eine Magnitude von 4,7. In dem Zeitraum wurden neun Beben im Viererbereich festgestellt. Heute gab es bislang drei Beben mit Magnituden zwischen 4,2 und 4,0. Die Hypozentren lagen in 14 und 12 Kilometern Tiefe.

Entwarnung kann aber noch nicht gegeben werden, denn die Aktivität bewegt sich noch auf hohem Niveau und könnte sich wieder verstärken. Zudem besteht weiterhin die Gefahr eines starken Erdbebens.

Interessanterweise hat sich gestern in der äthiopischen Awash-Region das stärkste Beben Mw 6,0 der Serie ereignet, obgleich die Aktivität seit Wochen rückläufig war. Da dort, wie auch bei Santorin, die Ursachen für die Beben ähnlich sind, könnte Vergleichbares auch bei Santorin passieren. Womit wir zum interessantesten Teil des heutigen Posts kommen.




Magmaintrusion verursacht Erdbeben

Nach Wochen der Unsicherheiten, Spekulationen und Kontroversen zum Ursprung der Beben bei Santorin bestätigte heute ein internationales Forscherteam, dass der Motor hinter der seismischen Aktivität nordöstlich von Santorin eine große Magmenintrusion ist.

Die griechische Seismologie-Professorin Evi Nomikou präsentierte auf ihrem FB-Profil ein Modell des Untergrunds, das in den letzten Tagen auf neuen Forschungsergebnissen basierend erstellt wurde. Demnach aktiviert ein größerer Magmenkörper, der unter die Horst- und Grabenstruktur des Meeresbodens intrudiert, zahlreiche kleinere Störungen zwischen den großen Störungszonen, die die tektonische Struktur an ihren Rändern dominieren. Dabei soll es bereits zu oberflächennahen Gangbildungen gekommen sein, die die kleineren Störungen mit Magma auffüllten und sie quasi kitteten.

Tatsächlich bestätigte die Seismologin, die am Institut für Geologie und Geoumwelt der Universität Athen forscht, dass es in den letzten Tagen bereits zu vulkanischen Tremorphasen kam, die bis zu 2 Stunden dauerten. Tremor wird durch oberflächennahen Magmabewegungen ausgelöst und gilt als Anzeichen eines bevorstehenden (oder bereits stattfindenden) Vulkanausbruchs.

Ich möchte darauf Hinweisen, dass es auch Tremorarten nicht vulkanischen Ursprungs gibt. So können Fluidbewegungen genauso Tremor verursachen, wie lang anhaltende tektonische Bewegungen an Störungszonen. Diese sind oft mit einem langsamen Abgleiten von Bergflanken verbunden, was zu Hangrutschungen führen kann. In diesem Fall würde ein Tsunami drohen.

Zur Zeit kreuzt das Forschungsschiff AEGAEO über dem Erdbebengebiet und sammelt neue Daten, die hoffentlich zu weiteren Erkenntnissen führen werden.

Was heißt das für Santorin?

Sollte es zu einem Vulkanausbruch im Erdbebengebiet kommen, wird er sich wahrscheinlich submarin abspielen. Meine langjährige Erfahrung in Punkto Vulkan- und Erdbebenbeobachtung sagt mir aber auch, dass Magma nicht immer an dem nahegelegensten Ort austreten muss. Der größte Teil der Magmaansammlung befindet sich in 5–10 Kilometern Tiefe und könnte vor bzw. während des finalen Aufstiegs seitlich migrieren und diagonal aufsteigen. Theoretisch wäre es möglich, dass es zu einer Eruption bei den Vulkanen Kolumbus oder Santorin kommt. Jedenfalls haben wir eine Bestätigung, dass die Region magmatisch weiterhin aktiv ist und sich ein Vulkanausbruch aufbauen könnte.

Santorin: Seismologe verlässt Sicherheitsrat

Vulkankrater auf Nea Kameni in der Santorin-Caldera. © Marc Szeglat

Erdbeben auf Santorin gehen weiter – Renommierter Seismologieprofessor verlässt Sicherheitsrat

Das Schwarmbeben vor Santorin setzt sich fort. Wie in den vergangenen Tagen wechseln sich ruhigere Phasen mit stärkeren Episoden ab. Während einer dieser intensiveren Phasen wurden mehrere Erdbeben im Vierer- und Fünfer-Bereich registriert. Das stärkste Beben erreichte in der vergangenen Nacht eine Magnitude von 5,1. Laut dem GFZ Potsdam ereignete es sich um 01:14:54 UTC in einer Tiefe von nur 6 Kilometern.

Ein Blick auf die Erdbebenlisten des GFZ zeigt, dass sich mittelstarke Erdbeben zunehmend in Richtung Oberfläche verlagern und mittlerweile bis in eine Tiefe von nur 4 Kilometern reichen. Die meisten Beben mit Magnituden im Viererbereich treten in 5 bis 7 Kilometern Tiefe auf – eine Tiefe, in dem sich häufig Magma ansammelt. Dennoch glauben viele griechische Seismologen weiterhin nicht an einen magmatischen Ursprung der Bebenserie.

Einer, der eine andere Meinung vertritt und mir damit indirekt den Rücken stärkt, ist der Seismologieprofessor Akis Tselentis. Er trat gestern aus Protest gegen die mutmaßliche Einflussnahme verschiedener Interessengruppen auf die Wissenschaftler aus dem Nationalen Seismologischen Sicherheitsrat aus.

Auf seiner Facebook-Seite schreibt Akis, dass eine umfassende Analyse der seismologischen Daten eine Wechselwirkung zwischen aufsteigendem Magma und tektonischen Verwerfungen zeigt. Die freigesetzte seismische Energie entspricht in Summe einem Erdbeben der Magnitude ML 6 (Richterskala). Entgegen politischer oder wirtschaftlicher Behauptungen bedeutet dies keineswegs eine Abschwächung der Aktivität. Nicht eine einzelne Verwerfung baut Spannungen ab, sondern ein gesamtes seismisches Volumen mit vielen kleineren Verwerfungen. Die Vielzahl an Erdbeben ist auf den zunehmenden Druck aufsteigenden Magmas zurückzuführen.

Wie ich hält Akis es für möglich, dass das Magma eine der größeren Störungszonen in der Region aktiviert, wodurch stärkere Erdbeben entstehen könnten.

Sollte sich der Schwarm und damit der Magmenaufstieg in den nächsten Tagen nicht signifikant abschwächen, halte ich einen – vermutlich submarinen – Vulkanausbruch für immer wahrscheinlicher. Tatsächlich wissen wir spätestens seit Island, das Magma aber auch schräg aufsteigen kann und so könnte es seinen Weg nach Santorin finden. Eine wissenschaftliche Bestätigung in Form einer unterseeischen Bodenhebung und evtl. Gasemissionen steht aber weiterhin aus. Bis diese vorliegt oder eben nicht nachgewiesen werden kann, ist das lediglich eine Hypothese. Grund zur Panik besteht nicht.




Die jüngste Sitzung des Sicherheitsrats ergab, dass der Katastrophenalarm auf Santorin vorerst bestehen bleibt und sogar auf  die Nachbarinsel Amorgos ausgedehnt wird. Schulen bleiben geschlossen, es gilt ein Versammlungsverbot für größere Gruppen, und Wege entlang von Klippen sollten aufgrund anhaltender Steinschlaggefahr gemieden werden. Zudem sind gefährliche Güter in Gebäuden zu sichern.

Für den Tourismus auf Santorin ist die Situation natürlich ein Gau, vor allem, weil man nicht weiß wie lange sie bestehen bleiben wird. Erste Kreuzfahrtschiffe haben ihren Besuch auf Santorin bereits abgesagt.

Santorin: Erdbeben Mw 5,3 am 10.02.25

Wasserverfärbungen Nea Kameni in der Santorin-Caldera (Archiv). © Marc Szeglat

Weitere Erdbeben bei Santorin – Stärkste Erschütterung Mw 5,3

Datum 10.02.25 | Zeit: 20:16:28 UTC | Koordinaten: 36.67, 25.7 | Tiefe: 8 km | Mw 5,3

Der Erdbebenschwarm nordwestlich von Santorin geht weiter. Die Aktivität fluktuiert zyklisch und alle 10 bis 12 Stunden kommt es zu einer Verstärkung der Aktivität, bei der nicht nur die Anzahl der Erdbeben zunimmt, sondern auch ihre Stärke. Während einer dieser Hochphasen ereignete sich gestern Abend um 20:16:28 UTC ein vergleichsweise starkes Erdbeben der Magnitude 5,3. Der Erdbebenherd lag in 8 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag nördlich der kleinen Insel Anydros und gefährlich nahe an der Amorgos-Störung, an der sich 1956 das Starkbeben Mw 7,2 ereignete. In den letzten Tagen verlagerte sich die Erdbebenaktivität weiter nach Nordwesten. Schaut man sich die Shakemap an, dann erkennt man, dass sich die meisten Beben nun nordöstlich von Anydros ereignen. Vor ein paar Tagen lag das Eiland noch im Zentrum des Bebenclusters und am Anfang des Schwarms lag der Schwerpunkt des Schwarms südwestlich der Insel. Tatsächlich verläuft die Migration der Beben nicht linear, sondern es gab mehrere Hin-und-her-Bewegungen entlang einer Linie, die an der Ostflanke des Unterwasservulkans beginnt.

Migration der Erdbeben entlang einer Linie

Das EMSC hat eine Animation der Epizentren-Verlagerung im Zeitverlauf gemacht, bei der man die oben beschriebene Migration sehr gut erkennen kann. Die Animation wurde von den Kollegen von „Volcanoes y Ciencia Hoy“ ausfindig gemacht. Schade, dass man versäumte, eine Reliefkarte des Meeresbodens unter die Animation zu legen. Dafür gibt es aber inzwischen eine tektonische Karte des Meeresbodens, auf der die Lage der Erdbeben eingezeichnet wurde. Sie zeigt, dass die Erdbebenmigration zwar parallel zur Hauptstörungsrichtung des Grabens verläuft, aber nur in seinem nordöstlichsten Verlauf mit der Santorin-Anafi-Störung übereinstimmt. Von den Erdbebenmarkierungen verdeckt ist eine kleinere tektonische Bruchlinie, die am Kolumbos beginnt und von der Erdbebenmigration leicht geschnitten wird.

Die Erdbeben könnten nun mit einer tektonisch bedingten Rissöffnung in Zusammenhang stehen oder aber von einem magmatischen Gang verursacht werden, der sich entlang von tektonischen Schwächezonen ausbreitet. Die eingangs erwähnten Verstärkungsintervalle deuten auf Letzteres hin und konnten u.a. bei der Ausbreitung der Intrusionen an den Vulkanen Bardarbunga und Fagradalsfjall, sowie im Vorfeld der La Palma-Eruption beobachtet werden.




Dass das Beben Mw 5,3 gestern Abend so nahe an der Amorgos-Störung lag, ist beunruhigend, denn es besteht die Gefahr, dass auch diese Störung aktiviert werden könnte. Wie erwähnt hat sie ein deutlich größeres Potenzial, starke Beben hervorzubringen, als die Störungen am Boden des Grabens.

Santorin: Noch ein Erdbeben Mw 5,0

Die Klippen von Santorin. © Marc Szeglat

Ein weiteres Beben Mw 5,0 erschütterte Erdbebenregion bei Santorin – Schulen bleiben geschlossen

Datum 09.02.25 | Zeit: 19:05:39 UTC | Koordinaten: 36.660 ; 25.607 | Tiefe: 15 km | Mw 5,0

Ein weiteres mittelstarkes Erdbeben der Magnitude Mw 5,0 manifestierte sich gestern Abend um 19:05 UTC im Erdbebengebiet nordöstlich von Santorin. Der Erdbebenherd soll in 41 Kilometern Tiefe gelegen haben. Das Beben war Auftakt zu einer erneuten Steigerung der Seismizität, nachdem es tagsüber nach einer leichten Entspannung der Situation aussah. Wie so oft gibt es von den verschiedenen Erdbebendiensten uneinheitliche Angaben zum Erdstoß. Die hier genannten Daten stammen vom GFZ Potsdam. Beim EMSC hat das Beben eine Magnitude von 5,2, wobei nicht klar ist, welche Magnituden-Skala verwendet wurde. Die Tiefe hier wird mit 15 Kilometern angegeben.




Im Laufe der Nacht ebbte der neuerliche Erdbebenschub wieder etwas ab, doch auch heute Morgen gab es weitere Erdstöße. Die Magnituden bewegten sich vornehmlich im Zweier- und Dreierbereich. Obwohl sich keine wissenschaftlichen Prognosen über den weiteren Verlauf des Erdbebenereignisses anstellen lassen, gewinne ich den Eindruck einer übergeordneten Abschwächung des seismischen Schwarms. Seine Ursache bleibt ungeklärt und die Fachwelt ist in zwei Lager gespalten. Während die meisten griechischen Seismologen eine rein tektonische Ursache hinter den Beben sehen und die Sequenz als mögliches Vorspiel für ein starkes Erdbeben interpretieren, sind es vor allem Geoforscher aus Deutschland, die einen magmatischen Trigger des Schwarmbebens für wahrscheinlich halten. Da es in der Fachwelt ein ungeschriebenes Gesetzt gibt, dass sich in Punkto Erdbeben und Vulkanausbrüchen immer nur das zuständige Observatorium gegenüber der Öffentlichkeit äußern soll, halten sich andere Forscher meistens mit ihrer Meinungsäußerung zurück.

Auf den ersten Blick scheint die Frage nach dem Auslöser der Erdbebenserie rein wissenschaftlicher Natur zu sein, doch bei genauerer Betrachtung macht es insbesondere für den Katastrophenschutz schon einen Unterschied, ob man mit einem starken Erdbeben oder mit einem (submarinen) Vulkanausbruch rechnen muss oder vielleicht sogar mit einer Kombination aus beiden, gepaart mit einem Tsunami. Doch je extremer die möglichen Folgen der Vorgänge werden, desto unwahrscheinlicher werden sie. Es bleibt natürlich die Frage, auf welche Eventualitäten man sich vorbereiten soll. Auf Santorin reagiert man u.a. mit dem Aufbau von Zeltunterkünften und Schulschließungen.

Die Kontroverse verdeutlicht einmal mehr, wie wenig die Prozesse im Detail verstanden sind, die letztendlich zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen führen. Trotz aller wissenschaftlichen Fortschritte sind insbesondere Erdbeben nicht vorhersagbar und Vulkanausbrüche lassen sich bestenfalls nur wenige Tage oder Stunden im Voraus prognostizieren. Mathematische Modelle, die uns eine konkrete Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Starkbebens bei Santorin geben könnten, gibt es nicht. Wir wissen de facto nicht, ob die Wahrscheinlichkeit für ein starkes Beben nun bei 0,1% oder 100% liegt. Genauso wenig weiß man, mit welcher Magnitude man rechnen muss.

Gibt es einen Zusammenhang von Erdbebenschwärmen in verschiedenen Vulkangebieten?

Unklar bleibt auch, ob es global betrachtet tatsächlich zu Zyklen erhöhter vulkanischer und seismischer Aktivität kommt oder ob vermeintliche Häufungen von Ereignissen reiner Zufall sind. In diesen Tagen werde ich oft angeschrieben, ob es einen Zusammenhang zwischen den Ereignissen in Griechenland (Santorin), Italien (Campi Flegrei) und Äthiopien (Awash) gibt. Rein wissenschaftlich betrachtet lassen sich keine direkten Zusammenhänge erklären. Indirekt sind die Erdbebensequenzen in diesen drei tektonisch aktiven Vulkanregionen über plattentektonische Prozesse gekoppelt.
Es gibt Thesen, nach denen Gezeitenkräfte, Sonnenaktivität und kosmische Hintergrundstrahlung die genannten irdischen Phänomene beeinflussen könnten. Diese Thesen sind bislang wissenschaftlich nicht schlüssig bewiesen und werden von den meisten Wissenschaftlern abgelehnt, da ihre Wirkungen (sofern überhaupt vorhanden) minimal wären. Letztendlich ist es dann eine Glaubensfrage, ob man sich solche außerirdischen Einflüsse auf irdische Gegebenheiten vorstellen möchte oder nicht. Den Weltuntergang werden sie wohl nicht auslösen.

Weiterführender Link: Erdbebenzyklen

Santorin: Weiteres Erdbeben Mw 5,0

Blick über die Caldera von Santorin. © Marc Szeglat

Erneutes Erdbeben Mw 5,0 im Erdbebengebiet nordöstlich von Santorin

Datum 08.02.25 | Zeit: 09:00:42 UTC | Koordinaten:   36.545 ; 25.597 | Tiefe: 8 km | Mw 5,0
Im nordöstlich von Santorin gelegenen Erdbebengebiet kommt die Erde bzw. der Meeresboden nicht zur Ruhe, denn er wird immer noch von zahlreichen Erdbeben erschüttert. Nachdem es nachts ruhiger geworden war und die Aktivität einen rückläufigen Trend aufwies, kam es morgens dann wieder zu einem stärkeren Erdbeben der Magnitude 5,0. Das Hypozentrum lag in nur 8 Kilometern Tiefe. Laut dem EMSC manifestierte sich der Erdstoß um 09:00:42 UTC bei den Koordinaten Geo-URI 36.545 ; 25.597. Damit lag das Beben ein wenig südlich des Hauptclusters und näher an dem submarinen Vulkan Kolumbos, den ich auf der Shakemap oben mit einem weiß gestrichelten Ellipsoid gekennzeichnet habe. Die eigentliche Kolumbo-Caldera kann man am südwestlichen Ende der Markierung erkennen. Das Ellipsoid schließt die gesamte Vulkankette ein, die in Richtung Nordosten verläuft und einige Bebenmarkierungen mit einschließt, die sich direkt unter der Vulkankette ereigneten.

Inzwischen gibt es von den verschiedenen geophysikalischen Instituten und organisationellen Webseiten Statements zu den Vorgängen im Erdbebengebiet und immer mehr Forscher und Beobachter vertreten die These, dass sich die Mehrzahl der Beben zwar an einer tektonischen Störungszone ereignet, aber dass der Aufstieg bzw. die Migration magmatischer Fluide die treibende Kraft hinter den Erdbeben ist. Sollte sich diese Hypothese bewahrheiten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Starkbeben mit einer Magnitude größer als 7 ereignen wird, geringer, als wenn es sich um ein rein tektonisches Bebenereignis handeln würde. Doch wenn sich die These überhaupt wissenschaftlich beweisen lassen sollte, dann erst, wenn man eindeutig eine Hebung des Meeresbodens nachweisen kann. Solange kann es natürlich nicht schaden, dass sich der Katastrophenschutz vor Ort auf ein Worst-Case-Szenario vorbereitet. Selbst im Falle eines bestätigten magmatischen Einflusses auf das Bebengeschehen lassen sich Starkbeben nicht ausschließen. Letztendlich besteht sogar ein gewisses Tsunamirisiko.

So ein Tsunami könnte durch eine plötzlich eintretende Fraktur des Meeresbodens verursacht werden, bei der es einen vertikalen Versatz um mehrere Meter gibt. Im Fall eine submarinen Vulkanausbruches könnte es zu einen Hangrutsch kommen. Die Erdbebenregion liegt in einer Host-und Grabenstruktur, die offenbar auch die Spreizungszone eines Rifts enthält. Tatsächlich eine sehr komplexe vulkanotektonische Situation, die viele Szenarien einschließt.

Santorin: Katastrophenfall ausgerufen

Katastrophenfall auf Santorin ausgerufen – Bodenhebung nachgewiesen

Nachdem sich innerhalb von 2 Wochen mehr als 8000 Erdbeben nordöstlich von Santorin manifestierten, hat das griechische Bürgerschutzministerium über Santorin den Katastrophenfall verhängt. Damit kann nicht nur das Militär zu Hilfe angefordert werden, sondern es können auch offizielle Evakuierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Das Militär könnte sich mit seinen Ressourcen an potenziellen Evakuierungen beteiligen und zudem zum Objektschutz der dann verwaisten Gebäude abkommandiert werden, um sie vor Plünderungen zu schützen. Zudem können unbürokratisch Gelder und schweres Gerät freigegeben werden.

Meiner Meinung nach kommt dieser Schritt ein wenig spät, denn gut zwei Drittel der Bevölkerung Santorins sind bereits geflogen. Außerdem scheint der Zenit der Bebenserie vorerst überschritten zu sein: Seit gestern sank die Zahl der stärkeren Erschütterungen im Viererbereich deutlich, obgleich immer noch sehr viele Beben festgestellt werden. Allerdings ist ein Schwarmbeben ein dynamischer Prozess, und solange keine Gewissheit über den Ursprung der Beben besteht, lassen sich nur Szenarien des denkbar Möglichen entwickeln, aber keine genauen Vorhersagen. Diese sind in Bezug auf Erdbeben, Vulkanausbrüche und andere Erdgewalten de facto bis heute nicht zu treffen. Meistens weiß man nur, dass etwas passieren könnte, aber nicht genau was und wann. In Bezug auf Erdbeben ist es noch um einiges schwerer als wenn es um Vulkanausbrüche geht: Besonders starke Erdbeben treten ohne erkennbare Vorzeichen auf und können in erdbebengefährdeten Gebieten jederzeit auftreten, auch ganz ohne Vorwarnung. Von daher muss man wohl mit dem latenten Risiko leben und Vorsorge treffen. Dazu gehören insbesondere eine erdbebensichere Bauweise und natürlich eine vernünftige Standortwahl dieser Gebäude.

Was die Herkunft der Beben angeht, kristallisiert sich nun auch von wissenschaftlicher Seite immer mehr heraus, dass sie magmatisch getriggert werden: Daten, die von den Sentinel-1-Satelliten und den GNSS-Netzwerken des Volcanic Monitoring Institute erhoben wurden, zeigen, dass es auf Santorin selbst zu einer leichten Bodenhebung kam. Zusammen mit den bereits mitgeteilten visuellen Beobachtungen, die Fischer an der Küste von Anydros machten, deutet das auf eine stärkere Bodenhebung im Erdbebengebiet am Meeresgrund hin. Infolge einer größeren Anhebung könnte es in deren Randbereich zur Hebung auf Santorin gekommen sein. Natürlich lässt sich auch nicht ausschließen, dass es unter der Insel selbst zu einer kleineren Magmaansammlung gekommen ist. Hier werden weitere Daten nötig sein, um ein differenzierteres Bild des Geschehens zu machen.

Eine Studie von 2022 entdeckte unter dem submarinen Vulkan Kolumbos, an dem es die ersten Beben des aktuellen Schwarms gegeben hatte, einen größeren Magmenkörper. Sollten Messungen feststellen, dass es hier eine Subsidenz gegeben hat, während es in Richtung Anydros eine Hebung gab, wäre das ein Indiz, dass Magma vom Kolumbos-System aus migrierte.