Island: Gefahr einer Eruption rückläufig

Bodenhebung auf Island deutlich verlangsamt – Eruptionsrisiko nimmt ab

Heute gab es entlang des magmatischen Gangs bei Grindavik gut 250 Erdbeben. Die meisten hatten geringe Magnituden und manifestierten sich in 3-6 km Tiefe. Auf den Grafiken zu den GPS-Messungen erkennt man, dass die Bodenhebung nun praktisch überall deutlich nachgelassen hat. Eine Ausnahme bildet die Messstation VMOS, die nordwestlich von Grindavik liegt. Dort hebt sich der Boden noch mit einer Rate von 6 mm pro Tag. Während der vertikale Versatz generell rückläufig ist, verzeichnen viele Stationen aber noch einen signifikanten Horizontalversatz.

In einem Interview auf MBL sagte Magnús Tumi Guðmundsson, Professor für Geophysik an der Universität Island, dass nun gut 90 % der Schmelze im Dyke erstarrt seien. Da der magmatische Gang im Schnitt nur 2 Meter breit sei, gehe das recht schnell, denn das umgebende Krustengestein ist deutlich kühler als die Schmelze, und aufgrund der großen Kontaktfläche des Gangs bei geringer Mächtigkeit wird die Schmelze praktisch abgeschreckt. Wobei man bedenken muss, dass sich die Schmelze zwar bis zur Solidustemeratur abgekühlt hat, aber noch lange nicht erkaltet ist. Die Solidustemperatur von Basaltmagma liegt bei etwas weniger als 1000 Grad Celsius. Man kann davon ausgehen, dass die Schmelze mit Temperaturen von etwas mehr als 1250 Grad in den Dyke eingedrungen ist und sich seitdem um ungefähr 300 Grad abgekühlt haben dürfte. Im Zentrum des Dykes gibt es aber immer noch Schmelze, die eruptiv austreten könnten, doch die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt stetig ab, obwohl immer noch ein Ausbruchsrisiko besteht.

Generell sieht es momentan so aus, als würde alles von Zustrom neuer Schmelze in den Sill unter Svartsengi abhängen. Da sie dieser seit gestern verringert, kann es gut sein, dass der Ausbruch erstmal ganz ausbleibt. Bis gestern sah es noch so aus, als würde der Sill Ende des Monats wieder soweit mit Magma gefüllt sein wie vor der Intrusion der Schmelze in den magmatischen Gang, wodurch das Eruptionsrisiko oder das Risiko einer neuen Gangbildung wieder sehr hoch gewesen wäre. Tatsächlich stellen diese Betrachtungen nur eine Momentaufnahme dar und die Situation kann sich von einer Sekunde zur anderen ändern.

Island: Schwarmbeben im Osten von Reykjanes

Schwarmbeben im Hengil-System – Spalten in Grindavik werden verfüllt

Heute Morgen gab es einen kleinen Erdbebenschwarm im Osten der Reykjaneshalbinsel. Es manifestierte sich in der Nähe eines weiteren Geothermalkraftwerks nahe Reykjavik, das auf den Namen Hellisheiði hört. Es liegt in einem Areal, das zum Spaltensystem Hengill gehört, das genaugenommen zwischen Reykjanes und Südisland liegt.

Darüber hinaus gab es weitere Erschütterungen im Bereich des magmatischen Gangs bei Grindavik. Wie IMO berichtet, gab es gestern rund 650 Erdbeben dort, was deutlich mehr ist, als man anhand der Erdbebentabelle auf der Website der isländischen Wetterbehörde hat ablesen können. Das Seismogramm, das ich in dem Bericht von gestern Abend veröffentlicht habe, deutete sowas an. Zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden wurden 300 weitere Erdbeben registriert. Gegenüber der Hochphase der seismischen Aktivität mag das wenig erscheinen, doch immer noch kann man von einer regen Erdbebentätigkeit sprechen, die in ruhigeren Zeiten bereits eine Meldung wert gewesen wäre. Die letzten GPS-Messungen wiesen auf anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi hin, die in den letzten Stunden aber etwas nachgelassen haben soll. Die Ausbruchsgefahr bleibt hoch, auch wenn sich das Risiko für eine Eruption im südlichen Bereich des magmatischen Gangs reduziert hat.

Im Gegensatz zu den Sizilianern am Ätna, die in der Literatur oft für fatalistisch gehalten werden, gibt man sich auf Island kampfbereit. Dort hat man bereits gestern angefangen, die großen Erdspalten, die sich am 10. November geöffnet hatten, mit Schotter zu verfüllen. Sicherlich mehr als nur eine Sicherheitsmaßnahme, um zu verhindern, dass neugierige Journalisten in die Spalten stürzen: Kaum wurde die Gefahrenstufe etwas reduziert, arbeitet man offensichtlich daran, den Bewohnern der Stadt eine Rückkehr in ihre Häuser zu ermöglichen. Ich finde es toll, da ich Grindavik als Ausgangsbasis zu Touren auf Reykjanes mag, doch aufgrund der anhaltenden Magmenakkumulation unter Svartsengi halte ich allzu viel Optimismus für verfrüht. Aber wie ich die Isländer einschätze, kehren die Anwohner auch nach Grindavik zurück, wenn sich weiter nördlich eine Eruptionsspalte öffnen sollte.

Island: Bodenhebung bleibt hoch

Bodenhebung unter Svartsengi bleibt hoch – Gedankenmodell zur Intrusion

Während die Erdbebenanzahl gegenüber den Vortagen gering ist – es gibt minutenweise gar keine Bebentätigkeit mehr, obwohl man auf dem Seismogramm auch einige stärkere Erdbeben erkennt – kann man das von der Bodenhebung im Bereich Svartsengi-Eldvörp nicht behaupten. Dort hebt sich der Boden weiter rasend schnell und hat seit dem 10. November um 180 mm zugelegt. Man rechnet mit einem Magmenzufluss zwischen 50 und 70 Kubikmeter pro Sekunde.

So wie es aussieht, stammte das Magma der Dyke-Intrusion, die am 10. November stattfand, zumindest teilweise aus der Akkumulation unter Svartsengi. Das erklärt die starke Subsidenz von Svartsengi, die gleichzeitig mit der Dyke-Intrusion stattfand, obwohl das Areal von Svartsengi westlich des Rifts liegt. Die Frage ist nur, ob das Magma von Svartsengi in Richtung Osten ausbrechen wollte und dabei das Rift schuf, oder ob es unabhängig davon zu einer Riftbildung kam und das Magma dann die Lücke füllte. Da ich ja schon die ganze Zeit über vermute, dass der magmatische Hauptaufstiegsort aus der Tiefe unter Svartsengi liegt und die Schmelze dann diagonal nach Osten aufsteigt und für die drei Eruptionen am Fagradalsfjall verantwortlich war, favorisiere ich die erste Variante und kann mir folgendes Szenario vorstellen: Am 10. November wollte die Schmelze final aufsteigen, um am Fagradalsfjall zu eruptieren. Doch die Schwächezone, die das Magma bei früheren Ausbrüchen nahm, war durch vorherige Schmelzdurchgänge verfestigt, so dass der Druck nicht reichte, um durchzubrechen. Das Magma suchte sich dann den schwächsten Weg entlang einer bereits existierenden Schwächezone und der Gang intrudierte. Das ist aber nur ein Gedankenmodell ohne wissenschaftliche Belege. Die Realität könnte auch ganz anders aussehen!

Unabhängig von Gedankenmodellen sammelt sich aber weiter Schmelze im Sill unter Svartsengi an und der Zufluss ist bis zu 10 Mal höher als es vor dem 10. November war. Man kann daraus schließen, dass die Gefahr einer Eruption noch lange nicht vorbei ist. Es könnten sich weitere vertikal verlaufende Intrusionen bilden, oder die aktuelle wird remobilisiert. Allzu sicher sollte man sich in Grindavil noch nicht fühlen: Das Spielchen könnte sich über Wochen und Monate hinziehen.

Island: deutlicher Rückgang der Seismizität am 23.11.2023

Signifikanter Rückgang der Erdbebentätigkeit – Warnstufe für Grindavik reduziert

Offenbar war es doch nicht nur der starke Wind, der in den letzten zwei Tagen die Aufzeichnung der Erdbeben behinderte, denn heute ist das Wetter besser und es wurden nur noch eine Handvoll Erdbeben entlang des magmatischen Gangs festgestellt. Die Bewegungen des Untergrunds haben sich deutlich abgeschwächt und es scheint kein neues Magma mehr in den Gang zu strömen. Die Schmelze ist dabei, sich zu verfestigen, und bewegt sich kaum noch. Das gilt insbesonders für den Südteil des Gangs, der unter Grindavik verläuft. Daher wurde bereits gestern Abend die Gefahrenkarte geändert und für heute kündigte man an, auch die Warnstufe in Grindavik von Notfallstufe auf die Gefahrenstufe zu reduzieren. In der Ankündigung heißt es, dass der nationale Polizeikommissar dies in Absprache mit dem Polizeichef in Suðurnes entschieden habe. Die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Ausbruchs innerhalb der Stadtgrenzen von Grindavík nimmt täglich ab und wird derzeit als gering eingeschätzt. Mit der Reduzierung der Warnstufe werden auch die Zugangsbeschränkungen für Grindavik gelockert. Die Bewohner dürfen wieder temporär in den Ort zurückkehren, um sich um ihre Wohnungen und Wertgegenstände zu kümmern. Einsatzkräfte sind im Ort unterwegs.

Zwar geht man nicht mehr von einem Vulkanausbruch im Stadtgebiet aus, hält einen Vulkanausbruch im Gebiet zwischen Hagafell und Sýlingarfell für möglich.

Die letzten GPS-Messungen gestern Abend bestätigten eine anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi. Kurzfristig hält man hier das Ausbruchsrisiko noch für gering, obwohl die Daten eine erhebliche Magmenakkumulation im Untergrund zeigen. Allerdings befindet sich der wachsende Magmenkörper in ca. 5 km Tiefe und vor einem Ausbruch rechnet man mit weiteren Warnsignalen wie starker Erdbebentätigkeit.

Wie es längerfristig auf der Reykjanes-Halbinsel weitergeht, lässt sich nicht prognostizieren. Die meisten Geowissenschaftler rechnen mit einer lang anhaltenden Phase erhöhter seismischer und vulkanischer Aktivität.

Island: Neues aus Grindavik am 22.11.23

Satellitenebild mit Graben, Erdbeben und Gefahrenzone. © Uni Reykjavik

Detektierte Seismizität weiterhin gering – Inflation verstärkt

Auch heute registrieren die Seismometer auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel vergleichsweise wenige Erdbeben. Wie IMO berichtet, wurden nachts nur 50 Erdbeben festgestellt. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der seismischen Krise. Die Geowissenschaftler gehen davon aus, dass aufgrund des starken Windes nicht alle schwachen Erdbeben registriert werden konnten. Doch ich denke, dass es tatsächlich einen Rückgang der Seismizität gegeben hat, denn den Wind hatten wir bereits gestern, und seitdem reduzierte sich die Anzahl der registrierten Erdbeben nochmals. Allerdings lässt sich nicht genau sagen, um wieviel schwächer die Aktivität geworden ist. Trotzdem dehnt sich der Untergrund bei Svartsengi immer weiter aus und der Magmenzufluss soll sich sogar noch verstärkt haben.

Auf der Seite Visir wurde ein Interview mit dem in den USA lebenden isländischen Vulkanologen Haraldur Sigurðsson veröffentlich, der meinte, dass sich das Magma im Dyke langsam verfestigt und die Magmenbewegungen abnehmen. Er sagt weiter, dass, wenn er in Grindavík leben würde, er noch vor Weihnachten nach Hause gehen würde. Na, wenn das nicht mal eine positive Aussage ist. Andere Vulkanologen sind nicht ganz so optimistisch und halten die Ausbruchsgefahr weiterhin für groß.

Selbst wenn es widererwartend nicht unmittelbar zu einem Vulkanausbruch kommen sollte, so ist die generelle Meinung der Geowissenschaftler, dass auf Reykjanes unruhige Zeiten bevorstehen. Man geht davon aus, dass wir erst den Anfang einer seismischen und vulkanischen Aktivitätsphase erleben. In den nächsten Jahrzehnten könnte man noch zahlreiche vergleichbare Episoden erleben, von denen einige in Eruptionen gipfeln werden.

Die Politiker Island bleiben indes nicht untätig und diskutieren darüber, wie man den Grindavikings am besten unterstützen kann. Wie immer stellt sich die Frage, wie schnell, unbürokratisch und nachhaltig politische Versprechen sind. Diskutiert werden soll in einer der nächsten Sitzungen auch, wie man der internationalen Presse besseren Zugang nach Grindavik geben kann. Zwar wurde in der Nähe von Reykjavik ein Pressezentrum eröffnet, doch noch immer sehen sich die meisten Journalisten und Fotografen ausgesperrt. Einer von ihnen ist unser Vereinsmitglied Carsten Peters, der vor Ort mächtig für Wirbel sorgte und seinem Unmut Luft gemacht hat. Auf seinem Drängen hin wurde wohl das Pressezentrum eröffnet.

Natürlich habe ich mir auch bereits die Frage gestellt, wie man im Falle einer Eruption Zugang zur Eruptionsstelle bekommen könnte und entsprechende Stellen angeschrieben. Außer eine kurze IMO-Notiz, dass man meine Anfrage weitergeleitet hätte, ist noch nichts gekommen. Auf der einen Seite kann ich das nachvollziehen, auf der anderen Seite sind Einschränkungen für die Presse immer skeptisch zu betrachten.

Grindavik am Abend des 21.11.23

Anzahl registrierter Erdbeben gering – Bodenhebung bleibt hoch

Hier noch ein kleines Update zu den heutigen Geschehnissen auf der isländischen Reykjaneshalbinsel: Die Anzahl der registrierten Erdbeben hat in den letzten 24 Stunden deutlich abgenommen, wobei IMO schreibt, dass der starke Sturm die Messungen beeinflusst. Die Vibrationen des Windes, der sich über den Boden überträgt, verschleieren die Signale der Mikrobeben, so dass hiervon die meisten im Rauschen des Windes untergehen. Im Tagesverlauf wurden nur 280 Erschütterungen detektiert. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 2.7 und manifestierte sich bei Sýlingafell. Was der starke Wind nicht beeinträchtigte, waren die GPS-Messungen, und die geben weiterhin Anlass zur Sorge, denn die Bodenhebung zwischen Svartsengi und Eldvörp ist weiterhin sehr hoch. Seit der letzten Messung addierten sich 2 mm. Man könnte auch sagen, der Boden geht hoch wie ein Hefeteig. Auch an den benachbarten Stationen hob sich der Boden, wobei sogar der Thorbjörn langsam wieder ins Positive dreht. Während die Bodenhebung am Fagradalsfjall stagniert, hebt sich der Boden an der Südküste weiter. Die Bodendeformationen sind insgesamt sehr hoch und es erstaunt, dass es noch nicht zur Eruption gekommen ist. Offenbar fehlt die eine oder andere Komponente für einen gelungenen Vulkanausbruch.

Obwohl es heute aus seismologischer Sicht ein ungünstiger Beobachtungstag ist, bette ich hier einen neuen LiveStream ein, der die Daten einer Erdbebenmessstation in Echtzeit überträgt.

Ansonsten gab es natürlich auch heute wieder Berichte über Grindavik in der lokalen Presse. In einem dieser Artikel kam Rafn Sigmarsson zu Wort. Der junge Mann ist ein Rettungshelfer des Þörbjörn-Teams in Grindavík. Seiner Meinung nach sind die Schäden in der Stadt weitaus geringer als viele Leute annehmen würden. Zwar sind viele Häuser in der Nähe des Hauptrisses zerstört bzw. stark beschädigt, doch je weiter die Häuser vom Riss entfernt liegen, desto geringer sind die Schäden. Die meisten Häuser hatten sogar keine sichtbaren Beschädigungen. Nach diesen Worten dürfte die Hoffnung vieler Bewohner der Stadt steigen, dass sie vielleicht doch nicht alles verlieren werden. Wenn denn der Vulkan still bleiben sollte.

Island: großflächige Bodenhebung am 20.11.23

Interferogramm bestätigt schnelle Bodenhebung unter Svartsengi – Nachlassen der Bebentätigkeit beobachtet

Heute wurden im Tagesverlauf deutlich weniger Erdbeben entlang des magmatischen Gangs registriert als es in den letzten Tagen der Fall war. IMO meldet nur ca. 700 Beben anstatt der gut 1500 Erschütterungen der letzten Tage. Auf den Diagrammen zur Bebenhäufigkeit ist das Ausdünnen der Bebenpunkte sehr anschaulich. Nachdem es zum ersten Mal zu einem deutlichen Rückgang der Seismizität gekommen war, das war am Samstag, hatte es noch geheißen, dass der erwartete Vulkanausbruch unmittelbar bevorsteht. Inzwischen ist man mit den Prognosen deutlich vorsichtiger geworden, dennoch hält man einen Ausbruch immer noch für sehr wahrscheinlich. Nur auf den Zeitrahmen mag man sich nicht mehr festlegen, obwohl das Nachlassen der Bebentätigkeit seit heute Nachmittag signifikant und auffällig ist. Nicht ausgeschlossen ist, dass der starke Wind aktuell die Registrierung der schwachen Erdbeben behindert, so dass es in Wirklichkeit mehr Beben gibt als dargestellt werden.

Tatsächlich ist die Bebentätigkeit entlang des Dykes am intensivsten, obwohl sich der Boden westlich des Mittelteils des Dykes am stärksten hebt. Das ist bei Svartsengi. Am Wochenende betrug die Bodenhebung 30 mm, was in einem neuen Interferogramm schön visualisiert wird. Was ich erstaunlich finde ist die Größe des betroffenen Areals! Hier müssen sich gewaltige Mengen von was auch immer ansammeln.

Da die Hebung praktisch unter Ausschluss von Erdbeben stattfindet, halten die Vulkanologen die kurzfristige Ausbruchswahrscheinlichkeit bei Svartsengi für relativ gering. Man sieht die Quelle der Bodenhebung in 4 bis 5 km Tiefe und keine Anzeichen dafür, dass Magma in flachere Gefilde vordringt. Sofern es sich tatsächlich um Gesteinsschmelze handelt und nicht um magmatische Fluide. Wäre auch echt blöd wenn es das Kraftwerk nebst Blaue Lagune verschlingen würde, insbesondere da man gerade Schutzwälle gegen die Lava errichtet, die aus Richtung des Gangs kommen soll.

Früher im Jahr detektierte man ebenfalls eine starke Bodenhebung im Bereich der Askja, und praktisch jeder Geowissenschaftler hätte darauf gewettet, dass wir dort den nächsten Ausbruch auf Island sehen, bis dann im Juli der dritte Ausbruch am Fagradalsfjall los ging. Inzwischen ist Askja aus dem Fokus des Interesses gerückt, nicht zuletzt, weil die Bodenhebung gegen Ende des Sommers praktisch stoppte, nachdem sich der Boden um 68 cm gehoben hatte. Das zeigt deutlich, wie unberechenbar die Vorgänge im Erdinneren sind, und selbst wenn sie sich nur ein paar Hundert Meter tief unter unseren Füßen abspielen, können wir immer noch nicht genau sagen, was vor sich geht, geschweige denn zuverlässige Prognosen abgeben. So bleibt es rätselhaft an den Vulkanen der Welt, und diese Unbestimmtheit ist ja auch ein Teil der Faszination geschuldet, die der Vulkanismus auf viele Menschen ausübt.

Übrigens wurde eine neue Gefahrenkarte herausgebracht, doch davon morgen früh mehr.

Island: Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigt

Erdbebenaktivität stabil – Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigte sich

Letzte Nacht manifestierten sich laut IMO 530 Erdbeben entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes. Das waren gut 60 Beben mehr als im vergleichbaren Zeitraum am Sonntag. Da es immer Fluktuationen in der Aktivität gibt, kann man sagen, dass die Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil ist. Auch die Bodenverformungen halten an und die Ausbruchswahrscheinlichkeit gilt weiterhin als hoch.

Am wahrscheinlichsten erscheint eine Eruption entlang des magmatischen Gangs zu sein. Aber auch jenseits der Dyke-Intrusion gibt es magmatische Aktivität im Untergrund. Zuletzt beschleunigte sich die Landhebung im Bereich des Geothermalkraftwerks Svartsengi wieder. Vor der Entstehung des Dykes befürchtete man, dass sich hier eine Eruption anbahnen könnte. Magma soll sich in flachen, linsenförmigen Schichten sammeln, die der Fachmann auf Neudeutsch Sills nennt. Diesbezüglich äußerte sich gestern Abend Vulkanologe Þorvald Þórðarson auf MBL, dass sich der Boden in dem Areal nun 5,5 Mal schneller hebt, als es noch von der Dyke-Intrusion der Fall war. Der Magmenzufluss sei etwa um den Faktor 10 größer geworden. Anfang November betrug der Zustrom 5–7 Kubikmeter pro Sekunde, jetzt seien es etwa 50 Kubikmeter. Das Magma bildet einen Sill in etwa 4,5 km Tiefe. Leider wurde in der letzten Zeit nicht kommuniziert, wieviel Schmelze man nun insgesamt im Untergrund des Systems vermutet, aber mir dünkt es, dass wir langsam auf Dimensionen zusteuern, wie man sie vor der Bardarbunga-Eruption in 2014 hatte. Der mehrmonatige Ausbruch brachte ca. 1,2 Kubikkilometer Lava hervor und schuf das größte Lavafeld, das auf Island seit der Laki-Eruption entstanden war.

Inzwischen gibt es wissenschaftliche Diskussionen, dass man den Vulkanismus auf Reykjanes neu bewerten muss. Insbesondere steht zur Diskussion, dass die fünf Spaltensysteme nicht als eigenständige Vulkansysteme betrachtet werden müssen, sondern dass sie untereinander verknüpft sein könnten. Die Verbindung könnte eine gemeinsame Magmenquelle in größerer Tiefe darstellen, die die Systeme mit Schmelze versorgt. Während vorangegangener Eruptionsphasen kam es häufig zu Eruptionen der verschiedenen Systeme. Auch jetzt sind ja bereits zwei unterschiedliche Spaltensysteme involviert, denn die drei Eruptionen beim Fagradalsfjall gehören zu einem anderen System als die aktuellen Geschehnisse bei Svartsengi. Der magmatische Gang verläuft überdies diagonal durch beide Systeme. Da stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, von unterschiedlichen Systemen zu sprechen?

für die Menschen vor Ort sind diese wissenschaftlich ambitionierten Gedankengänge von untergeordneter Wichtigkeit. Ob so oder so, die Gefahr einer Eruption bleibt bestehen. Die Grindavikings bangen weiter um ihre Existenzgrundlage. Heute dürfen wieder 120 Stadtbewohner zu ihren Häusern um Wertgegenstände zu bergen.

Island am 19.11.23: Weitere Erdbeben

Seismizität zog Nachts etwas an – Vulkanologen rechnen immer noch mit Vulkanausbruch

In der Nacht gab es etwa 370 schwache Erdstöße im Bereich des magmatischen Gangs auf Reykjanes bei Grindavik. Das sind zwar weniger als in der Nacht zuvor, doch im Vergleich zum Tagesverlauf zog die Erdbebentätigkeit abends wieder etwas an. Die IMO-Chefvulkanologin meinte gestern Nachmittag, dass die Seismizitätsabnahme bedeuten könnte, dass die Schmelze nahe der Oberfläche steht und innerhalb weniger Stunden ausbrechen könnte. Bis jetzt kam es allerdings zu keiner Eruption.

Das stärkste Erdbeben der Nacht manifestierte sich übrigens nicht am magmatischen Gang, sondern weiter östlich in Krýsuvík, was westlich von Kleifarvatn liegt. In dieser Region bildete sich ein zweiter Bebenspot aus. Noch im vergangenen Monat spekulierten Vulkanologen, dass es in dieser Region zur Eruption kommen könnte, da auch dort schwache Bodenhebung detektiert wurde und Fumarolen eines Thermalgebiets aktiver wurden.

Heute Morgen soll es wieder Anwohnern von Grindavik gestattet werden, zu ihren Häusern zurückzukehren, um dort ihre Sachen zu bergen. Man geht davon aus, dass die Stadt monatelang unbewohnbar bleiben wird, selbst wenn es nicht zu einem Vulkanausbruch kommen sollte. Die Erdbewegungen halten an, das Stadtgebiet sackt weiter ab und zumindest flach liegenden Arealen an der Küste droht die Überflutung. Neben dem drohenden Vulkanausbruch ist die Gefahr stärkerer Erdbeben groß. Da viele Häuser bereits geschädigt sind, könnten stärkere Erdbeben diese zum Einsturz bringen. Es ist völlig offen, was als Nächstes passieren wird. Es ist auch eine weitere Rifting-Episode denkbar.

In einigen Teilen des Grabens steigt der Boden durch die Magmenintrusion weiter an. Dies ist vor allem im Gebiet von Svartsengi der Fall. Seit der Grabenbildung hob sich der Boden um 12 cm. Rechnet man die Zeit vor der Grabenbildung hinzu, kam es zu einer Bodenhebung von gut 20 cm. Die Subsidenz durch die Grabenbildung belief sich in diesem Teil des Rifts auf gut 30 cm.

Im Bereich des Fagradalsfjalls stoppte die Bodenhebung, doch es kommt weiterhin zu einer seitlichen Verschiebung der Erdkruste. Das Geschehen der letzten Woche wird in einem neuen Interferogramm dargestellt. Dort, wo die Linien am dichtesten verlaufen, liegt das Rift, unter dem sich der magmatische Gang ausbreitet. Es bleibt eine Gretchenfrage, was zuerst da war: das Rift, oder der Gang? Soll heißen: bildete sich das Rift aufgrund tektonischer Prozesse und die entstehende Spalte wurde durch aufsteigendes Magma gefällt, oder stieg Magma auf und drückte die Erdkruste auseinander? Im ersten Fall ist das Ausbruchsrisiko geringer als im zweiten Fall, da man davon ausgehen kann, dass die Schmelze unter mehr Druck steht, als wenn sie nur die Lücke aufgefüllt hat.