Eruptionen an zwei nahe beieinander liegenden Eruptionsgebieten unterscheiden sich in Förderraten und Aufstiegswege
In den letzten Monaten und Jahren sahen wir an zwei unterschiedlichen Lokationen auf der isländischen Reykjaneshalbinsel insgesamt 7 Eruptionen. Die Vulkanausbrüche kamen nicht völlig überraschend, denn erstens waren Ausbrüche auf Reykjanes statistisch gesehen fällig, und zweitens gab es seit 2019 einen signifikanten Anstieg der Erdbebentätigkeit, die mit Bodendeformationen einherging. Nach einer Phase der Unsicherheit war klar, dass sich im Untergrund Magma ansammelte. Bald kam es zu vier Intrusionen Magmatischer Gänge, die sich im Bereich des Fagradalsfjall-Vulkans manifestierten. Am 19. März 2021 ereignete sich dann der erste Vulkanausbruch, der gut ein halbes Jahr andauerte. Es folgten zwei weitere Eruptionen im Bereich des Fagradalsfjalls, die sich im August 2022 und Juli 2023 ereigneten. Im Spätsommer 2023 setzte wieder Bodenhebung ein und man rechnete mit einer Eruption im gleichen Areal, doch kurz darauf verlagerte sich die Aktivität einige Kilometer weiter westwärts und im Bereich des Geothermalkraftwerks Svartsengi begann sich der Boden zu heben. Bereits im Januar 2020 hatte es hier eine erste Magmenintrusion gegeben. Jetzt folgten drei weitere. Die stärkste manifestierte sich am 10. November 2023 und ging einher mit der Bildung eines Grabens, der sich bis nach Grindavik hineinzog. Seitdem riss der Magmenzustrom aus der Tiefe nicht mehr ab und es ereigneten 3 kurzlebige Spalteneruptionen im Svartsengi-Vulkansystem nahe dem Sundhnúkur-Kraterfeld. Die jüngste Eruption am 8. Februar förderte überraschend viel Lava und es entstanden Schäden an der Infrastruktur.
Isländische Geoforscher haben nun die Dykeintrusionen und Eruptionen genauer untersucht und stießen dabei auf unterschiedliche Arten der Magmenspeicherung und des Aufstiegs der Schmelze, die für die Eruptionen der beiden Lokalitäten verantwortlich sind. Maßgeblich unterschieden sich die Ausbrüche in Dauer und Förderraten: Während die Vulkanausbrüche am Fagradalsfjall mindestens mehrere Wochen anhielten und überschaubare Mengen Lava förderten, hielten die eruptiven Hauptphasen der Eruptionen bei Svartsengi nur wenige Stunden an, kamen aber auf erheblich höhere Förderraten pro Sekunde.
Die Unterschiede zwischen den magmatischen Systemen unter Fagradalsfjall und dem Sundhnúkur-Kraterfeld zeigen sich in der Art und Weise, wie das Magma vor Ereignissen akkumuliert und sich innerhalb der Erdkruste bewegt. In Fagradalsfjall steigt das Magma aus Tiefen von 10-15 km auf und speist seitliche Dykeintrusionen in der oberen Erdkruste. Sie lagen in tiefen zwischen 1 und 6 km. Im Gegensatz dazu befindet sich das Magma in Svartsengi auf einem viel flacheren Niveau, und sammelt sich vor den Intrusionen in etwa 4-5 km Tiefe in einem größeren Magmenkörper, von dem man anfänglich annahm, es sei ein Sill. Woher das Magma genau stammt, ist noch spekulativ. Vom Chemismus her handelt es sich um einen MORB, wie er für Reykjanes typisch ist, und zumindest die Schmelze, die am Fagradalsfjall gefördert wurde, scheint ein Basalt zu sein, der entlang der divergenten Störungszone des Mittelatlantischen Rückens aufstieg. Doch die enormen Schmelzströme, die sich unter Svartsengi zusammenbrauten, könnten ihren Ursprung im isländischen Mantelplume haben.
Wie dem auch sei: Heute gab es wieder eine rege Bebentätigkeit auf Reykjanes und insbesondere im südlichen Endbereich der Risse des Sundhnúkur-Kraterfelds, die an Grindavik heranreichen. Innerhalb der nächsten Tage wird ein weiterer Vulkanausbruch erwartet.