Sommer in Kamtschatka

Reportage von Adrian Rohnfelder

Unsere, ich war zusammen mit Chris Weber unterwegs, drei Wochen dauernde Expedition in das angebliche sommerliche Kamtschatka im Juni/Juli 2013 war geprägt von extremen Wetterpech aber auch extremen Vulkanglück.

Neben ein wenig Kultur, Land und Leute – wir haben u.a. am An- und Abreisetag die Hauptstadt Petropavlovsk mit ihrem Spannungsfeld zwischen Moderne und altem Sowjet-Charme erkundet – standen einige der vielen aktiven Vulkane auf unserem Expeditionsplan.

Aber schon bei unserer Tour zu den beiden nahe Petropavlovsk gelegenen Vulkanen Avachinsky und Koryaksky zeigte sich, was der Kamtschatka Sommer für uns bereit gehalten hatte: traumhaftes Wetter bei An- und Abreise, dazwischen unterwegs im Gelände Regen, Wind und Kälte. Den Gipfel des 2.741 m hohen Avachinsky haben wir somit nur im dichten Nebel erlebt, den Gipfel des 3.456 m hohen Koryaksky gar nicht erklimmen können.

Auch bei der knapp 700 km langen Fahrt auf der einzigen, nur teilweise asphaltierten, Straße entlang des Kamtschatka Flusses in den Norden vorbei an den kleinen Ortschaften Mikova, Kosyrevsk und Kliuchi schien strahlend die Sonne. Unsere anschließenden Exkursionen am nördlichsten aktiven Vulkan, dem Shiveluch, fanden dann i.w. wieder bei bedecktem Himmel statt. Dies hat die dortige in 2005 durch einen pyroklastischen Strom völlig zerstörte Landschaft jedoch nur noch dramatischer erscheinen lassen, verstärkt auch noch durch die Gefahr spontaner Begegnungen mit den dort lebenden Bären.

Hier zeigte sich aber auch das bereits erwähnte Vulkanglück. Neben wunderschönen Abendstimmungen mit freien Blicken auf die Nachbarvulkane Kliuchevskoy (mit 4.750 m die höchste Erhebung in Kamtschatka) und Zimina war dies vor allem der nächtlich erlebte Ausbruch des Shiveluch mit anschließend glühendem Dom. Aber damit war dieser Vulkan mit uns noch nicht fertig, am folgenden Tag kurz vor unserer Abreise löste sich vor unseren Augen bei bestem Wetter noch ein mittlerer pyroklastischer Strom, unglaublich!

Mit Station in einer knuffigen Unterkunft (bei Masha) in Kosyrevsk starteten wir dann zu dem Hauptziel unserer Expedition, einem 9-tägigen Trekking zu dem Ende 2012 ausgebrochenen Vulkan Tolbachik. Zur Schonung unseres Budgets haben wir bei diesem Trip auf Träger und Koch verzichtet und sind nur zusammen mit unserem Guide Artyom und unseren knapp 30 kg schweren Rucksäcken losgezogen.

Aus Gewichtsgründen bestand unser Speiseplan dann auch i.w. aus täglichen 60 gr Fertignudeln, etwas Brot, ein paar Dosen Tunfisch, einigen Keksen und vielen Energieriegeln. Gebraucht haben wir insbesondere Letztere nicht nur aufgrund des nicht einfachen Geländes, sondern auch wegen der Angewohnheit von Artyom stringent den direkten Luftlinienweg von GPS Punkt zu GPS Punkt zu wählen.

Und natürlich wurden wir auch hier von schlechtem Wetter, wir befanden uns inmitten eines Zyklons, begleitet. Dies führte dazu, dass die geplanten Besteigungen der Vulkane Bezymianny und Plosky Tolbachik ausfallen mussten bzw. wir zwei komplette Tage in einfachen Hütten bei teilweise sommerlichen Temperaturen von plus einem Grad ausharren mussten. Außerdem war uns auch noch der Spaß vergönnt, einige Stunden durch einen Schneesturm mit teilweise tiefem Schnee und ordentlichen Windgeschwindigkeiten laufen zu dürfen.

Trotz schlechtem Wetter waren die meisten Flüsse jedoch ausgetrocknet – direkt vor unserem Trip hatte die Sonne zwei Wochen am Stück geschienen – so dass wir auf manchen Etappen vulkanaschigen Schnee zu Wasser schmelzen mussten, was unsere Gasvorräte zum Glück tapfer mitgemacht haben.

Aber auch hier wurden wir wieder mit unglaublichen Vulkanerlebnissen für unser Durchhaltevermögen belohnt. In unseren vier Tagen Zeltlager – mit Fußbodenheizung – am Tolbachik konnten wir mehrfach in den aktiven Krater mit seinem auf der Welt sehr seltenen Lavasee blicken. Der Anblick in das tosende Spektakel war einer der absoluten Höhepunkte der Tour, allerdings auch geprägt von der permanent lauernden Gefahr einer größeren Eruption – einmal ist tatsächlich eine Lavabombe nur fünf Meter neben uns gelandet.

Auch die beiden entdeckten Skyholes und der Blick in einen Lavatunnel waren in jeder Hinsicht eine heiße Angelegenheit. Nur die unglaubliche Abendstimmungen mit glühendem Himmel und leuchtenden Strombolianern konnten wir ganz entspannt genießen.

Dieser Ort, wie auch das gesamte Land, ist schon ein extremer Flecken Erde mit magischer Anziehungskraft.

Weitere Fotos und ausführliche Berichte findet Ihr hier auf adri.de.

Kliuchevskoi: Lavastrom

Die Eruption am Kliuchevskoi auf Kamtschatka geht weiter. Nachdem der Tremor vergangene Woche leicht rückläufig war, steigt er dieser Tage wieder an. Strombolianische Eruptionen mit leichtem Ascheausstoß und die Emission eines breiten Lavastromes halten unvermindert an.

Vulkane Kamtschatkas

Neben Tolbatschik, Shiveluch und Kizimen meldet sich nun ein weiterer Vulkan in Kamtschatka zu Wort: Innerhalb von 6 Stunden produzierte Karymsky 3 explosive Ascheeruptionen, die vom VAAC Tokyo per Satellit registriert wurden. Die Aschewolken stiegen mehrere Kilometer hoch auf und drifteten in östlicher Richtung über das Meer. In diesem Jahr war erst eine Eruption des daueraktiven Vulkans so groß, dass sie vom VAAC registriert wurde.

Shiveluch sorgte erst gestern für Schlagzeilen indem er 4 Eruptionen innerhalb von 24 Stunden hinlegte.

Kamtschatka: schweres Seebeben

Vor der Westküste Kamtschatkas gab es heute ein schweres Seebeben der Magnitude 8.2. Das Hyopzentrum lag in ca. 600 km Tiefe im Okhotskischen Meer. Aufgrund der enormen Tiefe gab es weder einen Tsunami, noch sind mit irgendwelchen Schäden zu rechnen. Allerdings waren die Erschütterungen selbst in Japan und China zu spüren. Das Beben stand nicht in direktem Zusammenhang mit den Schwarmbeben vor der Ostküste Kamtschatkas.

Der Bebenherd lag tief im Erdmantel, wo normalerweise keine Erdbeben stattfinden. Nur an wenigen Subduktionszonen taucht besonders alte -und damit kalte- Erdkruste in den Mantel ab, die in großen Tiefen noch fest genug ist um spröde brechen zu können und somit Erdbeben hervorzurufen. Ansonsten hat das Krustenmaterial Temperaturen die über 750 Grad liegen und das Gestein verhält sich dann plastisch. In diesem Fall ist es ein Stück alte „Pazifische Platte“ die unter die „Okhotskische Mikroplatte“ abtaucht. (Quelle: Professor Frederik Tilmann vom GFZ)

Kamtschatka: Schwarmbeben

Wenige Kilometer vor Kamtschatkas Hauptstadt Petropavlovsk-Kamtchatskiy ereignet sich eine Serie von Seebeben. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 6. Es liegen keine Berichte über Schäden vor. Die Tiefe des stärksten Beben lag bei 10 Kilometern. Es gab aber auch eine Reihe von Beben in 50 – 40 km Tiefe. Einige dieser Beben hatten eine Magnitude zwischen 5 und 6.

Auf Kamtschatka machte dieses Jahr der Tolbatschik von sich reden. Aktiv sind zudem Shiveluch und Kizimen. Erdbeben können Vulkanausbrüche auslösen, mal gespannt, ob die Bebenserie einen Einfluss auf die Aktivität der Vulkane hat.

Vulkane Kamtschatkas: Kizimen, Tolbatschik, Shiveluch

3 thermische Signale auf einem Bild. © MODVOLCAuf einem 3 Tage alten Satellitenfoto sieht man thermische Signale von gleich 3 aktiven Vulkanen Kamtschatkas. An den Domvulkanen Kizimen und Shiveluch scheint es zum Austreten kurzer Lavaströme im Gipfelbereich zu kommen. Immer noch recht groß ist die thermische Anomalie am Tolbatschik. Lavaströme treten nach wie vor aus einer Spalte aus, auch wenn sie nicht mehr ganz so weit fließen, wie vor 3 Wochen noch.

Kamtschatka: Tolbatschik ausgebrochen

Wie KVERT berichtet ist gestern den Vulkan Tolbatschik ausgebrochen. Dieser liegt auf der sibirischen Halbinsel Kamtschtka und war 1975 Schauplatz einer großen Spalteneruption. Der jetzige Vulkanausbruch scheint sich in der gleichen Gegend zu manifestieren. Augenzeugen berichten von Ascheexplosionen und Lavaströmen. Zudem wird die Intrusion eines Lavadoms in der Caldera von Plosky Tolbatschik vermutet. Schlechtes Wetter verhinderte bisher visuelle Bestätigungen hierüber. In der Nähe des Ortes Klyuchi lagerte sich bereits eine 4 cm mächtige Ascheschicht ab. Der Alarmstatus wurde auf „orange“ erhöht.

Kamtschatka: Kizimen eruptiert Aschewolke

Der Vulkan auf Kamtschatka eruptierte eine Aschewolke, die über 5 Kilometer hoch aufstieg. Der Kizimen ist schon seit einige Monaten aktiv. In seinem Krater wächst ein Lavadom und gelegentlich bilden sich kurze Lavaströme. Während der Kamtschatkareise der Geonauten Anfang September, sahen wir eine beständige Dampfwolke vom Kizemen aufsteigen.

Kamtschatka Bildbericht

Vom 24.08.2012 bis zum 15.09.2012 bereisten die Geonauten Florian, Martin und Marc Kamtschatka, das Land am anderen Ende Eurasiens. Die Halbinsel ist etwas größer als Deutschland und wird von nur 380.000 Menschen bewohnt. Zu Zeiten der UDSSR waren hier Radaranlagen, Raketenabschussanlagen und U-Bootbasen stationiert und Kamtschatka war für westliche Touristen gesperrt. Daher galt Kamtschatka lange Zeit als unentdecktes Land. Mit dem Ende des Kalten Krieges änderte sich das langsam und heute ist die Halbinsel Traumziel vieler Weltenbummler. Aus geologischer Sicht ist Kamtschatka ein Grenzland zwischen den Kontinenten: hier stoßen Eurasien und die Pazifische Platte aufeinander. Letztere taucht unter Kamtschatka ab. Im Erdmantel wird die Pazifische Kruste teilweise aufgeschmolzen. Ein Teil der Schmelze tritt an den Vulkanen Kamtschatkas wieder aus. So gesehen ist Kamtschatka das Krematorium von Hawaii, denn auch die Reste der vulkanischen Inselkette werden hier aufgeschmolzen.

Das Ziel der Geonauten war es die Vulkane Kamtschatkas zu erkunden. Besondere Aufmerksamkeit erhielten hierbei die Vulkane Kliuchevskoi, Bezymianny, Shiveluch und Mutnovsky. Die Feuerberge Tolbatschik und Gorely wurden ebenfalls besucht. Entgegen diverser Berichte der KVERT-Gruppe präsentierten sich die Feuerberge relativ ruhig. Am Dom des Shiveluch konnten wir nur 2 kleine Schlote mit Rotglut ausmachen, am Gorely glühte es aus einem Vent. Am Bezymianny dampfte der Dom und gelegentliches Rumpeln deutete auf Steinschläge hin. Der Vulkan Mutnovsky befindet sich seit Jahren in einem Zustand postvulkanischer Aktivität mit dampfenden Fumarolen und kochenden Schlammtöpfen. Das Besondere hier ist der Gletscher im Inneren der Caldera, die den Vulkan dominiert.

Am Fuße des Mutnovskys gibt es 2 Täler in denen sich kleine Gletscher befinden. Bäche haben Eishöhlen geschaffen die durchaus begehbar sind. Natürlich besteht ein vergleichsweise geringes Risiko, dass diese Höhlen einstürzen, dafür belohnen sie aber mit einem einmaligen Szenario aus Licht und Eis.