Ätna: Erdbebenaktivität nimmt im Juni zu

Strombolianische Eruptionen aus der Voragine gehen weiter – Erdbebenaktivität nimmt leicht zu

Der Ätna auf Sizilien erzeugt weiterhin milde strombolianische Eruptionen aus einem neuen Schlot, der sich vor einer Woche auf der Innenseite des Kraterhangs gebildet hatte. Der Schlot zeigte in den letzten Tagen eine interessante Evolution: Er begann zunächst als beindickes Rohr, erweiterte sich dann zu einem kleinen Riss mit 4 Öffnungen, die sich nun zu einem richtigen Schlot erweitert haben. Aus ihm werden glückende Lapilli und größere Brocken gefördert, die mehrere zehner Meter über den Kraterrand hinaus ausgeworfen werden. Dieser ist noch zugänglich und die Bergführer steigen mit ihren Touristengruppen hoch, um sich das Naturschauspiel aus nächster Nähe anzugucken.

Paradoxerweise hat die Tremoramplitude in den letzten Tagen wieder abgenommen und ist bis in den oberen grünen Bereich zurückgegangen. Eher ungewöhnlich für Phasen mit strombolianischer Tätigkeit. Leicht zugenommen hat hingegen die Seismizität und in den letzten Tagen gab es wieder mehrere schwache Erdbeben. Zu diesen Erdbeben gehört ein kleiner Erdbebenschwarm, der sich im Bereich der Ostflanke manifestierte. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 1,2 und lag in der Nähe vom Monte Centenari im Valle del Bove. Tatsächlich gab es im unteren Randbereich des Tals einen kleinen Erdrutsch am Monte Zoccolaro und der beliebte Wanderweg zum Aussichtspunkt am Rand des Valle del Bove mit Blick auf den Ätnagipfel musste gesperrt werden. Die Hitzewelle, die Sizilien fest im Griff hat, soll für den Erdrutsch zumindest mitverantwortlich sein.

Erdbeben gibt es aktuell auch an den beiden anderen sizilianischen Vulkanen Vulcano und Stromboli, die als aktiv eingestuft werden. Im Bereich von Vulcano wurden innerhalb von 10 Tagen 7 Erschütterungen detektiert. Neu hinzugekommen ist auch ein Beben unter dem Gipfelbereich von Stromboli. Dieses Beben hatte eine Magnitude von 1,5 und manifestierte sich in 2 Kilometern Tiefe. Gestern kam es zu einem kleineren Lavaüberlauf aus dem Nordteil des Kraters und die Tremoramplitude stieg bis in den roten Beriech. Mit einer weiteren Aktivitätszunahme ist zu rechnen.

Campi Flegrei: Evakuierungsübungen am 24. und 25. Juni

Evakuierungsübungen im Bereich der Caldera Campi Flegrei sollen starke Erdbeben simulieren

Die anhaltende bradyseismische Krise im Bereich des süditalienischen Calderavulkans Campi Flegrei veranlasst die Regionalregierung, in Zusammenarbeit mit dem Zivilschutz eine Notfallübung durchzuführen, an der diesmal auch die Bevölkerung beteiligt werden soll. Die Evakuierungsübungen sind für den 25. und 26. Juni 2024 angesetzt. Sie konzentrieren sich auf die Gemeinden Pozzuoli, Neapel und Bacoli und ziehen sogar Behörden in Rom mit ein.

Diese Übungen simulieren den Notfall für das schwerwiegendste Katastrophenszenario im Zusammenhang mit dem Bradyseismus, das durch Erdbebenschwärme und starke Erschütterungen gekennzeichnet ist. Rund 250 Bürger, die sich freiwillig gemeldet haben, nehmen an den Übungen teil, die verschiedene Notfallmaßnahmen umfassen, einschließlich der Einrichtung von Wartebereichen und Bevölkerungshilfezentren. Die Freiwilligen müssen dabei die verschiedenen Stationen durchlaufen, die ein heimatlos gewordener Flüchtling über sich ergehen lassen muss.

Die Übungen beginnen am 25. Juni mit der Aktivierung der städtischen und regionalen Einsatzzentralen sowie der Kriseneinheit des Einsatzkomitees in Rom. Wartebereiche werden in Neapel und Bacoli eingerichtet, wo Pavillons von ehrenamtlichen Mitarbeitern und der Polizei aufgestellt werden, um die Bevölkerung zu informieren.

Am 26. Juni werden die eigentlichen Evakuierungsübungen durchgeführt, bei denen mehrere starke Erdbeben mit zerstörerischer Wirkung simuliert werden. Die Bürger müssen bei Alarm ihre Häuser verlassen und sich in die nahegelegenen Wartebereiche begeben.

Weitere Übungen und Pläne

Im Oktober 2024 soll eine weitere Evakuierungsübung durchgeführt werden, bei der ein Vulkanausbruch simuliert wird. Hier üben die Einsatzkräfte und Bürger, wie man im Angesicht von Vulkangefahr richtig evakuiert. Es wird eine Partnerschaft mit anderen italienischen Regionen angestrebt, um strukturierte Aufnahmepläne zu entwickeln und regelmäßig zu aktualisieren. Die Vertriebenen werden bei ihrer Ankunft an den Zielorten von den jeweiligen Regionen betreut. Eine ähnliche Übung wurde zuletzt im Jahr 2019 durchgeführt. Ich frage mich, was wohl passiert, wenn Erdbeben und Vulkanausbruch zusammen auftreten?

Übrigens, am 19. Juni begann ein weiterer Erdbebenschwarm. Seitdem wurden die Campi Flegrei von mehr als 30 schwachen Beben erschüttert.

Vulcano: Erhöhte Erdbebentätigkeit im Juni

Weitere Erdbeben im Bereich von Vulcano

In den letzten Tagen gab es wieder einige schwache Erdbeben im Bereich der Liparischen Insel Vulcano. Wie man auf der Shakemap des INGVs einsehen kann, ereigneten sich 5 Erschütterungen. Das stärkste Beben brachte es auf Mb 1,2 und hatte ein Hypozentrum in 16 Kilometern Tiefe. Es könnte von aufsteigenden magmatischen Fluiden verursacht worden sein, die in die Erdkruste eingedrungen sind. Dieses Beben manifestierte sich vor der Ostküste von Vulcano. Westlich ereigneten sich 4 schwache Beben mit Magnituden zwischen 1,1 und 0,9. Drei der Beben hatten Erdbebenherde in weniger als 10 Kilometern Tiefe, die anderen beiden lagen darunter. Im Monatsbulletin für den Mai wurde darüber berichtet, dass die Seismizität generell etwas zugenommen hatte. Dieser Trend hält offenbar an. Unklar bleibt, wie es sich mit den zu Letzt deutlich gestiegenen Fumarolentemperaturen am Kraterrand verhält, denn ein Wochenbulletin gibt es immer noch nicht.

Ähnlich verhält es sich mit Informationen zum Ätna, den man an klaren Tagen vom Kraterrand auf Vulcano aus sehen kann. Hier setzte am Freitag letzter Woche eine schwache Aktivität an der Voragine ein, die aus Lavaspattering und schwachen strombolianischen Eruptionen besteht. Das INGV brachte nur eine kurze Notiz, in der die Aktivität bestätigt wird. Es geht aber nicht auf Details ein. Irgendwie scheint man dort schon im Urlaubsmodus zu sein oder leidet unter Personalmangel, um eine vernünftige Kommunikation aufrecht zu erhalten. Aber zum Glück gibt es ja die Bergführer, die den Krater regelmäßig besteigen und neue Aufnahmen des Geschehens mitbringen. Auf einem Video von gestern (das ich hier leider nicht einbetten kann) ist zu erkennen, dass sich die Eruptionsstelle weiter ausgedehnt hat und mehrere Stellen entlang eines kurzen Risses aktiv sind. Der Druck des Spatterings ist so stark, dass der Boden entlang des Risses zu Atmen scheint und sich auf und ab bewegt. Tremor und Seismizität sind relativ unauffällig.

Vom Ätna springe ich in meinem heutigen Update zu den Vulkanen Siziliens wieder zurück zu den Liparischen Inseln, wo sich neben dem Vulcano der aktivere Inselvulkan Stromboli befindet. Er ist weiterhin strombolianisch aktiv. Laut unseres Vereinsmitglieds Wolfgang Künker, der den Stromboli via Livecam beobachtete, entstand vor 2 Tagen vermutlich ein neuer Förderschlot im nordöstlichen Kratersektor, aus dem der Vulkan seine Eruptionen abfeuerte. Möglicherweise gab es diesen Schlot schon früher, trat aber in den letzten Wochen nicht eruptiv in Erscheinung. Das LGS bescheinigt dem Vulkan einen hohen Aktivitätsindex: Insbesondere die Anzahl von thermischen Durchgängen ist sehr hoch und lag gestern bei 604 Ereignissen. Einige der Explosionen erzeugten einen hohen akustischen Druck von mehr als 2 Bar. Die Anzahl der VLP-Erbeben war ebenfalls überdurchschnittlich hoch.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,4 am 18.06.24

Ein weiteres spürbares Beben erschüttert den Calderavulkan Campi Flegrei bei Pozzuoli

Datum: 18.06.2024 | Zeit: 01:58:24 UTC | Lokation: 40.828 ; 14.088 | Tiefe: 3 km | Md 3,4

Heute Nacht bebte die Erde des süditalienischen Calderavulkans Campi Flegrei erneut spürbar. Der Erdstoß hatte eine Magnitude von 3,4 und zählt somit zu den stärkeren Erdstößen der Region, die viel mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch die Bevölkerung reagiert besorgt, besonders, wenn sie von den Erdbeben wachgerüttelt werden. Der Erdstoß manifestierte sich um 03:58:24 Lokalzeit. Trotz nachtschlafender Zeit gingen bei den Erdbebendiensten Wahrnehmungsmeldungen ein. Sie stammten aus einem Umkreis von ca. 5 Kilometern um das Epizentrum, das kurz an der Küste im Westen des Golfs von Pozzuoli lokalisiert wurde und sich direkt südlich des Monte Nuovo befand. Das Hypozentrum lag in 2900 Metern Tiefe.

Das Beben manifestierte sich im Bereich einer bekannten Störungszone innerhalb der Caldera und könnte somit ein tektonisches Beben infolge des veränderten Spannungsfelds durch die Bodenhebung entstanden sein. Im letzten Bulletin hieß es noch, dass die Hebungsrate des Bodens bei 2 Zentimetern im Monat liegt. Heute sollte das neue Bulletin herauskommen und es wird spannend sein zu erfahren, ob die Hebungsrate konstant geblieben ist. Ich werde diesem Artikel hier dann ein Update verpassen.

Das Erdbeben löste diesmal keinen Erdbebenschwarm aus. Allerdings gab es zwei Tage zuvor ein kleines Schwarmbeben. Ansonsten bewegte sich die Seismizität der letzten Tage auf einem normalen Niveau mit weniger als 10 Erschütterungen pro Tag. Das „normal“ bezieht sich auf die seit 2005 anhaltende Bradyseismos-Phase. Ohne diese wären an einem normalen Vulkan auch 10 Erschütterungen am Tag auffällig, und man würde sich sorgen, dass der Feuerberg langsam erwachen könnte.

Inzwischen ist das erwartete INGV-Bulletin für den Beobachtungszeitraum 10. -16- Juni erschienen. es beinhaltet keine großartigen Überraschungen: In der vergangenen Woche wurden 43 Erdbeben detektiert. Der Boden hob sich weiterhin mit einer Geschwindigkeit von 2 Zentimetern pro Monat. Die Geochemie zeigte keine signifikanten Veränderungen und die Fumarolentemperatur von Pisciaralli blieb bei 95 Grad. Mit weiteren Erdbebenschwärmen und auch stärkeren Einzelbeben ist jeder Zeit zu rechnen. Es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass es im Bereich der Solfatara/ Pisciarelli zu phreatischen Eruptionen kommt.

Ätna: Anhaltende Aktivität aus der Voragine

Aktivität im Ätna-Hauptkrater hielt gestern an – Heute ist die Situation unklar

Der Ätna auf Sizilien setzte auch gestern Mittag seine strombolianische Aktivität aus dem neuen Schlot im Kraterrand der Voragine fort. Gasreiche strombolianische Eruptionen lockten Schaulustige in geführten Gruppen auf den Hauptkraterkomplex des sizilianischen Vulkans, von wo aus sie das Spektakel aus nächster Nähe beobachteten. Auch Videofilmer vom Local-Team befanden sich unter den Schaulustigen und sendeten einen kurzen Livestream vom Gipfel des höchsten Vulkans des geologischen Europas.

Die Aktivität zeichnete sich durch Phasen starker Entgasungen aus, die durch einen Rohrartigen Schlot in der inneren Kraterwand stattfanden und dabei glühende Tephra und ein wenig Vulkanasche mit sich rissen. Das Ganze glich eher einem pulsierenden Düsentriebwerk und weniger explosiven Eruptionen: Ein zu anfangs stotternder Gasjet, der seinen Ursprung in einiger Tiefe gefunden haben muss, stieß zuerst Asche aus, in der sich mehr und mehr größere Tephrabrocken mischen, bis nach einigen Sekunden nur noch glühende Tephra ausgestoßen wurde.

Ob die Aktivität heute Vormittag anhält, ist nicht ersichtlich. In den sozialen Medien sind mir bis jetzt keine weiteren Aufnahmen untergekommen, was auch daran liegen könnte, dass das Wetter nicht berauschend ist und von Dunst dominiert wird. Die Tätigkeit verursacht weder erhöhten Tremor noch andere seismische Signale, die sich in den öffentlich zugänglichen Daten widerspiegeln würden. Generell bleibt die Seismizität am Ätna ungewöhnlich niedrig, was auch für den Tremor gilt, der sich seit Tagen im oberen grünen Bereich bewegt. Ich weiß gar nicht, wann ich am Ätna zuletzt so einen niedrigen Tremor gesehen habe, der über längere Zeit anhielt. Hier scheint es einen Widerspruch zur Aktivität in der Voragine zu geben, der zeigt, dass glühendes Magma hoch im Fördersystem stehen muss und auch so viel Gas vorhanden ist, dass der Druck ausreicht, um ein wenig der Schmelze ans Tageslicht zu bringen. Vielleicht ist es ja die berühmte Ruhe vor dem Sturm, die wir gerade am Ätna erleben. Die Vulkanologen vom INGV äußerten sich bis jetzt nicht zu den Vorgängen. Offenbar sieht man in den Eruptionen keine größere Gefahr, da auch der Zugang zum Gipfel -der obligatorisch nur in geführten Gruppen erlaubt ist- noch offen ist.

Pompeji: Neue Entdeckungen sorgen für Aufsehen

Entdeckung eines blauen Zimmers und Graffitis aus Kinderhand bei Ausgrabungen in Pompeji

In den Ruinen des antiken Pompeji wurden zwei weitere Entdeckungen gemacht, die tiefe Einblicke in das Leben zur Römerzeit gewähren. Letzte Woche wurde ein neu ausgegrabener Raum vorgestellt, der zu einem Haus im Grabungsgebiet Insula 10 der Regio IX gehört. Das Besondere an diesem Raum ist, dass seine Wände ganz in Blau gehalten sind, eine Farbe, die als Wanddekor in Pompeji selten vorkam. Der Raum wird als Schrein angesehen, der für rituelle Zwecke benutzt wurde. Darstellungen weiblicher Figuren zieren die Wände und sollen die Jahreszeiten symbolisieren. Außerdem gibt es zwei Allegorien der Land- und Weidewirtschaft. Historisch und kulturell betrachtet, reflektiert dieser Schrein eine Zeit, in der die städtische Elite nostalgisch auf die Landwirtschaft zurückblickte, obwohl sie den direkten Kontakt zur agrarischen Welt verloren hatte, so die Interpretation der Archäologen in Pompeji.
An der Schwelle zum Schrein wurden zermahlene Austernschalen gefunden, die vermutlich einem Zementmörtel beigemischt wurden. Der Raum könnte also gerade frisch renoviert worden sein, als er vom Ausbruch des Vesuvs zerstört wurde.

Kohlezeichnungen aus Kinderhand in der Casa dei Casti Amanti

Nicht ganz so spektakulär, aber nicht weniger aufschlussreich sind Kohlezeichnungen, die im Haus „Casa dei Casti Amanti“ (Haus der keuschen Liebenden) entdeckt wurden. Bei der „Casa dei Casti Amanti“ handelt es sich um ein Gebäude, das bereits im Jahr 1912 ausgegraben wurde, an dem aber immer noch geforscht wird. So trug man erst vor 15 Jahren Teile des Bodens ab und förderte Skelette zutage. Unter ihnen befanden sich mehrere Esel, sowie die sterblichen Überreste eines Paars, das sich im Augenblick des Todes umklammerte.

Das Haus gehörte einem reichen Bäcker und die Esel, die im angrenzenden Stall entdeckt wurden, trieben Kornmühlen an.

Die neuen Forschungsarbeiten enthüllten Graffiti nebst dem Abdruck einer Kinderhand. So geht man davon aus, dass die Zeichnungen von einem etwa fünf Jahre alten Kind gefertigt wurden. Die Skizzen wurden mit einem Stück holzkohle angefertigt und stellen kämpfende Gladiatoren in der Arena dar. Man interpretiert die Zeichnungen so, dass bereits kleine Kinder die blutigen Kämpfe mitansehen durften. Die Kämpfe endeten oft mit dem Tod eines der Kontrahenten. Indizien für die Brutalität der Antike, die auch vor Kindern keinen Halt machte.

Pompeji wurde im Jahre 79 n. Chr. durch einen großen Ausbruch des Vulkans Vesuv zerstört und unter Asche begraben. Die Ablagerungen konservierten Die Stadt und erhielten zahlreiche Relikte für die Nachwelt. Meiner Meinung nach gehört Pompeji zu den archäologischen Stätten, die man wenigstens einmal im Leben besucht haben sollte.

Campi Flegrei: Starker Erdbebenschwarm am 08.06.24

Neuer Erdbebenschwarm rockt Calderavulkan Campi Flegrei – Stärkstes Beben Mb 3,7 sogar in Neapel zu spüren gewesen

Datum: 08.06.2024 | Zeit: 02:09:03 UTC | Lokation: 40.8313 ; 14.1517 | Tiefe: 2,6 km | Mb 3,7

Der Untergrund des süditalienischen Calderavulkans Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe: Heute Nacht begann ein weiteres starkes Schwarmbeben, das sich bis heute Morgen um 9:30 Uhr aus mehr als 100 Einzelbeben bestand. Doch nicht nur die schiere Anzahl der Beben besorgt, sondern auch die Magnituden einiger Beben, die wieder im Dreierbereich angesiedelt waren. Der stärkste Erdstoß der Serie brachte es auf Mb 3,7 und hatte einen Erdbebenherd in 2,6 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag neben der Via Pisciarelli, unweit der bekannten Fumarole. Im direkten Umfeld der Fumarole mit ihrem brodelnden Fangopool manifestierten sich 4 Beben mit Magnituden zwischen 2,1 und 3,5, die die folgenden Plätze im Magnitudenranking des Schwarms einnahmen.

Bei der Pisciarelli-Fumarole handelt es sich um die stärkste postvulkanische Erscheinung der Caldera. Sie liegt an der Nordostbasis des Solfatarakraters und direkt am Ortsrand der Stadtteile Pisciarell/Agano, die zur Gemeinde von Pozzuoli gehören. Ich halte es für durchaus möglich, dass sich hier phreatische Explosionen ereignen könnten. Im Extremfall könnten phreatische Explosionen auch Gesteinstrümmer bis auf die benachbarte Sportanlage und sogar darüber hinaus schleudern.

Die stärksten Erdstöße konnten von den Anwohnern der Caldera Campi Flegrei gespürt werden und rissen diese teilweise aus dem Schlaf. Obwohl sich die Erdbeben zu nachtschlafender Zeit ereigneten, liegen dem EMSC mehrere Wahrnehmungsmeldungen aus einem 10 Kilometer durchmessenden Umkreis vor. Der stärkste Erdstoß wurde sogar in der Hafengegend von Neapel wahrgenommen. In einigen Berichten heißt es, dass man nahe der Epizentren ein brüllendes Geräusch gehört hat. Dieses unterschwellig wahrnehmbare Grummeln kenne ich selbst von den Erdbeben, die ich bis jetzt erlebt habe. Dieses niedrigfrequente Grummeln oder Brüllen trifft mit den ersten P-Wellen ein, kurz bevor einen die stärkeren S-Wellen erreichen, die die stärksten Erschütterungen auslösen. Man kann ein Erdbeben also Sekunden vor seinen stärksten Auswirkungen hören: Kostbare Sekunden, die einem im Falle eines starken Erdbebens vielleicht Zeit geben, Deckung zu suchen. Doch dazu muss man natürlich sofort reagieren und nicht länger auf das lauschen, was da kommt.



Aschestromcaldera Campi Flegrei und der Kampanische Ingnimbrit

Bei der Caldera Campi Flegrei handelt es sich um eine sogenannte Aschestromcaldera. Im Unterschied zu normalen Vulkanen, die einen Einbruchskessel im Gipfelbereich des Vulkanbergs haben, existierte an der Stelle der Campi Flegrei sehr wahrscheinlich niemals ein normaler Vulkanberg, obgleich es einer These nach eine  große vulkanische Vorgängerstruktur in Form eines Vulkankomplexes gegeben haben könnte. Die Calderabildung geht auf eine gigantische Eruption zurück, die sich vor 39.000 Jahren manifestierte und den Kampanischen Ingnimbrit förderte. Hierbei handelt es sich um eine enorm große Ablagerung vulkanischen Materials aus pyroklastischen Dichteströmen. Diese flossen bis zu 70 Kilometer weit und überwunden bis zu 1000 Meter hohe Gebirgsrücken des Apennins. Der Kernbereich der Ablagerungen hat einen Durchmesser von ca. 50 Kilometern. Am Rand der Campi Flegrei sind die Ablagerungen des Ignimbrits bis zu 80 Meter mächtig. Im Stadtgebiet von Neapel sind sie zwischen 50 und 40 Meter dick. Insgesamt bedeckten die Ablagerungen der pyroklastischen Dichteströme ein Gebiet von ca. 30.000 Quadratkilometern, wobei sie zum Rand hin immer dünner werden. Zum Vergleich: Das Bundesland NRW hat eine Fläche von ca. 34.000 Quadratkilometern. Man kann davon ausgehen, dass es in größerer Entfernung zur Caldera vor allem zu Ablagerungen aus Aschewolken kam, die von den pyroklastischen Strömen ausgingen, und dass nicht das gesamte Verbreitungsgebiet des Ignimbrits direkt von den pyroklastischen Strömen überrollt wurde. Sollte sich so eine Eruption heutzutage wiederholen, würde es im Großraum Neapel keine Überlebenden geben. Zugegeben, dass so eine Eruption zu unseren Lebzeiten eintritt, ist sehr unwahrscheinlich, doch die reine theoretische Möglichkeit solcher Eruptionen schürt natürlich Sorgen bei der Bevölkerung.

Vulcano: Anstieg der Fumarolentemperatur am Kraterrand

Liparischer Inselvulkan Vulcano wurde heißer – Hoher Kohlendioxidausstoß am Kraterrand

Vulcano ist der Namensgeber aller Feuerberge und befindet sich nördlich von Sizilien. Er ist neben dem Stromboli der zweite Inselvulkan des Liparischen Archipels, der als aktiver Vulkan betrachtet wird. Doch lange Zeit glaubte man nicht mehr an einen Ausbruch des Vulkans, doch dieser Glaube wurde im Jahr 2021 erschüttert, als Vulcano Anzeichen des Erwachens zeigte. Zeitgleich zur Coronapandemie kam es zu einer vulkanisch bedingten Krise, in deren Folge der Tourismus der Insel völlig zusammenklappte. Erst im letzten Frühsommer wurde Entwarnung gegeben, doch so richtig hat sich der Tourismus seitdem nicht erholt. Jetzt könnte es zu einem neuen Dämpfer kommen, denn es gibt erste Signale, dass es mit der Entspannung der Situation bald wieder vorbei sein könnte.

Signifikante Erhöhung der Gastemperatur einiger Fumarolen

Im Monatsbulletin für den Mai berichten die INGV-Forscher von einer signifikanten Zunahme der Gastemperaturen einiger Fumarolen am nördlichen Kraterrand. Sie wurden um bis zu 80 Grad heißer, was in der Tat ein großer Sprung ist. Die Temperatur der bislang heißesten Fumarole F5 (Kurve T3) stieg dabei nur leicht von 322 auf 328 Grad. Die heißeste Fumarole ist mit einer Temperatur von 329 Grad nun die F5AT (Kurve T1). Zuvor lag die Temperatur hier bei 270 Grad. Den stärksten Temperaturanstieg erlebte die Fumarole F5AT2, deren Temperatur allerdings noch unter 300 Grad liegt. Der Temperaturanstieg vollzog sich innerhalb weniger Tage. Rätselhaft bleibt, warum die Temperaturerhöhung lokal so begrenzt ist.

Verstärkung des Kohlendioxid-Ausstoßes

Die Gase am Kraterrand sind nicht nur heißer geworden, sondern enthalten auch eine deutlich höhere Kohlendioxidkonzentration als zuvor, denn parallel zum Temperaturanstieg schoss auch der Kohlendioxidausstoß in die Höhe und erreichte Werte, wie man sie im September 2022 gemessen hatte, lagen aber unter den Spitzenwerten vom Beginn der Krise ein Jahr zuvor. Darüber hinaus verzeichnete man einen Anstieg der Seismizität. Was ausblieb, waren eine neue Phase der Bodendeformation und eine Verstärkung des Schwefeldioxid-Ausstoßes.

Da bis jetzt nur der Krater vom erhöhten Kohlendioxidausstoß betroffen ist und im Ort und am Strand keine signifikant höheren Werte festgestellt wurden, schlugen die Behörden bis jetzt keinen Alarm.

Die Aktivitätssteigerung ist ein Indiz dafür, dass der Magmenkörper, der im Herbst 2021 in die Erdkruste unter Vulcano eingedrungen ist, noch aktiv ist. Dort reift das Magma, während es auch langsam abkühlt. Dennoch wird es noch Schmelze geben. Sollte es zu einer weiteren Intrusion kommen, steigt das Ausbruchsrisiko deutlich an. Für Alle, die einen Urlaub auf Vulcano geplant haben, besteht bis jetzt kein Grund, diesen abzusagen. Man sollte aber Warnungen der Vulkanologen und den Empfehlungen des Zivilschutzes Folge leisten.

Stromboli mit Eruptionen und einem Erdbeben

Zahlreiche Explosionen und Lavaspattering am Stromboli – Ein schwaches Erdbeben detektiert

Der liparische Inselvulkan Stromboli ist hochaktiv. Davon zeugen 916 thermische Durchgänge, die von glühender Tephra verursacht wurden, die entweder von strombolianischen Eruptionen ausgestoßen wurden oder von Lavaspattering aus dem Hornito am nordöstlichen Kraterrand ausgingen. Der Durchschnitt liegt bei 100 Durchgängen, von daher kann man dem Vulkan eine hohe Aktivität bescheinigen. Hoch ist auch die Infraschallaktivität gewesen, während der akustische Druck mit 1.05 Bar vom LGS als mittelstark eingestuft wurde.

Die Seismizität in Form von VLP-Erdbeben und Tremor wird von den florentinischen Forschern ebenfalls als hoch eingestuft. Der Schwefeldioxid-Ausstoß war gestern niedrig. In Bezug auf die Kohlendioxid-Emissionen lagen keine Daten vor.

Bemerkenswert ist auch ein schwaches Erdbeben von sehr geringer Magnitude, das sich gestern östlich des Gipfels manifestierte und auf Niveau des Meeresspiegels lag. An anderen Vulkanen wäre so ein Mikrobeben keine Erwähnung wert, doch am Stromboli ist das anders, weil vulkanotektonische Erschütterungen hier sehr selten sind. 10 Tage zuvor hatte es gleich 4 Erdbeben gegeben. Hier kann man schon von einer Steigerung der Seismizität sprechen, die beim Stromboli selten folgenlos bleibt. Meiner Meinung nach könnte sich hier innerhalb der nächsten Wochen Interessantes am Stromboli ereignen. Dafür spricht auch die bereits zu beobachtende leichte Aktivitätssteigerung mit einer Zunahme des Lavaspatterings und den gelegentlichen Lavaüberläufen, die wir in den letzten 2 Wochen gesehen haben.

Der aktuelle Wochenbericht, der gestern vom INGV veröffentlicht wurde, bestätigt die gestiegenen Anzahl der Eruptionen und VLP-Erdbeben. Ansonsten bewegt sich nach Aussage der Vulkanologen alles im üblichen Rahmen.

Der Stromboli ist nicht der einzige aktive Vulkan der Region: für Vulcano liegt ebenfalls ein neuer Wochenbericht vor. Hier berichten die Vulkanologen von einer -teils erheblichen- Zunahme der Fumarolentemperaturen am Kraterrand. Auch der Kohlendioxid-Ausstoß und die Mikroseismizität haben zugenommen. Doch davon später mehr.