Grimsvötn: Gletscherlauf hinterlässt Depressionen

Gletscherlauf am Grimsvötn beendet – Zwei Absenkungen entstanden

Der Gletscherlauf des subglazialen Vulkans Grimsvötn unter dem isländischen Gletscher Vatnajökull ist vorbei und der Wasserstand des Flusses Gígjukvísl hat sich wieder normalisiert. Der Höhepunkt der Gletscherflut war bereits vor einer Woche erreicht worden. Inzwischen sind fast alle geophysikalischen Parameter wieder auf den Normalzustand zurückgekehrt, abgesehen von der leicht erhöhten Seismizität, die man bereits Wochen vor dem Gletscherlauf registrierte. So wurden in der letzten Woche 21 schwache Erschütterungen festgestellt. Zwei der Beben hatten Magnituden im 2er-Bereich. Die Beben gehen mit einer langsam ablaufenden Magmenakkumulation unter dem Vulkan einher, die immer wieder für Bodenhebungen sorgt. Mit Beginn der Gletscherflut nahm die Bodenhebung ab, doch inzwischen sind wieder leicht steigende Tendenzen auszumachen.

Auf Satellitenbildern entdeckten IMO-Forscher zwei Bereiche auf dem Gletscher, in denen sich das Eis abgesenkt hat und Depressionen bildet. Während sich eine Absenkung in dem gleichen Gebiet befindet, in dem bereits beim Gletscherlauf von 2021 eine Subsidenz registriert wurde, scheint es sich beim zweiten Kessel um eine Neubildung zu handeln. Man kann davon ausgehen, dass sich die Vertiefungen über den Kavernen bildeten, in denen das Wasser gespeichert war, das während der Gletscherflut ablief. Die Hohlräume im Eis sind wohl wenigstens zum Teil eingestürzt bzw. abgesunken. Die Eiskessel befinden sich in der Nähe der Route östlich von Grímsfjall, und es wird empfohlen, diese Kessel zu meiden, wenn man diese Routen benutzt.

Am Grimsvötn besteht aufgrund der Druckentlastung durch den Wasserabfluss ein erhöhtes Eruptionsrisiko. Die Forscher gehen davon aus, dass vor einer Eruption eine seismische Krise einsetzten wird, weisen aber darauf hin, dass es unter Umständen nur eine kurze Vorwarnzeit geben könnte. Gletscherfahrer sollten die Gegend meiden und besonders vorsichtig sein, wenn sie über das Eis fahren.

Island: Bauvorhaben gestoppt

Bau eines neuen Parkplatzes bei Landmannalaugar gestoppt

Im letzten Jahr berichtete ich über zwei große Bauvorhaben in isländischen Thermalgebieten, mit denen der Tourismus der Region gestärkt werden soll. Hierbei handelte es sich um den Ausbau der Anlagen am Kerlingarfjöll und bei Landmannalaugar. Während an der ersten Lokation bereits ein neues Hotel entstanden ist, lehnte man einen ersten Antrag zum Parkplatzausbau bei Landmannalaugar ab. Hier geht nach einer Klage der isländischen Naturschutzorganisation das Vorhaben in eine neue Prüfung. Eigentlich sollte der neue Parkplatz bereits im letzten Herbst gebaut werden.

Der jetzige Parkplatz ist schon groß und wurde in den letzten Jahren deutlich erweitert. Als ich 2002 dort war, fanden auf dem Parkplatz nur eine Handvoll Autos Platz. Er wurde vor einer tiefen Furt angelegt, für Fahrzeuge, die diese nicht passieren können. Hinter der Furt gelangt man dann zum Campingplatz und der bewirtschafteten Hütte am Landmännerbad. Die Anlage war in den letzten Jahren ebenfalls deutlich erweitert worden. Doch offenbar reicht das nicht für den aktuellen Besucheransturm, denn auch hier ist die Errichtung eines neuen Hotels geplant.

Als ich 2021 erneut die Gegend besuchte, war ich über den Touristenansturm schon ein wenig entsetzt. Er hatte sich gegenüber 2003 deutlich vergrößert und ich würde sagen, dass ca. 50 Fahrzeuge geparkt waren. Gefühlt waren es Hunderte! Doch die Stellplätze reichten nicht aus, und zahlreiche Autos standen am Pistenrand.

Nach der gestoppten Parkplatzerweiterung, diskutiert man jetzt erstmal über Zugangskontrollen. Wahrscheinlich wird das Parken am Pistenrand dann verboten werden. Für Besucher ist es natürlich frustrierend, wenn man den weiten Weg für ein Bad im heißen Fluss oder eine ausgiebige Wanderung antritt und dann abgewiesen wird. Landmannalaugar bietet auch weit und breit die einzige Übernachtungsmöglichkeiten. Alternativ kann man sich auf einen Wanderparkplatz in 15 km Entfernung stellen. Toiletten gibt es dort aber nicht. Es sieht so aus, als hätten die Probleme des Massentourismus Island erreicht.

Der Parkplatz war nur der erste Schritt für einen enormen Ausbau der Infrastruktur Landmannalaugars. Auf einem bis jetzt unbebauten Areal etwas abseits der alten Anlage sollten ein Hotel und ein neuer Campingplatz für 150 Zelte und 50 Wohnmobile entstehen. 120 Gäste sollten Platz in Übernachtungshütten finden. Auf dem Parkplatz sollten 200 Fahrzeuge geparkt werden können. Außerdem plante man den Bau einer künstliche Badelagune. Wie es weitergeht, ist ungewiss. Jedenfalls wird es immer schwieriger werden, den ursprünglichen Charme der Gegend zu bewahren. Sinnvoll erscheint mir, wenn täglich nur eine bestimmte Anzahl an Permits für den Besuch der Gegend ausgegeben wird, auch wenn das dann wieder eine Einschränkung der Reisefreiheit bedeutet, über die ich mich dann aufregen werde.

Island: Erdbeben und Bodenhebung am 23.01.24

Zahlreiche Erdbeben auf Reykjanes – Bodenhebung bleibt hoch

Gestern gab es auf der Reykjaneshalbinsel zahlreiche Erdbeben, die sich nicht nur bei Svartsengi manifestierten, sondern auch an anderen Spaltensystemen der Halbinsel. Insgesamt zeigen die IMO-Tabellen 132 Erschütterungen in den letzten 48 Stunden an. Vor allem am Krýsuvík-System bebte es oft. Dort zeigen die GPS-Messungen aktuell aber keine Bodenhebung an. Im Gegenteil, an der Messstation KRIV kann man eine leichte Subsidenz ablesen. Einige Erdbeben gab es auch im Hengill-System, doch hier könnten die Erschütterungen wieder mit dem Geothermalkraftwerk in Verbindung stehen.

Bei Svartsengi ereignete sich am Nachmittag ein kleiner Schwarm. Auffällig ist, dass sich viele Erdbeben auf einer Linie in Richtung Norden aneinander reihten, was untypisch ist, da die Störungszonen eher in nordöstlicher Richtung streichen. Die Bodenhebung hält weiter an. Da die Messpunkte streuen, ist es nicht ganz einfach die Hebungsrate zu bestimmen. In der Interpolation erkennt man eine leichte Entschleunigung der Hebegeschwindigkeit, doch das ist mit Zunahme des Drucks im Fördersystem normal, da das aufsteigende Magma gegen den steigenden Druck arbeiten muss, um weiter aufzusteigen. Daher kann sich der Aufstieg verlangsamen, je voller das System wird. Bei anhaltendem Magmenzufluss dürfte bei Svartsengi in 3-4 Tagen wieder das Bodenhebungsniveau wie vor dem letzten Ausbruch am 14. Januar erreicht sein. Dann steigt das Ausbruchsrisiko wieder an.

Wissenschaftliche Aufarbeitung der letzten Eruption

Inzwischen sind die isländischen Wissenschaftler damit beschäftig, den letzten Ausbruch genauer zu analysieren. Im Fokus der Arbeit steht die südliche Eruptionsspalte, die sich mittags vor den Toren Grindaviks öffnete. Diese Spaltenöffnung geschah, nachdem die Evolution der nördlichen Hauptspalte bereits abgeschlossen schien. Ármann Höskuldsson, Professor für Vulkanologie an der Universität von Island, sagte gegenüber der Zeitung MBL, dass er es für möglich hält, dass das Magma der südlichen Spalte eigentlich aus der längeren Nordspalte stammte. Die Schmelze sei unterirdisch geflossen, bis sie auf eine geologische Barriere gestoßen sei, und sei dann an der Oberfläche durchgebrochen.

Übrigens, mich erreichten mehrere Zuschriften von Lesern, die mich darauf hinwiesen, dass die GPS-Messstation BLAL an der Blauen Lagune steht. Vielen Dank dafür! Ich hatte über diese Messstation in Bezug auf die Bodenhebung berichtet. Dort konnte man in den letzten Tagen eine höhere Hebungsrate ablesen, als an der benachbarten Svartsengi-Messstation. Interessanterweise ist die Blaue Lagune seit dem Wochenende wieder geöffnet. Man mag es offenbar spannend!

Island: Erdbeben auf Reykjanes und am Grimsvötn

Mehrere Erdbeben unter Gletschervulkan Grimsvötn

Unter dem isländischen Gletschervulkan Grimsvötn gab es weitere Erdbeben mit Magnituden über 2. Die stärkste Erschütterung brachte es auf Mb 2,4 und hatte ein Hypozentrum in 9 km Tiefe. Das Epizentrum dieses Bebens lag am Rand des Vatnajökulls und einige Kilometer vom Grimsvötn entfernt. Ein weiteres Beben Mb 2,3 manifestierte sich in nur 100 m Tiefe in unmittelbarer Nähe zum Vulkan. Die Erschütterungen stehen mit Bodenhebungen im Zusammenhang, die von den GPS-Messstationen detektiert werden. Die Warnstufe des Grimsvötn steht auf „Gelb“ und mittelfristig gesehen könnte es zu einer Eruption kommen.

Die Gefahr einer Eruption bei Svartsengi auf Reykjanes ist deutlich höher als am Grimsvötn und hat auch dramatischere Auswirkungen auf die Region Grindavik, als es im Allgemeinen die Eruptionen des entlegenen Gletschervulkans haben. Gestern ereigneten sich wieder zahlreiche Erdbeben im betroffenen Gebiet, das nicht nur im direkten Umfeld von Svartsengi liegt, sondern sich bis auf die Gegend vom Fagradalsfjall und Krýsuvík erstreckt. Am stärksten scheint mir momentan die Bodenhebung an der Messstation Blal zu sein, von der ich nicht weiß, wo genau sie sich befindet. Hier hat die Bodenerhebung bereits Bodenhebungsniveau vom Zeitpunkt unmittelbar vor der Eruption am 14. Januar überschritten. Die Messstation Svartsengi zeigt eine Verlangsamung der Bodenhebung, doch hierbei könnte es sich wieder um eine Messungenauigkeit handeln.

In Grindavik wurde inzwischen eine Geodätische Messkampagne gestartet, zu der Spezialisten aus den Niederlanden anreisten. Sie setzten u.a. eine große Drohne ein, um die Höhenänderungen des Bodens genau zu kartieren. Bereits jetzt wurden mehr Risse festgestellt als man bisher annahm.

In den Sozialen Medien wird unterdessen darüber diskutiert, wie sinnvoll die Erhaltungsmaßnahmen für den Ort Grindavik tatsächlich sind. Auch wenn viele Gebäude noch bewohnbar sind, steht es um die Versorgungsinfrastruktur nicht so gut aus: zahlreiche Leitungen wurden beschädigt und die vielen Hohlräume unter der Stadt machen ein Betreten des Areals gefährlich. Manche meinen, dass es sinnvoller sei, die Stadt aufzugeben, insbesondere, weil es unabsehbar ist, welche Schäden noch entstehen werden. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Island: Rotglut am Lavafeld gesichtet

Nachts wurde Rotglut am jüngsten Lavafeld entdeckt – Kampf um Grindavik geht weiter

Obwohl die Seismizität entlang des Magmatischen Gangs gestern geringer als am Vortag war und nur ca. 40 Beben registriert worden waren, haben heute Nacht aufmerksame Livecambeobachter Rotglut im Bereich des zuletzt aktiven Lavastroms entlang des Magmatischen Gangs vom letzten Sonntag gesehen. Möglicherweise floss etwas Lava aus einer Tube am Rand des Stroms. Vorgestern gab es in dem Areal auch Versuche der Einsatzkräfte Lava  mit Wasser abzukühlen. Wie es so üblich mit Ferndiagnosen ist, besteht ein gewisser Unsicherheitsfaktor über das genaue Geschehen vor Ort, aber es sieht so aus, als könne man die eruptive Episode vom 14. Januar noch nicht ganz für beendet erklären, obwohl ich an dieser Stelle nicht mehr mit einem größeren Ausbruch rechne. Dass soll allerdings nicht heißen, dass das allgemeine Ausbruchsrisiko geringer geworden ist: im Gegenteil, die Bodenhebung im Bereich Svartsengi hält weiter an und der kurzweilige Ausbruch von letzter Woche hatte nur wenig Druck aus dem Kessel genommen, so dass weitere Eruptionen wahrscheinlich sind.

Bei Svartsengi hob sich der Boden seit dem 10. November und gut 48 cm an. Im Untergrund muss sich inzwischen eine enorme Menge Schmelze angesammelt haben und es ist auch ein deutlich größerer Ausbruch möglich, als wir bis jetzt gesehen haben. Wahrscheinlicher als ein besonders großer Ausbruch scheint momentan aber eine on/off Eruption zu sein, bei der es in den nächsten Monaten zu einer Serie von Eruptionen kommt, wie wir sie in den letzten Wochen gesehen haben. Auch weitere Riftingepisoden mit starken Erdbeben und großen Bodenbewegungen sind möglich. Für Grindavik bedeutet das einen fortwährenden Ausnahmezustand.

Wiederherstellung der Warmwasserversorgung in Grindavik

Apropos Grindavik: Anwohner und Einsatzkräfte wollen nicht aufgeben und kämpfen um den Erhalt des Fischerorts. In einem MBL-Artikel ist zu lesen, dass in den letzten Tagen Installateure 900 von 1200 Wohnungen in Grindavik besichtigt haben. Es gelang zum großen Teil, die Strom- und Warmwasserversorgung wiederherzustellen. Bei nur 2 Wohnungen kam es infolge von Frost zur Sprengung von Wasserleitungen mit entsprechenden Schäden. Der Zustand der meisten Gebäude sei gut. Dennoch ist es ungewiss, wo überall Hohlräume unter Straßen und Gebäuden lauern. Geophysiker versuchen, diese mit geoelektrischen Verfahren aufzuspüren, und entdeckten bereits verborgene Kavernen.

Übrigens, die Blaue Lagune öffnete gestern wieder!

Island: Letzter Ausbruch möglicherwiese zu Ende

Jüngste Eruption vorbei – Weitere Ausbrüche wahrscheinlich

Gestern Abend gab es ein neues Update der isländischen Geowissenschaftler, die meinten, dass es Anzeichen dafür gebe, dass die jüngste Ausbruchsepisode vom Sonntag vorbei ist. Die magmatische Aktivität im neu gebildeten Dyke hat demnach deutlich abgenommen und ein weiterer Ausbruch entlang dieses Gangs scheint inzwischen wenig wahrscheinlich zu sein. Bis dato hat man vor der Möglichkeit weiterer Spaltenöffnungen gewarnt. Dementsprechend wurde gestern eine neue Gefahrenkarte veröffentlicht, auf der das Risiko der bekannten Gefahrenzonen reduziert wurde. Das betrifft aber nur die jüngste Episode vom 14. Januar. Die generelle Gefahrenlage und die Wahrscheinlichkeit weiterer Eruptionen im Zusammenhang mit der Magmenakkumulation bleiben hoch. Insofern erscheint es mir nicht sinnvoll zu sein, den Ausbruch für beendet zu erklären, denn genaugenommen erleben wir eine einzige Eruption, die von kontinuierlich aufsteigendem Magma unter Svartsengi gespeist wird. Gestoppt hat nur die an der Erdoberfläche sichtbare Eruption, und hier erscheint es sinnvoll, von einer Pause zu sprechen, denn solange der Magmenaufstieg unter Svartsengi weitergeht, werden wir auch weitere Spalteneruptionen erleben. Sie könnten auch durchaus größer werden bzw. länger dauern als die kurzlebigen Eruptionen, die wir bis jetzt im Svartsengisystem gesehen haben. Dafür spricht die weiterhin anhaltende Bodenhebung, die unter dem Geothermalkraftwerk festgestellt wird. Aber nicht nur dort hebt sich der Boden: Schaut man sich die aktuellen Messungen an, dann sieht man, dass die Bodenhebung in einem Bereich südwestlich von Svartsengi und nördlich von Grindavik schnell voranschreitet und bereits wieder ein Niveau erreicht hat, das über dem letzten Voreruptionsniveau liegt. Es ist eine vergleichsweise große Fläche von der Bodenhebung durch die kontinuierliche Magmenansammlung mit Zentrum Svartsengi betroffen, und im Untergrund wird sich viel Schmelze angesammelt haben.

Die Erdbebentätigkeit hält entsprechend an, weist entlang des neusten Magmatischen Gangs rücklaufende Tendenzen auf. Da es über Reykjanes wieder stürmt, wurden heute Nacht nur wenige Erdbeben detektiert.

Übrigens gab es auch wieder neue GPS-Daten von der Messstation GONH am Fagradalsfjall. Hier sieht man zwar nur eine geringe Bodenhebung, aber dafür einen erheblichen horizontalen Bodenversatz in östlicher Richtung. Er kann durch die jüngste Riftingepisode verursacht worden sein oder im direkten Zusammenhang mit Magmenakkumulation in diesem Bereich stehen.

Die Reykjaneshalbinsel auf Island

Die Reykjaneshalbinsel liegt im Südwesten von Island und ist im Vergleich zu anderen isländischen Halbinseln mit einer Fläche von ca. 800 Quadratkilometern relativ klein. Die Halbinsel erstreckt sich von der Hauptstadtregion Reykjavik im Nordosten bis hin nach Keflavik im Westen und beherbergt somit zwei der wichtigsten Städte Islands. Außerdem gibt es hier das Geothermalkraftwerk Svartsengi, dem das Thermalbadressort Blaue Lagune angeschlossen ist. Hierbei handelt es sich um eine wichtige Touristenattraktion. Auf Reykjanes gibt es viele Thermalgebiete und der Untergrund ist hier besonders heiß. Der geothermische Gradient ist teilweise um das 10fache überhöht, so dass in 1000 m Tiefe Temperaturen von bis zu 300 Grad Celsius herrschen.

Svartsengi ist nicht das einzige Geothermalkraftwerk der Region, denn im Bereich der Reykjaneshalbinsel gibt es insgesamt 4 Geothermalkraftwerke, von denen 2 direkt auf der Halbinsel liegen und 2 weitere mit einem Spaltensystem assoziiert sind, das seine Finger bis auf Reykjanes ausstreckt. Bei diesem Spaltensystem handelt es sich um das Hengill-System, womit wir beim Thema wären.

Spalten- und Vulkansysteme auf Reykjanes

Die Reykjaneshalbinsel ist die oberseeische Verlängerung des ansonsten unterseeisch verlaufenden Reykjanesrückens, der Teil des Mittelatlantischen Rückens ist. Entlang des Rückens driften die Kontinentalplatten von Nordamerika und Europa auseinander, wobei sich die Kontinente im Jahr um mehr als 2 cm voneinander entfernen. Entsprechend groß sind die Zugspannungen, die das Gestein der Reykjaneshalbisnel zerreißen, was sich in einer äußerst lebendigen Tektonik mit vielen Erdbeben und Vulkanausbrüchen äußert.

Der Reykjanesrücken bildet auf der Halbinsel eine Südwest-Nordost streichende Spreizungszone auf der mindestens 5 Spaltensysteme liegen. Die Spaltensysteme sind nicht nur tektonisch aktiv, sondern auch vulkanisch. So gehört zu den Spaltensystem oft ein dominierender Zentralvulkan oder wenigstens ein Vulkanrücken bzw. Spaltenvulkan mit unterschiedlichen Ausbruchsstellen auf denen sich entweder Kraterreihen oder/und einzelne Vulkane bildeten. Die Vulkane von Reykjanes sind Teil der Westlichen Vulkanzone Islands.

Bei den Spaltensystemen handelt es sich um:

  • Reykjanes-Risssystem: Dieses Riss- und Spaltensystem erstreckt sich entlang der Westspitze der Reykjaneshalbinsel und tangiert den internationalen Flughafen Keflavik. Der Zentralvulkan Gunnuhver war zuletzt zwischen den Jahren 1210 bis 1240 aktiv. Zu dieser Zeit entstand auch die Eldvörp-Kraterreihe, die in der Grenzregion zum benachbarten Spaltensystem liegt. Der stärkste Ausbruch hatte vermutlich einen VEI4. Submarine Eruptionen des Reykjanes-Spaltenssystems gab es 1831. In den Jahren 1966 und 1970 wurden submarine Eruptionen vermutet. Am Vulkan Gunnuhver gibt es heute ein Thermalgebiet, das seit 2006 aktiver geworden ist.
  • Svartsengi-System: An diesem Spaltensystem gab es die jüngsten Eruptionen auf der Reykjaneshalbinsel, die sich am 18. Dezember 2023 und am 14. Januar 2024 zutrugen. Das Svartsengi-Vulkansystem hat keinen zentralen Vulkan, sondern setzt sich aus Spalten, Kegeln und Vulkankratern über eine Länge von über 30 km und eine Breite von 7 km zusammen. Diese sind von Nordosten nach Südwesten ausgerichtet und von Lavafeldern umgeben. Zu den markantesten vulkanischen Manifestationen zählen Thorbjörn, Sýlingarfell, Stóra-Skógfell und Litla-Skógfell und die Sundhnúkur-Kraterreihe, entlang derer sich die Eruptionsspalte vom 18. Dezember 2023 öffnete. Diese Kraterreihe entstand vor ungefähr 2400 Jahren und stellten die jüngsten Ausbrüche des Systems dar, bevor es jetzt wieder aktiv geworden ist. Manche Autoren sprechen davon, dass die Aktivität des Reykjanes-Risssystems aus dem 13. Jahrhundert auch auf die Region des Svartsengi-Systems übergriff.
  • Krýsuvík-Spaltensystem: Das Krýsuvík-System ist ein weiteres bedeutendes tektonisches System auf der Reykjaneshalbinseldass auch für seine geothermale Aktivität und vulkanischen Erscheinungen bekannt ist. Namensgebend ist das Krýsuvík-Thermalgebiet. Zentralvulkan ist allerdings der westlich des Kleifarvatn gelegene Schildvulkan Trölladyngja, weshalb das System auch Trölladyngjavulkansystem genannt wird. Der Schildvulkan brach zuletzt zwischen den Jahren 1151–1188 aus. Eine weitere Eruption gab es möglicherweise im 14. Jahrhundert. Die Wissenschaftler sind sich uneinig darüber, ob der Tafelvulkan Fagradalsfjall, der seit März 2021 aktiv ist und seitdem das Lavafeld Fagradalshraun schuf, zu diesem System gehört, oder ob es ein eigenständiges Spaltensystem bildet, das zwischen Svartsengi und Krýsuvík liegt. Fagradalsfjall liegt auf einem Risssystem, das 5 x 15 km misst.
  • Brennisteinsfjöll-Spaltensystem: Dieses Spaltensystem befindet sich nordöstlich des Krýsuvík-Gebiets. Es ist mit der Brennisteinsfjöll-Vulkanreihe verbunden, die mehrere Vulkane umfasst, aber keinen Zentralvulkan hat. Insgesamt wurden etwa 20–30 Ausbruchsserien im Vulkansystem der Brennisteinsfjöll festgestellt, etwa 10 davon nach der Besiedelung Islands. Im 14. Jahrhundert flossen Lavaströme ins Meer und bildeten Lavafälle an steilen Hängen.
  • Hengill-System: Die Hengill-Ausbruchsspalte liegt östlich von Reykjavík und ist mit dem Hengill-Vulkan verbunden. Dieses Gebiet zeigt Anzeichen von geothermaler Aktivität, darunter heiße Quellen und geothermale Felder. Vom Hengillsystem liegt nur das Südwestende im Gebiet der Reykjaneshalbinsel. Im Nordosten reicht es bis zum Thingvallavatn in Südisland. Seitdem Ende der Eiszeit gab es hier vier Spalteneruptionen. Sie fanden vor allem an der Nordseite des Vulkansystems statt. Die letzten Eruptionen ereigneten sich vor ca. 1.900 Jahren.

Die Reykjanes-Halbinsel in Island ist etwa 15-20 Millionen Jahre alt und war während den verschiedenen eiszeitlichen Perioden von Gletschern bedeckt. Über das eruptive Geschehen vor der letzten Eiszeit weiß man nur wenig. Die meisten vulkanischen Erhebungen der Reykjaneshalbinsel entstanden während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung und weisen deshalb häufig abgeflachte Gipfel auf. Die heute sichtbaren Schlackenkegel und Lavafelder sind nach dem Schmelzen der Gletscher vor ca. 10.000 Jahre entstanden.

Typisch für den Vulkanismus auf Reykjanes scheint zu sein, dass die vulkanische Aktivität in Zyklen abläuft, zwischen denen bis zu tausend Jahre lange Ruhephasen liegen, während die aktiven Phasen bis zu 300 Jahre andauern. In diesen Phasen können die unterschiedlichen Spaltensysteme nacheinander aktiv werden.

Viele der Lavafelder bedecken eine Fläche von 50 Quadratkilometer und sind in Eruptionsphasen der Spaltenvulkane entstanden, die meistens mehrere Jahrzehnte dauerten. Daher gehen die Geowissenschaftler davon aus, dass die aktuelle Eruptionsphase gerade erst begonnen hat und noch lange anhalten könnte.

Die Eruptionsphase begann mit dem Fagradalsfjallausbruch im März 2021. Vorher gab es einige Monate lang Erdbeben und Bodenhebungen auf Reykjanes. Es folgen 2 weitere Ausbrüche, die ca. 14 Tage dauerten. Im Herbst 2023 verlagerte sich die Aktivität in Richtung des Svartsengi-Systems.

Die Vulkane auf Reykjanes fördern überwiegen Tholeiitschen Basalt. Das ist eine spezifische Art von basaltischer Lava mit einer charakteristischen chemischen Zusammensetzung. Tholeiitische Magmen sind in der Regel arm an Alkalien (Natrium- und Kaliumoxid) und haben eine hohe Konzentration an Eisenoxid (FeO) und Magnesiumoxid (MgO). Sie sind typisch für Basalte Mittelozeanischer Rücken und heißen in der Fachsprache Mid Ocean Ridge Basalt (kurz MORB ), können allerdings auch mit Basalten aus Mantelplumes in Verbindung gebracht werden. Im Falle Islands ist das nicht sonderlich abwegig, da es ja noch den berühmten Islandmantelplume gibt, dessen Zentrum unter Grimsvötn vermutet wird.

Übrigens wurde der Name der Halbinsel von den ersten isländischen Siedlern passen ausgewählt: Reykjanes heißt auf Deutsch soviel wie Rauchspitze.

Island: Signifikante Bodenhebung am 19.01.24

Bodenhebung unter Svartsengi hoch – Menschen versinken im Untergrund von Grindavik

Im isländischen Ausbruchsgebiet auf der Reykjaneshalbinsel hat die Erdbebentätigkeit gestern etwas abgenommen, doch sie befindet sich noch auf deutlich erhöhtem Niveau. Gestern wurden 160 schwache Erdbeben registriert, am Vortag waren es 200. Heute wurden bis morgens 60 Beben festgestellt. Die Bodenhebung bei Svartsengi ist hoch und auch, wenn die IMO-Wissenschaftler noch keine konkreten Hebungsraten nennen möchten, kann man an den Grafiken zur Bodendeformation ablesen, dass die Hebung zwischen 1 und 2 Zentimeter am Tag beträgt, was ein beachtlicher Wert ist. Einschränkend gilt weiterhin, dass nicht klar ist, ob die Bodenhebung nur von aufsteigendem Magma verursacht wird, oder ob noch tektonische Prozesse als Nachwirkung der Grabenbildung eine Rolle spielen.

Die neuerliche Grabenbildung hatte und hat dramatische Auswirkungen auf Grindavik. Durch die Bodenbewegungen haben sich unter Grindavik zahlreiche Hohlräume gebildet, die nicht alle an der Oberfläche offen liegen. So gibt es Berichte, nach denen Einsatzkräfte auf Straßen in Grindavik durch Asphalt brachen, weil sich unter den Straßen Hohlräume befinden. Zum Glück stürzte aber niemand in ein tiefes Loch. Ähnliche Effekte kenne ich vom Begehen von Lavafeldern, wo man auch schon mal durch eine Erstarrungskruste in einem darunter befindlichen Hohlraum einbricht. Oft verschrammt man sich dabei die Schienbeine.

Auf Island gibt es nun praktisch täglich Konferenzen mit Beratungen, wie es mit Grindavik weitergehen soll. Eine hatte gestern Versicherungstechnisches auf der Tagesordnung. Den Bewohnern von Grindavik wurde zugesichert, dass die Naturkatastrophenversicherung auch für Schäden an Gebäuden aufkommt, die durch die Grabenbildungen entstanden sind. Versichert ist auch jeder, der eine Brandschutzversicherung abgeschlossen hat. Die Versicherung kommt allerdings nicht für Schadensersatzforderungen auf, die dadurch entstehen, dass unbeschädigtes Wohneigentum nun nicht genutzt werden kann. Außerdem steht zur Diskussion, wie mit Folgeschäden umgegangen werden soll? Ein Problem ist, dass es nun in den evakuierten Gebäuden zu Frostschäden kommen kann, denn selbst unbeschädigte Häuser haben momentan keine Heizungen. Einsatzkräfte sind in Grindavik unterwegs und versuchen möglichst viele Häuser mit mobilen Heizungen zu wärmen, um Frostschäden zu vermeiden. Es sieht so aus, als hätte man die Stadt noch nicht aufgegeben, obwohl die Prognosen nicht gut sind: Vulkanologen rechnen mit weiteren Eruptionen, die deutlich stärker als die letzte werden könnten.

Island: Magma liegt flach unter Grindavik

Magma in Spalten unter Grindavik – Gasverschmutzung in Trinkwasserbrunnen entdeckt

Die seismische Aktivität auf der Reykjaneshalbinsel war über Nacht gering. Wenigstens werden auf der IMO-Shakemap bis jetzt nur wenige Erdbeben angezeigt, was auch an mangelnder Aktualisierung des Systems liegen kann. Die Bodenhebung geht weiter und erste Messungen nach der Eruption lassen einen etwas stärkeren unterirdischen Magmenzustrom vermuten als es davor der Fall war. IMO schrieb in seinem letzten Statement von gestern Abend aber, dass es noch zu früh sei, um genaue Werte anzugeben. Wahrscheinlich, weil sich der Boden auch infolge der Eruption und der damit einhergehenden Grabenbildung über dem neuen Dyke bewegen kann. Wenn ich die aktuellen Messwerte interpoliere, dann hat man in weniger als 2 Wochen wieder das Bodenhebungsniveau wie vor der Eruption erreicht, und das Spiel kann von vorne beginnen.

Am Südende des neuen Magmatischen Gangs scheint Lava nahe der Erdoberfläche zu stehen und könnte unabhängig einer neuen Intrusion jederzeit ausbrechen. Das Südende des Gangs befindet sich dummerweise unter Grindavik. Neue Drohnenaufnahmen, die mit einer Wärmebildkamera gemacht wurden, zeigten gestern Wärmesignaturen entlang von Rissen in der Stadt. Der Wärmefluss des Bodens scheint sehr groß zu sein.

Ein weiteres Problem in Grindavik ist, dass man im Trinkwasserbrunnen Kontaminationen entdeckt hat, die sehr wahrscheinlich durch magmatische Fluide verursacht wurden. Die Brunnen sind an die Wasserversorgung der Stadt angeschlossen, was weiterreichende Probleme mit sich bringen könnte. Die Brunnen werden von IMO bis jetzt nicht überwacht. Andere Institute benutzen Trinkwasserbrunnen schon seit längerem, um festzustellen, ob es geochemische Veränderungen im Wasser gibt, die Rückschlüsse über evtl. aufsteigendes Magma zulassen. Ein Beispiel ist das INGV, das speziell auf Vulcano regelmäßig Wasserproben aus den Brunnen untersucht. Eine veränderte Leitfähigkeit oder eine Änderung in den Verhältnissen der Heliumisotope gelten als Frühindikatoren aufsteigender Schmelze. Auch die Kohlendioxidkonzentration im Wasser liefert entsprechende Hinweise. In Grindavik dürfte die Kontamination aber weniger subtil sein, da Schmelze ja definitiv nahe der Oberfläche steht und auch Grundwasseraquifere direkt kontaminieren kann.

Das Video zeigt wie der Ausbruch begann.