Island: Rotglut am Lavafeld gesichtet

Nachts wurde Rotglut am jüngsten Lavafeld entdeckt – Kampf um Grindavik geht weiter

Obwohl die Seismizität entlang des Magmatischen Gangs gestern geringer als am Vortag war und nur ca. 40 Beben registriert worden waren, haben heute Nacht aufmerksame Livecambeobachter Rotglut im Bereich des zuletzt aktiven Lavastroms entlang des Magmatischen Gangs vom letzten Sonntag gesehen. Möglicherweise floss etwas Lava aus einer Tube am Rand des Stroms. Vorgestern gab es in dem Areal auch Versuche der Einsatzkräfte Lava  mit Wasser abzukühlen. Wie es so üblich mit Ferndiagnosen ist, besteht ein gewisser Unsicherheitsfaktor über das genaue Geschehen vor Ort, aber es sieht so aus, als könne man die eruptive Episode vom 14. Januar noch nicht ganz für beendet erklären, obwohl ich an dieser Stelle nicht mehr mit einem größeren Ausbruch rechne. Dass soll allerdings nicht heißen, dass das allgemeine Ausbruchsrisiko geringer geworden ist: im Gegenteil, die Bodenhebung im Bereich Svartsengi hält weiter an und der kurzweilige Ausbruch von letzter Woche hatte nur wenig Druck aus dem Kessel genommen, so dass weitere Eruptionen wahrscheinlich sind.

Bei Svartsengi hob sich der Boden seit dem 10. November und gut 48 cm an. Im Untergrund muss sich inzwischen eine enorme Menge Schmelze angesammelt haben und es ist auch ein deutlich größerer Ausbruch möglich, als wir bis jetzt gesehen haben. Wahrscheinlicher als ein besonders großer Ausbruch scheint momentan aber eine on/off Eruption zu sein, bei der es in den nächsten Monaten zu einer Serie von Eruptionen kommt, wie wir sie in den letzten Wochen gesehen haben. Auch weitere Riftingepisoden mit starken Erdbeben und großen Bodenbewegungen sind möglich. Für Grindavik bedeutet das einen fortwährenden Ausnahmezustand.

Wiederherstellung der Warmwasserversorgung in Grindavik

Apropos Grindavik: Anwohner und Einsatzkräfte wollen nicht aufgeben und kämpfen um den Erhalt des Fischerorts. In einem MBL-Artikel ist zu lesen, dass in den letzten Tagen Installateure 900 von 1200 Wohnungen in Grindavik besichtigt haben. Es gelang zum großen Teil, die Strom- und Warmwasserversorgung wiederherzustellen. Bei nur 2 Wohnungen kam es infolge von Frost zur Sprengung von Wasserleitungen mit entsprechenden Schäden. Der Zustand der meisten Gebäude sei gut. Dennoch ist es ungewiss, wo überall Hohlräume unter Straßen und Gebäuden lauern. Geophysiker versuchen, diese mit geoelektrischen Verfahren aufzuspüren, und entdeckten bereits verborgene Kavernen.

Übrigens, die Blaue Lagune öffnete gestern wieder!

Island: Letzter Ausbruch möglicherwiese zu Ende

Jüngste Eruption vorbei – Weitere Ausbrüche wahrscheinlich

Gestern Abend gab es ein neues Update der isländischen Geowissenschaftler, die meinten, dass es Anzeichen dafür gebe, dass die jüngste Ausbruchsepisode vom Sonntag vorbei ist. Die magmatische Aktivität im neu gebildeten Dyke hat demnach deutlich abgenommen und ein weiterer Ausbruch entlang dieses Gangs scheint inzwischen wenig wahrscheinlich zu sein. Bis dato hat man vor der Möglichkeit weiterer Spaltenöffnungen gewarnt. Dementsprechend wurde gestern eine neue Gefahrenkarte veröffentlicht, auf der das Risiko der bekannten Gefahrenzonen reduziert wurde. Das betrifft aber nur die jüngste Episode vom 14. Januar. Die generelle Gefahrenlage und die Wahrscheinlichkeit weiterer Eruptionen im Zusammenhang mit der Magmenakkumulation bleiben hoch. Insofern erscheint es mir nicht sinnvoll zu sein, den Ausbruch für beendet zu erklären, denn genaugenommen erleben wir eine einzige Eruption, die von kontinuierlich aufsteigendem Magma unter Svartsengi gespeist wird. Gestoppt hat nur die an der Erdoberfläche sichtbare Eruption, und hier erscheint es sinnvoll, von einer Pause zu sprechen, denn solange der Magmenaufstieg unter Svartsengi weitergeht, werden wir auch weitere Spalteneruptionen erleben. Sie könnten auch durchaus größer werden bzw. länger dauern als die kurzlebigen Eruptionen, die wir bis jetzt im Svartsengisystem gesehen haben. Dafür spricht die weiterhin anhaltende Bodenhebung, die unter dem Geothermalkraftwerk festgestellt wird. Aber nicht nur dort hebt sich der Boden: Schaut man sich die aktuellen Messungen an, dann sieht man, dass die Bodenhebung in einem Bereich südwestlich von Svartsengi und nördlich von Grindavik schnell voranschreitet und bereits wieder ein Niveau erreicht hat, das über dem letzten Voreruptionsniveau liegt. Es ist eine vergleichsweise große Fläche von der Bodenhebung durch die kontinuierliche Magmenansammlung mit Zentrum Svartsengi betroffen, und im Untergrund wird sich viel Schmelze angesammelt haben.

Die Erdbebentätigkeit hält entsprechend an, weist entlang des neusten Magmatischen Gangs rücklaufende Tendenzen auf. Da es über Reykjanes wieder stürmt, wurden heute Nacht nur wenige Erdbeben detektiert.

Übrigens gab es auch wieder neue GPS-Daten von der Messstation GONH am Fagradalsfjall. Hier sieht man zwar nur eine geringe Bodenhebung, aber dafür einen erheblichen horizontalen Bodenversatz in östlicher Richtung. Er kann durch die jüngste Riftingepisode verursacht worden sein oder im direkten Zusammenhang mit Magmenakkumulation in diesem Bereich stehen.

Die Reykjaneshalbinsel auf Island

Die Reykjaneshalbinsel liegt im Südwesten von Island und ist im Vergleich zu anderen isländischen Halbinseln mit einer Fläche von ca. 800 Quadratkilometern relativ klein. Die Halbinsel erstreckt sich von der Hauptstadtregion Reykjavik im Nordosten bis hin nach Keflavik im Westen und beherbergt somit zwei der wichtigsten Städte Islands. Außerdem gibt es hier das Geothermalkraftwerk Svartsengi, dem das Thermalbadressort Blaue Lagune angeschlossen ist. Hierbei handelt es sich um eine wichtige Touristenattraktion. Auf Reykjanes gibt es viele Thermalgebiete und der Untergrund ist hier besonders heiß. Der geothermische Gradient ist teilweise um das 10fache überhöht, so dass in 1000 m Tiefe Temperaturen von bis zu 300 Grad Celsius herrschen.

Svartsengi ist nicht das einzige Geothermalkraftwerk der Region, denn im Bereich der Reykjaneshalbinsel gibt es insgesamt 4 Geothermalkraftwerke, von denen 2 direkt auf der Halbinsel liegen und 2 weitere mit einem Spaltensystem assoziiert sind, das seine Finger bis auf Reykjanes ausstreckt. Bei diesem Spaltensystem handelt es sich um das Hengill-System, womit wir beim Thema wären.

Spalten- und Vulkansysteme auf Reykjanes

Die Reykjaneshalbinsel ist die oberseeische Verlängerung des ansonsten unterseeisch verlaufenden Reykjanesrückens, der Teil des Mittelatlantischen Rückens ist. Entlang des Rückens driften die Kontinentalplatten von Nordamerika und Europa auseinander, wobei sich die Kontinente im Jahr um mehr als 2 cm voneinander entfernen. Entsprechend groß sind die Zugspannungen, die das Gestein der Reykjaneshalbisnel zerreißen, was sich in einer äußerst lebendigen Tektonik mit vielen Erdbeben und Vulkanausbrüchen äußert.

Der Reykjanesrücken bildet auf der Halbinsel eine Südwest-Nordost streichende Spreizungszone auf der mindestens 5 Spaltensysteme liegen. Die Spaltensysteme sind nicht nur tektonisch aktiv, sondern auch vulkanisch. So gehört zu den Spaltensystem oft ein dominierender Zentralvulkan oder wenigstens ein Vulkanrücken bzw. Spaltenvulkan mit unterschiedlichen Ausbruchsstellen auf denen sich entweder Kraterreihen oder/und einzelne Vulkane bildeten. Die Vulkane von Reykjanes sind Teil der Westlichen Vulkanzone Islands.

Bei den Spaltensystemen handelt es sich um:

  • Reykjanes-Risssystem: Dieses Riss- und Spaltensystem erstreckt sich entlang der Westspitze der Reykjaneshalbinsel und tangiert den internationalen Flughafen Keflavik. Der Zentralvulkan Gunnuhver war zuletzt zwischen den Jahren 1210 bis 1240 aktiv. Zu dieser Zeit entstand auch die Eldvörp-Kraterreihe, die in der Grenzregion zum benachbarten Spaltensystem liegt. Der stärkste Ausbruch hatte vermutlich einen VEI4. Submarine Eruptionen des Reykjanes-Spaltenssystems gab es 1831. In den Jahren 1966 und 1970 wurden submarine Eruptionen vermutet. Am Vulkan Gunnuhver gibt es heute ein Thermalgebiet, das seit 2006 aktiver geworden ist.
  • Svartsengi-System: An diesem Spaltensystem gab es die jüngsten Eruptionen auf der Reykjaneshalbinsel, die sich am 18. Dezember 2023 und am 14. Januar 2024 zutrugen. Das Svartsengi-Vulkansystem hat keinen zentralen Vulkan, sondern setzt sich aus Spalten, Kegeln und Vulkankratern über eine Länge von über 30 km und eine Breite von 7 km zusammen. Diese sind von Nordosten nach Südwesten ausgerichtet und von Lavafeldern umgeben. Zu den markantesten vulkanischen Manifestationen zählen Thorbjörn, Sýlingarfell, Stóra-Skógfell und Litla-Skógfell und die Sundhnúkur-Kraterreihe, entlang derer sich die Eruptionsspalte vom 18. Dezember 2023 öffnete. Diese Kraterreihe entstand vor ungefähr 2400 Jahren und stellten die jüngsten Ausbrüche des Systems dar, bevor es jetzt wieder aktiv geworden ist. Manche Autoren sprechen davon, dass die Aktivität des Reykjanes-Risssystems aus dem 13. Jahrhundert auch auf die Region des Svartsengi-Systems übergriff.
  • Krýsuvík-Spaltensystem: Das Krýsuvík-System ist ein weiteres bedeutendes tektonisches System auf der Reykjaneshalbinseldass auch für seine geothermale Aktivität und vulkanischen Erscheinungen bekannt ist. Namensgebend ist das Krýsuvík-Thermalgebiet. Zentralvulkan ist allerdings der westlich des Kleifarvatn gelegene Schildvulkan Trölladyngja, weshalb das System auch Trölladyngjavulkansystem genannt wird. Der Schildvulkan brach zuletzt zwischen den Jahren 1151–1188 aus. Eine weitere Eruption gab es möglicherweise im 14. Jahrhundert. Die Wissenschaftler sind sich uneinig darüber, ob der Tafelvulkan Fagradalsfjall, der seit März 2021 aktiv ist und seitdem das Lavafeld Fagradalshraun schuf, zu diesem System gehört, oder ob es ein eigenständiges Spaltensystem bildet, das zwischen Svartsengi und Krýsuvík liegt. Fagradalsfjall liegt auf einem Risssystem, das 5 x 15 km misst.
  • Brennisteinsfjöll-Spaltensystem: Dieses Spaltensystem befindet sich nordöstlich des Krýsuvík-Gebiets. Es ist mit der Brennisteinsfjöll-Vulkanreihe verbunden, die mehrere Vulkane umfasst, aber keinen Zentralvulkan hat. Insgesamt wurden etwa 20–30 Ausbruchsserien im Vulkansystem der Brennisteinsfjöll festgestellt, etwa 10 davon nach der Besiedelung Islands. Im 14. Jahrhundert flossen Lavaströme ins Meer und bildeten Lavafälle an steilen Hängen.
  • Hengill-System: Die Hengill-Ausbruchsspalte liegt östlich von Reykjavík und ist mit dem Hengill-Vulkan verbunden. Dieses Gebiet zeigt Anzeichen von geothermaler Aktivität, darunter heiße Quellen und geothermale Felder. Vom Hengillsystem liegt nur das Südwestende im Gebiet der Reykjaneshalbinsel. Im Nordosten reicht es bis zum Thingvallavatn in Südisland. Seitdem Ende der Eiszeit gab es hier vier Spalteneruptionen. Sie fanden vor allem an der Nordseite des Vulkansystems statt. Die letzten Eruptionen ereigneten sich vor ca. 1.900 Jahren.

Die Reykjanes-Halbinsel in Island ist etwa 15-20 Millionen Jahre alt und war während den verschiedenen eiszeitlichen Perioden von Gletschern bedeckt. Über das eruptive Geschehen vor der letzten Eiszeit weiß man nur wenig. Die meisten vulkanischen Erhebungen der Reykjaneshalbinsel entstanden während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung und weisen deshalb häufig abgeflachte Gipfel auf. Die heute sichtbaren Schlackenkegel und Lavafelder sind nach dem Schmelzen der Gletscher vor ca. 10.000 Jahre entstanden.

Typisch für den Vulkanismus auf Reykjanes scheint zu sein, dass die vulkanische Aktivität in Zyklen abläuft, zwischen denen bis zu tausend Jahre lange Ruhephasen liegen, während die aktiven Phasen bis zu 300 Jahre andauern. In diesen Phasen können die unterschiedlichen Spaltensysteme nacheinander aktiv werden.

Viele der Lavafelder bedecken eine Fläche von 50 Quadratkilometer und sind in Eruptionsphasen der Spaltenvulkane entstanden, die meistens mehrere Jahrzehnte dauerten. Daher gehen die Geowissenschaftler davon aus, dass die aktuelle Eruptionsphase gerade erst begonnen hat und noch lange anhalten könnte.

Die Eruptionsphase begann mit dem Fagradalsfjallausbruch im März 2021. Vorher gab es einige Monate lang Erdbeben und Bodenhebungen auf Reykjanes. Es folgen 2 weitere Ausbrüche, die ca. 14 Tage dauerten. Im Herbst 2023 verlagerte sich die Aktivität in Richtung des Svartsengi-Systems.

Die Vulkane auf Reykjanes fördern überwiegen Tholeiitschen Basalt. Das ist eine spezifische Art von basaltischer Lava mit einer charakteristischen chemischen Zusammensetzung. Tholeiitische Magmen sind in der Regel arm an Alkalien (Natrium- und Kaliumoxid) und haben eine hohe Konzentration an Eisenoxid (FeO) und Magnesiumoxid (MgO). Sie sind typisch für Basalte Mittelozeanischer Rücken und heißen in der Fachsprache Mid Ocean Ridge Basalt (kurz MORB ), können allerdings auch mit Basalten aus Mantelplumes in Verbindung gebracht werden. Im Falle Islands ist das nicht sonderlich abwegig, da es ja noch den berühmten Islandmantelplume gibt, dessen Zentrum unter Grimsvötn vermutet wird.

Übrigens wurde der Name der Halbinsel von den ersten isländischen Siedlern passen ausgewählt: Reykjanes heißt auf Deutsch soviel wie Rauchspitze.

Island: Signifikante Bodenhebung am 19.01.24

Bodenhebung unter Svartsengi hoch – Menschen versinken im Untergrund von Grindavik

Im isländischen Ausbruchsgebiet auf der Reykjaneshalbinsel hat die Erdbebentätigkeit gestern etwas abgenommen, doch sie befindet sich noch auf deutlich erhöhtem Niveau. Gestern wurden 160 schwache Erdbeben registriert, am Vortag waren es 200. Heute wurden bis morgens 60 Beben festgestellt. Die Bodenhebung bei Svartsengi ist hoch und auch, wenn die IMO-Wissenschaftler noch keine konkreten Hebungsraten nennen möchten, kann man an den Grafiken zur Bodendeformation ablesen, dass die Hebung zwischen 1 und 2 Zentimeter am Tag beträgt, was ein beachtlicher Wert ist. Einschränkend gilt weiterhin, dass nicht klar ist, ob die Bodenhebung nur von aufsteigendem Magma verursacht wird, oder ob noch tektonische Prozesse als Nachwirkung der Grabenbildung eine Rolle spielen.

Die neuerliche Grabenbildung hatte und hat dramatische Auswirkungen auf Grindavik. Durch die Bodenbewegungen haben sich unter Grindavik zahlreiche Hohlräume gebildet, die nicht alle an der Oberfläche offen liegen. So gibt es Berichte, nach denen Einsatzkräfte auf Straßen in Grindavik durch Asphalt brachen, weil sich unter den Straßen Hohlräume befinden. Zum Glück stürzte aber niemand in ein tiefes Loch. Ähnliche Effekte kenne ich vom Begehen von Lavafeldern, wo man auch schon mal durch eine Erstarrungskruste in einem darunter befindlichen Hohlraum einbricht. Oft verschrammt man sich dabei die Schienbeine.

Auf Island gibt es nun praktisch täglich Konferenzen mit Beratungen, wie es mit Grindavik weitergehen soll. Eine hatte gestern Versicherungstechnisches auf der Tagesordnung. Den Bewohnern von Grindavik wurde zugesichert, dass die Naturkatastrophenversicherung auch für Schäden an Gebäuden aufkommt, die durch die Grabenbildungen entstanden sind. Versichert ist auch jeder, der eine Brandschutzversicherung abgeschlossen hat. Die Versicherung kommt allerdings nicht für Schadensersatzforderungen auf, die dadurch entstehen, dass unbeschädigtes Wohneigentum nun nicht genutzt werden kann. Außerdem steht zur Diskussion, wie mit Folgeschäden umgegangen werden soll? Ein Problem ist, dass es nun in den evakuierten Gebäuden zu Frostschäden kommen kann, denn selbst unbeschädigte Häuser haben momentan keine Heizungen. Einsatzkräfte sind in Grindavik unterwegs und versuchen möglichst viele Häuser mit mobilen Heizungen zu wärmen, um Frostschäden zu vermeiden. Es sieht so aus, als hätte man die Stadt noch nicht aufgegeben, obwohl die Prognosen nicht gut sind: Vulkanologen rechnen mit weiteren Eruptionen, die deutlich stärker als die letzte werden könnten.

Island: Magma liegt flach unter Grindavik

Magma in Spalten unter Grindavik – Gasverschmutzung in Trinkwasserbrunnen entdeckt

Die seismische Aktivität auf der Reykjaneshalbinsel war über Nacht gering. Wenigstens werden auf der IMO-Shakemap bis jetzt nur wenige Erdbeben angezeigt, was auch an mangelnder Aktualisierung des Systems liegen kann. Die Bodenhebung geht weiter und erste Messungen nach der Eruption lassen einen etwas stärkeren unterirdischen Magmenzustrom vermuten als es davor der Fall war. IMO schrieb in seinem letzten Statement von gestern Abend aber, dass es noch zu früh sei, um genaue Werte anzugeben. Wahrscheinlich, weil sich der Boden auch infolge der Eruption und der damit einhergehenden Grabenbildung über dem neuen Dyke bewegen kann. Wenn ich die aktuellen Messwerte interpoliere, dann hat man in weniger als 2 Wochen wieder das Bodenhebungsniveau wie vor der Eruption erreicht, und das Spiel kann von vorne beginnen.

Am Südende des neuen Magmatischen Gangs scheint Lava nahe der Erdoberfläche zu stehen und könnte unabhängig einer neuen Intrusion jederzeit ausbrechen. Das Südende des Gangs befindet sich dummerweise unter Grindavik. Neue Drohnenaufnahmen, die mit einer Wärmebildkamera gemacht wurden, zeigten gestern Wärmesignaturen entlang von Rissen in der Stadt. Der Wärmefluss des Bodens scheint sehr groß zu sein.

Ein weiteres Problem in Grindavik ist, dass man im Trinkwasserbrunnen Kontaminationen entdeckt hat, die sehr wahrscheinlich durch magmatische Fluide verursacht wurden. Die Brunnen sind an die Wasserversorgung der Stadt angeschlossen, was weiterreichende Probleme mit sich bringen könnte. Die Brunnen werden von IMO bis jetzt nicht überwacht. Andere Institute benutzen Trinkwasserbrunnen schon seit längerem, um festzustellen, ob es geochemische Veränderungen im Wasser gibt, die Rückschlüsse über evtl. aufsteigendes Magma zulassen. Ein Beispiel ist das INGV, das speziell auf Vulcano regelmäßig Wasserproben aus den Brunnen untersucht. Eine veränderte Leitfähigkeit oder eine Änderung in den Verhältnissen der Heliumisotope gelten als Frühindikatoren aufsteigender Schmelze. Auch die Kohlendioxidkonzentration im Wasser liefert entsprechende Hinweise. In Grindavik dürfte die Kontamination aber weniger subtil sein, da Schmelze ja definitiv nahe der Oberfläche steht und auch Grundwasseraquifere direkt kontaminieren kann.

Das Video zeigt wie der Ausbruch begann.

Island: Erdbeben am Bardarbunga am 17.01.24

Spürbares Erdbeben am Bardarbunga – Wenig Hoffnung für Grindavik

Datum 17.01.2024 | Zeit: 14:14:44 UTC | Lokation: 64.626 ; -17.464 | Tiefe: 2,1 km | Mb 4,1

Heute Nachmittag wurde der isländische Gletschervulkan Bardarbunga von einem Erdbeben der Magnitude 4,1 erschüttert. Erdbeben dieser Stärke sind wahrnehmbar. Aufgrund der Abgelegenheit des Vulkans liegen aber keine Wahrnehmungsmeldungen vor. Das Hypozentrum wurde in 2 km Tiefe verortet. Einige Erdstöße ereigneten sich auch im Bereich des benachbarten Vulkans Grimsvötn, der letzte Woche wegen einem Gletscherlauf in den Schlagzeilen stand. Der Höhepunkt der Gletscherflut wurde am Sonntag erreicht, allerdings gingen Meldungen hierzu im Trubel um die Eruption bei Grindavik unter.

Apropos Grindavik: Erdbeben gibt es auch hier weiterhin und die IMO-Tabellen zeigen 148 Erschütterungen in den letzten 48 Stunden an. Da nicht alle Erdbeben automatisch erfasst werden, könnten es auch mehr Beben gewesen sein.

Heute Morgen gab es auch wieder eine Expertenkonferenz, zu der auch Bürger von Grindavik geladen waren. Geophysikprofessor Magnús Tumi Guðmundsson verkündete auf der Konferenz, dass es keine guten Nachrichten für Grindavik gäbe. Seiner Meinung nach wäre die Stadt bis auf Weiteres unbewohnbar. Ein Ende der magmatischen Aktivität und der Bodendeformationen sei nicht in Sicht. Tatsächlich könnte die Aktivität noch Monate oder Jahre dauern. Magnús meinte, es gäbe völlige Ungewissheit darüber, wann und wann Entscheidungen getroffen werden könnten, wie es für die Bewohner der Stadt weitergeht. Daher wäre es besser, langfristig zu denken als nur die nächsten paar Wochen zu berücksichtigen. Kurzum gab der Geophysiker zu verstehen, dass sich die Grindaviknigs besser dauerhaft nach einer neuen Bleibe umsehen sollten.

Erst kurz vor Weihnachten wurde den Bürgern freigestellt, selbst zu entscheiden, ob sie nach Grindavik zurückkehren wollen. Grund hierfür war aber nicht etwa eine verringerte Gefahr für die Menschen, sondern die isländische Gesetzeslage, nach der Evakuierungen zeitlich begrenzt sind. Stellt sich die Frage, ob sich die Gesetze inzwischen geändert haben? Meines Wissens nach nicht und so könnte es denn in einigen Wochen erneut der Fall sein, dass den Grindavikings gestattet werden muss in ihre Häuser zurückzukehren.

Island: Starke Bodenverformungen am 17.01.24

Starke Bodenverformungen bei Svartsengi und Grindavik – Neues Rift entstand

Während die Erdbebentätigkeit entlang des magmatischen Gangs etwas abgenommen hat, bleibt die Bodenhebung bei Svartsengi hoch und nahm in den letzten Stunden sogar noch zu. Zwei Tage nach der Entstehung des Magmatunnels sollte das Messgerät beginnen, einen Rückgang zu zeigen, wenn die Magmaansammlung aufgehört hätte. Dies ist nicht der Fall und es ist daher klar, dass sich weiterhin Magma ansammelt. Die genaue Rate ist aus den verschiedenen Diagrammen nicht so leicht abzulesen, aber ich würde sie auf 8 bis 10 mm pro Tag schätzen.

Besonders hoch ist sie an den Messstationen NORV und HS02. Es sieht so aus, als hätte sich der Magmen-Hauptaufstiegskanal etwas nach Westen verlagert. Zu diesem Schluss gelangen auch die Rechenmodelle der isländischen Geowissenschaftler, die gestern Abend noch einen Bericht nachschoben. Demnach migrierte das Magma, das den neuen magmatischen Gang bildete, von Svartsengi aus in Richtung Osten und breitete sich dann von Stóra Skógsfell bis nach Süden unter Grindavík aus. Dabei bildet sich auch ein neues Rift, ähnlich wie wir es am 10. November sahen. Allerdings blieben starke Erdbeben mit Magnituden über 4 aus. Dennoch gab es nicht nur in Grindavik starke Bodenbewegungen, sondern auch entlang des weiter nördlich gelegenen Riftabschnittes: Durch die Intrusion des Gangs wurde die Erdoberfläche gedehnt und sackte dann über dem Gang ab, was zu einer langgestreckten Depression führte. Diese ist zwischen 800 und 1000 m breit und bis zu 30 cm tief, wobei es gestern geheißen hat, dass sich in Grindavik der Boden stellenweise bis zu 140 cm abgesenkt hat, was aber auch durch den Magmenausstoß zustande gekommen sein kann.

Erste Analysen der Lavaproben zeigten, dass es sich grundlegend wieder um ein tholeiitisches Basaltmagma gehandelt hat, wie es auch schon am Fagradalsfjall eruptiert wurde, mit dem Unterschied, dass es weiter differenziert war und vermutlich länger im Magmenreservoir gespeichert war. Die Schmelze, die aus der südlichsten Spalte bei Grindavik ausgestoßen wurde, war besonders an Magnesium untersättigt und könnte noch älter gewesen sein als das Material aus der Hauptspalte. Vielleicht wurde hier Magma mit ausgestoßen, das sich bereits vor längerer Zeit dort angesammelt hatte. Das würde die besonders starke Bodensenkung erklären und auch den Annahmen widersprechen, dass sich die Schmelze in den Gängen innerhalb weniger Tage soweit abkühlt, dass sie nicht mehr fließfähig ist.

Übrigens wurde in der Blauen Lagune die Badetätigkeit wieder eingestellt. Morgen soll neu entschieden werden, wie lange die Schließung dauern wird.

Island: Neue Gefahrenkarte am 16.01.24

Nach dem Ausbruch ist vor dem Ausbruch – Neue Gefahrenkarte von IMO

Es sieht so aus, als wäre der Ausbruch, der am Sonntag auf der isländischen Reykjaneshalbinsel begann, bereits wieder vorbei. Doch die kurzweilige Episode brachte dem Untergrund nur wenig Entspannung, und so wird damit gerechnet, dass die oberflächliche Ruhe nicht lange wehrt.

Gestern Abend brachte IMO ein ungewöhnlich langes Statement heraus. In ihm heißt es, dass die Gefahrensituation neu bewertet wurde, und eine entsprechende Karte wurde herausgebracht. Auf ihr sieht man, dass Grindavik nun wieder im Bereich mit der höchsten Gefahrenstufe steht. Im Zuge der Eruption bewegte sich hier der Untergrund besonders stark, und während die unterirdischen Magmenbewegungen entlang des neu intrudierten magmatischen Gangs gestern Abend überall zum Erliegen gekommen waren, detektierte man unter Grindavik noch Magmenbewegungen. Während Dykebildung und Eruption sackte der Boden in Grindavik um bis zu 140 cm ab. Es öffneten sich neue Spalten und bereits Vorhandene vergrößerten sich. Ich halte es für möglich, dass bei der Eruption aus der Spalte am Stadtrand nicht nur frische Schmelze eruptiert wurde, sondern auch jene, die bereits am 10. November dort intrudierte. Vielleicht werden Analysen von Lavaproben diesbezüglich genaueren Aufschluss liefern.

Eine Karte von IMO zeigt auch, dass der Damm offenbar funktionierte und den Hauptlavastrom von der Stadt weggeleitet hat. Wäre dieser Lavastrom durch Grindavik marschiert, hätten sich die Diskussionen um das Schicksal der Siedlung wohl weitestgehend erledigt. Ich persönlich halte es bereits jetzt für besiegelt, denn selbst wenn die Häuser nicht von neuen Lavaströmen gefressen werden sollten, ist der Untergrund so instabil, dass man hier nicht mehr guten Gewissens dauerhaft leben kann. Man müsste unzählige Bohrungen abteufen, um verborgenen Hohlräumen auf die Spur zu kommen, so dass es sinnvoller erscheint, die Stadt an anderer Stelle neu aufzubauen oder ganz aufzugeben. Wenn man natürlich Sicherheitsstandards außer Acht lässt, wäre es in einigen Jahren vielleicht möglich, dort wieder zu leben.

Momentan sieht es jedenfalls nicht nach einer dauerhaften Entspannung der allgemeinen Situation aus, denn der Boden bei Svartsengi hebt sich unvermindert weiter und aus der Tiefe steigt Magma auf. Im Gegensatz zu den vorherigen beiden Events senkte sich der Boden dort kaum. Entweder ging die Intrusion des neuen Gangs nicht von hier aus oder sie war zu klein, als dass sie den Boden großartig abgesenkt hätte.

Island: Lavaspattering an der Spalte

Lavaspattering an der Eruptionsspalte – Erdbebentätigkeit erhöht

Heute Nachmittag kann man auf der Livecam noch Lavaspattering erkennen. Die Eruptionen kommen aus einem Förderschlot im nördlichen Drittel der Eruptionsspalte, die ansonsten inaktive ist. Um den Schlot baut sich bereits ein kleiner Wall auf, der zu einem Kegel heranreifen könnte. Dieser Verlauf ist typisch für Spalteneruptionen.

Die Erdbebenaktivität bleibt erhöht, so dass es sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob der Vulkanausbruch bereits in seinen letzten Zügen liegt, oder ob er sich wieder verstärken wird und sich wohlmöglich weitere Spalten auftun werden. So etwas haben wir während der ersten Fagradalsfjall-Eruption erlebt, die sich über ein halbes Jahr hinzog.

Obwohl noch keine genauen Daten zum geförderten Lavavolumen veröffentlicht wurden, lässt sich bereits jetzt sagen, dass weitaus weniger, als bei der Eruption vom 18. Dezember gefördert wurde. An den meisten Messstationen ist nur eine geringe Bodenabsenkung aus den Daten abzulesen. Je näher die Messstationen in Richtung Grindavik und der Spalte liegen, desto größer ist die registrierte Bodensenkung.

Der isländische Geophysiker Magnús Tumi Guðmundsson äußerte sich bei MBL dahingehend, dass sich in Grindavik der Boden besonders stark absenkte und sich neue Risse bildeten. Man muss sich nun die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, Grindavik wieder aufzubauen oder ob man den Ort nicht dauerhaft aufgeben sollte. Die meisten Gebäude seien zwar noch unbeschädigt, aber die Versorgungsleitungen sind an vielen Stellen zerstört. Bevor die Unruhen nicht ganz aufgehört haben – was Jahre dauern könnte – hält Guðmundsson Grindavik für unbewohnbar. Er meint, um die Stadt zu retten, müsse man schnell weitere Befestigungsanlagen bauen. Aus dem Gesagten lässt sich schließen, dass auch die isländischen Experten mit weiteren Eruptionen bei Grindavik rechnen.