Island: Eruptionsgefahr bleibt am 12.11.23 hoch

Leichter Rückgang der Erdbebentätigkeit auf Reykjanes – Eruptionsgefahr bleibt hoch

Seit Mitternacht gab es ca. 1000 schwache Erdbeben unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel. Nicht alle Beben manifestierten sich entlang des Dykes: es formierten sich auch 2 Bebencluster nordöstlich und südwestlich davon. Im Bereich des magmatischen Gangs blieben die Magnituden kleiner als 3. Die isländischen Medien berichten, dass es praktisch keine erkennbaren Veränderungen in Bezug auf Magmenbewegungen gab. Dennoch geht man davon aus, dass Magma langsam weiter aufsteigt. Den letzten Daten von gestern Nachmittag zufolge befand sich die Schmelze zu diesem Zeitpunkt in ca. 800 m Tiefe. Von dort kann es theoretisch innerhalb weniger Stunden bis zur Oberfläche durchdringen. Erfahrungsgemäß dauert es 3–7 Tage, bis es nach einer so starken Intrusion zu einem Vulkanausbruch kommt. Am Bardarbunga wie auch auf Leilani gab es erst eine Serie kleinerer Spalteneruptionen, bis es dann zum großen Ausbruch kam. Aber das Verhalten eines jeden Vulkans oder Gangs kann sich von dem, was man glaubt zu kennen, unterscheiden, was Prognosen deutlich erschwert. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass es nicht zu einem Ausbruch kommt, diese ist aber relativ gering.

IMO-Vulkanologe Ármann Höskuldsson äußerte sich in einem Interview mit RUV besorgt, denn er hält es für wahrscheinlich, dass es zu einer Eruption direkt in- oder knapp außerhalb von Grindavik kommen wird. Die Gefahr einer submarinen Eruption vor der Küste hält er ebenfalls für hoch. In diesem Fall kann es surtseyanische Eruptionen geben, die auch Aschewolken fördern und den Flugverkehr gefährden. Besonders tragisch, da der Flughafen Keflavik nur 20 km Luftlinie entfernt liegt.

Trotz der Gefahr für Grindavik entwickelt man eifrig Pläne, wie man den evakuierten Anwohnern die kurzfristige Rückkehr in ihre Häuser ermöglichen kann, damit sie zurückgelassene Wertgegenstände und das Nötigste zum Leben aus ihren Wohnungen bergen können, bevor der Ausbruch losgeht, der möglicher Weise enorme Schäden in der Stadt anrichten wird. Es ist auch der Totalverlust des gesamten Ortes denkbar. Es befinden sich auch noch zahlreiche Haustiere in Grindavik, die geborgen werden sollen. Eine Herausforderung für die Verantwortlichen des Zivilschutzes.

Island: Magmenintrusion verursacht Straßensperrungen

Aktualisierter Verlauf des Magmatischen Gangs. Stand 18 Uhr. © IMO

Magmenintrusion bis unters Meer – Grindavik großräumig abgesperrt

Update 20.30 Uhr: Neue Daten veranlassten die Wissenschaftler, den Verlauf des magmatischen Gangs neu zu bewerten. Nach diesen Erkenntnissen soll er 15 km lang sein und nicht bei Stóra-Skógfell entspringen, sondern auf der Ebene Kálffellsheiði, die am Nordwestrand des Fagradalsfjall beginnt. Vielleicht sind die Vorgänge auch wieder mehr mit diesem Vulkan assoziiert, als man bis jetzt meint.

Originalmeldung: Die Nacht und den Tag verbrachten isländische Forscher damit, die Situation um die Magmenintrusion bei Grindavik auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel genauer zu untersuchen. Was sie herausfanden, dürfte die Menschen vor Ort wenig begeistern: Der magmatische Gang, der letzte Nacht in der Gegend zwischen Svartsengi und Grindavik intrudiert war, hat mindestens eine Länge von 12 km. Er beginnt am Südrand der vulkanischen Erhebung Stóra-Skógfell und verläuft östlich von Svartsengi und dem Vulkan Thorbjörn. Dort folgt der alten Kraterreihe von Sundhnúka und unterquert den Westen Grindaviks. Seine Spur verliert sich an der Küste, wo er wahrscheinlich ein Stück weit ins Meer hineinläuft. An seiner flachsten Stelle liegt er in nur 800 m Tiefe und es ist sehr wahrscheinlich, dass das Magma den restlichen Weg bis zur Oberfläche schafft. Noch ist es völlig unklar, wo das sein wird. Wahrscheinlich gibt es eine längere Eruptionsspalte und Lava könnte sogar am Meeresboden austreten, so dass wir eine surtseyanische Eruption sehen werden. Doch das mit dem Sehen ist so eine Sache, denn Grindavik wurde nicht nur evakuiert, sondern auch großräumig abgesperrt. Es trat ein touristischer Notfallplan in Kraft und es darf bezweifelt werden, dass der potenzielle Vulkanausbruch eine Touristenattraktion werden wird.

Nicht nur ich fühle mich an die Vorgänge im Vorfeld der Bardarbunga-Eruption erinnert, sondern auch viele der isländischen Geowissenschaftler. Man geht davon aus, dass ein großer Vulkanausbruch droht, der deutlich stärker werden wird als das, was wir in den letzten drei Jahren am Fagradalsfjall sahen. Þorvaldur Þórðarson sagte in einem MBL-Interview, dass der Dyke seiner Meinung nach das Potenzial hat, etwa 0,5 Kubikkilometer Lava hervorzubringen. Der Bardarbunga förderte etwa 1,2 Kubikkilometer Schmelze. Bei der ersten Fagradalsfjall-Eruption waren es 0,2 Kubikmeter. Im Anfangsstadium könnten etwa 300–400 Kubikmeter Lava pro Sekunde gefördert werden. Der Fagradalsfjall schaffte damals gerade einmal 8 Kubikmeter. Auch der Forscher Benedikt Gunnar Ófeigsson zieht Parallelen zum Bardarbunga und sieht die Größenordnungen der aktuellen Bodendeformation in diesem Bereich angesiedelt.

Im Laufe des Tages verschaffte man sich auch einen Überblick über die Straßenschäden, die besonders in Grindavik auftraten und ein ernstes Problem darstellen. Der Zivilschutz hat dazu geraten, die Straßen nicht mehr mit privaten PKWs befahren zu lassen. Es wird auch überlegt, einen Fahrservice für die Fütterung zurückgelassener Haustiere einzurichten.

Heute Abend hält die Erdbebenaktivität weiter an, hat sich aber etwas abgeschwächt. Das Zentrum der Aktivität hat sich wieder in den Nordosten verlagert, dorthin, wo sie gestern begann.

Island: Magmenintrusion löst Evakuierung aus

Starkes Schwarmbeben und Magmenintrusion unter Grindavik – Ort wurde evakuiert

Das starke Schwarmbeben, das gestern Nachmittag unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel begann, ist immer noch nicht vorbei. Es hat sich nur ein wenig abgeschwächt, doch die Aktivität geht auf sehr hohem Niveau weiter. Innerhalb von 24 Stunden wurden mehr als 3000 Beben registriert. Drei Erdbeben hatten Magnituden im Fünferbereich. Gestern verlagerte sich das Bebenzentrum von einer Region westlich von Svartsengi in den Osten, um dann weiter in den Süden zu wandern. Wie ich schon ziemlich früh schrieb, verlagerte sich auch die Bodenhebung mit den Erdbeben, die im Endeffekt der fortschreitenden Intrusion eines magmatischen Gangs folgte. Sie setzte sich allem Anschein nach bis unter den Ort Grindavik an der Südküste von Reykjanes fort, so dass man am späten Abend beschloss, die Bewohner von Grindavik vorsorglich zu evakuieren. Obwohl der Zivilschutz klar machte, dass es noch keine Notfallevakuierung sei und man in Ruhe seine Häuser verlassen könne, war der Prozess bereits um drei Uhr nachts abgeschlossen. An den Ortszugangsstraßen wurden Straßensperren errichtet und Patrouillen sollen sicherstellen, dass nicht geplündert wird, was ich mir auf Island auch nur schwer vorstellen kann.

Schon das ungewöhnlich starke Schwarmbeben lässt vermuten, dass sich da etwas Gewaltiges unter Reykjanes zusammenbraucht. Diese Vermutung wird durch ein neues Interferogramm gestützt, das massive Bodenhebungen visualisiert, die ihr Zentrum auf der Linie des neu intrudierten Gangs haben, aber einen großen Teil der Halbinsel beeinflussen. In Statements von IMO-Wissenschaftlern, die in den isländischen Medien verbreitet wurden, heißt es, dass es die größte Magmenansammlung der letzten Jahre ist, die man unter Reykjanes messen konnte. Es hat sich also auch mehr Magma angesammelt als vor der ersten Fagradalsfjall-Eruption, die zwischen März und September 2021 die Gegend ein halbes Jahr lang in Atem hielt.

Neue Messungen zeigen, dass der magmatische Gang 12 km lang ist und sich bis unters Meer erstreckt. Es ist von einer Bodenhebung von 20 cm und mehr die Rede. Die GPS-Messtationen Svartsengi und Festarfjall (südlich vom Fagradalsfjall) drifteten um 120 cm auseinander.

Subjektiv betrachtet erinnern mich die Vorgänge an das Vorspiel zur Bardarbunga-Eruption in 2014, auch wenn sich die Vorgänge nicht 1:1 vergleichen lassen, da es sich um unterschiedliche Vulkansysteme handelt. Damals entstand das größte Lavafeld auf Island seit der Laki-Eruption im 18. Jahrhundert entstand. Während Bardarbunga im unbewohnten Hochland wütete, ist hier eine Region mit wichtiger Infrastruktur betroffen. Neben Grindavik sind die Blaue Lagune und das Geothermalkraftwerk direkt betroffen. Keflavik mit dem internationalen Flughafen und die Inselhauptstadt Reykjavik liegen quasi in Sichtweite der betroffenen Region und könnten auf die eine oder andere Weise indirekt in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Alarmstatus für den Flugverkehr wurde auf „Orange“ erhöht.

Obwohl man immer noch nicht definitiv sagen kann, dass es zu einem Vulkanausbruch kommen wird, halte ich es für sehr wahrscheinlich. Die Frage ist nur wann und wo genau.

Island: Massives Schwarmbeben in Progress

Die seismische Aktivität unter Reykjanes steigerte sich weiter – stärkstes Erdbeben M 5,2

Die Erdbebenaktivität unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel steuert ihrem neuen Höhepunkt entgegen und könnte tatsächlich auch durch einen finalen Magmenaufstieg im Bereich der Sundhnúkar-Kraterreihe getriggert werden. In den letzten Stunden ereigneten sich gut 170 Erdbeben mit Magnituden ab 3. Der stärkste Erdstoß, der vom automatischen System detektiert wurde, hatte eine Magnitude von 5,2. Es könnte aber sein, dass die Daten noch korrigiert werden, sobald sie von einem Geophysiker überprüft wurden.

Wie dem auch sein, es ist eines der stärksten Schwarmbeben auf Island, über das ich hier bisher berichten konnte. Ähnlich starke Ereignisse hatten wir vor der ersten Fagradalsfjall-Eruption 2021 und vor der Bardarbunga-Eruption 2014. Selbst wenn das Magma nicht in den nächsten Stunden/Tagen ausbrechen sollte, kann ich mir kaum vorstellen, dass es längerfristig im Untergrund hängen bleibt. Grund für diese Annahme liefern zahlreiche Erdbeben mit Magnituden ab 3 in Tiefen von 1-2 km, die sich in den letzten Minuten manifestierten. Wahrscheinlich bricht dort das Gestein auf, weil Magma sich seinen Weg bahnt.

Sollte die Schmelze nicht in den nächsten Stunden den finalen Aufstieg schaffen, gibt es eine vergleichsweise große Magmenansammlung in geringer Tiefe, die nur auf einen weiteren Schubs wartet um auszubrechen.

Auf einem der Livestreams sieht man Blaulicht und einsatzfahrzeuge am Kraftwerk Svartsengi. Außerdem wurde die Straße beschädigt. Auf einem Foto ist zu erkennen, dass sich ein Riss gebildet hat an dem es einen Versatz von mehreren zehner Zentimetern gibt.

Interessanterweise droht nicht nur auf Reykjanes ein Vulkanausbruch, sondern auch am Ätna. Wie unsere Vereinsmitglied Tobias L. und Andreas B. gerade in unserer WA-Gruppe diskutierten, konnte man auf der Livecam kurz einen kleinen Lavastrom erspähen, der in der Scharte des Neuen Südostkraters unterwegs ist. Der Tremor stieg deutlich an und befindet sich an der Grenze zum roten Bereich. Hier droht entweder ein Paroxysmus, oder einen neue Episode mit Lavastromtätigkeit. Typisch Ätna halt, hasst es, wenn ihm andere Vulkane die Show stehlen! Vulkanspotter stehen dann mal wieder vor der Wahl der Qual, wo mehrere Monate lang keine interessante Eruption in erreichbaren Gefilden stattfand. Sollte es zu einem Ausbruch kommen, zieht es mich trotz der Jahreszeit wohl ehr nach Island als zum Ätna, obwohl ich auch mal wieder einen schönen Ätna-Paroxysmus vertragen könnte!

Reykjanes: Neuer Bebenschub am 10.11.23

Schwarmbeben verstärkte sich wieder – Bodenhebung verlagert sich in Richtung Süden

Datum 10.11.23 | Zeit: 12:44:59 UTC | Lokation: 63.885  ; -22.390 | Tiefe: 5,4 km | Mb 4,3

Heute Vormittag intensivierte sich die Bebentätigkeit unter Reykjanes wieder. Es gab einen neuen Bebenschub und in den Tabellen von IMO sind mehr als 1000 Erdbeben aufgeführt, die sich in den letzten 48 Stunden manifestierten. Erfahrungsgemäß werden hier nicht alle Beben angezeigt, denn es gibt immer eine recht große Abweichung zwischen den Listen und der Anzahl der Beben in den Reviews des IMOs.

Der stärkste Erdstoß der Sequenz brachte es auf eine Magnitude 4,3 und hatte einen Erdbebenherd in 5,4 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 5,8 km nordnordöstlich von Grindavík verortet. Generell ist festzustellen, dass sich der Bebenspot in östliche Richtung verlagerte und sich nun in der Region Sýlingafell konzentriert. Darüber hinaus gibt es auch wieder zahlreich Spannungsbeben, die in einem großen Umfeld entlang des Reykajnes-Ridge streuen.

Nicht nur die Erdbebenzentren verlagerten sich, sondern auch die Bodenhebung. Seit dem späten Vormittag kommen wieder GPS-Messdaten herein, und man sieht, dass in der Region Thorbjörn-Svartsengi Subsidenz eingesetzt hat, während an den Messstationen weiter nördlich und südlich Bodenhebung durch Inflation zu sehen ist. Besonders bei Grindavik hob sich der Boden weiter. Ein Teil der Schmelze scheint auch weiter in Richtung der Messstation LITKA zu wandern bzw. aufzusteigen. Interessant ist auch, dass sich die Richtung des horizontalen Versatzes bei Thorbjörn umkehrte.

Es schaut so aus, als würde die Schmelze vom Zentrum der Region Thorbjörn-Svartsengi zu deren Rändern wandern. Wie ich schon früher gemutmaßt habe, muss eine Eruption nicht unbedingt im Bereich der aktuell höchsten Bodenhebung bei Svartsengi starten. Die Schmelze kann weiter horizontal migrieren und sich einen geeigneteren Austrittspunkt suchen. Noch ist es allerdings nicht klar, ob es kurzfristig überhaupt zu einem Vulkanausbruch kommen wird.

Blaue Lagune-Svartsengi-Thorbjörn Livecam

Aufgrund der anhaltenden seismischen Aktivität nebst Bodenhebung auf der isländischen Reykjaneshalbinsel richteten mehrere lokale Mediendienstanbieter ihre Webcams auf das betroffene Gebiet um die Blaue Lagune und das Geothermalkraftwerk Svartsengi. Die meisten Kameras stehen auf der vulkanischen Erhebung Thorbjörn, unter der es selbst zu einer signifikanten Bodenhebung kommt. Auf dieser Seite bette ich auch Livedaten zur Seismik und Bodenhebung ein.

Multiview-Blick

Livestream vom Husafell

 

Livecam mit Blick auf die Eruption von Sandhóll aus

LiveCam der Eruption. Die Kamera wird von MBL betrieben

Einen Grindavik-Livestream (der sich nicht einbinden lässt) gibt es hier bei YT.

Karte des Eruptionsgebiets

Karte der Lage der Eruptionsspalte zwischen Stóra-Skógfell und Sundhnúkar. © IMO

Seismogramm der Messstation Grindavik

Die Seismizität auf Reykjanes wird von mehreren seismischen Messstationen erfasst. Von den öffentlich einsehbaren Geräten ist jenes bei Grindavik dem Geschehen am nächsten. Auf dem Seismogramm kann man die Erdbebensignale gut sehen. © IMO

Der Tremor wird mit besonders empfindlich eingestellten Seismometern erfasst, der überwiegend Schwingungen mit niedrigen Frequenzen erfasst. Die hier eingebaute Grafik zeigt den Tremor der Messstation Litla Skogfell, die nordöstlich vom Thorbjörn steht. © IMO

Bodendeformation im Bereich Grindavik


Diese GPS-Messstation zeigt detektiert die Bodenhebung bei Svartsengi. © IMO

Das Reykjanes-Svartsengi-Vulkansystem auf Island

Am 25. Oktober 2023 setzte im Südwesten der Reykjanes-Halbinsel ein starkes Schwarmbeben an. Zwei Tage später begann eine Bodenhebung im Bereich des Vulkansystems Svartsengi, die schnell an Fahrt aufnahm. Die Bodenhebung wird von Magma verursacht, dass sich in 4-5 km Tiefe in einer horizontal liegenden Schicht akkumuliert. Betroffen ist ein recht großes Areal um den Vulkan Thorbjörn, der während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung entstand und daher die Form eines Tafelvulkans hat. Obwohl sich Erdbeben und Bodenhebung auf einem Gebiet nordwestlich von Thorbjörn konzentrieren, gibt es auch Erdbeben im Nordosten und im Süden des Areals. Dort reichen sie bis an den Ort Grindavik heran. Im Nordosten liegen die vulkanischen Erhebungen von Sýlingafell und Stora-Skogfell. Dazwischen spannt sich eine kleine Kraterreihe entlang einer früheren Eruptionsspalte auf. Im Nordwesten liegt das Geothermalkraftwerk Svartsengi mit der Blauen Lagune und westlich davon befindet sich die Schlackenkegelreihe Eldvörp, an der es im 13. Jahrhundert Eruptionen gab, die mehrere Lavafelder bildeten.

Die beschriebenen vulkanischen Manifestationen um Svartsengi werden von einigen Autoren als Teil des größeren Reykjanes-Vulkansystems betrachtet. Andere Autoren sehen in ihnen ein eigenständiges Vulkansystem.

Generell betrachtet liegt das Reykjanes-Vulkansystem an der südwestlichen Spitze der Reykjanes-Halbinsel, wo sich der Mittelatlantische Rücken über den Meeresspiegel erhebt. Es besteht aus einem weiten Gebiet postglazialer Basaltkraterreihen und kleiner Schildvulkane. Das submarine Vulkansystem Reykjaneshryggur grenzt an das Reykjanes-Vulkansystem und wird als Teil desselben betrachtet. Es ist das westlichste System einer Reihe von fünf dicht beieinander liegenden, gestaffelten Spaltsystemen, die sich diagonal über die Reykjanes-Halbinsel erstrecken. Östlich des beschriebenen Systems befindet sich das Vulkansystem des Fagradalsfjalls, das zuletzt im Sommer 2023 ausbrach.

Trotz der starken Bodenhebung im November 2023 ist es noch nicht als sicher anzusehen, dass es auch zu einen Vulkanausbruch hier kommen wird. Bereits Ende 2020 kam es zu eine starken Bodenhebung. Drei Monate später startete dann einer Eruption am Fagradalsfjall.

Update: Inzwischen gab es 4 Eruptionen im Svartsengi System. Hier eine Chronik.

Erdbeben M 5,0 erschüttert Island am 09.11.2023

Stärkstes Erdbeben der Serie auf Reykjanes manifestiert sich nahe Grindavik

Gäste fliehen nachts aus Hotel der Blauen Lagune

Datum 09.11.23 | Zeit: 00:46:06 UTC | Lokation: 63.864 ; -22.454 | Tiefe: 2,5 km | Mb 5,0

Heute Nacht hat sich um 00:46 UTC das stärkste Beben der aktuellen Hebungsphase ereignet. Es hatte eine Magnitude von 5,0 und einen Erdbebenherd in nur 2,5 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 2.8 km nord-nordwestlich von Grindavík verortet. Damit lag der Erdstoß direkt vor den Stadttoren und dürfte die Menschen aus dem Schlaf gerissen haben. Außerdem lag es sehr flach und könnte ein Anzeichen dafür gewesen sein, dass Magma weiter Richtung Erdoberfläche migriert.

Aus dem Schlaf gerissen wurden auch die Gäste des Hotels der Blauen Lagune, die teilweise nachts in Panik flüchteten. Allerdings kamen bei weitem nicht alle weg, da viele der Gäste keinen eigenen Wagen zur Verfügung hatten. So wurden Taxen bestellt, von denen es aber auch nicht genug gab. In lokalen Medien heißt es, dass etwa 40 Personen das Hotel verlassen wollten, aber nur wenigen gelang es. Außerdem waren Steine auf die Straße zum Hotel gefallen. Sie stammten aus hohen Lavawällen am Straßenrand. Es könnte halt doch ein wenig beunruhigen, wenn man weiß, dass sich in 4-5 km unter einem Magma ansammelt und auf seinen Ausbruch wartet. Was mich verwundert ist, wie man die Leute im Notfall evakuieren möchte, wenn an der Blauen Lagune keine Busse zur Verfügung stehen? Man kann nicht zwingend davon ausgehen, dass man Stunden Zeit hat, um Busse zu rufen, wenn das Magma final aufsteigt!

Ich plädiere ja immer für Eigenverantwortung (zu der meiner Meinung nach auch gehört, sich selbst zu überlegen, wie man im Notfall evakuieren kann), aber irgendwann ist natürlich der Zeitpunkt gekommen, wo die Behörden überlegen müssen, ob es nicht im allgemeinen Interesse ist, Sperrungen und Evakuierungen anzuordnen. Die Erfahrung zeigt ja, dass Geschäftsleute ihr Glück oft bis zum geht nicht mehr ausreizen und Geld verdienen wollen und natürlich teilweise auch müssen, da so eine Anlage ja hohe laufende Kosten hat und die Angestellten bezahlt werden müssen. Viele Touristen kommen zu dieser Jahreszeit nach Island, einzig um in der Lagune zu Baden und Polarlichter zu gucken, oft auf einen Zwischenstopp auf einem Transatlantikflug. Naja, wahrscheinlich kommen sie dann bald auch wieder, um einen Vulkanausbruch zu bewundern.

Natürlich blieb es nicht bei dem Erdbeben Mb 5,0, denn es war Teil eines neuen Erdbebenschubs innerhalb des anhaltenden Schwarmbebens, das am 25. Oktober begann. Es gab auch mehrere Erdbeben mit Magnituden im Vierer- und Dreierbereich. Insgesamt wurden 28 Beben mit Magnituden ab 3 detektiert. Der Schub dürfte sich aus ca. 800 Einzelbeben zusammensetzen. Seit Beginn des Erdbebenschwarms wurden fast 29.000 Erschütterungen detektiert. Man kann davon ausgehen, dass die Bodenhebung, die gestern Abend bis zu 10 cm betrug, anhält. Ein Update gibt es, wenn neue Messwerte vorliegen.

Evakuierungsplan Grindavik

Grindavík bereitet sich auf mögliche Evakuierung vor

Heute pfeifen es die isländischen Medien von den Dächern: der drohende Vulkanausbruch im Gebiet von Thorsbjörn-Svartsengi und Eldvörp könnte ein ernstes Problem für die Isländer darstellen und Infrastruktur gefährden. Neben der Blauen Lagune und dem Geothermalkraftwerk Svartsengi, sieht man auch eine Bedrohung für den Ort Grindavík. Lavaströme könnten innerhalb von einem Tag die Gemeinde am Atlantik erreichen und dem Erdboden gleich machen, oder wenigstens eine Schneise durch die Stadt schlagen. Es ist auch nicht völlig ausgeschlossen, dass sich eine Eruptionsspalte in direkter Nachbarschaft zum Ort öffnet, dann blieb den Menschen nur wenig Zeit zur Flucht. Daher wurden bereits jetzt vom Ministerium für Katastrophenschutz und Notfallmanagement Evakuierungspläne veröffentlicht. Sie gelten auch für den Fall eines Erdbebens.
Der Plan umfasst Fluchtwege innerhalb und außerhalb der Stadt. Im Falle einer Evakuierung werden die Bewohner über die Notrufnummer 112 informiert und aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Folgende Schritte sind dabei zu beachten:

  • Stellen Sie sicher, dass alle Fenster in Ihren Häusern geschlossen sind, trennen Sie die Stromversorgung und überprüfen Sie Ihre Notfallausrüstung.
  • Verlassen Sie Ihr Zuhause und bringen Sie einen gut sichtbaren Aufkleber an, der anzeigt, dass das Haus verlassen wurde.
  • Wenn möglich, überprüfen Sie Ihre Nachbarn und Kollegen.
  • Fahren Sie vorsichtig weg und nehmen Sie evakuierte Fußgänger auf, wenn Platz in Ihren Autos ist.
  • Halten Sie sich über Radio und Medien auf dem Laufenden.
  • Melden Sie sich in einem Massenhilfezentrum außerhalb von Grindavík an. Es ist nicht erforderlich, an den Sammelstellen anzuhalten.
  • Notfälle und Unfälle sollten unter der Rufnummer 112 gemeldet werden, oder bei fehlendem Telefonanschluss kann eine weiße Fahne an der Tür oder am Fenster angebracht werden.

Eltern oder Erziehungsberechtigte sollten ihre Kinder im Vorschul- und Grundschulalter betreuen, wenn die Umstände dies zulassen. In verschiedenen Einrichtungen, darunter Reykjaneshöll in Reykjanes, Kórinn in Kópavogur und Vallaskóli in Selfoss, werden Hilfsstationen eingerichtet.

Das Sportzentrum in Grindavík wird als Sammelstelle dienen, hauptsächlich für diejenigen, die Hilfe benötigen, um die Stadt zu verlassen. Es ist wichtig, dass die Bewohner von Grindavík diese Informationen sorgfältig studieren und sich auf den Evakuierungsplan vorbereiten.

Betrieb der Blauen Lagune geht weiter

Während man die Stadt also auf eine Evakuierung vorbereitet, scheint das Management des Thermalbads Blaue Lagune noch total relaxt zu sein! Journalisten der Zeitung Iceland Review intervierten Badegäste auf dem Parkplatz vor dem Bad, als sie diese gerade verließen. Sie wurden gefragt, ob sie über die aktuelle Situation Bescheid wissen würden, worauf sich die meisten ausländischen Badegäste ahnungslos gaben. Das Management zeigte sich seinerseits erstaunt und sagte den Journalisten auf Nachfrage, dass man die Badegäste darüber aufkläre, dass sich unter dem Bad Magma ansammelt. Offenbar verlässt man sich vor Ort darauf, dass man im Falle eines finalen Magmenaufstiegs früh genug gewarnt wird, um die Badegäste und Mitarbeiter zu evakuieren. Na denn, mal abwarten und hoffen, dass es gut geht. Falls nicht, rollt der nächste Prozess auf die Vulkantourismusbranche zu.

Ich selbst kenne Grindavik und die Blaue Lagune ganz gut. Es wäre wirklich schade, wenn es hier zu Zerstörungen käme. In Grindavik gibt es einen kleinen Campingplatz und der Diner an der Tankstelle sit ein beliebter Treffpunkt von Vulkanspottern, wenn der Fagradalsfjall eruptiert. Die Blaue Lagune ist sicherlich toll, mir aber zu kommerzialisiert. Ein weniger bekanntes Kleinod ist das Thermalbad „Myvatn Nature Baths“ auf Nordisland. Die Blaue Lagune des Nordens kann einspringen, falls es das große Thermalbad auf Südisland bei einem Vulkanausbruch zerlegt.

Widersprüchliche Nachrichten zur Bodenhebung auf Island

Hebt sie sich oder hebt sie sich nicht?

Heute wurden zwei widersprüchliche Nachrichten zu den Geschehnissen verbreitet. Sie drehen sich um die Landhebung westlich des Thorbjörn-Vulkans beim Thermalgebiet Svartsengi. IMO veröffentlichte eine Analyse der Daten, in der die Forscher zum Schluss kommen, dass die Bodenhebung in einem ähnlichen Tempo wie in den letzten Tagen vonstatten geht. Diese Schlussfolgerung wird von der Tatsache gestützt, dass die Seismizität weiterhin hoch ist. Täglich manifestieren sich hunderte Erdbeben auf Reykjanes, von denen sich die meisten in dem Gebiet mit der Bodenhebung ereignen. Das stärkste Beben heute Nacht hatte eine Magnitude von 3,7. Dennoch hat sich die Intensität des Schwarms etwas abgeschwächt. Insbesondere gab es deutlich weniger Erdbeben mit Magnituden ab 3.

In der FB-Gruppe „Eldfjalla- og náttúruvárhópur Suðurlands“ (Südland Vulkan- und Naturgefahrengruppe) wurde ein Bericht veröffentlicht, nachdem sich die Bodenhebung deutlich verlangsamt hat, bzw. sogar stoppte und rückläufig ist. Sprich, der Boden soll sich wieder etwas absenken. Tatsächlich zeigen die GPS-Messstationen im Bereich von Svartsengi und am Fagradalsfjall, dass die Bodenhebung offenbar den Rückwärtsgang eingelegt hat. Es gibt aber 2 relevante Ausnahmen: an der Thorbjörn-Messtation und bei Grindavik legten die Messwerte noch etwas zu. Es könnte also sein, dass die Schmelze im Untergrund in Richtung Südosten migriert.

Nach wie vor gibt es noch keine Anzeichen für einen finalen Magmenaufstieg. Die Schmelze sammelt sich wie gewohnt in 5 bis 4 km Tiefe und bildet dort wahrscheinlich magmatische Gänge, ähnlich wie wir es in den vergangenen Jahren öfters sahen. Genaue Modelle der unterirdischen Vorgänge stehen noch aus, ich kann mir aber gut vorstellen, dass die isländischen Forscher mit Nachdruck daran arbeiten, schließlich will sich niemand von einem Vulkanausbruch überraschen lassen. Bemerkenswert ist, dass die erhöhte Aktivität nun bereits eine Woche am Stück andauert. Es handelt sich um die längste Schwarmbeben-Episode mit Bodenhebung seit Ende der letzten Eruption.