Island am 19.11.23: Weitere Erdbeben

Seismizität zog Nachts etwas an – Vulkanologen rechnen immer noch mit Vulkanausbruch

In der Nacht gab es etwa 370 schwache Erdstöße im Bereich des magmatischen Gangs auf Reykjanes bei Grindavik. Das sind zwar weniger als in der Nacht zuvor, doch im Vergleich zum Tagesverlauf zog die Erdbebentätigkeit abends wieder etwas an. Die IMO-Chefvulkanologin meinte gestern Nachmittag, dass die Seismizitätsabnahme bedeuten könnte, dass die Schmelze nahe der Oberfläche steht und innerhalb weniger Stunden ausbrechen könnte. Bis jetzt kam es allerdings zu keiner Eruption.

Das stärkste Erdbeben der Nacht manifestierte sich übrigens nicht am magmatischen Gang, sondern weiter östlich in Krýsuvík, was westlich von Kleifarvatn liegt. In dieser Region bildete sich ein zweiter Bebenspot aus. Noch im vergangenen Monat spekulierten Vulkanologen, dass es in dieser Region zur Eruption kommen könnte, da auch dort schwache Bodenhebung detektiert wurde und Fumarolen eines Thermalgebiets aktiver wurden.

Heute Morgen soll es wieder Anwohnern von Grindavik gestattet werden, zu ihren Häusern zurückzukehren, um dort ihre Sachen zu bergen. Man geht davon aus, dass die Stadt monatelang unbewohnbar bleiben wird, selbst wenn es nicht zu einem Vulkanausbruch kommen sollte. Die Erdbewegungen halten an, das Stadtgebiet sackt weiter ab und zumindest flach liegenden Arealen an der Küste droht die Überflutung. Neben dem drohenden Vulkanausbruch ist die Gefahr stärkerer Erdbeben groß. Da viele Häuser bereits geschädigt sind, könnten stärkere Erdbeben diese zum Einsturz bringen. Es ist völlig offen, was als Nächstes passieren wird. Es ist auch eine weitere Rifting-Episode denkbar.

In einigen Teilen des Grabens steigt der Boden durch die Magmenintrusion weiter an. Dies ist vor allem im Gebiet von Svartsengi der Fall. Seit der Grabenbildung hob sich der Boden um 12 cm. Rechnet man die Zeit vor der Grabenbildung hinzu, kam es zu einer Bodenhebung von gut 20 cm. Die Subsidenz durch die Grabenbildung belief sich in diesem Teil des Rifts auf gut 30 cm.

Im Bereich des Fagradalsfjalls stoppte die Bodenhebung, doch es kommt weiterhin zu einer seitlichen Verschiebung der Erdkruste. Das Geschehen der letzten Woche wird in einem neuen Interferogramm dargestellt. Dort, wo die Linien am dichtesten verlaufen, liegt das Rift, unter dem sich der magmatische Gang ausbreitet. Es bleibt eine Gretchenfrage, was zuerst da war: das Rift, oder der Gang? Soll heißen: bildete sich das Rift aufgrund tektonischer Prozesse und die entstehende Spalte wurde durch aufsteigendes Magma gefällt, oder stieg Magma auf und drückte die Erdkruste auseinander? Im ersten Fall ist das Ausbruchsrisiko geringer als im zweiten Fall, da man davon ausgehen kann, dass die Schmelze unter mehr Druck steht, als wenn sie nur die Lücke aufgefüllt hat.

Island: Neue Erkenntnisse nach Konferenz

Konferenz des Krisenstabs endete – Magma könnte final aufsteigen

Nach der Konferenz des Krisenstabs zu den Geschehnissen bei Grindavik äußerte sich Kristín Jónsdóttir, die Leiterin der Abteilung für vulkanische Aktivität beim isländischen Wetteramt, gegenüber der Presse und bestätigte, dass die Seismizität in den letzten Stunden nachgelassen habe. Auch die Magmenbewegungen im magmatischen Gang haben nachgelassen. Dieser wird immer breiter und tiefer. Die Geowissenschaftlerin meint, dass die Abnahme der Erdbebentätigkeit ein Anzeichen dafür sein könnte, dass das Magma sehr flach steht und sich nahe der Oberfläche befindet. Sie zieht Analogien zur ersten Fagradalsfjall-Eruption, als am Vorabend des Ausbruchs die Seismizität ebenfalls stark nachgelassen hatte. Im RUV-Liveblog wird sie folgendermaßen zitiert: „Während Modellrechnungen immer noch darauf hindeuten, dass Magma in die Intrusion fließt, muss es als wahrscheinlich angesehen werden, dass es zu einer Eruption kommt.“

Laut der Wissenschaftlerin zeigen die Daten zur Bodendeformation, dass sie in einem Bereich westlich vom Hagafell am größten sind. Von daher wird diese Region als wahrscheinlichster Eruptionsort angesehen, obwohl es überall entlang des Dykes zum Ausbruch kommen könnte. Das Gefälle in diesem Areal weist in seinem südlichen Teil in Richtung Grindavik, so dass Lavaströme durchaus in Richtung Stadt fließen könnten. Lava könnte aber auch nach Norden oder Westen fließen. In der Nähe von Hagafell befindet sich auch das Geothermalkraftwerk. So oder so, falls es in der Gegend zu einer größeren Eruption kommt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es zu beachtlichen Schäden kommt.

Mittlerweile hat der Bau der Schutzwälle bei Svartsengi begonnen. Es gibt auch Überlegungen, entsprechende Verteidigungsbauwerke bei Grindavik zu errichten. Bis jetzt hat man davon abgesehen, weil befürchtet wurde, dass sich Eruptionsspalten direkt im Ort öffnen könnten. Die letzten Dämme, die man am Fagradalsfjall errichtete, waren innerhalb weniger Tage von der Lava überflutet worden. Am Ätna auf Sizilien gelang es im Jahr 2001, Lavaströme von der unteren Seilbahnstation auf einen Parkplatz umzulenken.

Island: Seismizität am 18. November rückläufig

Erdbebentätigkeit nimmt deutlich ab – Ausbruchsgefahr weiterhin als hoch eingestuft

Im morgendlichen IMO-Update ist zu lesen, dass die Situation am Dyke auf Island praktisch unverändert sei. In den ersten sechs Tagesstunden wurden rund 470 Erdbeben registriert. Das Stärkste kam auf M 2.2. Es ereignete sich um 06:15 Uhr nordöstlich von Hagafell. Doch seitdem hat die Seismizität deutlich abgenommen. Da sie aber immer fluktuiert, ist bis jetzt nicht klar, ob es ein langfristiger Trend ist. Den letzten Einschätzungen der IMO-Wissenschaftler zufolge bleibt das Eruptionsrisiko hoch.

Ich persönlich hielt es vor einer Woche noch für sehr wahrscheinlich, dass wir spätestens bis heute einen Ausbruch erleben würden, doch nach den neuen Erkenntnissen in Bezug auf das Rifting scheint es gar nicht mehr so sicher zu sein, ob es kurzfristig überhaupt zu einer Eruption entlang des Gangs kommen wird. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass ein isländischer Vulkanologe in einem Artikel schrieb, dass eine stabile Lavaschicht in weniger als 400 m Tiefe das Magma am weiteren Aufstieg hindere. Diese Lavaschicht wurde beim Abteufen des Bohrlochs durchstoßen, das bis unter den Hagafell reicht und in dem vorgestern die erhöhte Schwefeldioxid-Emission gemessen wurde. Da in dem Gebiet seit 2020 fünf Episoden mit Bodenhebungen festgestellt wurden – von denen allerdings keine an die aktuellen Geschehnisse herankam – und das Magma letztendlich doch am Fagradalsfjall eruptiert wurde, halte ich es für durchaus möglich, dass sich die Schmelze letztendlich wieder gezwungen sieht, dorthin auszuweichen und zu eruptieren. Tatsächlich gibt es am Fagradalsfjall weitere Bodenhebung, so dass sich dort auch Magma unabhängig der Dykeintrusion sammeln kann. Es is auch nicht auszuschließen, dass sich zum Schluss mehrere Eruptionsspalten an unterschiedlichen Orten öffnen werden.

Heute will sich um 13 Uhr der Krisenstab des Zivilschutzes zu einer Beratung treffen. Vielleicht gibt es danach neue Erkenntnis. Auch die Politiker beraten über mögliche Hilfen für die Grindaviknings. Es wird diskutiert, ob man ihnen helfen soll, andere Immobilien zu kaufen.

Island: Bodendeformation hält am 17.11.23 an

Weitere Bodenhebung bei Svartsengi – Geophysiker vergleicht Situation mit 1975

Heute Nachmittag kamen neue GPS-daten zur Bodendeformation herein. Demnach geht die Bodendeformation im Erdbebengebiet der Reykjanes-Halbinsel weiter. An signifikantesten war sich in den letzten Stunden im Bereich von Svartsengi, wo sich der Boden um weitere 3 mm hob. Auch der horizontale Versatz hält an. Seit Mitternacht wurden 1800 schwache Erschütterungen registriert. Die meisten manifestierten sich im Bereich des Gangs, aber es gab auch zahlreiche Erdbeben in der Keilir-Gegend.

Heute war auf der Website von RUV ein Interview mit dem Geophysiker Páll Einarsson zu lesen, der die aktuelle Situation mit Vorgängen in den 1970iger Jahren vergleicht, als es eine ähnliche Riftbildung im Norden von Island gab. Auch damals ging sie mit einer bedeutenden Magmenintrusion einher. Das Rift damals erstreckte sich ebenfalls unter besiedelten Gebiet hinweg, war allerdings deutlich größer als das jetzige. Es entwickelte sich über mehrere Monate hinweg in mehreren Schüben und gipfelte letztendlich in eine mehrjährige Eruption des Vulkans Krafla.

Die Krafla-Brände bezeichneten eine Abfolge von effusiven Vulkanausbrüchen, die sich über den Zeitraum 20. Dezember 1975 bis 18. September 1984 in der ereigneten. Während dieser Periode wurde das Krafla-Kraftwerk errichtet. Der Beginn der Bauarbeiten Mitte 1975 fiel zeitgleich mit einem deutlichen Anstieg der seismischen Aktivität in der Krafla-Region zusammen. Am 20. Dezember 1975 kulminierte diese Aktivität in einem Vulkanausbruch bei Leirhnjúk. Dieser anfänglich kleine Lavafluss markierte den Beginn der Krafla-Brände. Zuvor floss das Magma der Intrusion bis unter die Krafla-Caldera und akkumulierte sich dort.

Mit zunehmendem Druck in der Magmakammer kam es zu neun Episoden mit Lavastromtätigkeit. 24 Mal wurden Magmaintrusionen registriert. Währenddessen zeigten sich Landhebungen und Landsenkungen in und um Kräfluskja, begleitet von entsprechenden Erdverschiebungen. Das resultierende Lavafeld aus diesen Eruptionen wird als Leirhnjúk-Lava bezeichnet und bedeckt eine Fläche von 33 km².

Auch wenn man die Situation von damals nicht 1:1 mit den aktuellen Vorgängen vergleichen kann, zeigen sie doch, dass die Eruptionsgefahr hoch bleibt, selbst wenn es länger bis zum Ausbruch dauern kann als man zuerst angenommen hat.

Island: Weiterhin viele Erdbeben – Bericht vom 17.11.23

Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil – Situation bleibt angespannt

In den ersten 6 Stunden des Tages registrierte das seismische Netzwerk auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel gut 500 Erdbeben. Die stärkste Erschütterung manifestierte sich heute Morgen und hatte eine Magnitude von 3. Das Epizentrum befand sich 3,7 km nordnordöstlich von Grindavík, und das Hypozentrum wurde in 5,1 km Tiefe ausgemacht. Es lag also in der Gegend von Halgafell in einer Tiefe, in der der magmatische Gang am aktivsten ist. Die Magmenbewegungen im Gang sollen sich weiter verlangsamt haben, dennoch scheint viel Schmelze in dem beschriebenen Gebiet des Erdbebens aufzusteigen. Ein Grund, warum es bis jetzt nicht zur Eruption gekommen ist, liegt vermutlich darin, dass der Dyke länger geworden ist und nun 20 km lang sein soll. Er breitete sich vor allem an seinem Nordende aus. Der Gasdruck im Gang reicht offenbar nicht aus, um die Schmelze Richtung Erdoberfläche zu treiben. Dabei wird sie in nur ca. 400-500 m Tiefe vermutet.

Gestern unternahm man Messungen in einem Bohrloch, das zum Geothermalkraftwerk Svartsengi gehört, und detektierte Schwefeldioxidgas. Das Bohrloch wurde diagonal abgeteuft und reicht bis unter den Vulkanhügel Halgafell in einer Tiefe von 2,5 km. Manche Autoren schreiben auch, dass es in Richtung der Kraterreihe Sundhnúksgigur führt. Jedenfalls wird in dem Areal das Zentrum des Magmenaufstiegs vermutet. Das Schwefeldioxid im Bohrloch wird als Beweis dafür angesehen, dass sich in der Tiefe tatsächlich Mama akkumuliert.

Die Vulkanologen von IMO fertigten eine neue Karte an, auf der nicht nur der magmatische Gang eingezeichnet ist, sondern auch die beiden Störungszonen des Rifts, an denen sich der Boden um 25 cm absenkte. Die Subsidenz ist noch nicht abgeschlossen. Der Boden senkt sich zudem nicht nur ab, sondern driftet auch noch weiter auseinander. Es sieht so aus, als wären wir Zeugen einer tektonischen Grabenbildung geworden, die im Zusammenhang mit der Kontinentaldrift steht: Island liegt auf dem mittelatlantischen Rücken, der die divergente Naht zwischen Eurasien und Nordamerika darstellt. Während sich Europa kaum bewegt, driftet Nordamerika mit einer Rate von bis zu 2 cm pro Jahr nach Westen. Diese Krustenbewegung zerrt an Island und die Erdkruste gibt dem Stress von Zeit zu Zeit nach und reißt. Manche Forscher wie der in den USA lebende Vulkanologe Haraldur Sigurðsson sehen diesen Prozess als Grund für die Bildung des Rifts an und nicht die Intrusion des Magma. Das Magma schoss demnach nach oben, als sich der Spalt aufgrund der tektonischen Kräfte öffnete, und verfügt demnach (noch) nicht über genug Gasdruck, als dass es eruptieren könnte. Gesteinsschmelze ist zwar leichter als das feste umgebende Gestein und steigt wie ein Korken im Wasser auf, doch dieser Dichteunterschied ist in ca. 5 km Tiefe ausgeglichen, weshalb sich dort normalerweise die obersten Magmenkörper bilden. Für den weiteren Aufstieg muss der Gasdruck in der Schmelze größer als der Umgebungsdruck sein, was bis jetzt scheinbar nicht der Fall ist.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Graben aufgrund tektonischer Prozesse formierte, dürfen wir nicht vergessen, dass sich bereits vor letzter Woche Freitag, als sich der Riss öffnete, Magma im Untergrund ansammelt. Diese Magmenakkumulation scheint unabhängig der Grabenbildung weiter zu gehen, denn die GPS-Messungen zeigen wieder eine Bodenhebung in Gegenden außerhalb des Grabens an. Vor allem hebt sich der Boden im Bereich vom Fagradalsfjall. Daher könnten wir auch dort bald wieder einen Vulkanausbruch sehen.

Entlang des magmatischen Gangs besteht weiterhin eine hohe Ausbruchsgefahr. Einige isländische Vulkanologen meinen, dass diese für die nächsten 2 Wochen hoch bleibt. Sollte es bis dahin nicht zu einem Ausbruch gekommen sein, würde die Gefahr abnehmen.

Island: weitere Magmenakkumulation im Dyke

Weiterer Magmenzustrom im Dyke auf Island – Ausbruchsgefahr bleibt hoch

Heute Nacht ließ die Erdbebenaktivität auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel weiter nach und es wurden gut 400 schwache Erschütterungen detektiert. Damit bewegt sich die Aktivität immer noch auf hohem Niveau. Das Messsystem wird auf Reykjanes weiter ausgebaut und die so erlangten Daten werden immer genauer, so dass ein möglich detailliertes Modell der Geschehnisse im Untergrund erstellt werden kann. Zur Datenerhebung nutzt man nun auch ein Glasfaserkabel, das von Svartsengi westlich von Þorbjörn nach Arfadalsvík verläuft. Es werden kleinste Längenänderungen des Kabels gemessen, die einerseits durch Erdbeben verursacht werden können, andererseits auch durch Bodendeformationen zustande kommen. Hierbei handelt es sich um eine neue Technologie, die in den letzten Jahren entwickelt wurde und nun in Zusammenarbeit mit HS Orku und ETH in der Schweiz als zusätzliche Messungen eingesetzt wird. Tatsächlich wird man nächstes Jahr auch mit einem Glasfaserkabel am Fuego in Guatemala experimentieren, wobei die Infrastruktur um unsere Livecam mit genutzt wird.

Auf Island fand man heraus, dass der Magmenstrom aus der Tiefe in den Dyke hoch bleibt und ca. 75 Kubikmeter pro Sekunde beträgt. Zum Vergleich: Während der Bardarbunga-Eruption in 2014 betrug die durchschnittliche Förderrate der Eruption 90 Kubikmeter pro Sekunde. Man kann zwar den unterirdischen Zustrom und den oberirdischen Abfluss der Schmelze nicht 1:1 vergleichen, doch es gibt eine ungefähre Vorstellung, was sich da unter Reykjanes zusammenbrauen könnte. Die Forscher sind sich inzwischen ein wenig uneinig über die Größenscala der zu erwartenden Eruption, aber so etwas gehört offenbar zum wissenschaftlichen Diskurs dadurch und zeigt, wie schwer Prognosen zu Vulkanausbrüchen sind.

Einer, der sich heute Morgen in einem Zeitungsinterview bei MBL zu Wort meldete, war Ármann Höskuldsson, Vulkanologe am Institut für Geowissenschaften der Universität Island. Er geht davon aus, dass der erwartete Ausbruch innerhalb von 2 Wochen beginnt. Er meint, dass es noch offen ist, wo die Eruption stattfinden wird. Die wahrscheinlichste Austrittsstelle liegt 3 km nördlich von Grindavik, aber Ármann bringt auch die Öffnung einer Eruptionsspalte bei Eldvörp ins Spiel. Auch an anderen Orten jenseits des Hauptgangs gibt es weitere Bodenhebungen. Wir erinnern uns, dass sie ja sogar im letzten Monat dort angefangen haben und dass frühe Modelle die Bildung mehrerer horizontaler Sills zeigten. Diese Lavalinsen erhalten offenbar auch noch Nachschub, und es ist nicht auszuschließen, dass die Grindavikings einen Mehrfrontenkrieg gegen die Lava werden führen müssen.

Der Forscher rechnet auch damit, dass in den nächsten Jahren die anderen Spaltensysteme auf Reykjanes aktiv werden. Als Motor für die Geschehnisse nennt er das Rifting entlang der kontinentalen Naht zwischen Europa und Nordamerika, auf der Island liegt.

Apropos Grindavik: Laut dem Blog „Iceland Geology“ beschleunigte sich gestern die Bodensenkung in Grindavik von 7 cm auf 12 cm am Tag. Teile der Stadt drohen im Meer zu versinken. Gestern Abend kam es auch zu einem großflächigen Stromausfall, von dem fast die Hälfte Grindaviks betroffen war. Möglicherweise kappte die Erdbewegung die Hauptstromleitung. Heute will man versuchen, den Schaden zu beheben.

Aufgrund der zahlreichen Cyberattacken muss ich die Kommentare hier im Blog geschlossen halten. Ihr habt aber die Möglichkeit in der Community von Vnet zu diskutieren. Hier habe ich ein Thema zu Island geöffnet.

Island: Magma in 400 m Tiefe vermutet

Erdbebentätigkeit bleibt stabil – Magma soll weiter aufsteigen

Aus dem isländischen Erdbebengebiet gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautet, dass sich die Magmenbewegungen im Dyke entschleunigt haben. An den Enden des Magmaschlauchs soll die Bewegung der Schmelze sogar fast ganz aufgehört haben. Ein Indiz dafür, dass sich das Magma abkühlt. Die schlechte Nachricht ist, dass weiterhin Magma aufsteigt, und zwar sowohl aus der Tiefe bis in den Dyke als auch vom Dyke weiter Richtung Oberfläche.

Neuen Analysen zufolge soll sich das Magma heute Morgen in gut 400 m Tiefe befunden haben und langsam weiter aufsteigen. Die Aktivität konzentriert sich auf einen Bereich bei der vulkanischen Erhebung Hagafell, die gut 3 km nördlich von Grindavik liegt und sich damit fast auf Augenhöhe mit dem bekannteren Thorbjörn befindet. Daher halten Experten nun diesen Bereich für einen möglichen Eruptionsort. Völlig offen ist noch, wie groß eine vermeidliche Spalte letztendlich wird. Doch auch hier zeigen sich einige Wissenschaftler vorsichtig optimistisch und nehmen ihre Prognosen für ein wahrscheinliches Worst-Case-Scenario ein Stück weit zurück. So sagte Freysteinn Sigmundsson, ein Geowissenschaftler der Uni Reykjavik, dass er nun etwa mit einer Eruption in der Größenordnung der ersten Fagradalsfjall-Eruption rechnet. Grund für die Herabstufung seiner persönlichen Einschätzung des Eruptionsrisikos sei die deutlich verringerte Magmenbewegung innerhalb des Dykes.

Den Bewohnern von Grindavik, die in den letzten beiden Tagen noch nicht zu ihren Wohnungen zurückkehren konnten, wurde heute ein Besuch des Ortes gestattet, damit sie ihre beweglichen Güter bergen könnten. Offenbar waren die Schwefeldioxid-Konzentrationen in der Nacht wieder zurückgegangen, nachdem sie gestern Mittag deutlich angestiegen waren. Interessant ist vielleicht auch, dass hier neue Messtationen eingerichtet wurden, die die Gaskonzentration großräumiger erfassten, als es kleine Handgeräte machen. Die Konzentration des Gases in der Luft ist nicht nur von seiner Emissionsrate abhängig, sondern natürlich auch vom Wind und Regen, die das Gas verteilen bzw. auswaschen können.

Island: Seismizität am 15.11.23 leicht rückläufig

Seismizität hat leicht abgenommen – Ausbruchsgefahr bleibt bestehen

Zwischen Mitternacht und heute Morgen um 8 Uhr ereigneten sich gut 600 schwache Erdbeben im Bereich des magmatischen Gangs auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel. Das sind immer noch sehr viele Erdbeben, aber etwas weniger als wir in den vergangenen Tagen gesehen haben. Die stärksten Erdbeben hatten Magnituden im 2er-Bereich, sodass die freigesetzte Gesamtenergie geringer ist als in den vergangenen Tagen. Nichtsdestotrotz akkumuliert sich weiter Magma im Gang, was sich auch in weiteren Bodendeformationen widerspiegelt, wobei es ein recht inhomogenes Bild gibt: Während in Grindavik der Boden weiter absackt, hebt er sich bei Svartsengi und im Süden des Fagradalsfjall an. An den meisten Stationen wird eine anhaltende horizontale Bodenverschiebung um mehrere Millimeter pro Tag registriert.

Nachdem gestern Nachmittag Grindavik aufgrund erhöhter Schwefeldioxid-Konzentrationen geräumt wurde, wartet man heute noch auf das O. K. der Behörden, damit die Bewohner des Ortes für einige Stunden in ihre Wohnungen zurückkehren können, um ihre Sachen zu bergen. Offenbar gibt es auf Island eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden, so dass die meisten Betroffenen letztendlich abgesichert sind und nicht vor einem finanziellen Ruin stehen, wenn sie ihre Häuser komplett verlieren sollten. Der Wert der versicherten Immobilien in Grindavik wird auf 14 Milliarden ISK geschätzt, was 90 Millionen Euro entspricht.

IMO-Wissenschaftler kommentierten gestern, dass das Schwefeldioxid dem Magma im Gang entströmt. Die Schmelze müsse in einer Tiefe von weniger als 500 m stehen, damit das Gas die Erdoberfläche erreicht. Natürlich kann aber auch Gas aus größerer Tiefe aufsteigen, wenn es offene Risse gibt, die bis zur Oberfläche durchdringen. Die meisten Erdbeben spielen sich weiterhin in der Tiefe der Hauptintrusion ab und zeigen keinen Magmenaufstieg zur Oberfläche an.

Die beiden Forscher Kristín Jónsdóttir, Seismologe am Isländischen Meteorologischen Amt, und Freysteinn Sigmundsson, Geowissenschaftler an der Universität Island, diskutierten gestern im Fernsehen über die Naturkatastrophe in Grindavík. Sie meinten, dass die Evakuierung von Grindavik mindestens ein paar Wochen andauern werde, selbst wenn es nicht zu einem Vulkanausbruch kommen wird. Es wird ein schwieriger Entscheidungsprozess werden, den Menschen eine Rückkehr zu erlauben. Grundvoraussetzung dazu sei, dass der Magmenzustrom im Untergrund stoppt. Aber selbst dann sitzt man in Grindavik auf eine tickende Zeitbombe. Im Zuge der Diskussion wurde auch klar, dass selbst die führenden Wissenschaftler auf Island nicht genau wissen, was im Untergrund abläuft und welches Ausmaß die zu erwartende Katastrophe annehmen wird.

Was mir in all den Berichten zu kurz kommt, ist eine Einschätzung der Situation in Bezug auf die zu erwartenden Gasemissionen auf Reykjanes und in Südisland. Schließlich lebt hier der größte Teil der Inselbevölkerung. Zwischen Grindavik und der Hauptstadt Reykjavik liegen gerade einmal 40 km Luftlinie. Zwar herrschen normalerweise Windrichtungen vor, die das Gas von der Hauptstadt fernhalten würden, doch bei ungünstigen Wetterlagen hat man im Worst-Case-Fall schon mit starker Beeinträchtigung zu rechnen.

Die meisten Forscher sind sich einig, dass ein Vulkanausbruch droht, der viel, viel größer werden könnte als das, was man in den letzten Jahren auf Reykjanes gesehen hat. Wie schlimm so ein Ausbruch werden kann, zeigt die Laki-Eruption von 1783. Hier öffnete sich eine mächtige Eruptionsspalte über dem Island-Mantelplume. Während des Initialstadiums war die Spalte 12 km lang (der aktuelle Gang hat eine Länge von mindestens 15 km) und erweiterte sich im Laufe der mehrmonatigen Eruption auf 27 km Länge. Damals zogen die Gaswolken bis nach Irland und England und lösten eine Kälteperiode aus. Tausende Menschen verhungerten und selbst in Deutschland gab es ungewöhnlich strenge Winter mit anschließendem Hochwasser.

Statistisch gesehen dürfte es gar nicht zu so einem starken Ausbruch kommen, denn erst vor 2 Jahren erlebte die Welt die Hunga Tonga-Hunga Ha’apai Eruption, die das Klima beeinflusst. Solche Eruptionen kommen bestenfalls alle paar Jahrzehnte vor. Aber was stören sich Vulkane an Statistiken?

Island: erhöhte Schwefeldioxid-Emissionen am 14.11.23

Räumung von Grindavik aufgrund erhöhter Schwefeldioxid-Konzentrationen – Magma dring weiter in den Dyke ein

Wie vor wenigen Minuten bekannt wurde, wird der Ort Grindavik erneut geräumt, und die Menschen, die tagsüber zu ihren Häusern und Wohnungen durften, um ihre Sachen zu bergen, wurden aufgefordert, den Ort umgehend zu verlassen. Diese Anordnung stammt vom Zivilschutz und wird vom Polizeichef der Region umgesetzt. Es wird betont, dass es sich nicht um eine Notfallevakuierung handelt, sondern um eine Vorsichtsmaßnahme aufgrund einer möglichen Gesundheitsgefährdung wegen zu hoher Schwefeldioxid-Konzentrationen in der Luft. Diese wurde von IMO-Mitarbeitern heute Nachmittag detektiert. Es stellt sich die Frage, ob man erst heute mit den Messungen angefangen hat, oder ob die SO2-Konzentration bereits seit Beginn des Geschehens erhöht ist? Sollte die Konzentration jetzt erst steigen, würde das die Vermutung nahelegen, dass Magma weiter aufgestiegen ist.

Auf Videoaufnahmen der bekannten Fraktur nahe des Sportzentrums von Grindavik war schon vorgestern zu sehen, dass Dampf aus dem Riss aufstieg. Unklar ist, ob es sich um fumarolischen Dampf aus der Erdspalte handelte, oder ob eine Fernwärmeleitung unter der Straße geborsten ist und der Dampf vielleicht daher stammte.

Als gesichert sehen Experten den Umstand an, dass weiter Magma in den Gang eindringt. Die Quelle wird im Bereich der meisten Erdbeben vermutet, die sich ca. 3,5 km nordnordöstlich von Grindavik ereignen. IMO veröffentlichte vorhin neue Modellrechnungen, nach denen der Magmenzufluss 75 Kubikmeter pro Sekunde beträgt. Das ist schon eine ordentliche Hausnummer und übersteigt die Magmenakkumulation der ersten und stärksten Fagradalsfjall-Eruption um ein Vielfaches. Wir dürfen gespannt sein, wie die Geschichte weitergeht. Da der Magmenzustrom in der Tiefe anhält, sehe ich nur eine geringe Chance, dass es für die Betroffenen gut endet. Mit anderen Worten, ich rechne noch mit einem Vulkanausbruch, und je länger er auf sich warten lässt, desto stärker könnte er werden. Eine gesicherte Erkenntnis ist das aber nicht!