Island: Schwarmbeben am Dyke – Meldung vom 27.11.23

Neuer Erdbebenschwarm auf Reykjanes während der Nacht – Boden bei Svartsengi hebt sich wieder schneller

Heute Nacht gab es einen Erdbebenschwarm im zentralen Bereich des magmatischen Gangs, der sich am 10, November auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel bildete. Der Schwarm dauerte etwas mehr als eine Stunde. Seit Mitternacht wurden rund 300 Erdbeben registriert. Das größte Erdbeben ereignete sich in Sundhnjúkur und hatte eine Magnitude von 3,0. Gestern wurden rund 700 schwache Erdbeben in der Nähe der Intrusion registriert. Das ist deutlich weniger als zur Hochphase der seismischen Aktivität im Zusammenhang mit der Intrusion, doch es sind immer noch sehr viele Erdbeben, die ohne die Hochphase für sich genommen schon Besorgnis erregt hätten. Aktuell hinterlassen sie bei den Vulkanspottern den schalen Nachgeschmack der Enttäuschung, bei den Anwohnern der betroffenen Gegend hingegen einen Lichtblick, dass eine große Eruption ausbleibt. Auch wenn das Risiko einer großen Eruption deutlich gesunken ist, bleibt ein Risiko für eine Eruption im Stil des Fagradalsfjall weiterhin hoch. Die geophysikalischen Parameter liefern zudem immer nur eine Momentaufnahme. Es ist absolut unabsehbar, wie die weitere Entwicklung in der Tiefe aussehen wird. Der Magmenzustrom hatte sich zuletzt zwar deutlich reduziert, könnte aber genauso schnell wieder steigen. Tatsächlich kommen gerade neue GPS-Messwerte herein, die einen Anstieg der Bodenhebung anzeigen. Am stärksten hebt sich der Boden bei Svartsengi: Dort liegt die Hebungsrate nun bei 20 mm am Tag, was darauf hindeutet, dass der Erdbebenschwarm von einem neuen Schub aufsteigendem Magma verursacht wurde.

Auf Reykjanes gab es weitere Erdbeben, aber nicht nur in dem oben beschriebenen Bereich, sondern auch weiter nordöstlich in der Gegen von Keilir. Dort endete der magmatische Gang, der die erste Fagradalsfjall-Eruption wenigstens während ihrer Anfangsphase mit Schmelze versorgte. Übrigens brach damals der Vulkan auch nicht direkt nach der Dykeintrusion aus, sondern erst Wochen später.

Island: Gefahr einer Eruption rückläufig

Bodenhebung auf Island deutlich verlangsamt – Eruptionsrisiko nimmt ab

Heute gab es entlang des magmatischen Gangs bei Grindavik gut 250 Erdbeben. Die meisten hatten geringe Magnituden und manifestierten sich in 3-6 km Tiefe. Auf den Grafiken zu den GPS-Messungen erkennt man, dass die Bodenhebung nun praktisch überall deutlich nachgelassen hat. Eine Ausnahme bildet die Messstation VMOS, die nordwestlich von Grindavik liegt. Dort hebt sich der Boden noch mit einer Rate von 6 mm pro Tag. Während der vertikale Versatz generell rückläufig ist, verzeichnen viele Stationen aber noch einen signifikanten Horizontalversatz.

In einem Interview auf MBL sagte Magnús Tumi Guðmundsson, Professor für Geophysik an der Universität Island, dass nun gut 90 % der Schmelze im Dyke erstarrt seien. Da der magmatische Gang im Schnitt nur 2 Meter breit sei, gehe das recht schnell, denn das umgebende Krustengestein ist deutlich kühler als die Schmelze, und aufgrund der großen Kontaktfläche des Gangs bei geringer Mächtigkeit wird die Schmelze praktisch abgeschreckt. Wobei man bedenken muss, dass sich die Schmelze zwar bis zur Solidustemeratur abgekühlt hat, aber noch lange nicht erkaltet ist. Die Solidustemperatur von Basaltmagma liegt bei etwas weniger als 1000 Grad Celsius. Man kann davon ausgehen, dass die Schmelze mit Temperaturen von etwas mehr als 1250 Grad in den Dyke eingedrungen ist und sich seitdem um ungefähr 300 Grad abgekühlt haben dürfte. Im Zentrum des Dykes gibt es aber immer noch Schmelze, die eruptiv austreten könnten, doch die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt stetig ab, obwohl immer noch ein Ausbruchsrisiko besteht.

Generell sieht es momentan so aus, als würde alles von Zustrom neuer Schmelze in den Sill unter Svartsengi abhängen. Da sie dieser seit gestern verringert, kann es gut sein, dass der Ausbruch erstmal ganz ausbleibt. Bis gestern sah es noch so aus, als würde der Sill Ende des Monats wieder soweit mit Magma gefüllt sein wie vor der Intrusion der Schmelze in den magmatischen Gang, wodurch das Eruptionsrisiko oder das Risiko einer neuen Gangbildung wieder sehr hoch gewesen wäre. Tatsächlich stellen diese Betrachtungen nur eine Momentaufnahme dar und die Situation kann sich von einer Sekunde zur anderen ändern.

Island: Daten neuer GPS Stationen online

Neue Daten wurden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – Lokal weiter hohe Bodenhebungsraten

Auf Island hört man offenbar auf Kritik, denn heute wurde die Website mit den öffentlich zugänglichen GPS-Daten überarbeitet. Die Werte wurden nicht nur durch neue Skalierungen ergänzt, sondern auch durch das Hinzufügen der Datensätze mehrerer neuer GPS-Messstationen. Sie liefern jetzt ein deutlich detaillierteres Bild der Bodenhebung. Zu sehen ist, dass sich die Bodenhebung bei Svartsengi abschwächte, aber auch, dass sie im Bereich zwischen Hagafell und Sýlingarfell weiterhin hoch ist. Dort befindet sich das Areal, an dem die Wissenschaftler das Ausbruchsrisiko besonders groß einschätzen.

Der emeritierte Professor Haraldur Sigurðsson forderte noch vor ein paar Tagen, dass man die Daten der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte.

Andere Wissenschaftler vertreten in den Medien die Meinung, dass man über die Reaktionen auf die Bildung des magmatischen Gangs diskutieren und die Situation neu bewerten müsse. Aus jedem neuen Szenario würde man lernen. Gemeint ist damit die Frage, ob die Evakuierung von Grindavik gerechtfertigt war, was sie meiner Meinung nach war. Geoforscher Freysteinn Sigmundsson meinte, dass man in der Fachwelt über die Geschwindigkeit erstaunt war, mit der sich der magmatische Gang bildete. Er geht davon aus, dass sich in den Jahrhunderten der Ruhe auf Reykjanes große tektonische Zugspannungen aufbauten, die ihren Teil zu der rasanten Entwicklung des Rifts beitrugen. Wie ich bereits früher anmerkte, muss man sich die Frage stellen, ob das Magma nicht nur der Auslöser eines Ereignisses war, das sich später auch ohne sein Zutun ereignet hätte.

Klar ist, dass auch Wissenschaft und Erfahrung Fehleinschätzungen nicht vermeiden können. Letztendlich weiß niemand genau, was unter unseren Füßen vorgeht und wann Magma bereit ist zu eruptieren. Ich persönlich war davon überzeugt, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorsteht. Hieraus ist inzwischen eine Mittelbar geworden. Geologische Ereignisse haben ihre eigene Zeitskala.

Island: Atempause für Grindavik

Nur wenige Erdbeben am Dyke – Experten entwickeln Notfallpläne für Kampf gegen Lava

Heute Nacht wurden seit Mitternacht nur 90 Erdbeben entlang des Dykes bei Grindavik detektiert. Ihre Anzahl hat weiter abgenommen. Rückläufig ist auch die Bodenhebung bei Svartsengi, die ungefähr auf die Werte zurückgekehrt ist, wie wir sie vor dem 10. November sahen. Ob es ein langfristiger Trend ist oder nur eine kurze Verschnaufpause, werden die nächsten GPS-Messugnen zeigen.

IMO-Wissenschaftlerin Kristín Jónsdóttir meinte in einem Interview mit isländischen Medien, dass die Geowissenschaftler von der Schnelle der Entwicklung des magmatischen Gangs überrascht worden seien. Vielfach wird die Situation mit den Vorgängen am Vulkan Krafla verglichen, der zwischen 1975 und 1984 aktiv war. Allerdings verhält sich jeder Vulkan zumindest in Details anders, so dass man Erfahrungen von dem einen Vulkan nicht 1:1 auf den anderen übertragen kann. Die 1970iger Jahre stehen bei den Isländern gerade hoch im Kurs, denn neben den Krafla-Bränden gab es in dieser Dekade noch einen anderen bemerkenswerten Vulkanausbruch auf Island: 1974 brach auf der Westmännerinsel der Vulkan Eldfjall aus. Er befindet sich auf der Insel Heimaey und bildete sich direkt hinter dem gleichnamigen Fischerort. Lava strömte in die Stadt, schnitt eine Schneise durch sie und drohte die schmale Hafeneinfahrt zu verschütten. Damals nahm man den Kampf gegen die Gesteinsschmelze auf, baute Erdwälle und pumpte große Mengen Meerwasser auf die Lavaströme, um sie abzukühlen. Tatsächlich gelang es zu verhindern, dass die Hafeneinfahrt komplett blockiert wurde. Gestern besichtigten Experten der EU Grindavik, um zu prüfen, ob man im Falle einer Eruption hier ähnlich wie auf Heimaey vorgehen könne.

Wasser spielt auch eine Rolle bei dem Erdbebenschwarm, der sich gestern beim Geothermalkraftwerk Hellisheiði im Osten der Reykjanes-Halbinsel ereignete. Wie oben genannte IMO-Wissenschaftlerin meinte, würden die Beben dort nicht natürlichen Ursprungs sein, sondern durch eine Wasserinjektion in den Untergrund hervorgerufen werden. Offenbar pumpt man große Mengen Wasser in die Bohrlöcher am Kraftwerk, um Erdwärme zu gewinnen. Das löste gestern Abend sogar noch ein Erdbeben M 3,4 aus.

Island: Schwarmbeben im Osten von Reykjanes

Schwarmbeben im Hengil-System – Spalten in Grindavik werden verfüllt

Heute Morgen gab es einen kleinen Erdbebenschwarm im Osten der Reykjaneshalbinsel. Es manifestierte sich in der Nähe eines weiteren Geothermalkraftwerks nahe Reykjavik, das auf den Namen Hellisheiði hört. Es liegt in einem Areal, das zum Spaltensystem Hengill gehört, das genaugenommen zwischen Reykjanes und Südisland liegt.

Darüber hinaus gab es weitere Erschütterungen im Bereich des magmatischen Gangs bei Grindavik. Wie IMO berichtet, gab es gestern rund 650 Erdbeben dort, was deutlich mehr ist, als man anhand der Erdbebentabelle auf der Website der isländischen Wetterbehörde hat ablesen können. Das Seismogramm, das ich in dem Bericht von gestern Abend veröffentlicht habe, deutete sowas an. Zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden wurden 300 weitere Erdbeben registriert. Gegenüber der Hochphase der seismischen Aktivität mag das wenig erscheinen, doch immer noch kann man von einer regen Erdbebentätigkeit sprechen, die in ruhigeren Zeiten bereits eine Meldung wert gewesen wäre. Die letzten GPS-Messungen wiesen auf anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi hin, die in den letzten Stunden aber etwas nachgelassen haben soll. Die Ausbruchsgefahr bleibt hoch, auch wenn sich das Risiko für eine Eruption im südlichen Bereich des magmatischen Gangs reduziert hat.

Im Gegensatz zu den Sizilianern am Ätna, die in der Literatur oft für fatalistisch gehalten werden, gibt man sich auf Island kampfbereit. Dort hat man bereits gestern angefangen, die großen Erdspalten, die sich am 10. November geöffnet hatten, mit Schotter zu verfüllen. Sicherlich mehr als nur eine Sicherheitsmaßnahme, um zu verhindern, dass neugierige Journalisten in die Spalten stürzen: Kaum wurde die Gefahrenstufe etwas reduziert, arbeitet man offensichtlich daran, den Bewohnern der Stadt eine Rückkehr in ihre Häuser zu ermöglichen. Ich finde es toll, da ich Grindavik als Ausgangsbasis zu Touren auf Reykjanes mag, doch aufgrund der anhaltenden Magmenakkumulation unter Svartsengi halte ich allzu viel Optimismus für verfrüht. Aber wie ich die Isländer einschätze, kehren die Anwohner auch nach Grindavik zurück, wenn sich weiter nördlich eine Eruptionsspalte öffnen sollte.

Island: deutlicher Rückgang der Seismizität am 23.11.2023

Signifikanter Rückgang der Erdbebentätigkeit – Warnstufe für Grindavik reduziert

Offenbar war es doch nicht nur der starke Wind, der in den letzten zwei Tagen die Aufzeichnung der Erdbeben behinderte, denn heute ist das Wetter besser und es wurden nur noch eine Handvoll Erdbeben entlang des magmatischen Gangs festgestellt. Die Bewegungen des Untergrunds haben sich deutlich abgeschwächt und es scheint kein neues Magma mehr in den Gang zu strömen. Die Schmelze ist dabei, sich zu verfestigen, und bewegt sich kaum noch. Das gilt insbesonders für den Südteil des Gangs, der unter Grindavik verläuft. Daher wurde bereits gestern Abend die Gefahrenkarte geändert und für heute kündigte man an, auch die Warnstufe in Grindavik von Notfallstufe auf die Gefahrenstufe zu reduzieren. In der Ankündigung heißt es, dass der nationale Polizeikommissar dies in Absprache mit dem Polizeichef in Suðurnes entschieden habe. Die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Ausbruchs innerhalb der Stadtgrenzen von Grindavík nimmt täglich ab und wird derzeit als gering eingeschätzt. Mit der Reduzierung der Warnstufe werden auch die Zugangsbeschränkungen für Grindavik gelockert. Die Bewohner dürfen wieder temporär in den Ort zurückkehren, um sich um ihre Wohnungen und Wertgegenstände zu kümmern. Einsatzkräfte sind im Ort unterwegs.

Zwar geht man nicht mehr von einem Vulkanausbruch im Stadtgebiet aus, hält einen Vulkanausbruch im Gebiet zwischen Hagafell und Sýlingarfell für möglich.

Die letzten GPS-Messungen gestern Abend bestätigten eine anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi. Kurzfristig hält man hier das Ausbruchsrisiko noch für gering, obwohl die Daten eine erhebliche Magmenakkumulation im Untergrund zeigen. Allerdings befindet sich der wachsende Magmenkörper in ca. 5 km Tiefe und vor einem Ausbruch rechnet man mit weiteren Warnsignalen wie starker Erdbebentätigkeit.

Wie es längerfristig auf der Reykjanes-Halbinsel weitergeht, lässt sich nicht prognostizieren. Die meisten Geowissenschaftler rechnen mit einer lang anhaltenden Phase erhöhter seismischer und vulkanischer Aktivität.

Grindavik am Abend des 21.11.23

Anzahl registrierter Erdbeben gering – Bodenhebung bleibt hoch

Hier noch ein kleines Update zu den heutigen Geschehnissen auf der isländischen Reykjaneshalbinsel: Die Anzahl der registrierten Erdbeben hat in den letzten 24 Stunden deutlich abgenommen, wobei IMO schreibt, dass der starke Sturm die Messungen beeinflusst. Die Vibrationen des Windes, der sich über den Boden überträgt, verschleieren die Signale der Mikrobeben, so dass hiervon die meisten im Rauschen des Windes untergehen. Im Tagesverlauf wurden nur 280 Erschütterungen detektiert. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 2.7 und manifestierte sich bei Sýlingafell. Was der starke Wind nicht beeinträchtigte, waren die GPS-Messungen, und die geben weiterhin Anlass zur Sorge, denn die Bodenhebung zwischen Svartsengi und Eldvörp ist weiterhin sehr hoch. Seit der letzten Messung addierten sich 2 mm. Man könnte auch sagen, der Boden geht hoch wie ein Hefeteig. Auch an den benachbarten Stationen hob sich der Boden, wobei sogar der Thorbjörn langsam wieder ins Positive dreht. Während die Bodenhebung am Fagradalsfjall stagniert, hebt sich der Boden an der Südküste weiter. Die Bodendeformationen sind insgesamt sehr hoch und es erstaunt, dass es noch nicht zur Eruption gekommen ist. Offenbar fehlt die eine oder andere Komponente für einen gelungenen Vulkanausbruch.

Obwohl es heute aus seismologischer Sicht ein ungünstiger Beobachtungstag ist, bette ich hier einen neuen LiveStream ein, der die Daten einer Erdbebenmessstation in Echtzeit überträgt.

Ansonsten gab es natürlich auch heute wieder Berichte über Grindavik in der lokalen Presse. In einem dieser Artikel kam Rafn Sigmarsson zu Wort. Der junge Mann ist ein Rettungshelfer des Þörbjörn-Teams in Grindavík. Seiner Meinung nach sind die Schäden in der Stadt weitaus geringer als viele Leute annehmen würden. Zwar sind viele Häuser in der Nähe des Hauptrisses zerstört bzw. stark beschädigt, doch je weiter die Häuser vom Riss entfernt liegen, desto geringer sind die Schäden. Die meisten Häuser hatten sogar keine sichtbaren Beschädigungen. Nach diesen Worten dürfte die Hoffnung vieler Bewohner der Stadt steigen, dass sie vielleicht doch nicht alles verlieren werden. Wenn denn der Vulkan still bleiben sollte.

Island: deutlicher Rückgang der Erdbebentätigkeit

Seismizität hat nachgelassen –  Neue Gefahrenkarte

Heute Nacht wurden die wenigen Erdbeben entlang des magmatischen Gangs detektiert, seitdem dieser in den Erdboden eindrang. Ob dies auf einen tatschlichen Rückgang der Seismizität zurückzuführen ist oder ob wegen des starken Windes nicht alle Erdbeben detektiert werden konnten, bleibt ungeklärt. Obwohl Letzteres wahrscheinlich einen Einfluss hat, werden wir Gewissheit erst haben, wenn der Wind nachgelassen hat. Die meisten Erschütterungen ereigneten sich entlang des Gangs, und man kann zwei Bereiche ausmachen, an denen sich die Beben knubbeln: beim Hagafell und entlang der alten Kraterreihe Sundhnúkur. Diese führt nahe am Fagradalsfjall vorbei und in den IMO-Tabellen wird dieser als Bezugspunkt zur Verortung der Beben angegeben. Die letzten GPS-Messungen zeigten eine anhaltende, starke Bodenhebung im Bereich von Svartsengi.

Das Geothermalkraftwerk steht weiter im Zentrum der Bemühungen, die sensible Infrastruktur zu schützen. Es werden nicht nur Schutzwälle um das Kraftwerk erreichtet, sondern auch Strommasten umgesetzt und Umspannwerke geschützt. Das Kraftwerk versorgt nicht nur Zehntausende Menschen mit Strom, sondern liefert auch für gut 25.000 Menschen Trinkwasser. Der Brunnen liegt in einem besonders gefährdeten Gebiet, und daher soll in den nächsten Tagen damit begonnen werden, an sicherere Stelle einen neuen Trinkwasserbrunnen zu bohren. Die Arbeiten sollen gut 3 Wochen dauern. Das verdeutlich, wie empfindlich die Errungenschaften der Zivilisation sind und wie wir Menschen doch von den Naturgewalten in Schach gehalten werden können.

Die neue Gefahrenkarte von IMO weist nun ein etwas differenzierteres Bild auf und unterteilt die Region entlang des magmatischen Gangs in 3 Gebiete mit unterschiedlichen Gefährdungsstufen. Das gelb eingezeichnete Areal umfasst die Zone mit erhöhter Erdbebengefahr. Die rote Zone weist die Gegend aus, in der das Ausbruchsrisiko als hoch eingeschätzt wird. Die zentrale, lilane Zone weit die Stelle mit der größten Wahrscheinlichkeit einer Spaltenöffnung aus. Svartsengi liegt am Rand dieser Zone. Offenbar geht man weiter von einem 15 km langen Dyke aus und nicht, wie am Sonntag berichtet, von einem Gang, der mittlerweile 5 km länger geworden sein sollte.

Island: Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigt

Erdbebenaktivität stabil – Bodenhebung bei Svartsengi beschleunigte sich

Letzte Nacht manifestierten sich laut IMO 530 Erdbeben entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes. Das waren gut 60 Beben mehr als im vergleichbaren Zeitraum am Sonntag. Da es immer Fluktuationen in der Aktivität gibt, kann man sagen, dass die Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil ist. Auch die Bodenverformungen halten an und die Ausbruchswahrscheinlichkeit gilt weiterhin als hoch.

Am wahrscheinlichsten erscheint eine Eruption entlang des magmatischen Gangs zu sein. Aber auch jenseits der Dyke-Intrusion gibt es magmatische Aktivität im Untergrund. Zuletzt beschleunigte sich die Landhebung im Bereich des Geothermalkraftwerks Svartsengi wieder. Vor der Entstehung des Dykes befürchtete man, dass sich hier eine Eruption anbahnen könnte. Magma soll sich in flachen, linsenförmigen Schichten sammeln, die der Fachmann auf Neudeutsch Sills nennt. Diesbezüglich äußerte sich gestern Abend Vulkanologe Þorvald Þórðarson auf MBL, dass sich der Boden in dem Areal nun 5,5 Mal schneller hebt, als es noch von der Dyke-Intrusion der Fall war. Der Magmenzufluss sei etwa um den Faktor 10 größer geworden. Anfang November betrug der Zustrom 5–7 Kubikmeter pro Sekunde, jetzt seien es etwa 50 Kubikmeter. Das Magma bildet einen Sill in etwa 4,5 km Tiefe. Leider wurde in der letzten Zeit nicht kommuniziert, wieviel Schmelze man nun insgesamt im Untergrund des Systems vermutet, aber mir dünkt es, dass wir langsam auf Dimensionen zusteuern, wie man sie vor der Bardarbunga-Eruption in 2014 hatte. Der mehrmonatige Ausbruch brachte ca. 1,2 Kubikkilometer Lava hervor und schuf das größte Lavafeld, das auf Island seit der Laki-Eruption entstanden war.

Inzwischen gibt es wissenschaftliche Diskussionen, dass man den Vulkanismus auf Reykjanes neu bewerten muss. Insbesondere steht zur Diskussion, dass die fünf Spaltensysteme nicht als eigenständige Vulkansysteme betrachtet werden müssen, sondern dass sie untereinander verknüpft sein könnten. Die Verbindung könnte eine gemeinsame Magmenquelle in größerer Tiefe darstellen, die die Systeme mit Schmelze versorgt. Während vorangegangener Eruptionsphasen kam es häufig zu Eruptionen der verschiedenen Systeme. Auch jetzt sind ja bereits zwei unterschiedliche Spaltensysteme involviert, denn die drei Eruptionen beim Fagradalsfjall gehören zu einem anderen System als die aktuellen Geschehnisse bei Svartsengi. Der magmatische Gang verläuft überdies diagonal durch beide Systeme. Da stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, von unterschiedlichen Systemen zu sprechen?

für die Menschen vor Ort sind diese wissenschaftlich ambitionierten Gedankengänge von untergeordneter Wichtigkeit. Ob so oder so, die Gefahr einer Eruption bleibt bestehen. Die Grindavikings bangen weiter um ihre Existenzgrundlage. Heute dürfen wieder 120 Stadtbewohner zu ihren Häusern um Wertgegenstände zu bergen.