Island: Seismizität hat nachgelassen

Seismizität lässt nach – Bodenhebung bei Svartsengi gering

Seit gestern Abend registrierte das seismische Netzwerk auf Reykjanes nur eine Handvoll schwacher Erschütterungen am magmatischen Gang und es sieht so aus, als hätte die Erdbebentätigkeit stark nachgelassen. Das Wetter ist zwar regnerisch, aber der Wind ist moderat, sodass man den Drop der Seismizität nicht nur dem Wetter in die Schuhe schieben kann.

Die Bodenhebung bei Svartsengi hat noch nicht ganz aufgehört, ist aber deutlich zurückgegangen, wobei inzwischen wieder das Bodenhöhenniveau wie am 10. November erreicht wurde. An anderen Messstationen wie Eldvörp, Grindavik-Nord (Messstation GRIV) und bei den Sundhunksgigar hebt sich der Boden allerdings im gleichen Tempo weiter. Woran das liegt, bleibt unklar. Ein Denkmodell ist, dass die Elastizitätsgrenze des Deckgesteins bei Svartsengi erreicht ist und sich der Boden ohne weiteres nicht weiter heben kann, was den Druck im Sill erhöhen wird und bald für eine Reaktion sorgen könnte. Vielleicht steigt dort aber auch einfach nur noch wenig Schmelze auf, was auch das Nachlassen der Erdbebentätigkeit erklären würde. Die bereits aufgestiegene Schmelze fließt noch zu den Rändern ab und stoppt auch dort bald. Andererseits gab es gut einen Tag vor den Eruptionen am Fagradalsfjall ebenfalls einen starken Rückgang der Seismizität und die Ausbrüche begannen genau dann, als man dachte der Magmenaufstieg hätte gestoppt. Die nächsten Stunden werden es zeigen, ob es sich diesmal ähnlich verhält!

Blaue Lagune öffnet morgen

Offenbar rechnet man auf Island aktuell nicht mehr mit einer Eruption oder der Entstehung eines neuen Gangs mit einhergehendem Rifting und starker Erdbebentätigkeit, denn morgen will das Thermalressort der Blauen Lagune seine Pforten wieder teilweise öffnen. Allerdings darf man nur mit dem Bus anreisen und die Hotels bleiben geschlossen. Das Bad wurde erst einen Tag vor der Bildung des magmatischen Gangs geschlossen, als es bereits zu stärkeren Erdbeben gekommen war, die nachts Hotelgäste des Ressorts in die Flucht schlugen. Ob es besonders klug ist, die Blaue Lagune wieder zu eröffnen, obwohl noch kein Gras über die aktuell anhaltende Periode magmatischer Unruhe gewachsen ist, stelle ich mal in Frage?

Island: Neues zur Bodenhebung

Bodenhebung noch höher als vor dem 10. November – Servercrash auf Island

Gestern Abend brachte IMO ein neues Statement zu den Geschehnissen bei Grindavik heraus. Demnach hält die Bodenhebung bei Svartsengi an und wäre noch höher als vor dem 10. November. Meiner Meinung nach hat sie aber noch etwas nachgelassen und dürfte sich jetzt auf ähnlichem Niveau wie vor dem besagten Stichtag der Dyke-Intrusion und dem Rifting liegen. Grund zu dieser Annahme liefert ein neuer GPS-Messwert von Svartsengi, der gestern Abend noch auf der Seite der Uni-Reykjavik aktualisiert wurde. Es war die erste Messung seit 2 Tagen. Es fehlen noch ca. 1,5 cm Bodenhebung, um das Niveau wie vor dem 10. November zu erreichen. Es könnte also stündlich zu einem neuen Ausbruchsversuch des Magmas kommen. Als wahrscheinlichster Ausbruchsort steht weiterhin die Region östlich von Thorbjörn im Fokus. Es ist gut möglich, dass sich eine Eruptionsspalte in der Gegend von Sundhúksgíga bildet.

Tatsächlich hat mir ein Vnet-Leser geschrieben, dass ein isländischer Geowissenschaftler gepostet hat, dass es einen schwerwiegenden Crash in der Datenverarbeitung gegeben hätte, von dem sich die digitale Infrastruktur nur langsam erhole.

Die Anzahl der detektierten Erdbeben auf Reykjanes sieht heute recht mager aus, allerdings ist das Wetter schlecht und es gibt starke Niederschläge und Wind. Von daher ist es gut möglich, dass schwache Erdbeben im Rauschen untergehen und nicht detektiert werden. In den letzten Tagen verhielt sich die Seismizität ähnlich wie die Bodenhebung: Sie war im Großen und Ganzen stabil mit einer leicht abnehmenden Tendenz.

IMO kündigt Ausbau der Naturgefahren-Überwachung an

Gestern kam es dann auch zur erwähnten Bürgerversammlung in Grindavik. Es sprach IMO-Direktor Árni Snorrason, der meinte, dass die Geschehnisse vom 10. November in ihrer Schnelligkeit und Stärke die Experten vom IMO überraschten. Sie würden ein neues Bild dessen prägen, was in der Natur möglich ist. Obwohl IMO die verschiedensten Prozesse rund um die Uhr überwacht, die zu Naturkatastrophen führen können, wurde beschlossen, die Überwachungen noch einmal auszubauen und auch Personal aufzustocken. Das wäre wohl bereits mit Einverständnis der Regierung beschlossen. Er betonte auch noch einmal, dass man sehr wahrscheinlich am Anfang einer mehrjährigen Aktivitätsphase auf Reykjanes stehe. Offenbar hat sich in den letzten Tagen hinter verschlossenen Türen einiges getan und man ist nicht ganz so ruhig, wie es den Anschein hat.

Island: Bodenhebung und Seismizität am 12.12.23

Bodenhebung und Erdbeben auf Reykjanes halten an – Datenlage unsicher

Die isländischen Forscher scheinen sich nach der medialen Aufregung um die Magmenintrusion im letzten Monat in ihr Schneckenhaus zurückgezogen zu haben und veröffentlichen praktisch keine Statements mehr. Ob es daran liegt, dass es nichts zu sagen gibt, oder weil ihre Prognosen so daneben gingen, bleibt spekulativ. Leider hat man alle anderen auch von den Daten zur Bodenhebung gekappt, und die entsprechende Seite bei IMO präsentiert sich zerschossen. Bis vorgestern wurden wenigstens noch äquivalente Seiten der Universität Reykjavik gepflegt, doch ausgerechnet die Grafik zur Messstation Svartsengi wird seit dem 10. Dezember nicht mehr aktualisiert. Wir fliegen also praktisch blind und es stellt sich die Frage, ob es eine technische Störung gibt oder ob man die Daten nicht mehr übermittelt, damit andere außerhalb des elitären Wissenschaftsclubs nicht mehr fundiert spekulieren können. Denn eins haben die Geschehnisse der letzten Wochen gezeigt: Zuverlässige Prognosen zu Vorgängen im Erdinneren lassen sich nach wie vor nicht anstellen. Dafür gibt es einfach zu viele unbekannte Faktoren, die darüber entscheiden, ob ein Magma an der Erdoberfläche eruptiert oder nicht.

Wie dem auch sei, bis zum 10. Dezember hielt die Bodenhebung bei Svartsengi an. Allerdings zeigte sie eine leicht nachlassende Tendenz, die sich bis jetzt an benachbarten Messstationen fortsetzt. Die Geschwindigkeit der Bodenhebung ist also zurückgegangen, hat bei Svartsengi aber fast das Niveau wie vor dem 10. November erreicht. Die Frage ist natürlich die, ob die Schmelze im Sill noch größtenteils fließfähig ist oder nicht? Das dürfte der entscheidende Faktor zur Einschätzung des Eruptionsrisikos sein. Bei weniger flachen Magmenkörpern bleibt die Schmelze im Erdinneren über Jahre hinweg fließfähig. Bei einem linsenförmigen Sill von wenigen Metern Höhe muss das nicht unbedingt der Fall sein. Anhaltende Bebentätigkeit im Bereich zwischen Thorbjörn und Hagafell zeugt aber davon, dass es noch Magmenbewegungen zu geben scheint. IMO schreibt zu den Erdbeben, dass die Tätigkeit konstant ist. Gestern gab es ca. 350 Erschütterungen im Bereich des magmatischen Gangs.

In Grindavik gehen die Aufräumarbeiten weiter und man hat damit begonnen, einen fast 2 km langen Riss im Boden zu verfüllen. Heute Nachmittag soll es eine Bürgerversammlung geben, auf der weiteres Vorgehen besprochen wird. Vielleicht gibt es dort dann wieder eine Lageeinschätzung der IMO-Forscher, über die ich hier berichten kann.

Island: Erdbeben nicht nur auf Reykjanes

Weitere Erdbeben auf Reykjanes – Auch unter Vatnajökull bebte es

Datum 07.12.2023 | Zeit: 00:02:52 UTC | Lokation: 64.666 ; – 17.455| Tiefe: 2,2 km | Md 3,1

Heute Nacht gab es gut 90 Erschütterungen im Gebiet von Svartsengi und dem magmatischen Gang bei Grindavik und bis um 10 Uhr steigerte sich die Zahl auf 120. Im laufe des Nachmittags konnte man eine Intensivierung der Seismizität beobachten. Doch die stärksten Erschütterungen ereigneten sich gestern im Bereich des Vantajökull-Gletschers im Osten der Insel. Dort manifestierte sich ein Erdstoß Md 3,1 am Bardarbunga. Ein Beben Md 2,8 manifestierte sich am benachbarten Grimsvötn-Vulkan, der ebenfalls unter dem größten Gletscher Europas liegt. Grimsvötn ist statistisch gesehen mit einer Eruption überfällig, und vor 3 Jahren gab es eine länger anhaltende Episode mit Bodenhebungen. Es wurde über einen neuen Vulkanausbruch spekuliert, der aber bis jetzt ausbliebt. Das Beben am Bardarbunga ist wohl nicht als Anzeichen eines sich zusammenbrauenden Ausbruchs zu interpretieren, selbst wenn es von Magmenaufstieg zeugen sollte. Der Vulkan brach zuletzt 2014 aus und die Aufheizungsphasen des großen Calderavulkans werden wenigstens in Dekaden gerechnet. Während ein mittelfristiger Vulkanausbruch im Bereich des großen Gletschers eher unwahrscheinlich ist, sieht es mit der Reykjanes-Halbinsel anders aus. Auch wenn die seismische Aktivität momentan unspektakulär zu sein scheint, zeugt sie von einem anhaltenden Magmenaufstieg in einem Magmenkörper, der sich in 4-5 km Tiefe unter Svartsengi befindet. Theoretisch kann es jederzeit zu einem Vulkanausbruch kommen. Die Vorwarnzeit könnte extrem kurz sein.

Gestern gab es eine Sitzung der Stadtverwaltung in Grindavik, und man beratschlagte über die Reparaturarbeiten, die bereits begonnen haben. Es gibt Überlegungen, einige Schäden nicht zu beheben und sie quasi als Mahnmal in Erinnerung an die Geschehnisse vom 10. November zu erhalten. Gleichzeitig könnten sie als Touristenattraktion dienen. Vor allem denkt man da wohl an Risse und Erdfälle, die man teilweise bereits verfüllt hat. Außerdem hat man bereits begonnen, beschädigte Leitungen auszutauschen. Wenn man bedenkt, dass auf Island nur knapp 330.000 Menschen leben, ist es erstaunlich, über wieviel Manpower man verfügt! Wenn ich drandenke, dass ich bereits fast ein Jahr auf einen Glasfaseranschluss der Telekom warte, und das, wo das Kabel gerade einmal 120 m entfernt liegt. Armes Deutschland! Man darf gespannt sein, wie viele Jahrzehnte ins Land gehen, bis bei uns die energetische Transformation vollendet ist.

Bis zum Spätnachmittag gab es heute noch keine Aktualisierung der GPS-Messwerte zur Bodenhebung. Ich reiche sie so schnell wie möglich nach.

Übrigens, ich bin dabei meine Seite Streaming-Planet etwas auszubauen und habe ein paar Länderinformationen zu Island zusammengestellt. Meine älteren Reisevideos über Island findet ihr hier.

Island: Erdbebenaktivität bleibt am 04.12.23 erhöht

Weiterhin viele Erdbeben – Bodenhebung mit Rücksetzer

Die Erdbebentätigkeit am magmatischen Gang bei Grindavik bleibt hoch. Gestern gab es um 500 Erschütterungen. Heute Nacht wurden wieder um 180 Erdbeben detektiert. Das Stärkste brachte es auf M 2,6. Dieses Beben lag 2,9 km nördlich von Grindavik, also ungefähr im Bereich vom Hagafell. Schaut man sich die Shakemap an, dann erkennt man, dass die Bebentätigkeit heut hoch bleibt. Auffällig sind auch mehrere Beben, die bis vor die Küste Grindaviks liefen und das Südwestende des Gangs markieren dürften. Ganz zum Ende gekommen scheinen mir die Magmenbewegungen hier doch noch nicht gekommen zu sein. Auffällig ist auch, dass es nicht nur entlang des Gangs bebt, sondern auch an anderen Spaltensystemen auf der Reykjanes-Halbinsel. Besonders viele Beben gibt es im Bereich von Krýsuvík und am Bláfjallaskáli.

Normalerweise sollte man annehmen, dass die Bodenhebung weiterhin auf Augenhöhe mit der Seismizität ist, allerdings gab es in der letzten Messreihe wieder einen Rücksetzer der GPS-Werte, so wie wir es in den vergangenen Tagen bereits 2 Mal gesehen haben. Es stellt sich also die Frage, ob ein Messfehler vorliegt, oder ob die Bodenhebung tatsächlich einen Rücksetzer erhalten hat. Nach der nächsten Messung wissen wir mehr.

Der Geophysikprofessor Magnús Tumi Guðmundsson äußerte sich in einem Statement gegenüber dem Magazin Visir und meinte, dass keine Schmelze mehr in den Dyke zu fließen scheint. Statt dessen würde Magma unter Svartsengi aufsteigen und in 5 bis 6 km Tiefe einen Magmenkörper bilden. Die Ausbruchswahrscheinlichkeit sei gesunken, doch wenn es zu einem Ausbruch kommen sollte, hält er nach wie vor den Bereich bei Sundhnúka (Sýlingarfell) für einen wahrscheinlichen Ausbruchsort. Grund für die Annahme seien die bereits existierenden Aufstiegswege der Schmelze in den Dyke, die geschwächt sind und wieder aktiviert werden könnten, wenn der Druck im System steigt.

Island: Neue Erdlöcher in Grindavik

Neue Erdlöcher und Gebäudeschäden in Grindavik – Erde bewegt sich noch

Letzte Nacht registrierte IMO ca. 90 Erdbeben am Dyke. Das ist wieder deutlich weniger als am Vortag und die seismische Aktivität fluktuiert. Neue GPS-Messungen liegen noch nicht vor, aber man kann erwarten, dass sie sich parallel zur Seismizität verhält und ebenfalls wieder rückläufig ist. Doch trotz der Fluktuationen bewegen sich Seismizität und Bodenhebung immer noch auf relativ hohem Niveau, besonders wenn man bedenkt, dass es bereits mehrere Wochen lang so geht. Die Riftbildung ist heute 3 Wochen her, doch bereits vorher gab es besorgniserregende Bodenhebung.

Dass es im Untergrund von Grindavik auch nicht ganz so still geworden ist, wie die geophysikalischen Parameter vielleicht nahe legen, sieht man daran, dass gestern neue Erdfälle entdeckt wurden. Einige der Löcher hat man mit einem Senklot vermessen und festgestellt, dass sie mehr als 20 m tief sind. In den Löchern sammelt sich Grundwasser. Es entstanden auch neue Gebäuderisse. Wahrscheinlich sind dies Spätfolgen der Riftbildung, die jetzt erst langsam an die Oberfläche durchgereicht werden, indem sich Hohlräume, die bereits am 10. November in der Tiefe entstanden, nun nachsacken. Dennoch kann es natürlich weitere Verschiebungen aufgrund der magmatotektonischen Ereigniskette geben. Horizontale Verschiebungen waren in den letzten Wochen in Grindavik größer als vertikaler Bodenversatz. Noch auch eine seitliche Verschiebung des Erdbodens kann neue Hohlräume im Untergrund schaffen, die dann nachgeben.

RUV berichtet, dass gestern Vertreter der Naturkatastrophenversicherung in Grindavik unterwegs waren. Sie begutachteten u.a. das Restaurant Salthúsið, das zu den Häusern gehört, die bereits während der Riftbildung stark beschädigt wurden und durch die neusten Bodenbewegungen weiter in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der Eigentümer, Þorlákur Guðmundsson, durfte aus Sicherheitsgründen die Tür des Gebäudes nicht überschreiten, um sein Haus zu betreten. Entsprechend deprimiert klingen seine Statements, aus denen Hoffnungslosigkeit und Resignation herauszuhören sind. Er hatte nicht einmal Gelegenheit, die Lebensmittel aus seiner Speisekammer zu retten, die nun verfaulen und einen üblen Geruch verbreiten.

Ich sehe gewisse Parallelen zu der schnellen Evakuierung des Ortes Plymouth auf Montserrat in den 1990er-Jahren. Dort musste die Bevölkerung auch ihre Häuser binnen Minuten verlassen. Noch heute sieht man in den Ruinen der teilweise verschütteten Stadt die zurückgelassenen Habseligkeiten der einstigen Stadtbewohner.

Island: Verstärkung der Bodenhebung am 30.11.23

Verstärkte Seismizität und Bodenhebung bei Svartsengi

Letzte Nacht ereigneten sich 250 schwache Erdstöße entlang des magmatischen Gangs. Am Vortag manifestierten sich im Tagesverlauf 360 Beben. Nachts registrierte man 180 Erschütterungen, also hat die Seismizität wieder zugenommen.

Gestern Abend veröffentlichte IMO ein Statement zu den Geschehnissen, und im Wesentlichen wurde bestätigt, was ich zuvor geschrieben hatte. Die Bodenhebung betrug gestern weniger als 1 cm innerhalb von 24 Stunden. Seitdem steigerte sie sich im Bereich von Svartsengi und bei Sýlingarfell wieder. Die letzte Messung von heute Abend zeigt eine Hebungsrate von gut 1,5 cm am Tag. Nach wie vor wird eine Eruption für möglich gehalten. Allerdings betont man auf der Website von IMO nicht mehr eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Eruption. Aber hat die Ausbruchswahrscheinlichkeit tatsächlich deutlich abgenommen, oder steigt sie nicht weiter an, je mehr Magma in das oberflächennahe System strömt?

Ich persönlich habe so mein Problem damit, mir vorzustellen, dass der Sill unter Svartsengi im Zuge der Riftbildung am 10. November komplett leer gelaufen sein soll und dass die Schmelze das Rift gefüllt hat. Zwar ist es richtig, dass das Areal bei Svartsengi während der Riftbildung abgesackt ist, aber war daran tatsächlich ein seitliches Abfließen der Schmelze schuld, oder eher der Umstand, dass sich das Areal durch den tektonischen Effekt der Riftbildung absenkte? Was mich stutzig macht, ist, dass sich das Areal deutlich bis unterhalb der Nulllinie absenkte, von der aus überhaupt erst einmal die Bodenhebung infolge der Magmeninflation anfing. Wie kann die Absenkung des Bodens 3 Mal höher sein als die vorherige Anhebung ohne einen tektonischen Prozess dahinter? Seit dem 10. November hob sich der Boden um gut 23 cm und dürfte bei gleichbleibender Hebungsgeschwindigkeit am Wochenende wieder die Nulllinie erreichen. Geht man davon aus, dass das vorherrschende Denkmodell richtig ist, und Schmelze, die unter Svartsengi aufsteigt, dann in Richtung Osten in den Dyke fließt und bei Sýlingarfell den Boden ebenfalls um mehr als 1 cm am Tag anhebt, müssen immer noch enorme Mengen Magma aufsteigen. Sollte die Schmelze aus dem Sill gar nicht in den Dyke geflossen sein, sondern sich immer noch unter Svartsengi befinden, sitzt man dort auf einer gewaltigen Magmablase, die irgendwann platzt.

Island: Seismizität etwas höher – News vom 29.11.23

Seismizität fluktuiert und war heute Nacht höher als zuvor – Schlechte Nachricht für Grindavinkings

Wie IMO berichtet, gab es in den ersten 6 Tagestunden gut 180 schwache Erdbeben entlang des magmatischen Gangs. Das waren fast doppelt so viele wie in der Nacht zuvor. Gestern gab es im gesamten Tagesverlauf nur ca. 300 Erschütterungen. Der stärkste Erdstoß hatte eine Magnitude von 2,3 und lag in der Nähe von Hagafell.

Laut einem Bericht auf der Website Iceland-Geology soll sich der Gipfelbereich des Vulkans Keilir, der östlich vom Fagradalsfjall liegt, verschoben hat. Dabei kam es zu schweren Erdstürzen und Steinschlägen. Felsbrocken von Caravangröße sollen herabgestürzt sein. Unklar bleibt, ob es erst gestern geschah, oder eine erst jetzt gemachte Entdeckung ist, die schon im Rahmen der Dykebildung stattfand. Auf jeden Fall verdeutlich das einmal mehr, wie groß die Erdbewegungen waren oder sind.

Für die Grindavikings gab es gestern Abend nicht ganz so erfreuliche Nachrichten, denn in einer Fernsehdiskussionssendung bei RUV sagte Víðir Reynisson, Direktor der Zivilschutzabteilung, dass die Bewohner des Ortes erst dauerhaft nach Grindavik zurückkehren dürfen, wenn die Landhebung komplett gestoppt ist und das geologische Ereignis vorbei ist. Vorher müsse man permanent mit einer Eruption oder neuen Dykeintrusion rechnen.

Víðir meinte weiter, dass das Land in Svartsengi jetzt immer noch schneller ansteigt als vor der Gangbildung am 10. November. Demnach sei die Gefahr einer Eruption noch nicht gebannt. Generell hält man den wahrscheinlichsten Ort für eine Eruption in dem Areal der Sundhnúkar-Kraterreihe.

Die neuesten GPS-Werte zeigen allerdings, dass die Bodenhebung an den meisten Messstationen nachgelassen hat. Die Werte liegen nun praktisch überall unterhalb von 1 cm am Tag und dürften in etwa die Hebungsraten wie vor der Gangbildung angenommen haben. Meiner Meinung nach besteht weiterhin ein großes Eruptionsrisiko, aber mit jedem Tag der verstreicht sinkt das Risiko für eine besonders große Eruption.

Island: Mehr Tätigkeiten in Grindavik erlaubt

Trotz anhaltender Bodenhebung längere Aufenthalte in Grindavik erlaubt

Heute Nacht gab fast 100 weitere Erschütterungen entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes. An vielen GPS-Messstationen wird weitere Bodenhebung angezeigt, wenn auch mit verringerter Geschwindigkeit. Unter Svartsengi hebt sich der Boden aktuell mit einer Rate von 1 cm. Westlich von Grindvik sind es gut 1,5 cm Bodenhebung seit der letzten Messung gewesen. Gegenüber den Höchstwerten ist es heute ein deutlich niedriger Wert, generell ist er aber noch vergleichsweise hoch.

Inzwischen überdenken die IMO-Wissenschaftler ihre vorherigen Annahmen, dass das Magma im Gang bereits zum größten Teil erstarrt ist. In einem Bericht hieß es gestern, dass der Gang stellenweise doch deutlich breiter als die postulierten 2 Meter ist. Demnach könnte es doch mehrere Monate dauern, bis die Schmelze im Gang erstarrt und nicht mehr eruptionsfähig ist.

Mit einer Eruption direkt in Grindavik rechnet man vor Ort offenbar nicht mehr. Die Zugangsbestimmungen wurden gelockert und die evakuierten Bewohner der Stadt dürfen tagsüber in ihre Häuser zurückkehren. Es wird auch diskutiert, bald wieder die Arbeit am Fischereihafen aufzunehmen und auch andere berufliche Tätigkeiten zu zulassen. Bald heißt hier, dass schon in der nächsten Woche die Verarbeitung von Fischereiprodukten beginnen soll.

Unklar ist es hingegen, wann die Bewohner endgültig nach Grindavik zurückkehren dürfen, um hier wieder ihr gewohntes Leben aufzunehmen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es eine Weile braucht, bis man sich dort wieder wohl fühlt. Das Damoklesschwert neuer Intrusionen und Riftbildung wird über ihnen schweben bleiben, bis die aktuelle Aktivitätsphase auf Reykjanes wieder vorbei ist. Doch diese hat offensichtlich gerade erst begonnen und könnte Jahrzehnte anhalten. Unruhige Zeiten für die Grindavikings.

Offen ist übrigens auch, wann das Thermalbad Blaue Lagune wieder öffnen wird. Es liegt im Bereich der höchsten Bodenhebung und sollte normalerweise nicht so schnell wieder öffnen. Doch was ist heute schon normal?

Übrigens, bei Vatnafjöll manifestierte sich ein Erdbeben Md 3,5.