Die Reykjaneshalbinsel auf Island

Die Reykjaneshalbinsel liegt im Südwesten von Island und ist im Vergleich zu anderen isländischen Halbinseln mit einer Fläche von ca. 800 Quadratkilometern relativ klein. Die Halbinsel erstreckt sich von der Hauptstadtregion Reykjavik im Nordosten bis hin nach Keflavik im Westen und beherbergt somit zwei der wichtigsten Städte Islands. Außerdem gibt es hier das Geothermalkraftwerk Svartsengi, dem das Thermalbadressort Blaue Lagune angeschlossen ist. Hierbei handelt es sich um eine wichtige Touristenattraktion. Auf Reykjanes gibt es viele Thermalgebiete und der Untergrund ist hier besonders heiß. Der geothermische Gradient ist teilweise um das 10fache überhöht, so dass in 1000 m Tiefe Temperaturen von bis zu 300 Grad Celsius herrschen.

Svartsengi ist nicht das einzige Geothermalkraftwerk der Region, denn im Bereich der Reykjaneshalbinsel gibt es insgesamt 4 Geothermalkraftwerke, von denen 2 direkt auf der Halbinsel liegen und 2 weitere mit einem Spaltensystem assoziiert sind, das seine Finger bis auf Reykjanes ausstreckt. Bei diesem Spaltensystem handelt es sich um das Hengill-System, womit wir beim Thema wären.

Spalten- und Vulkansysteme auf Reykjanes

Die Reykjaneshalbinsel ist die oberseeische Verlängerung des ansonsten unterseeisch verlaufenden Reykjanesrückens, der Teil des Mittelatlantischen Rückens ist. Entlang des Rückens driften die Kontinentalplatten von Nordamerika und Europa auseinander, wobei sich die Kontinente im Jahr um mehr als 2 cm voneinander entfernen. Entsprechend groß sind die Zugspannungen, die das Gestein der Reykjaneshalbisnel zerreißen, was sich in einer äußerst lebendigen Tektonik mit vielen Erdbeben und Vulkanausbrüchen äußert.

Der Reykjanesrücken bildet auf der Halbinsel eine Südwest-Nordost streichende Spreizungszone auf der mindestens 5 Spaltensysteme liegen. Die Spaltensysteme sind nicht nur tektonisch aktiv, sondern auch vulkanisch. So gehört zu den Spaltensystem oft ein dominierender Zentralvulkan oder wenigstens ein Vulkanrücken bzw. Spaltenvulkan mit unterschiedlichen Ausbruchsstellen auf denen sich entweder Kraterreihen oder/und einzelne Vulkane bildeten. Die Vulkane von Reykjanes sind Teil der Westlichen Vulkanzone Islands.

Bei den Spaltensystemen handelt es sich um:

  • Reykjanes-Risssystem: Dieses Riss- und Spaltensystem erstreckt sich entlang der Westspitze der Reykjaneshalbinsel und tangiert den internationalen Flughafen Keflavik. Der Zentralvulkan Gunnuhver war zuletzt zwischen den Jahren 1210 bis 1240 aktiv. Zu dieser Zeit entstand auch die Eldvörp-Kraterreihe, die in der Grenzregion zum benachbarten Spaltensystem liegt. Der stärkste Ausbruch hatte vermutlich einen VEI4. Submarine Eruptionen des Reykjanes-Spaltenssystems gab es 1831. In den Jahren 1966 und 1970 wurden submarine Eruptionen vermutet. Am Vulkan Gunnuhver gibt es heute ein Thermalgebiet, das seit 2006 aktiver geworden ist.
  • Svartsengi-System: An diesem Spaltensystem gab es die jüngsten Eruptionen auf der Reykjaneshalbinsel, die sich am 18. Dezember 2023 und am 14. Januar 2024 zutrugen. Das Svartsengi-Vulkansystem hat keinen zentralen Vulkan, sondern setzt sich aus Spalten, Kegeln und Vulkankratern über eine Länge von über 30 km und eine Breite von 7 km zusammen. Diese sind von Nordosten nach Südwesten ausgerichtet und von Lavafeldern umgeben. Zu den markantesten vulkanischen Manifestationen zählen Thorbjörn, Sýlingarfell, Stóra-Skógfell und Litla-Skógfell und die Sundhnúkur-Kraterreihe, entlang derer sich die Eruptionsspalte vom 18. Dezember 2023 öffnete. Diese Kraterreihe entstand vor ungefähr 2400 Jahren und stellten die jüngsten Ausbrüche des Systems dar, bevor es jetzt wieder aktiv geworden ist. Manche Autoren sprechen davon, dass die Aktivität des Reykjanes-Risssystems aus dem 13. Jahrhundert auch auf die Region des Svartsengi-Systems übergriff.
  • Krýsuvík-Spaltensystem: Das Krýsuvík-System ist ein weiteres bedeutendes tektonisches System auf der Reykjaneshalbinseldass auch für seine geothermale Aktivität und vulkanischen Erscheinungen bekannt ist. Namensgebend ist das Krýsuvík-Thermalgebiet. Zentralvulkan ist allerdings der westlich des Kleifarvatn gelegene Schildvulkan Trölladyngja, weshalb das System auch Trölladyngjavulkansystem genannt wird. Der Schildvulkan brach zuletzt zwischen den Jahren 1151–1188 aus. Eine weitere Eruption gab es möglicherweise im 14. Jahrhundert. Die Wissenschaftler sind sich uneinig darüber, ob der Tafelvulkan Fagradalsfjall, der seit März 2021 aktiv ist und seitdem das Lavafeld Fagradalshraun schuf, zu diesem System gehört, oder ob es ein eigenständiges Spaltensystem bildet, das zwischen Svartsengi und Krýsuvík liegt. Fagradalsfjall liegt auf einem Risssystem, das 5 x 15 km misst.
  • Brennisteinsfjöll-Spaltensystem: Dieses Spaltensystem befindet sich nordöstlich des Krýsuvík-Gebiets. Es ist mit der Brennisteinsfjöll-Vulkanreihe verbunden, die mehrere Vulkane umfasst, aber keinen Zentralvulkan hat. Insgesamt wurden etwa 20–30 Ausbruchsserien im Vulkansystem der Brennisteinsfjöll festgestellt, etwa 10 davon nach der Besiedelung Islands. Im 14. Jahrhundert flossen Lavaströme ins Meer und bildeten Lavafälle an steilen Hängen.
  • Hengill-System: Die Hengill-Ausbruchsspalte liegt östlich von Reykjavík und ist mit dem Hengill-Vulkan verbunden. Dieses Gebiet zeigt Anzeichen von geothermaler Aktivität, darunter heiße Quellen und geothermale Felder. Vom Hengillsystem liegt nur das Südwestende im Gebiet der Reykjaneshalbinsel. Im Nordosten reicht es bis zum Thingvallavatn in Südisland. Seitdem Ende der Eiszeit gab es hier vier Spalteneruptionen. Sie fanden vor allem an der Nordseite des Vulkansystems statt. Die letzten Eruptionen ereigneten sich vor ca. 1.900 Jahren.

Die Reykjanes-Halbinsel in Island ist etwa 15-20 Millionen Jahre alt und war während den verschiedenen eiszeitlichen Perioden von Gletschern bedeckt. Über das eruptive Geschehen vor der letzten Eiszeit weiß man nur wenig. Die meisten vulkanischen Erhebungen der Reykjaneshalbinsel entstanden während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung und weisen deshalb häufig abgeflachte Gipfel auf. Die heute sichtbaren Schlackenkegel und Lavafelder sind nach dem Schmelzen der Gletscher vor ca. 10.000 Jahre entstanden.

Typisch für den Vulkanismus auf Reykjanes scheint zu sein, dass die vulkanische Aktivität in Zyklen abläuft, zwischen denen bis zu tausend Jahre lange Ruhephasen liegen, während die aktiven Phasen bis zu 300 Jahre andauern. In diesen Phasen können die unterschiedlichen Spaltensysteme nacheinander aktiv werden.

Viele der Lavafelder bedecken eine Fläche von 50 Quadratkilometer und sind in Eruptionsphasen der Spaltenvulkane entstanden, die meistens mehrere Jahrzehnte dauerten. Daher gehen die Geowissenschaftler davon aus, dass die aktuelle Eruptionsphase gerade erst begonnen hat und noch lange anhalten könnte.

Die Eruptionsphase begann mit dem Fagradalsfjallausbruch im März 2021. Vorher gab es einige Monate lang Erdbeben und Bodenhebungen auf Reykjanes. Es folgen 2 weitere Ausbrüche, die ca. 14 Tage dauerten. Im Herbst 2023 verlagerte sich die Aktivität in Richtung des Svartsengi-Systems.

Die Vulkane auf Reykjanes fördern überwiegen Tholeiitschen Basalt. Das ist eine spezifische Art von basaltischer Lava mit einer charakteristischen chemischen Zusammensetzung. Tholeiitische Magmen sind in der Regel arm an Alkalien (Natrium- und Kaliumoxid) und haben eine hohe Konzentration an Eisenoxid (FeO) und Magnesiumoxid (MgO). Sie sind typisch für Basalte Mittelozeanischer Rücken und heißen in der Fachsprache Mid Ocean Ridge Basalt (kurz MORB ), können allerdings auch mit Basalten aus Mantelplumes in Verbindung gebracht werden. Im Falle Islands ist das nicht sonderlich abwegig, da es ja noch den berühmten Islandmantelplume gibt, dessen Zentrum unter Grimsvötn vermutet wird.

Übrigens wurde der Name der Halbinsel von den ersten isländischen Siedlern passen ausgewählt: Reykjanes heißt auf Deutsch soviel wie Rauchspitze.

Island: Bodenhebung beschleunigte sich am 06.01.23

Bodenhebung bei Svartsengi verstärkte sich wieder – Besonders hohe Hebung im Norden

Auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel hebt sich der Boden in besorgniserregendem Tempo. Die Bodenhebung beschleunigte sich seit der Wochenmitte deutlich. Schaut man sich die Jahreschart der GPS-Messungen von IMO an, dann sieht man, dass sich der Boden von der Nulllinie aus um 13 cm hob. Berücksichtigt man den Minuswert, der durch die Gangintrusion am 10. November zustande kam, beträgt die Bodenhebung seitdem sogar fast 30 cm. Ein enormer Wert für einen Zeitraum von fast 2 Monaten. Der Boden hebt sich aber nicht nur bei Svartsengi, wo der Hauptaufstiegskanal zum Magmenkörper in 5–6 km Tiefe vermutet wird, sondern auch entlang des magmatischen Ganges, der beim Rifting am 10. November entstand und der Schauplatz der Eruption vom 18. Dezember war. Die größte Bodenhebung am Gang sieht man derzeit an seinem Nordende. So hob sich bei Lita an der Messstation LISK der Boden um 35 cm. In den letzten Tagen stagnierte die Bodenhebung dort, setzt nun aber wieder ein.

Die Vulkanologen von IMO veröffentlichten gestern Abend eine neue Gefahrenkarte für das Gebiet und halten nach wie vor die Gegend um die Sundhnúksgígar, in der sich die letzte Eruption manifestierte, für den wahrscheinlichsten Ort eines weiteren Vulkanausbruchs. Sie reduzierten die Gefahrenstufe für Svartsengi, mit der Begründung, dass sich in dem Areal keine neuen großen Oberflächenbrüche gebildet haben. Der Fagradalsfjall liegt knapp außerhalb der Bewertungszone. Die GPS-Messstationen an diesem Vulkan sind offline, aber die Station an der Südküste beim Fagradalsfjall sendet und signalisiert eine moderate Bodenhebung von gut 5 cm seit dem 10. November.

Nach der Erdbebenserie im Spaltensystem Krýsuvík, die sich am 3. Januar zutrug, zeigen sich einige isländische Geoforscher besorgt, dass auch das Ausbruchsrisiko bei der Hauptstadt Reykjavik steigt, weil das Spaltensystem bis an den südlichen Stadtrand heranreicht. Eine konkrete Ausbruchsgefahr sehe ich dort im Moment nicht, aber da es so aussieht, als wäre die Reykjanes-Halbinsel in eine Aktivitätsphase eingetreten, die unter Umständen Jahrzehnte andauern könnte, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass auch das Krýsuvík-System Schauplatz magmatischer Prozesse werden könnte. Bei den historischen Aktivitätsphasen der 5 Spaltensysteme auf Reykjanes wurden nach und nach mehrere Spaltensysteme aktiv. Spannende Zeiten aus Island!

Fagradalsfjall: Neue Studie zu Lavafontänen

Studie zu Lavafontänen am Fagradalsfjall – Zyklen wurden vom Gas gesteuert

Die magmatische Aktivität auf der isländischen Reykjaneshalbinsel steht seit Ende Oktober im Fokus der Berichterstattung auf Vnet. Ähnlich verhielt es sich mit der ersten Eruption am Fagradalsfjall, die im März 2021 begann und gut ein halbes Jahr anhielt. Damals gab es eine ca. 6 wöchige Ausbruchsphase, bei der es zu Lavafontänen kam, die zwischen 100 und 400 m hoch waren, relativ kurzlebig waren und in sehr regelmäßigen Intervallen erschienen. Ein internationales Forscherteam unter Leitung der UNI Reykjavik und IMO wollte dem Rätsel dieser Lavafontänen auf die Spur kommen, wobei das Rätselhafte an den Fontänen ihre Periodizität war. Eine ähnliche Periodizität, doch mit längeren Aktivitäts- und Ruhephasen, wurde bereits während Paroxysmen am Ätna beobachtet, bei der die Lavafontänen aber weitaus größer waren und auch große Mengen Vulkanasche gefördert wurden. Auch am Kilauea auf Hawaii gab es bereits Phasen mit ähnlichen Lavafontänen. Während die Schmelze aus den beiden letztgenannten Vulkanen aus flach gelegenen Magmareservoirs kam, geht man davon aus, dass das Magma am Fagradalsfjall während der Eruptionsphase mit den Lavafontänen aus größerer Tiefe stammte. Vermutlich ist es direkt vom Ort seiner Entstehung aus aufgestiegen.

Lavafontänen sind eine häufige Erscheinung im Basaltvulkanismus, deren Dauer und intermittierende Natur jedoch nur teilweise verstanden sind, vor allem aufgrund der Schwierigkeiten bei der Messung von häufig vorkommenden Gasen wie Wasserdampf und Kohlendioxid. Im Mai 2021 ermöglichten außergewöhnliche Bedingungen hochauflösende infrarotspektroskopische Messungen der emittierten Gase während 16 solcher Fontänen-Ruhe-Zyklen. Die Messungen erfolgten aus unmittelbarer Nähe des Vulkans. Das Messgerät stand nur 300 m von den Fontänen entfernt. Ähnliche Messungen am Ätna wurden aus mehr als 1 km Entfernung durchgeführt und waren daher weniger genau. Im Unterschied zum Ätna folgten hier die Aktivitäts- und Ruhephasen in viel kürzeren Abständen aufeinander. Die Forscher wurden vor allem von einer Frage motiviert: Was steuert die Zeitskalen von Fontänen und Ruhephasen?

Fontänenintervalle werden durch akustische Aufzeichnungen abgegrenzt, die grau dargestellt sind. © Samuel Scott und andere. Nature.com

Die Messungen zeigten, dass die Entgasung von Kohlendioxid in der oberen Kruste während des Magmaaufstiegs erfolgte, gefolgt von einer weiteren Gas-Flüssigkeits-Trennung in geringen Tiefen von weniger als 100 m. Die Forscher erklären die periodischen Lavafontänen als Ergebnis von Druckzyklen in einem flachen, mit Magma gefüllten Hohlraum, der am ehesten der klassischen Vorstellung einer Magmakammer entspricht. So einen Hohlraum kann man in ein paar Kilometer Entfernung zum Fagradalsfjall tatsächlich besichtigen.

Die Forscher hoffen nun, mit den gewonnenen Erkenntnissen zukünftige Vulkanausbrüche besser zu verstehen und ihr Verhalten vorhersagen zu können. (Quelle: https://www.nature.com/articles/s41467-023-42569-9)

Island: Magmenintrusion löst Evakuierung aus

Starkes Schwarmbeben und Magmenintrusion unter Grindavik – Ort wurde evakuiert

Das starke Schwarmbeben, das gestern Nachmittag unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel begann, ist immer noch nicht vorbei. Es hat sich nur ein wenig abgeschwächt, doch die Aktivität geht auf sehr hohem Niveau weiter. Innerhalb von 24 Stunden wurden mehr als 3000 Beben registriert. Drei Erdbeben hatten Magnituden im Fünferbereich. Gestern verlagerte sich das Bebenzentrum von einer Region westlich von Svartsengi in den Osten, um dann weiter in den Süden zu wandern. Wie ich schon ziemlich früh schrieb, verlagerte sich auch die Bodenhebung mit den Erdbeben, die im Endeffekt der fortschreitenden Intrusion eines magmatischen Gangs folgte. Sie setzte sich allem Anschein nach bis unter den Ort Grindavik an der Südküste von Reykjanes fort, so dass man am späten Abend beschloss, die Bewohner von Grindavik vorsorglich zu evakuieren. Obwohl der Zivilschutz klar machte, dass es noch keine Notfallevakuierung sei und man in Ruhe seine Häuser verlassen könne, war der Prozess bereits um drei Uhr nachts abgeschlossen. An den Ortszugangsstraßen wurden Straßensperren errichtet und Patrouillen sollen sicherstellen, dass nicht geplündert wird, was ich mir auf Island auch nur schwer vorstellen kann.

Schon das ungewöhnlich starke Schwarmbeben lässt vermuten, dass sich da etwas Gewaltiges unter Reykjanes zusammenbraucht. Diese Vermutung wird durch ein neues Interferogramm gestützt, das massive Bodenhebungen visualisiert, die ihr Zentrum auf der Linie des neu intrudierten Gangs haben, aber einen großen Teil der Halbinsel beeinflussen. In Statements von IMO-Wissenschaftlern, die in den isländischen Medien verbreitet wurden, heißt es, dass es die größte Magmenansammlung der letzten Jahre ist, die man unter Reykjanes messen konnte. Es hat sich also auch mehr Magma angesammelt als vor der ersten Fagradalsfjall-Eruption, die zwischen März und September 2021 die Gegend ein halbes Jahr lang in Atem hielt.

Neue Messungen zeigen, dass der magmatische Gang 12 km lang ist und sich bis unters Meer erstreckt. Es ist von einer Bodenhebung von 20 cm und mehr die Rede. Die GPS-Messtationen Svartsengi und Festarfjall (südlich vom Fagradalsfjall) drifteten um 120 cm auseinander.

Subjektiv betrachtet erinnern mich die Vorgänge an das Vorspiel zur Bardarbunga-Eruption in 2014, auch wenn sich die Vorgänge nicht 1:1 vergleichen lassen, da es sich um unterschiedliche Vulkansysteme handelt. Damals entstand das größte Lavafeld auf Island seit der Laki-Eruption im 18. Jahrhundert entstand. Während Bardarbunga im unbewohnten Hochland wütete, ist hier eine Region mit wichtiger Infrastruktur betroffen. Neben Grindavik sind die Blaue Lagune und das Geothermalkraftwerk direkt betroffen. Keflavik mit dem internationalen Flughafen und die Inselhauptstadt Reykjavik liegen quasi in Sichtweite der betroffenen Region und könnten auf die eine oder andere Weise indirekt in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Alarmstatus für den Flugverkehr wurde auf „Orange“ erhöht.

Obwohl man immer noch nicht definitiv sagen kann, dass es zu einem Vulkanausbruch kommen wird, halte ich es für sehr wahrscheinlich. Die Frage ist nur wann und wo genau.

Island am 05.11.23: Seismische Aktivität weiterhin hoch

Nach leichtem Rückgang gestern folgt heute eine neue Intensivierung des Schwarmbebens

Datum 05.11.23 | Zeit: 05:45:18 UTC | Lokation: 63.876 ; -22.544  | Tiefe: 3,1 km | Md 4,2

Gestern ließ die Erdbebentätigkeit unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel nach, nur um heute Morgen dann erneut mit einem Erdbebenschub durchzustarten. Kurz vor 5 Uhr begann die signifikante Aktivitätssteigerung und Hunderte, wenn nicht sogar mehr als tausend Erschütterungen manifestierten sich seitdem. Die Beben streuten über einen großen Bereich im südwestlichen Island und erfassten auch das Reykjanes-Ridge. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 4,2 und ein Hypozentrum in 3,1 km Tiefe. Damit lag es flacher als die meisten anderen stärkeren Erdbeben. Möglicherweise strebt das Magma vom Gang aus bereits gen Oberfläche. Der Erdstoß wurde 6,5 km nordwestlich von Grindavík verortet, also in jenem Bereich der Ebene südwestlich von Svartsengi, unter der sich das meiste Magma zu akkumulieren scheint. Die stärkste Bodendeformation wird aktuell an der Messstation SKSH gemessen: Innerhalb weniger Stunden hob sich der Boden um gut 10 mm. Insgesamt beträgt die Bodenhebung hier fast 80 mm. Auch an der weiter westlich gelegenen Messstation ELDC hob sich der Boden besonders stark an.

Generell scheint sich die Magmenintrusion weiter in Richtung Westen zu verlagern. Aber auch die Deflation an den östlich gelegenen Messstationen am Fagradalsfjall stoppte und es deutet sich bereits wieder eine leichte Inflation an. Die starke Bodenhebung lässt befürchten, dass es diesmal im Bereich von Svartsengi und der Blauen Lagune zu einer Eruption kommen könnte. Andererseits gab es in dem Areal bereits öfters Schwarmbeben nebst Bodenhebung, ohne dass es dort zu einer Eruption gekommen wäre. Diese fand dann ausschließlich im Bereich des Fagradalsfjalls statt. Ob, wann, wo die Schmelze letztendlich austreten wird, ist ungewiss und lässt sich (noch) nicht prognostizieren. Generell halte ich eine weitere Eruption auf der Reykjanes-Halbinsel allerdings für wahrscheinlich.

Chemisch differenziertes Magma könnte mehr Gas enthalten und explosiver gefördert werden

Wie schwer eine realistische Einschätzung der Lage ist, zeigt ein Interview mit dem isländischen Vulkanologen Þorvaldur Þórðarson bei MBL, der bereits am Freitag sagte, es sei wahrscheinlich eher eine Frage von Stunden, bestenfalls Tagen, bis es zu einer Eruption kommen könnte. Seiner Einschätzung nach könnte ein Ausbruch bei Svartsenig anders verlaufen, als es bei den letzten beiden Eruptionen der Fall war, denn das frisch aufsteigende Magma könnte sich mit der Schmelze der vorangegangen Intrusionen mischen, die schon mehr Zeit hatte, sich chemisch zu verändern. Dadurch könnte das Magma mehr Gas enthalten und wieder in großen Lavajets (Fontänen) eruptiert werden, so wie wir es in der zweiten Eruptionsphase der ersten Fagradalsfjall-Eruption gesehen haben. In welche Richtung sich die Lavaströme bewegen würden, lässt sich jetzt noch nicht sagen, denn die größte Magmenakkumlation befindet sich nahe der Wasserscheide auf Reykjanes. Ein Szenario ist aber, dass sich die Schmelze auf Grindavik zubewegen könnte. Man rechnet aber damit, dass genug Zeit zur Evakuierung der Gemeinde bleiben würde.

Schwarmbeben auf Island intensivierte sich am 03.11.23

Signifikante Zunahme der Erdbebenaktivität auf Reykjanes

Sorge vor Vulkanausbruch unter der Blauen Lagune steigt

Datum 03.11.23 | Zeit: 03:51:22 UTC | Lokation: 63.882 ; -22.474 | Tiefe: 4,7 km | Md 4,2

Auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel intensivierte sich der Erdbebenschwarm signifikant. Er konzentrierte sich auf den Bereich nordwestlich von Thorbjörn, in dem die Bodenhebung am größten ist. Die genaue Anzahl der Beben wurde bis jetzt nicht kommuniziert, aber in den Tabellen von IMO werden 528 Erschütterungen angezeigt, die sich innerhalb der letzten 2 Tage manifestierten. Die tatsächliche Anzahl wird aber deutlich höher sein und im vierstelligen Bereich liegen. Es wurden 19 Beben mit Magnituden größer 3 festgestellt. Zwei Beben hatten die Magnituden 4,2 und 4,1. Während das Hypozentrum des stärkeren Bebens in 4,7 km Tiefe lag, befand sich der Erdbebenherd des zweiten Bebens in nur 500 m Tiefe. Zudem lag es nur 3 km von Grindavik entfernt. Generell ist in den letzten Stunden zu beobachten gewesen, dass sie die Hypozentren weiter in Richtung Oberfläche verlagerten. Auffällig ist, dass es während des Schwarms nur wenige Erdbeben in größeren Tiefen kam, daher ist es nicht klar zu bestimmen, von wo aus die Schmelze aufsteigt. Den Wissenschaftlern stellt sich die Frage, ob es senkrecht aufsteigt und von einer tiefen Magmenquelle unterhalb des Gebiets mit der Bodenhebung gespeist wird, oder ob es Diagonal migriert und von dem 10 km tief gelegenen Magmenkörper unter dem Fagradalsfjall stammt, der sich dort bereits seit Ende der letzten Eruption etablierte.

Blaue Lagune und Geothermalkraftwerk bedroht

Mittlerweile sammelt sich immer mehr Schmelze direkt unter der Blauen Lagune an und es stellt sich natürlich die Frage, was passiert, wenn es ausgerechnet dort zu einem Vulkanausbruch kommen sollte. Das Becken der Lagune wurde künstlich abgedichtet, aber in dem Areal gibt es eine große Ansammlung von Grundwasser, im Gegensatz zum Areal des Fagradalsfjalls. Sollte Schmelze hier final aufsteigen, kommt sie unweigerlich mit dem Grundwasser in Kontakt, was besonders im Anfangsstadium der Eruption phreatomagmatische Explosionen verursachen würde.

Wie isländische Medien berichten, gab es gestern eine Bürgerversammlung in der Sporthalle von Grindavik. Vertreter von IMO und dem Zivilschutz stellten sich den Fragen der Bürger und sprachen über die neusten Forschungsergebnisse. Wie ich letztens geschrieben habe, arbeiteten die Vulkanologen an einem Modell der Geschehnisse im Untergrund und entwickelten auch Vorhersagemodelle zur Richtung der Lavaströme. Sollte es im Bereich der Blauen Lagune zu einer effusiven Eruption kommen. In diesem Fall könnten Lavaströme innerhalb weniger Tage Grindavik erreichen.

Die Leiterin der IMO-Abteilung für Vulkanausbrüche und Erdbeben, Kristín Jónsdóttir, erzählte, dass von Krýsuvík bis Reykjanestá Anzeichen von Landhebung zu sehen seien. Die Situation ist ähnlich wie vor den vergangenen Ausbrüchen, nur dass sich die Bodenhebung schneller entwickelt.

Apropos Bodenhebung: Auf der öffentlich zugänglichen Seite der GPS-Messungen gibt es heute keine neuen grünen Punkte, die aktuelle Messungen anzeigen. Stay tuned!

Bodenhebung unter Reykjanes detektiert – News vom 28.10.23

Erdbeben und Bodenhebung von 20 mm nahe Fagradalsfjall auf Reykjanes festgestellt

Das Schwarmbeben nördlich von Grindavik auf der Reykjanes-Halbinsel hält an, auch wenn die Intensität des Schwarms mittlerweile deutlich fluktuiert und sich ruhigere Phasen mit stärkeren abwechseln. Auf der Website von IMO ist zu lesen, dass sich bis heute Nacht um 2 Uhr ca. 6500 Beben ereignet hatten. Im Laufe des Tages dürfte dann um die 7000 Beben erreicht werden. Schon ein beachtlicher Schwarm, wenn auch nicht der Stärkste, den wir in den letzten Jahren auf Island beobachten durften. Bis jetzt wurde spekuliert, dass die Beben im Zusammenhang mit Magmenaufstieg stehen und dass sich Schmelze in einem tief liegenden Magmenkörper unter dem Fagradalsfjall ansammelt. Gestern wurden diese Spekulationen dann in einem deutlichen Anstieg der Bodenhebung bestätigt, als man an der Messstation FEFC, die südlich vom Fagradalsfjall liegt, einen deutlichen Anstieg der Bodenhebung um 20 mm feststellen konnte. Insgesamt hob sich der Boden seit dem Ende der letzten Eruption um 60 mm. An der Messstation GOHN, die im Zentrum des Fagradalsfjall-Hügelkomplexes steht, beträgt die Hebungsrate 42 mm. Die neuerliche Bodenhebung konnte in einer InSAR-Karte mit Daten zwischen dem 26. und 27. Oktober noch nicht abgebildet werden.

Die Wissenschaftler vom IMO gehen weiterhin davon aus, dass die Beben, deren Epizentren gut 5 km nordwestlich des Vulkans liegen, durch Spannungen im Untergrund ausgelöst werden. Dennoch lässt sich eine seitwärts gerichtete Migration des Magmas nicht ausschließen.

Ari Trausti, ein Geowissenschaftler von IMO twitterte (oder muss man Xte sagen? Schon erstaunlich, wie ein geldgeiler „Visionär“ eine etablierte Medienplattform verhunzen kann), dass man damit rechnet, dass es zu einer Eruption im Bereich des Fagradalsfjall kommen wird, sollte die Schmelze weiter aufsteigen. Dabei hält man es zumindest für möglich, dass die Lava weiter im Westen oder Süden austreten wird, als es bei den bisherigen Eruptionen der Fall gewesen war. Noch vor wenigen Wochen gab es die Spekulation, dass sich eine potenzielle Eruption weiter in östliche Richtung verlagern könnte. Ich denke, dass man bisher nicht sagen kann, wo genau es zu einem Ausbruch kommen wird. Dazu steckt das Magma noch zu tief im Boden und es steigt selten einfach nur senkrecht auf, sondern migriert entlang von schräg verlaufenden Schwächezonen im Gestein.

Natürlich wollen wir alle wissen, wann es zur nächsten Eruption kommt. Ich denke, mit einer Deformation von 60 mm haben wir schon ein gutes Stück Bodenhebung erreicht. Wenn sich der Wert verdoppelt kommen wir in den kritischen Bereich.

Magmenintrusion auf Reykjanes am 27.10.23

Erdbeben durch Stress infolge Magmenintrusion auf isländischer Reykjanes-Halbinsel

Datum 27.10.23 | Zeit: 04:02:56 UTC | Lokation: 63.871 ; -22.450 | Tiefe: 3,7 km | Md 4,3

Die intensive Schwarmbebenaktivität unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel hält den dritten Tag in Folge an. Bis jetzt gibt es keine Anzeichen für eine Entspannung der Situation, im Gegenteil: IMO zählte mehr als 5000 Erdstöße, von denen die meisten relativ schwach waren, aber es gab auch 18 Erdbeben mit Magnituden über 3. Darunter befand sich ein stärkerer Erdstoß Md 4,3, der sich heute Nacht um 04:02:56 UTC manifestierte. Das Hypozentrum befand sich in 3,7 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 3,6 km nördlich von Grindavik verortet. Kurze Zeit später gab es ein Beben Md 3,7. Die Erdbeben konzentrieren sich auf ein Areal in der Nähe des Geothermalkraftwerks Svartsengi, genauer zwischen Stóra-Skogafell und nordöstlich von Eldvörp. Dort bebte es auch im Vorfeld der Meradalir-Eruption von 2022. Bislang wurde in der Gegend keine nennenswerte Bodenhebung festgestellt, doch langsam beginnt eine schwache Bodenverformung an der GPS-Station FEFC östlich von Festarfjall messbar zu werden. Diese Bodendeformation könnte durch Magma verursacht werden, dass sich in der Tiefe von Nordosten nach Südwesten ausbreitet.

Karte zeigt Magmenintrusion

Schaut man sich die Shakemap an, dann erkennt man, dass die Beben über ein großes Areal streuen, wie es für die Vorbereitungsphasen von Vulkanausbrüchen dort typisch ist. Die IMO-Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Beben indirekt durch eine tiefe Magmenintrusion unter dem Fagradalsfjall Vulkan verursacht werden. Dadurch ändert sich das Spannungsfeld der Region und der Stressabbau führt zu den Erschütterungen entlang von Risssystemen nördlich von Grindavik.

Man rechnet damit, dass der aktuelle Schwarm länger anhalten wird und dass es in der nächsten Zeit weitere vergleichbare Ereignisse geben wird. Es ist wahrscheinlich, dass die Seismizität dann wieder in einer Eruption gipfeln wird.

Die Forscher planen die Erstellung einer neuen INSAR-Karte, die mittels Radarmessungen von Satelliten aus erstellt wird und eine genaue Übersicht der Bodenhebungen generiert.

Intensives Schwarmbeben auf Reykjanes am 26.10.23

Sehr starkes Schwarmbeben auf Reykjanes deutet auf Magmenintrusion hin

Das Schwarmbeben, das gestern unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel begann, dauert an und hat sich sogar intensiviert. Heute Morgen schrieb das IMO, dass mehr als 3000 Erschütterungen registriert worden seien. Das stärkste Erdbeben ereignete sich gestern Morgen und hatte eine Magnitude von 4,5. Insgesamt wurden 9 Beben mit Magnituden über 3 festgestellt. Die meisten dieser stärkeren Erdbeben konzentrierten sich in einem Bereich nördlich von Grindavik, genauer in der Nähe des Thorbjorn-Vulkans und des Geothermalkraftwerks Svartsengi. Dort befindet sich auch das bekannte Thermalbad Blaue Lagune. Im weiteren Geschehen verlagerte sich die Erdbebenaktivität Richtung Osten und näherte sich auch dem Bereich des Vulkans Fagradalsfjall. Die Hypozentren der Beben liegen flach und streuen um 5 km Tiefe.

Bis jetzt zeigen die GPS-Messungen am Thorbjorn keine ungewöhnliche Bodenhebung, und es ist unklar, ob das Schwarmbeben durch eine Magmenintrusion ausgelöst wurde. Ich halte einen Zusammenhang allerdings für wahrscheinlich. Die Beben finden ja statt, wenn das Magma seine Intrusion beginnt, und es wird eine Weile dauern, bis sich dieser Prozess in einer oberflächlich messbaren Bodenhebung widerspiegelt. Die Bodenhebung im Bereich des Fagradalsfjalls beträgt nach der letzten Messung gestern Abend wieder 40 mm, wobei ein relativ großes Areal von der Bodenhebung betroffen ist. Es breitet sich fast 8 km in Richtung Osten aus. Die größte Bodenhebung wird an der Küste im Süden des Vulkans festgestellt. An der Messstation FEFC liegt die Hebung bei 42 mm. Wie groß sie vor der Küste ist bleibt unklar.

Die IMO-Wissenschaftlerin Lovísa Mjöll Gudmundsdóttir äußerte sich gestern in einem Interview bei MBL zur Situation und sagte, dass das Schwarmbeben an die seismische Aktivität von 2022 erinnert. Wenige Wochen vor der Eruption im Meradalir-Tal gab es ähnliche Schwarmbeben am Thorbjörn. Damals verlagerten sie sich erst weiter westwärts, bevor die Aktivität dann auf den Fagradalsfjall übersprang. Auch schon vor der ersten Eruption in 2021 lag der Bebenschwerpunkt eine Weile beim Thorbjorn.

Der isländische Katastrophenschutz deklarierte eine „Phase der Unsicherheit“ und rief die Bewohner der Region zur erhöhten Vorsicht auf. Eine besondere Gefahr gehe von stärkeren Erdbeben aus, die Erdrutsche auslösen könnten und auch schwere Gegenstände in Gebäuden umkippen lassen könnten.