Aufgrund des weiter nördlich fließenden Lavastroms wurden weitere Evakuierungen nötig. Medienberichten zufolge sind mehr als 800 Personen betroffen, die ihre Häuser verlassen mussten. Die Lava fließt nun durch ein Industriegebiet, in dem sich auch eine Sondermülldeponie befinden soll. Ich bin mit dem Wagen dort durchgefahren und habe vor allem Metallschrott gesehen. Größere Lagerhallen gab es dort auch. Weiterhin gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich der Vulkan bald beruhigen wird. Die Seismizität hat in den letzten beiden Tagen abgenommen, dafür nahm die Inflation zu. Die Bodenhebung beträgt heute gut 23 cm und nähert sich damit Spitzenwerten an. Die Daten wurden klassisch mittels GPS ermittelt. Die InSAR-Aufnahmen liefern derzeit keine brauchbaren Ergebnisse. Sehr wahrscheinlich verfälschen die Tephra-Ablagerungen die Messungen. Der Tremor ist umgekehrt proportional zur Abnahme der Seismik etwas gestiegen. Videos und Fotos zeigen, dass es nun häufiger zu vulkanischen Gewittern in der Aschewolke kommt. Warum diese ausgerechnet jetzt entstehen ist unklar. Die Vermutung liegt nahe, dass sich etwas in der Aschewolke verändert hat, damit sich größere Spannungen aufbauen können. Möglicherweise wird die Tephra nun feiner fragmentiert und mit höherer Geschwindigkeit ausgestoßen als zuvor. Auch die atmosphärischen Bedingungen könnten sich geändert haben.
In Kolumbien eruptierte der Nevados del Ruiz Vulkanasche. Laut VAAC stieg sie bis auf einer Höhe von 6300 m auf und driftete in westlicher Richtung. Zur Zeit werden 3-4 VONA-Warnungen pro Tag veröffentlicht. Der Vulkan ist für seine Verhältnisse recht unruhig und könnte sich auf eine größere Eruption vorbereiten.
Semeru eruptiert Aschewolke
Staat: Indonesien | Koordinaten: -8.108, 112.92 | Eruption: Dom
Auf der indonesischen Insel Java ist nicht nur der Merapi aktiv, sondern auch der Semeru. Das VAAC detektierte eine Aschewolke, die bis auf einer Höhe von 4300 m aufgestiegen ist. Darüber hinaus gibt es täglich zahlreiche Eruptionen, die keine größeren Aschewolken erzeugen. Das VSI detektierte gestern 71 seismische Signale, die auf starke Entgasungen, bzw. strombolianische Eruptionen hindeuteten.
Die Eruption ist stabil und die Seismizität ist weiterhin hoch. Gestern wurden zum 2. Mal in Folge mindestens 150 Erschütterungen detektiert. Viele der Beben hatte Magnituden im 3-er Bereich. Mikroerdbeben mit Magnituden kleiner 1 wurden praktisch gar nicht registriert. Die meisten Hypozentren liegen in Tiefen um 13 km. Die Bodenhebung beträgt an der Station LP3 21 cm und ist damit relativ konstant. An der Station Lp4 beträgt die Bodenhebung ca. 9 cm und zeigt einen leichten Aufwärtstrend. An anderen Stationen wird keine Inflation detektiert, auch nicht im Gipfelbereich des Cumbre Vieja, unter dem die Erdbeben stattfinden.
Am Samstag manifestierte sich unter dem italienischen Calderavulkan ein kleiner Erdbebenschwarm. Er bestand aus 7 schwachen Erschütterungen im Bereich der Mikroseismik. Die stärkste gemessene Magnitude belief sich auf M 1,1 in 1850 m Tiefe. Im Bericht der letzten Woche heißt es, dass die Bodenhebung bei ca. 1 cm pro Monat liegt. Damit ist die Inflation gegenüber Juli etwas zurück gegangen. Damals betrug die Bodenhebung ca. 13 mm. Seit 2011 hob sich der Boden an einigen Stellen um bis zu 80 cm. Vergleicht man das mit den Werten auf La Palma, dann kann man sich die Dimensionen einer potenziellen Eruption der Campi Flegrei vorstellen. Der Vulkan befindet sich mitten im Städtekonglomerat Pozzuoli-Neapel. Selbst ein moderater Vulkanausbruch würde in der dicht besiedelten Region schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Allerdings ist es nicht erwiesen, dass die Bodenhebung durch Magma hervorgerufen wird. Es könnte sich auch um andere Magmatische Fluide handeln, die den Untergrund eindringen und den Boden anheben.
Update: Mittlerweile wurden weitere Erdbeben der Meldung hinzugefügt: der Schwarm bestand nun aus 12 Beben.
Askja und Keilir
Staat: Island | Koordinaten: 65.03, -16.75| Eruption: Fumarolisch
In den vergangenen Wochen ist es um den isländischen Vulkan Askja etwas ruhiger geworden, doch am Samstag gab es wieder eine Erschütterung mit M 3,0. Der Erdbebenherd lag in einer Tiefe von 2,8 km. Wir erinnern uns: der Alarmstatus des Vulkans wurde im September auf „gelb“ erhöht, da es nicht nur Erdbeben gab, sondern auch Inflation. Auch am Keilir auf Reykjanes setzten sich die Erdbeben fort. Hier gab es nicht nur eine Erschütterung M 3,2 in 6,3 km Tiefe, sondern ein ordentliches Schwarmbeben mit fast 200 Erschütterungen innerhalb von 48 Stunden.
Gestern Nachmittag kam es am Cumbre Vieja zu einem partiellen Kollaps der nördlichen Kraterwand des unteren Schlotes. Ein großer Lavaschwall floss zu Tal und schwemmte große Fragmente der Kraterwand mit sich. Die unaufhaltbare Lavawalze zerstörte mehrere Häuser. Die Lava floss auch über die beiden zuletzt entstandenen Schlote in Straßennähe und vereinte sich mit dem nördlichen Lavastrom.
Auf einer Pressekonferenz sorgte der Chef von Pevolca -Miguel Ángel Morcuende- für weitere Beunruhigung, als er über die Möglichkeit eines Kollaps des Lavadeltas am Ocean Entry referierte. So ein Kollaps könnte einen kleinen Tsunami verursachen. Von den Wellen wären aber wahrscheinlich nur bereits evakuierte Küstenregionen betroffen. Auf Hawaii konnte man tatsächlich oft entsprechende Ereignisse beobachten. Die größte Gefahr geht dabei für Beobachter aus, die sich in unmittelbarer Nähe des Geschehens aufhalten.
Die aktuellen Daten deuten auch heute keine nachhaltige Entspannung der Situation an. Die Inflation hat sich leicht erhöht und die Seismizität bleibt ungewöhnlich hoch. Ungewöhnlich deshalb, weil normalerweise die Erdbebentätigkeit deutlich nachlässt, sobald die Eruptionen angefangen hat. Das war auch auf La Palma zunächst so, doch mittlerweile gibt es mehr Erdbeben mit Magnituden über 3, als vor Beginn der Eruption. Dafür hat die Mikroseismizität nachgelassen. Die Beben konzentrieren sich unter dem Gipfelbereich des Vulkanrückens und es ist nicht auszuschließen, dass sich weitere Eruptionszentren bilden werden. Es könnte allerdings auch zu einer Subsidenz des Gipfels kommen, sobald sich der Magmenkörper weiter entleert. Vergleichbares ist am Piton Fournaise 2007 geschehen.
Die Eruption stößt auf vergleichsweise großes Medieninteresse und wie es heute nun einmal so ist, wird in Sozialen Medien viel spekuliert und dramatisiert. Tatsächlich handelt es sich bis jetzt noch um eine kleine-moderate Eruption, die nur für so viel Wirbel sorgt, weil sich das Eruptionszentrum oberhalb von Ortschaften öffnete und relativ viele Häuser zerstört wurden. Das ist für die Betroffenen sicherlich dramatisch, aber Menschen starben bislang nicht. Man wusste, dass es in der Region jederzeit zu einem Vulkanausbruch kommen konnte: bei der Eruption von 1949 geschah genau das Gleiche wie jetzt, nur ein paar Hundert Meter weiter südlich. Man baute auf einem aktiven Vulkan zwischen Schlackenkegeln. Wer erteilte da Baugenehmigungen? Aber die Eruption beschränkt sich bislang auf einen kleinen Teil der Insel und bedeutet nicht deren Untergang.
Am Cumbre Vieja geht die Eruption morgen in die dritte Woche und ein Ende ist nicht absehbar. Am Kilauea stiegt der Spiegel des Lavasees weiter an und der Taal emittiert Schwefeldioxid.
Seit gestern ist die Inflation am Cumbre Vieja um gut 1 cm gestiegen und liegt nun bei 22 cm. Die Seismizität ist hoch und es steigt weiter Lava auf. Sie stammt aus über 30 km Tiefe und sammelt sie sich in einem Magmenkörper, der sich gut 5 km unter dem Vulkan befindet. Der Tremor ist leicht zurückgegangen, was mit der Inflation korrespondiert: es wird weniger Lava ausgestoßen, als aus der Tiefe an Magma aufsteigt. Am neuen Kegel kam es zu einem weiteren Kollaps, bei dem nahe des Schlotes ein Teil der Kraterwand einbrach und in einer glühende Schuttlawine zu Tal rutschte. Sowas sieht spektakulär aus, gehört aber zum Tagesgeschäft eines so aktiven Kegels. Es kam zu weiteren Einschränkungen im Flugverkehr.
Kilauea: Lavaseespiegel gestiegen
Staat: USA | Lokation: 19.42, -155.29 | Eruption: Hawaiianisch
Der Kilauea eruptiert innerhalb der Gipfelcaldera. Mittlerweile beschränkt sich der Lava-Ausstoß auf einem Schlot in der westlichen Wand des Halemaʻumaʻu-Kraters. Er speist den Lavasee, dessen Spiegel weiter um 1-2 m gestiegen ist. Dieser Anstieg geschieht allerdings nicht gleichmäßig, sondern ist auf der Seite des Schlotes höher, als im gegenüberliegenden Teil des Lavasees. Dort bildete sich bereits eine dicke Erstarrungskruste. Der Westen des Lavasees liegt um bis zu 7 m höher als der Ostteil. Die Seismizität ist leicht erhöht und es wird Deflation registriert.
In Mexiko ist der Popocatepetl munterer geworden und eruptiert wieder häufiger Aschewolken. Dabei kommt es auch zum Ausstoß rotglühender Tephra, die zum Teil auf der Vulkanflanke landet. CENAPRED berichtet von 2 Explosionen und 87 Exhalationen in den letzten 24 Stunden. Es wurden 34 Minuten Tremor und ein vulkanotektonisches Beben aufgezeichnet. Das VAAC detektierte Vulkanasche in 6100 m Höhe. Sie driftete in Richtung Westen.
Auf den Philippinen stößt der Taal-Vulkan weiter viel Gas aus. In den letzten 24 Stunden wurden fast 7.000 Tonnen Schwefeldioxid emittiert. Dieser verursacht in den Gemeinden um den Vulkan Vog. Dabei handelt es sich um vulkanisch bedingten Smog. Seit August wird nun auch direkt unter Vulcano-Island Inflation registriert. Zuvor wurde nur ein weiter entfernt gelegene Bereich der Caldera angehoben. Am Kraterboden treten magmatische Fluide aus, die sich mit dem Wasser des Kratersees mischen und dieses verfärben. Dampfwolken erreichen Höhen von bis zu 1200 m über den Krater.
Am Cumbre Vieja kündigt sich ein neuer Ocean Entry an. Der Sakurajima könnte kurz vor weiteren Explosionen stehen. Neue Daten zur Bodendeformation auf Vulcano wurden bekannt.
Cumbre Vieja: Neuer Lavastrom auf dem Weg zum Meer
Auf La Palma ist ein weiterer Lavastrom auf dem Weg zum Meer. Er hat schon die Steilklippen an der Küste erreicht und fließt weiter Richtung Ozean. Anders als am existierenden Ocean Entry, ist an der neuen Stelle 400 m weiter südlich, eine Küstenebene vorgelagert. Außerdem hat es heute ein Erdbeben der Magnitude 4,3 gegeben. Laut EMSC befand sich das Hypozentrum in 36 km Tiefe. Das Epizentrum wurde östlich der Inselhauptstadt Santa Cruz lokalisiert. Es lag ca. 3 km vor der Küste.
Sakurajima: Rotglut im Krater
Staat: Japan | Koordinaten: 31.581, 130.659 | Eruption: Vulcanianisch
Der japanische Vulkan Sakurajima überrascht mit einer rot illuminierten Wolke, die über dem Krater schwebt und die man via LiveCam beobachten kann. Offenbar befindet sich Lava im Schlot. Explosionen wurden bisher nicht gemeldet, doch dass ist wohl nur noch eine Frage von Stunden/Tagen.
Vor 3 Tagen berichtete ich darüber, dass der Alarmstatus des italienischen Inselvulkans Vulcano auf „gelb“ erhöht wurde. Heute sind weitere Daten bekannt geworden: so haben die Vulkanologen des INGV eine Bodenhebung von bis zu 3 cm festgestellt. Das ist noch nicht sehr viel, doch es macht deutlich, dass sich magmatische Fluide unter dem Vulkan ansammeln. Zudem wurde eine deutliche Erhöhung der Mikroseismizität registriert. Die Fumarolen-Temperaturen vergrößerten sich teilweise um mehr als 100 Grad Celsius, was eine bemerkenswerte Steigerung ist. Alles in Allem sieht es tatsächlich danach aus, als würde Magma aufsteigen. Dennoch kann man bisher nicht abschätzen, ob- und wann der Vulkan ausbrechen wird. Oft dauert die Aufheizphase eines Vulkans Jahre, oder sogar Jahrzehnte. Doch die Chancen stehen nicht ganz so übel, dass ich noch zu meinen Lebzeiten die Chance bekomme, auf dem Namensgeber aller Vulkane eine Eruption zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang kann ich ankündigen, dass sich die Beobachtungen bald nicht nur auf das Visuelle beschränken werden, sondern dass die Anschaffung verschiedener Messinstrumente in Planung ist.
Während die Eruption auf La Palma weiter geht, arbeiten Wissenschaftler auf Hochtouren daran, ihre Proben zu analysieren. Jetzt wurden die ersten Ergebnisse veröffentlicht, bei denen Lavaproben im Dünnschliff unter dem Polarisationsmikroskop untersucht wurden. Demnach handelte es sich bei der Lava der ersten Tage um Basalt, der relativ schnell aus dem Bereich des oberen Erdmantels aufgestiegen ist. Neben den typischen Mineralien wie Olivin, Pyroxen und Amphibol sind viele Plagioklase enthalten. Besonders auffällig ist die große Anzahl an winzigen Obsidian-Einsprenglingen. Obsidian ist ein vulkanisches Glas und entsteht für gewöhnlich, wenn Lava sehr schnell abgekühlt wird. Die untersuchten Lavaproben stammten von dem Lavastrom, der vor der Kirche von Todoque stoppte und normal schnell abkühlte. So kann der Obsidian Hinweise über das Fließverhalten der Lava liefern. Professor Domingo Gimeno (UNI Barcelona) geht zudem davon aus, dass es zu Magma-mixing gekommen ist: ein schnell aufgestiegenes Magma aus dem Erdmantel strömte in einen Magmakörper unterhalb des Vulkans, in dem sich bereits ältere Schmelze befand. Dieser Prozess könnte dann die Eruption ausgelöst haben. Nachdem die Forscher in den ersten Tagen ihre Priorität darin gesetzt hatten, den Verlauf des Lavastroms zu bestimmen, konzentrieren sie sich nun mehr auf die Probenanalysen, um Anhaltspunkte für den weiteren Verlauf der Eruption zu gewinnen.
Der Vulkan selbst zeigt sich davon unbeeindruckt und förderte in der Nacht wieder mehr Vulkanasche. Dadurch kam es erneut zur Beeinträchtigung des Flugverkehrs und zu Flugausfällen. Gestern zog die Seismizität wieder an und heute wurde eine leichte Inflation festgestellt: es steigt immer noch Magma aus dem Bereich der Asthenosphäre auf und sammelt sich unter dem Vulkan. Ein baldiges Ende der Eruption ist nicht absehbar.
Die Aktivität am Cumbre Vieja hält an, allerdings sind Seismizität und Bodendeformation leicht rückläufig. Es wird mehr Lava eruptiert, als aus größeren Tiefen aufsteigt. Noch ist zwar kein Ende der Eruption in Sicht, aber nach einer Verstärkung sieht es auch nicht aus. Dennoch könnten sich neue Lavaströme bilden und weitere Zerstörungen anrichten. Bislang wurden über 100 Millionen Kubikmeter Lava gefördert und man kann davon ausgehen, dass die Förderrate größer ist, als die der letzten beiden Eruptionen zusammengenommen. Während es sich bei dem Ausbruch für die Anwohner um ein katastrophales Ereignis handelt, ist es für Unbeteiligte eine große Naturshow, die uns die Kraft und Dynamik der Natur vor Augen führt. Den Betroffenen wurde -wie so oft- von Seiten der Politik unbürokratische Hilfe versprochen. Gestern wurde ein 2. Hilfspaket in Höhe von 214 Millionen Euro verabschiedet. Stellt sich nur die Frage, was bei den Hausbesitzern ankommt? Jedem, der sein Haus an die Lava verloren hat, wurden 30.000 € versprochen, unabhängig von anderen Versicherungsleistungen. Vor Ort bekam ich die Verzweiflung der Menschen mit. Viele der Evakuierten mussten ihre Häuser innerhalb von Minuten verlassen und mussten alles zurücklassen. Einige durften mit Begleitung des Katastrophenschutzes für wenige Minuten in ihre Häuser zurückkehren, um Wertsachen und Dokumente zu bergen, während die Arbeit auf den Bananenplantagen neben dem Lavastrom weitergeht.
Fast 5 Monate nach seinem katastrophalen Ausbruch wurde nun frische Lava im Krater des kongolesischen Vulkans Nyiragongo entdeckt. Das Observatorium in Goma wertete Satellitenaufnahmen aus, die eine ausgeprägte thermische Anomalie zeigen. Da der Gipfel des großen Schildvulkans überwiegend in Wolken gehüllt ist, lässt sich nicht genau abschätzen, wie groß die Lavaansammlung ist. Es könnte sich um Lavaströme handeln, die im Krater unterwegs sind, oder aber auch um einen neuen Lavasee. Nach den letzten Flankeneruptionen dauerte es Jahre, bis sich ein neuer Lavasee etablierte. Vielleicht geht es diesmal schneller.
Seit dem letzten Paroxysmus ist es um den Ätna etwas still geworden, natürlich auch, weil er sich im Schatten von La Palma bewegt. MIROVA detektierte in den vergangenen Tagen immer wieder schwache Wärmestrahlung und heute Morgen kann man auf der Thermalcam 2 schwache Hotspots am Gipfel des Neuen Südostkraters erkennen. Die Fumarolen-Temperatur scheint zu steigen, was ein Indiz für einen hohen Stand des Magmas im Fördersystem sein könnte. Der Tremor ist unauffällig und bewegt sich im grünen Bereich.
Die Insel La Palma wird immer noch von zahlreichen Erdbeben gerockt. Gestern wurde ein neuer Höchstwert an Erschütterungen detektiert, seitdem die Eruption begonnen hat: das IGN verzeichnet 98 Erschütterungen, von denen fast 30 Magnituden größer als 3 hatten. Die Beben manifestierten sich zum größten Teil unter dem Gipfelbereich des Cumbre Vieja. Der Tremor fluktuiert leicht auf dem Niveau, dass er seit seiner Pause eingenommen hat. Die Bodenhebung ist weiter zurückgegangen und fiel erstmalig seit Eruptionsbeginn unter den Wert von 20 cm. Die sichtbare Aktivität variiert. Momentan ist vermehrt der Hauptschlot des größten Kegels aktiv.
Keilir: Bebentätigkeit bleibt hoch
Staat: Island | Koordinaten: 63.941, -22.172 | Eruption: Schwarmbeben
Die Seismizität südwestlich des isländischen Vulkans Keilir bleibt hoch. In den letzten 48 Stunden registrierte IMO 224 Erschütterungen auf Reykjanes. 6 Erdbeben brachten es auf Magnituden von 3 oder mehr. Die meisten Hypozentren befinden sich in 5 km Tiefe, also dort, wo sich gerne Magmenkörper bilden. Berichte über neue Bodendeformation gibt es bislang nicht, allerdings endete in dem Gebiet der Magmatische Gang, der den Fagradalsfjall zu Anfangs speiste. Es könnte sein, dass Magma aufsteigt, oder aber auch, dass es Setzungserscheinungen im Hohlraum gibt.
Kilauea: Lavasee bleibt aktiv
Staat: USA | Lokation: 19.42, -155.29 | Eruption: Hawaiianisch
Der Lavasee im Halemaʻumaʻu-Krater bleibt aktiv und sein Pegel konstant bei 27 m. Die Deflation vergrößerte sich und der Schwefeldioxid-Ausstoß reduzierte sich auf 12.000 Tonnen am Tag. Gestern gab es eine Phase, bei der bis zu 60 m hohe Lavafontänen entstanden. Dabei bildete sich Peles Haar. Die Lavafäden wurden mit dem Wind verteilt. Aufgrund der stabilen Eruption, die sich auf den Gipfelbereich des Vulkans beschränkt, reduzierte das USGS die Alarmstufe auf „gelb“.
Am 19 September 2021 begann auf der Kanareninsel La Palma ein Vulkanausbruch. Der Eruption voran ging eine seismische Krise, die mehrere Tage anhielt und von aufsteigendem Magma verursacht wurde. Obwohl ein Ausbruch wahrscheinlich war, rechneten die Wenigsten damit, dass sich das Eruptionszentrum am Rand des besiedelten Gebiets von El Paso öffnete. In kürzester Zeit wurden Hunderte Häuser zerstört. Schon 3 Tage nach Eruptionsbeginn trafen die ersten Vulkanauten der Vulkanologischen Gesellschaft auf La Palma ein. Ich folgte am 8. Tag der Eruption.
Cumbre Vieja: Bilder einer Eruption
Ankunft auf La Palma
Pünktlich mit meiner Annäherung an die Insel setzte die Aktivität des Vulkans aus. Zu dieser Zeit befand ich mich auf dem Weg vom Flughafen auf Teneriffa zur Fähre nach La Palma und als ich auf die abgestürzte Tremorkurve blickte, staunte ich nicht schlecht. Das konnte jetzt doch nicht wahr sein?! Hieß es in den Statistiken nicht, dass die Eruption mindestens 24 Tage dauern sollte? Auch in den Sozialen Medien kursierten schon wieder Bemerkungen über Marc, den Vulkanlöscher. Doch das brachte selbst Jesus nicht fertig, der ja bekanntermaßen Wasser in Wein verwandeln konnte, eine Eigenschaft, um die ich ihn sehr beneide. Also nix da, der Vulkan pausierte nur und als ich dann am späten Nachmittag endlich in El Paso ankam, setzte die Tätigkeit wieder ein.
Ich machte Quartier bei Jochen, der ein genial gelegenes Apartment organisiert hatte: von der Terrasse aus konnten wir den Vulkan beobachten, der sich in ca. 3 km Entfernung befand. Sein Grummeln und Donnern erfüllte die Luft und alles war voller Vulkanasche. Abends trafen wir Tom, Thorsten und Martin, die deutlich weiter entfernt untergekommen waren. Wir bezogen Stellung an einem der populärsten Aussichtspunkte in Vulkannähe, der zufällig am Ende jener Strasse lag, an der sich unser Apartment befand. Irgendwie mag ich kurze Wege. Von dort konnten wir bequem die Lavafontänen beobachten, gelangten aber nicht bis an die Lavafront. Diese war besser bewacht als Fort Knox und jeder Weg war abgesperrt. Bequemlichkeit ist ein Ding, Nähe ein Anderes. So echtes Vulkanfeeling wollte bei mir nicht aufkommen. Jochen und ich beschlossen eine weitere Annäherung an den Feuerberg und suchten eine Straße auf einen Bergrücken, der der Eruptionsspalte vorgelagert war. Hier kamen wir etwas näher an die Spalte mit ihrem neuen Kegel ran, doch noch bevor sich das richtige Gefühl einstellen wollte, standen wir erneut vor einer Straßensperre. Der Blick auf die Lavafontäne war von hier aus schon ganz gut und es hatten sich mehrere Schaulustige eingefunden, darunter auch Steven, ein weiteres Mitglied unseres Vulkanvereins. Weitere Annäherungsversuche an den Kegel erwiesen sich zwar als abenteuerlich, stellten aber den gewünschten Erfolg nicht ein. So erkundeten wir noch am nächsten Tag die Gegend und loteten einige Möglichkeiten der Annäherung aus, die ich dann erst in den nächsten Tagen mit Andreas und Tom realisieren konnte, denn Jochen und die anderen Vulkanauten mussten wieder abreisen.
Mit Sondergenehmigung ins Sperrgebiet
An meinem dritten Tag auf La Palma bekamen wir dann endlich unsere Genehmigungen, um ins Sperrgebiet vordringen zu dürfen. Zuvor hatte ich beim Essen eine Gruppe internationaler Wissenschaftler getroffen, was den Genehmigungsprozess ein wenig beschleunigte. Andreas und ich beschlossen mit dem Vulkan auf Tuchfühlung zu gehen, querten Abends den bewaldeten Hang des Cumbre Vieja und arbeiteten uns bis auf ein paar hundert Meter an den neuen Kraterkegel heran. Unter ohrenbetäubenden Getöse schoss die Lava in die Höhe und prasselte auf den Kegel nieder. 3 Schlote förderten Tephra und aus einem Vierten sprudelte dünnflüssige Schmelze, die den Lavastrom speiste. Seinen Weg konnten wir von hier oben aus mit den Augen verfolgen. Der Rückmarsch in der Dunkelheit erhielt einen Abendteuerpunkt, denn er führte über Stock und Stein und an recht tiefen Senken entlang.
Am folgenden Abend schlugen wir uns bis zur Abflussrinne des Lavastroms vor, die direkt unterhalb des Kraterkegels verlief. Ein nicht ungefährlicher Beobachtungsposten, aber einer der Faszinierendsten. Hier konnte man sie spüren, die Hitze des Vulkans. Hier atmete man pures Schwefeldioxid und stand im Lapilli-Regen. Hier war man den Kräften des Erdinneren schutzlos ausgeliefert. Schiefgehen durfte nichts, denn es hätte für uns katastrophale Folgen gehabt. Ein schnell voranschreitender Lavaschwall, der Kollaps einer Kraterwand, die Öffnung eines tiefer gelegenen Förderschlotes, oder eine plötzliche Explosion wären uns sicherlich nicht gut bekommen. Menschen sind ja so zerbrechlich! Tatsächlich konnten wir aus der Nähe erkennen, dass es einige Veränderungen in der nördlichen Kraterwand gab und berichteten darüber noch am gleichen Abend im Hauptquartiert der Einsatzkräfte. Zudem hatten wir an der Lavafront Proben gesammelt.
Nachts und am nächsten Morgen öffneten sich dann tatsächlich neue Schlote. Zwei von ihnen entsprangen gut 800 m vom Krater entfernt und nur 120 m östlich der Straße, auf der am Abend unser Wagen stand. Ein paar Stunden ehr und der neue Lavastrom hätte uns den Rückweg von der Abflussrinne abgeschnitten, die nun praktisch unerreichbar war. Als Vulkanbeobachter braucht man manchmal einfach etwas Glück, oder wenigstens das Ausbleiben von Pech!
An meinem letzten Abend auf La Palma wollten wir den Ocean Entry erkunden. Doch als wir uns auf dem Weg dorthin befanden, erschien eine gigantische Rauchsäule am Himmel. Ihre Quelle breitete sich am Boden rasend schnell aus und ich dachte zuerst an einen Aschestrom, der durch ein Kollaps am Ocean Entry entstanden sein könnte, oder dass sich eine Eruptionsspalte geöffnet hätte. Doch das wahr wohl ehr Wunschdenken. Offenbar war ein mehrere Hundert Meter langes Bananen-Gewächshaus abgefackelt. Der Brand entstand durch den Lavastrom, kurz oberhalb der Steilküste, über die sich seit 2 Tagen die Lava stürzte. Binnen Minuten füllte sich das gesamte Tal mit schwarzem Rauch und es wurden Ausgangssperren verhängt. Nicht etwa wegen der Schadstoffbelastung durch den Brand der Plastikfolie, sondern aufgrund des bösen Vulkans. Nun ja, genaugenommen nochmal Glück gehabt, denn eine halbe Stunde später wäre ich direkt neben dem Feuer gestanden. Heute war an den Ocean Entry kein rankommen mehr. Es müssen ja auch noch Ziele für den nächsten Besuch auf La Palma beiben.