Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,1

Erdbeben der Magnitude 3,1 unter der Campi Flegrei

Datum 24.11.2023 | Zeit: 18:41:46 UTC | Lokation: 40.8315 ; 14.1365  | Tiefe: 2,8 km | Md 3,1

Gestern schrieb ich noch, dass die seismische Aktivität unter dem süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei deutlich abgenommen hat. Da gab es dann auch gleich eine Reaktion vom Vulkan: Sie kam in Form von 4 Erdstößen, von denen der Stärkste eine Magnitude von 3,1 hatte. Das Hypozentrum befand sich in 2,8 km Tiefe. Das Epizentrum lag auf dem nordwestlichen Kraterrand der Solfatara. Ein Schwarmbeben, wie man es vor dem Abflauen der Aktivität gesehen hätte, blieb erst einmal aus. Allerdings setzte heute Morgen wieder Erdbebentätigkeit ein und es gab seitdem 10 schwache Erschütterungen. Die Erdbebensequenz zeigt, dass die Campi Flegrei wahrscheinlich nur etwas verschnaufte und ihre aktuelle Hebungsphase noch nicht für beendet erklärt werden kann – besonders, da sich der Boden ja noch leicht hebt.

Dieses Heben und Senken des Untergrundes der Caldera ist kein neues Phänomen der Region, denn Spuren von Bohrmuscheln an den Säulen des Marcellums aus der Römerzeit zeugen davon, dass das ganze Areal damals um mehrere Meter tiefer lag als heute. Tatsächlich finden sich vor der Küste von Pozzuoli römische Artefakte Unterwasser. Sie sind im archäologischen Unterwasserpark von Baiae zu bewundern. Natürlich nur wenn man eine Genehmigung hat, dort abzutauchen. Die Artefakte liegen in Wassertiefen zwischen 5 und 13 m und belegen, dass die Küste tatsächlich einmal bis zu 15 m höher lag als heute. Also hat es bereits zu Zeiten der Römer erhebliche Bodenbewegungen gegeben, ohne dass es zu einem Vulkanausbruch gekommen wäre. Den letzten Ausbruch vor der Römerzeit gab es im 17. vorchristlichen Jahrhundert. Er hatte einen VEI von 4. Die erste Eruption nach der römischen Epoche, die zwischen den Jahren 753 v. Chr. bis 476 n. Chr. definiert wird, ereignete sich erst im 12. Jahrhundert nach Christus. Also gab es einen Zeitraum von 2900 Jahren ohne nennenswerte eruptive Tätigkeit, während der sich der Boden im Küstenbereich von Pozzuoli um gut 15 Meter verformte. Offenbar hatten die Römer ihre Gebäude an der Küste zu einem Zeitpunkt errichtet, als sich die Bodenhebung nahe eines Maximums befand.

Die Bodenhebung der aktuellen Phase, die im Jahr 2005 anfing und zunächst nur eine geringe Bodenverformung aufwies, nahm im Jahr 2011 Fahrt auf. Seitdem hob sich der Boden um 112 cm. Mir ist nicht bekannt, wo die natürliche Nulllinie liegt, aber berücksichtigt man die Ruinen in 13 m Wassertiefe, dürfte noch deutlich mehr Bodenhebung drin sein, bevor es zu einer Eruption kommt. Was jetzt nicht heißen soll, dass es erst zu einem Ausbruch kommen wird, wenn sich der Boden um mindestens weitere 13 Meter gehoben hat.

Das Phänomen hinter der Bodendeformation von Pozzuoli nennt man Bradyseismos. Er wird sehr wahrscheinlich von magmatischen Fluiden hervorgerufen, die in das Hydrothermalsystem der Caldera eindringen. Unklar ist, was in größeren Tiefen passiert und ob dort die Bodenhebung von einem großvolumigen Magmenkörper gesteuert wird. Klar scheint zu sein, dass die Fluide irgendwoher kommen müssen. Wahrscheinlich stammen sie aus dem Magma in größeren Tiefen. Dafür sprechen chemische Analysen der Fluide, die in der Solfatara austreten. Es gibt aber auch ältere Spekulationen, dass vor der Küste Meerwasser in den Untergrund verschwindet, sich durch Magma in großen Tiefen erwärmt und unter dem Vulkan aufsteigt und so den Boden hebt.

Mir scheint es so, als wäre noch einiges an Forschungsarbeit nötigt, bevor man die Vorgänge in der Caldera wirklich versteht. Übrigens, wer sich die Shakemap genauer anschaut, erkennt, dass viele Erdbeben wie die Perlen auf einer Schnur geometrisch angeordnet zu sein scheinen. Ein Phänomen, dass bereits früher beobachtet wurde und wahrscheinlich auf Messungenauigkeiten zurückzuführen ist.

Campi Flegrei mit Aktivitätsrückgang am 23.11.23

Nur wenige Erdbeben erschüttern Campi Flegrei – Bodenhebung ebenfalls schwächer

Heute scheint der Tag zu sein, an dem ich über rückgehende Aktivität an den verschiedenen Vulkanen berichten muss, die uns in den letzten Wochen auf Trab gehalten haben. Nicht nur auf der Reykjanes-Halbinsel ist die seismische Tätigkeit zurückgegangen, sondern auch am großen südeuropäischen Calderavulkan Campi Flegrei. Im neuen Wochenbericht des INGV, der den Beobachtungszeitraum 13. bis 19. November 2023 umfasst, heißt es, dass es in dieser Woche nur 5 Erdbeben gab. Das ist der niedrigste Stand seit … Was weiß ich? Es wurden nicht nur sehr wenige Beben registriert, sie waren zudem auch sehr schwach und hatten Magnituden im Beriech der Mikroseismizität. Im Gegensatz zum nordeuropäischen Erbeben- und Bodenhebungsgebiet  hat hier auch Letztere deutlich nachgelassen und beläuft sich seit Mitte Oktober auf nur noch 4 mm im Monat. Ähnliche Hebungsraten seihen wir auch auf Island, allerdings nicht im Monat, sondern am Tag.

Über die Vorgänge, die in der ersten Oktoberhälfte die Medien haben heißlaufen lassen, in denen Befürchtungen eines sich anbahnenden Vulkanausbruchs geäußert wurden, sind weiterhin unklar: Es wurde berichtet, dass es vermehrt Anzeichen für Magmenaufstieg gebe. Diese Befürchtungen stammten aber aus einer bereits im Frühjahr veröffentlichten Studie, die zeigte, dass es vermehrt Erdbeben in tieferen Regionen gab, die auf Gesteinsbruch hindeuteten, der von aufsteigenden magmatischen Fluiden verursacht wurde. Die vergleichsweise starken Erdbeben Anfang Oktober, die mit einer verstärkten Bodenhebung einhergingen, lagen allerdings in Tiefen des Hydrothermalsystems und somit oberhalb des vermuteten Magmenreservoirs.

Entwarnung kann trotz des aktuellen Aktivitätsrückgangs nicht gegeben werden, denn im Laufe der aktuellen Hebungsphase wechselten sich mehrmals Perioden mit höherer und geringerer seismischer Aktivität und Bodenhebung ab. So ist weiterhin alles offen, einzig eine unmittelbar bevorstehende Naturkatastrophe scheint es nicht zu geben.

Campi Flegrei mit verringerter Bodenhebung

Bodenhebung verlangsamte sich signifikant – Geht dem Vulkan die Puste aus?

Während ich auf Updates der GPS-Messungen auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel wartete, habe ich die Wartezeit überbrückt, indem ich mir das letzte Wochenbulletin vom INGV zur Campi Flegrei durchgelesen habe. Es erschien bereits am Dienstag, doch da die Seismizität der Caldera in den letzten Tagen gering war, brannte mir das Thema gerade nicht unter den Fingern.

Der Bericht befasst sich mit den Geschehnissen des Beobachtungszeitraums 30. Oktober bis 5. November 2023. In dieser Zeit wurden nur 20 schwache Erschütterungen registriert, was einen deutlichen Rückgang der Seismizität darstellt, besonders wenn man die Tätigkeit Ende September als Referenz heranzieht. Zwischen dem 21. und 23. September gab es ein starkes Schwarmbeben und es wurde ein Anstieg der Bodenhebung festgestellt. An diesen Tagen hob sich der Boden um 10 mm. In den Monaten zuvor wurde die durchschnittliche Hebungsrate mit 15 mm pro Monat angegeben. Dieser Wert galt auch für die ersten beiden Oktoberwochen. Seitdem verlangsamte sich die Bodenhebung signifikant und kam letztendlich sogar ganz zum Stillstand. Solche ruhigen Phasen gab es immer wieder mal, seitdem die Bodenhebung im Jahr 2005 angefangen hatte. Schaut man weiter zurück, dann stellt man fest, dass es bei der vorangegangenen Hebungsphase in den 1980iger Jahren eine Häufung starker Erdbeben gab, kurz bevor die damalige Bodenhebungsphase endete und sogar der umgekehrte Effekt einsetzte. Sollte sich das Muster wiederholen? Es könnte in der Tat sein, dass der Campi Flegrei die Puste ausgeht, bzw. der Aufstieg magmatischer Fluide nicht nur ins Stocken gekommen ist, sondern ganz aufhörte. Das ist aber nur reine Spekulation, ohne wissenschaftliche Belege. Die restlichen geophysikalischen Parameter zeigten sich im o. g. Beobachtungszeitraum ohne große Schwankungen. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Hauptfumarole lag bei 95 Grad. Mit dem Ende des regenarmen Sommers begann sich auch wieder Kondensat im Schlammpool zu sammeln.

Entwarnung kann man in Europas mächtigster Caldera noch lange nicht geben, aber ich denke, die Medien können von ihrem Katastrophenszenario-Tripp der letzten Wochen langsam wieder runterkommen!

Mh, schon wieder 30 Minuten um und noch keine Aktualisierung der Daten zu Island. Dafür ist mir aufgefallen, dass die GPS-Messungen an der Hekla und am Eyjafjallajökull einen Sprung nach oben um gut 20 cm machten. Da ich nicht an eine solch sprunghafte Inflation glaube, liegt die Vermutung nahe, dass es hier einen Zusammenhang mit dem Erdbeben von heute Nacht gibt. Vermutlich auch der Grund, warum es keine neuen Messungen zu Reykjanes gibt. Übrigens blieb die Blaue Lagune heute doch geschlossen.

Vulkane Italiens am 01.11.23

Gestern war Berichttag beim INGV und es gibt neue Bulletins zu den aktiven Vulkanen Italiens. Daher möchte ich Euch heute über die aktuellen Entwicklungen informieren.

Ätna mit strombolianischer Tätigkeit

Die letzte Woche war am Ätna von strombolianischer Tätigkeit aus dem neuen Südostkrater geprägt gewesen. Außerdem kam es zur Bildung von Dampfringen. Mit dem Aufleben der strombolianischen Tätigkeit ging die Infraschall-Tätigkeit aus der Bocca Nuova zurück. Interessant ist, dass der Schwefeldioxid-Ausstoß leicht gestiegen ist. Die Seismizität befindet sich auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Der Tremor ist moderat. Seine Quelle sitzt stationär in geringer Tiefe unter dem Neuen Südostkrater. Dort hat sich also Magma akkumuliert. Im Gegensatz zu früheren Monaten erkennt man aber keine aufstrebende Tremorsignatur aus größerer Tiefe.

Campi Flegrei mit ruhiger Woche

Eigentlich waren es gleich zwei recht ruhige Wochen in der Campi Flegrei. Im Gegensatz zum seismischen Schub Mitte September bis Mitte Oktober war es geradezu ruhig in der größten Aschestrom-Caldera Europas. In der vergangenen Woche wurden nur 22 Erdbeben detektiert und auch die Bodenhebung scheint rückläufig gewesen zu sein. Der Wert wird zwar noch mit 15 mm pro Monat angegeben, aber könnte sich deutlich abgeflacht zu haben.

Stromboli mit normaler Tätigkeit

Auch am Stromboli zeigt sich ein Aktivitätsrückgang und seit gut 3 Wochen gab es keinen Lavaüberlauf mehr. Die explosive Tätigkeit wird als normal beschrieben. Pro Stunde gibt es zwischen 8 und 12 Eruptionen. Die aus dem zentralen Kraterbereich können dabei stärkere Strombolianer erzeugen. Schaut man sich den Chart der Helium-3 Konzentration an, erkennt man einen weiterhin ansteigenden Trend mit einer nur leicht abflachenden Kurve. In größerer Tiefe zwischen Erdkruste und Erdmantel scheint sich eine größere Menge Magma anzusammeln.

Vulcano mit leicht steigender Schwefeldioxid-Emission

Auf der Insel Vulcano gibt es einen leichten Anstieg der Schwefeldioxid-Emission. Die Fumarolentemperaturen lagen letzte Woche weiterhin bei 344 Grad und scheinen auf diesem erhöhten Niveau stabil zu sein. Eine außergewöhnliche Seismizität oder Bodenhebung wurde nicht detektiert.

Ein als potenziell aktiv aufgeführter Vulkan Italiens fehlt hier in der Meldung und zwar der Vesuv. Er dominiert den Golf von Neapel und ist selbst Menschen bekannt, die sich nicht für den Vulkanismus interessieren. Am Vesuv gibt es auch immer wieder schwache Erdbeben, doch diese werden in den letzten Jahren als Anzeichen für eine Abkühlung des Vulkans angesehen. Dennoch könnte sich das schnell ändern.

Der Vesuv ist zweifellos einer der bekanntesten Vulkane der Welt, hauptsächlich aufgrund seines verheerenden Ausbruchs im Jahr 79 n. Chr., der eine der tragischsten Katastrophen der Antike verursachte. Dieser Ausbruch begrub die blühenden römischen Städte Pompeji, Herculaneum und mehrere nahegelegene Siedlungen unter einer dicken Schicht von Asche, Schlamm und Lava.

Der Vulkan Vesuv befindet sich in unmittelbarer Nähe zur modernen Stadt Neapel in der Region Kampanien. Mit einer Höhe von etwa 1.281 Metern ist er zwar nicht der höchste, aber einer der gefährlichsten Vulkane der Welt aufgrund seiner Nähe zu dicht besiedelten Gebieten. Seine Form ähnelt einem typischen Kegelvulkan.

Vor dem katastrophalen Ausbruch im Jahr 79 n. Chr. war der Vesuv über mehrere Jahrhunderte hinweg ruhig gewesen. Als der Vulkan jedoch plötzlich ausbrach, schleuderte er Asche, Gase und glühende Gesteinsbrocken kilometerweit in die Atmosphäre. Die Städte Pompeji und Herculaneum wurden von einer Wolke heißer Asche und Gesteinsmaterial bedeckt, gefolgt von einer pyroklastischen Strömung – einer raschen Lawine aus heißer Gaswolke, Asche und Gesteinsfragmenten – die die Städte verschüttete und die Bewohner überraschte.

Die vulkanische Aktivität des Vesuvs hat sich seitdem fortgesetzt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Es gab mehrere kleinere Ausbrüche in den Jahrhunderten danach. Obwohl der Vesuv derzeit als ruhend gilt, wird er von Vulkanologen als potenziell gefährlich eingestuft, da er in einem dicht besiedelten Gebiet liegt und Millionen von Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung leben.

 

Campi Flegrei mit weiteren Erdbeben am 19.10.23

Weiterer Erdbebenschwarm erschüttert den Calderavulkan Campi Flegrei

Datum 19.10.23 | Zeit: 04:00:45 UTC | Lokation: 40.8272 ; 14.1435 | Tiefe: 2,7 km | Md 2,2

Nach zwei Tagen mit geringer seismischer Aktivität zog diese heute wieder an. Heute Nacht begann ein neuer Schwarm bzw. der anhaltende Schwarm intensivierte sich wieder und es ereigneten sich bis Mittags 14 Erschütterungen. Drei hatten Magnituden im 2er-Bereich. Die Hypozentren lagen in Tiefen von weniger als 3 km und befanden sich somit im Bereich der Gesteinsschichten, in denen das Hydrothermalsystem des Vulkans sitzt. Die stärkste Erschütterung hatte eine Magnitude von 2,2 und hatte einen Erdbebenherd in 2,7 km Tiefe.

In der Region ist man aktuell so sensibilisiert, dass jeder Schwarm mit Argusaugen betrachtet wird und Pressemeldungen erzeugt. Darüber hinaus springen immer mehr Fernsehsender auf das Thema an und suchen vor Ort Protagonisten für ihre Berichte. Angefeuert wird das Medieninteresse auch davon, dass die zuständigen Behörden angekündigt haben, neue Evakuierungspläne ausarbeiten zu wollen. Die alten Pläne sind offenbar nicht mehr up to date und reichten nicht aus, um so viele Anwohner des Gefahrengebiets in kurzer Zeit zu evakuieren. Außerdem wurden jahrelang keine entsprechenden Maßnahmen geübt. Natürlich ist es da nicht verwunderlich, dass die Menschen immer besorgter reagieren und dann die mainstream-Medien auf die Thematik anspringen. Zurecht fragt man sich, warum neue Pläne ausgearbeitet werden, wenn die Geschehnisse am Vulkan ausschließlich mit dem Bradyseismos zusammenhängen und keine Ausbruchsgefahr besteht.

Im aktuellen Wochenbericht vom INGV berichten die Wissenschaftler von 50 Beben, die während des Beobachtungszeitraums festgestellt wurden. Man weist noch einmal auf die zusätzliche Bodenhebung von 1 cm hin, die sich zwischen dem 21. und 23. September manifestiert. Der monatliche Wert belief sich weiterhin auf 15 mm Bodenhebung. Die restlichen geophysikalischen Parameter blieben unverändert. Die Durchschnittstemperatur der Gase der Pisciarelli-Fumarole lag bei 95 Grad, gemessen in 5 m Entfernung zur Fumarole. Weiterhin ist das Becken des eigentlichen Schlammsprudels trocken und es fehlt an Kondensat und Niederschlag.

Campi Flegrei mit Erdbeben am 16.10.23

Erdbeben Md 3,6 im Osten der Solfatara

Datum 16.10.23 | Zeit: 12:36:21 UTC | Lokation: 40.8268 ; 14.1423 | Tiefe: 1,9 km | Md 3,6

Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei wurde nach einigen Tagen der relativen Ruhe, während der eine normale Erdbebentätigkeit beobachtet wurde, von einem Erdstoß der Magnitude 3,6 erschüttert. Mit dieser Magnitude zählt das Beben zu den stärkeren der aktuellen Hebungsphase, an der das Phänomen des Bradyseismos Schuld haben soll. Das Hypozentrum befand sich in 1,9 km Tiefe. Das Epizentrum wurde am Ostrand der Solfatara verortet. Das Erdbeben war Teil eines seismischen Schwarms, der bis jetzt aus 23 Erschütterungen bestand.

Der Erdstoß ereignete sich um 10:36:21 UTC, also um 12:36:21 Uhr Lokalzeit. Der Erdstoß lag über der Wahrnehmbarkeitsschwelle und konnte von den Anwohnern der Gegend wahrgenommen werden. Beim EMSC beschreibt ein Bebenzeuge, der sich in 4 km Entfernung zum Epizentrum befunden hat, dass sein Schreibtisch wackelte und Flaschen auf diesem rumgehüpft sind.

Das Erdbeben reiht sich in einer Sequenz stärkerer Erdbeben ein, die für viel Aufregung in der Gegend geführt haben. Nicht zuletzt die große mediale Aufmerksamkeit, die die Geschehnisse in der Campi Flegrei genossen, treibt die Angst vor einer möglichen Eruption des Calderavulkans. Einige Vulkanologen vertreten die Meinung, der Vulkan könnte sich auf einen Ausbruch vorbereiten, während andere sagen, dass Erdbeben und Bodenhebung durch Bradyseismos verursacht werden. Stellt sich die Frage, woher die magmatischen Fluide stammen, die als Motor des Bradyseimsos angesehen werden?

Liest man den letzten Wochenbericht des INGV zur Campi Flegrei, sticht eine Passage hervor, die nicht gerade beruhigend auf die Anwohner wirken dürfte, denn neben der „normalen“ Bodenhebung von 15 mm pro Monat, hob sich der Boden im Zuge der starken Erdbebenserie um einen weiteren Zentimeter an, sodass die Hebungsrate zumindest kurzfristig bei 25 mm im Monat liegt. Das spricht dafür, dass die Beben durch eine massive Intrusion magmatischer Fluide in oberflächennahen Gesteinsschichten ausgelöst wurden. Es bliebt spannend am Vulkan!

Campi Flegrei: Und noch ein Erdbeben M 4,0

Ein weiteres Erdbeben im Bereich von 4 erschüttert Calderavulkan Campi Flegrei

Datum 02.10.23 | Zeit: 20:08:26 UTC | Lokation: 40.8302 ; 14.1495 | Tiefe: 2,6 km | Md 4,0

Gestern Abend bebte es um 20:06:26 UTC erneut unter dem süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei: Das Erdbeben hatte eine Magnitude von 4,0 und ein Hypozentrum in 2,6 km Tiefe. Damit war es das zweitstärkste Erdbeben seit beginn der aktuellen Hebungsphase. Das Epizentrum befand sich etwas nordöstlich des Solfatara-Kraters und nicht weit entfernt von der Pisciarelli-Fumarole, die als besonders heiß und aktiv gilt. Natürlich war der moderate Erdstoß von den Anwohnern der Caldera zu spüren gewesen: Dem EMSC liegen Wahrnehmungsmeldungen in einem Umkreis von ca. 18 km um das Epizentrum vor. Das Beben erntete dementsprechend viel Aufmerksamkeit in den sozialen Medien und wie immer fürchtet man einen baldigen Ausbruch des Vulkans. Allerdings gibt es auch gegenteilige Stimmen, die sagen, dass bei den letzten Hebungsphasen vergleichbar starke Erdbeben kurz vor Ende der Bodenhebungen auftraten. Die Zeit wird zeigen, was sich als nächstes tut, seriöse Vorhersagen lassen sich nicht treffen. Auffällig ist aber die Häufung moderater Erdbeben mit Magnituden ab 3, die für den Calderavulkan bereits relativ stark sind. Ein Indiz dafür, dass sich im Untergrund etwas verändert, und normalerweise hängen stärkere Erdbeben mit größeren Spannungen im Untergrund zusammen.

Natürlich kam der beschriebene Erdstoß nicht alleine. Er reiht sich in einem Schwarm schwächerer Erdbeben ein, der seit dem letzten stärkeren Erdbeben nicht komplett nachgelassen hatte. Laut seismologischer Begrifflichkeit müsste man hier wieder in Hauptbeben und Nachbeben unterscheiden, doch ich denke, dass man all diese Beben getrost weiterhin als Schwarmbeben bezeichnen kann.

Heute wird der neue Wochenbericht des INGV erwartet. Sobald er erscheint, gibt es ein kleines Update mit der Zusammenfassung der Ereignisse, die ja bereits in der letzten Woche spannend waren. Gespannt darf man insbesondere darauf sein, ob es eine Änderung in der Bodenhebung gab, die bis jetzt immer noch mit 15 mm im Monat angegeben wird.

Update: Inzwischen wurde der Wochenbericht veröffentlicht. Im Beobachtungszeitraum 25. September bis 1. Oktober 2023, wurden 270 Erdbeben lokalisiert. Das dürfte mit der höchste Wochenwert sein. Die Bodenhebung beträgt weiterhin 15 mm im Monate, es wurde aber eine Beschleunigung der Hebung festgestellt, so dass der tatsächliche Wert höher liegen dürfte. Erst nächste Woche soll der neue Wert ermittelt werden. Die Temperatur der Pisciarelli-Fumarole liegt weiter bei ca. 95 Grad. Das Schlammbecken der Fumarole ist weitestgehend trocken und es fehlt Kondensat.

Entstehungsgeschichte der Solfatara

Die seismische Aktivität der Campi Flegrei ist auch heute erhöht und es gibt schwache Erdbeben, von denen sich viele im Bereich des Solfatara-Kraters ereignen. Grund genug, einmal die seine Entstehungsgeschichte genauer zu betrachten.

Der Calderavulkan Campi Flegrei bildete einen Großteil des süditalienischen Golfs von Pozzuoli, der in direkter Nachbarschaft zum bekannteren Golf von Neapel liegt. Vor den beiden Meeresbuchten liegen die bekannten Inseln Capri und Ischia. In der Caldera selbst befinden sich mehrere große und kleine Vulkankrater, die teilweise mit Schlackenkegeln assoziiert sind. Einige der größeren Krater sind mit Seen gefüllt und erinnern an Maare. In diese Kategorie wird seit einigen Jahren auch der Krater der Solfatara geführt, der wohl die bekannteste vulkanische Manifestation der Phlegräischen Felder -wie die Caldera bei uns häufig genannt wird- darstellt.

Spätestens seit einer neuen Studie, die im Jahr 2015 veröffentlicht wurde, wird die Solfatara als Maar bezeichnet, dessen Krater einen Durchmesser von 610 bis 710 Metern hat und etwa 0,35 Quadratkilometer Fläche bedeckt. Die maximale Höhe des Kraterrands beträgt etwa 80 Meter über dem Kraterboden. Die geologische Struktur der Solfatara zeichnet sich durch ein Diatrem aus, das etwa 3 Kilometer tief ist und von Verwerfungen in verschiedenen Richtungen begrenzt wird. Ein Diatrem kann man als besondere Art eines verfüllten Vulkanschlots ansehen, der mit Gasexplosionen assoziiert ist und Ähnlichkeiten mit einer Kimberlit-Pipe aufweist.

Profil-Schnitt durch die Solfatara. © INGV Napoli nach Isaia et al., 2015
Profil-Schnitt durch die Solfatara. © INGV Napoli nach Isaia et al., 2015

Entstehung der Solfatara

Der Solfatara-Krater bildete sich während der dritten Aktivitätsphase der übergeordneten Struktur der Caldera Campi Flegrei. Bereits bevor sich die Solfatara vor 4280 Jahren bildete, gab es in dem Gebiet vulkanische Aktivität, darunter strombolianische Eruptionen in S.Maria delle Grazie und die explosiven Ausbrüche von Monte Olibano und Paleoastroni 3. Außerdem wurden Lavadom-Ablagerungen von Accademia und Monte Olibano gefunden. Auf der Innenseite des Kraters enthüllten petrografische Kartierungen pyroklastische Ablagerungen des großen plinianischen Ausbruchs von Agnano-Monte Spina. Dieser ereignete sich vor 4.550 Jahren. Als die Solfatara entstand, durchschlug die Eruption diese Ablagerungen.

Die stratigraphische Abfolge der Solfatara-Ablagerungen zeigt, dass der initiale Ausbruch durch pyroklastische Ströme und Ascheniederschlag gekennzeichnet war. Es muss also zu einer starken explosiven Eruption gekommen sein, die wahrscheinlich phreatomagmatischen Ursprungs war. Insofern gleicht die Entstehungsgeschichte der Solfatara der des Laacher-See-Vulkans in der Eifel, selbst wenn dieser Ausbruch stärker gewesen sein dürfte. Es gab auch eine weitere Interaktion zwischen Magma und dem hydrothermalen System, was zu unterschiedlichen Schichtungen in den Ablagerungen führte. Sollte es heute zu einem neuen Ausbruch im Gebiet der Solfatara kommen, müsste man ebenfalls mit einer solchen Interaktion rechnen und sich auf starke phreatomagmatische Explosionen einstellen.

Den phreatomagmatischen Eruptionen folgten oberflächennahe phreatischen Explosionen, die lithische Brekzienablagerungen erzeugten.

Infobox

Solfatara auf einen Blick

Entstehung während der 3. Eruptionsphase der Phlegräischen Felder

  • Große plinianische Eruption von Agnano-Monte Spina vor 4550 Jahren. Das Gebiet sackte ein.
  • Strombolianische Tätigkeit im Gebiet der heutigen Solfatara vor 4400 Jahren. Ein Schlackenkegel entstand.
  • Entstehung des Lavadoms vom Monte Olibano.
  • Die Geburt des Solfatara-Kraters erfolgte vor 4280 Jahren durch phreatomagmatische Eruptionen. Zeitgleich gab es eine plinianische Eruption aus dem Averno-Krater.
  • Phreatische Eruption im Jahr 1198.

 

Die bislang letzte Eruption der Solfatara ereignete sich im Jahr 1198. Über diesen Ausbruch ist recht wenig bekannt und es wird spekuliert, dass es sich um eine phreatische Eruption handelte, bei der es zu einer Dampfexplosion kam, ohne dass frische Lava eruptiert wäre. 1904 und 1921 bildeten sich 2 neue Fumarolen. Es kam ebenfalls zu starken Dampfentwicklungen und Explosionen, sodass man die Frage stellen kann, ob die Ereignisse nicht auch als phreatische Eruptionen durchgehen könnten.

Wie so oft an Vulkanen stehen in der Solfatara auch Schöpfung und Zerstörung eng beieinander: Der Krater diente seit der Epoche der Renaissance als Rohstofflieferant. Es wurden verschiedene Mineralien gewonnen, darunter Alaun und Schwefel. Den heißen Schlammquellen und Fumarolen wurden heilende Kräfte zugesprochen und es gab einen regen Gesundheitstourismus, der vor allem im 18. und 19. Jahrhundert florierte. Anfang des 20. Jahrhunderts begann man mit Führungen durch die Solfatara, die erst 2017 eingestellt wurden, als es zu einem tragischen Unfall kam, bei dem 3 Mitglieder einer Familie ums Leben kamen. Sie stürzten in einem abgesperrten Bereich des Kraters in ein Sinkloch, das sich vermutlich infolge starker Regenfälle am Vortag bildete.

Jüngste Aktivität der Solfatara

Die Solfatara ist stark vom Bradyseismos betroffen und bei einigen der Hebungsepisoden lag hier das Zentrum der Bodenhebung. Die jüngeren dieser Phasen dauerten von 1970-1972 und 1982-1984. Zum Höhepunkt der Phasen hob sich der Boden um bis zu 3 mm am Tag. Aktuell gibt es ebenfalls wieder eine Hebungsphase. Sie setzte im Jahr 2005 ein, beschleunigte sich im Jahr 2011 und hält aktuell noch an. Bis Ende September 2023 hob sich der Boden um 109 cm. Die Bodenhebungsphasen werden von zahlreichen Erdbeben begleitet und man spekuliert stets über einen neuen Vulkanausbruch. Aber kann es den in der Solfatara eigentlich geben? Nach allgemeiner Lehrmeinung sind Maare monogenetisch und entstehen in einer einzigen Eruptionsphase. Betrachtet man aber den geschichtlichen Verlauf der Solfatara, dann gab es in dem Areal über mehrere Jahrhunderte hinweg Eruptionen und ich wüsste keinen Grund, warum hier nicht neues Magma aufsteigen könnte, denn schließlich befindet sich die Solfatara innerhalb einer Caldera. (Quelle: Solfatara beim INGV-Neapel)

Erdbeben in Vulkangebieten am 28.09.23

Nach wie vor gibt es zahlreiche Erdbeben in europäischen Vulkanregionen. Das Wichtigste fasse ich heute in einem Artikel zusammen. In Italien sind es die Vulkane Ätna, Campi-Flegrei mit der Solfatara und die Vulkaninsel Vulcano, die seismisch aktiv sind. Auf Island bebt es weiterhin auf der Reykjanes-Halbinsel. Außerdem gab es im Golf von Djibouti und in Eritrea Erdstöße in der Nähe aktiver Vulkane, aber der Reihe nach:

Ätna mit erhöhter Seismizität

Am Ätna auf Sizilien gibt es vermehrt einzelne Beben, die sich in unterschiedlichen Tiefen im Osten und Süden des Vulkans ereignen. Das stärkste Erdbeben hatte eine Magnitude von 2,2 und manifestierte sich 1,6 km südöstlich von Adrano. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei den meisten ebben um tektonische-bedingte Erschütterungen, die aber durch aufsteigendes Magma getriggert werden könnten. Gestern wurde auch wieder ein Dampfring fotografiert und von den Schloten in der Bocca Nuova geht Rotglut aus. Meiner Meinung nach hat der Ätna nun lange genug pausiert und hatte genug Zeit zum Aufladen, sodass bald mal wieder ein paar schöne Eruptionen fällig werden. Davor fürchtet man sich derzeit auch in Süditalien, wo die Campi Flegrei weiterhin Sorgen bereitet.

Die süditalienische Caldera Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe und wird auch heute von zahlreichen Erdbeben durchgeschüttelt. Das INGV registrierte bis heute Nachmittag 48 schwache Erschütterungen, deren Magnituden überwiegend im Bereich der Mikroseismizität lagen und flache Hypozentren hatten. Das sind fast soviel, wie man sonst in einer Woche feststellt. Auffällig ist, dass die Beben in einem immer weiteren Umkreis streuen und nun auch in der Bucht von Neapel stattfinden. Ein Indiz für die großen Spannungen des sich aufwölbenden Untergrunds. Da stellt sich einem die Frage, ob die Bodenhebung immer noch nur von Fluiden (Gas und Wasser) verursacht werden?

Vor der Westküste von Vulcano ereigneten sich drei schwache Erschütterungen mit geringen Magnituden. Interessanterweise hat die Seismizität dort wieder zugenommen, nachdem man einen recht ruhigen Sommer durchlebte. Trotzdem scheint der Katastrophenschutz und die Kommunalverwaltung die Lage entspannt zu sehen, denn heute wurde in unserer FB-Gruppe die Nachricht verbreitet, dass die Absperrungen am Strand von Porto di Levante im Bereich des Schlammbads wieder aufgehoben wurden und man das Areal wieder betreten darf. Ob das Baden wieder erlaubt ist, ist mir noch nicht bekannt. Der Aufstieg zur Fossa wurde bereits im Frühsommer wieder freigegeben.

Erdbeben unter Reykjanes

Auch das Schwarmbeben unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel ist weiter aktiv. IMO registrierte in den letzten 2 Tagen gut 230 Erdbeben, wobei der Wert heute Morgen noch bei 280 lag, bevor die Messungen aus der Timeline gewandert sind. Aktuell gibt es die meisten Erschütterungen vor der Südwestspitze der Halbinsel, wo es bei Reykjanestá bebt. Die Region bei Grindavik und dem Thorbjörn-Vulkan wird ebenfalls weiter gerockt. Drei grüne Sternchen markieren Erschütterungen mit Magnituden ab 3.

Erdbeben Djibouti-Äthiopien

Im Grenzgebiet Djibouti-Äthiopien gab es heute Morgen 2 moderate Erschütterungen mit den Magnituden 4,8 und 4,7. die Hypozentren in ca. 10 km Tiefe hatten. Die Epizentren lagen an der Küste des Golfs von Djibouti, wo es mehrere kleine Vulkaninseln gibt. Auch die Vulkane der Erta-Alé-Range, die genaugenommen einen Mittelozeanischen Rücken markieren, liegen nicht fern. Der Erta Alé hatte Anfang der Woche ja eine ganz gute Performance hingelegt, nachdem es in der Region in den letzten Monaten häufiger bebte. Vielleicht kommt da ja bald noch mehr.

Was ich Euch noch schuldig geblieben bin, ist die Zusammenfassung des Wochenberichts von Vulcano. Die hänge ich hinten an, weil ich das Wichtigste zuerst erzählen wollte. Viel geändert hat sich an den geophysikalischen Parametern nicht, außer dass man bereits in der letzten Woche einige schwache Erdbeben detektierte. Die Temperaturen der Fumarolen am Kraterrand waren stabil und lagen zwischen 334 und 343 °C. Es wird weiterhin eine leicht bis mäßig erhöhte Kohlendioxid-Konzentration am Fuß des Kraterbereichs festgestellt. Der wöchentliche Durchschnitt lag bei 5370 g/m2/Tag. Die Wassertemperaturen in Bohrlöchern am Campingplatz sind weiterhin erhöht. Auch wenn die Sperrungen weitestgehend aufgehoben wurden, kann es immer noch zu plötzlichen Änderungen im Gasausstoß kommen und auch phreatische Eruptionen sind nicht völlig ausgeschlossen.