Campi Flegrei: Zunahme der Bodenhebung am 23.01.24

Zunahme von Bodenhebung und Erdbebentätigkeit unter der Caldera Campi Flegrei

In meinem letzten Update zum süditalienischen Calderavulkan hatte ich bereits über eine leichte Aktivitätszunahme in der zweiten Kalenderwoche berichtet gehabt. In der dritten Kalenderwoche gab es nochmals eine Steigerung und der Boden hebt sich nun wieder mit einer Rate von gut 10 mm im Monat. Damit sind wir wieder auf dem Durchschnittswert des letzten Jahres angekommen, der schon recht hoch war. Zu Spitzenzeiten hob sich damals der Boden allerdings um ca. 15 mm pro Monat und es gab Tage mit noch stärkerer Hebung. Nichtsdestotrotz ist der Vulkan wieder gut im Geschäft und es sieht nicht nach einem dauerhaften Aktivitätsrückgang aus.

Am Wochenende gab es auch das bislang stärkste Erdbeben mit einer Magnitude von 2,6, dessen Epizentrum im Golf von Pozzuoli lag. Im Wochenbulletin schreiben die Vulkanologen vom INGV, dass die Seismometer 24 schwache Erschütterungen registrierten. Die Fumarolentemperatur von Pisciarelli liegt weiterhin bei 95 Grad, gemessen in der Dampfwolke in 5 Metern Höhe, was meiner Meinung nach absolut Unsinnig ist. Ich wüsste auch nicht, an welchem Vulkan sowas sonst praktiziert wird. Dient es der Beruhigung der Bevölkerung? Da normalerweise am Fumarolenmund oder besser noch in der Fumarole gemessen wird, ist es schwierig, die Gastemperatur mit jener anderer Vulkane zu vergleichen. Temperaturen von mehr als 350 Grad gelten als besorgniserregend hoch und es könnte sich eine Eruption anbahnen. Das bei Pisciarelli angewendete Verfahren ist bestenfalls gut, um relative Änderungen zu detektieren.

Vulkanologen suchen ein Zuhause

Apropos Forscher und Schwachsinn: In den Boulevardmedien kursiert ein Bericht, nach dem das INGV Neapel eine neue Bleibe sucht. Der Clickbait-Artikel ist so aufgebaut, dass man den Eindruck hat, dass die Vulkanologen aufgrund einer sich anbahnenden Eruption ein neues Hauptquartier suchen wollen, da das Institut in der roten Gefahrenzone liegt. Tatsache ist, dass man seit Jahren umsiedeln möchte, weil das aktuelle Institut in einem angemieteten Gebäude untergebracht ist, das ich bei meinem letzten Besuch dort vor mehr als 15 Jahren bereits als heruntergekommen empfand. Natürlich ist es so zwischen Campi Flegrei und Vesuv nicht einfach, einen geeigneten Standort für einen Neubau zu finden, der nicht in einer der potenziellen Evakuierungszonen im Golf von Neapel liegt. Klar will man einen Neubau an einem relativ sicheren Ort errichten und es wäre auch irgendwie ungünstig, wenn im Notfall ausgerechnet die Geoforscher nicht in ihre Zentrale kämen, aber die Umsiedlung ist seit Langem ein Wunsch der italienischen Geoforscher vom INGV, unabhängig von einer evtl. drohenden Eruption.

Campi Flegrei mit neuer Bodenhebung am 20.01.24

Staat: Italien | Koordinaten: 40.823 , 14.134 | Aktivität: Fumarolisch

Erneutes Einsetzten der Bodenhebung in der Campi Flegrei – Leichte Zunahme der Erdbebentätigkeit

In den letzten Wochen war es um den italienischen Calderavulkan Campi Flegrei relativ ruhig bestellt, nachdem wir im Oktober letzten Jahres den (vorläufigen) Höhepunkt der seismischen Aktivität erlebt haben, die von einer starken Bodenhebung verursacht wurde. In Spitzenzeiten hob sich der Boden um durchschnittlich 15 mm im Monat. Im Dezember stoppte die Bodenhebung sogar, nur um nun wieder einzusetzen. Wie dem jüngsten Wochenbulletin des INGV zu entnehmen ist, wurde in der 2. Kalenderwoche wieder eine Bodenhebung von 3-4 mm festgestellt. In dieser Zeit gab es nur 8 schwache Erdbeben. In der aktuellen Woche zog die Seismizität wieder etwas an und es manifestierten sich bis jetzt 21 schwache Erschütterungen. Die meisten davon ereigneten sich im Rahmen eines kleinen Erdbebenschwarms am 18. Januar. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 1,4 und ein Hypozentrum in 2,9 km Tiefe. Das Epizentrum wurde westlich der Solfatara festgestellt. Es sieht so aus, als hätte sich das Calderasystem nur ein wenig ausgeruht.

Eine neue Studie legt nahe, dass es im Oktober im Zuge der starken Erdbeben zu Rissbildungen in einer Deckschicht des Hydrothermalsystems kam, was zur Druckentlastung führte. Die Risse könnten sich jetzt wieder verschließen, so dass der Fluiddruck des Hydrothermalsystems wieder steigt. In der Folge wird sich die Bodenhebung in den nächsten Monaten wahrscheinlich wieder beschleunigen und parallel dazu dann auch die Seismizität.

Die aktuelle Hebungsphase begann im Jahr 2005 und beschleunigte sich seit 2011. Zwischendurch gab es bereits öfter kurze Aktivitätspausen. Seit 2011 hob sich der Boden um gut 114 cm. Das ist zwar kein Spitzenwert, spitze ist aber der vergleichsweise lange Zeitraum der Aktivität. Es ist also nicht auszuschließen, dass sich die aktuelle Phase von vorangegangen unterscheidet und dass tatsächlich Magma angefangen hat, sich in ca. 4-5 km Tiefe zu akkumulieren.

Übrigens, dieser Tage sind ein paar Mitglieder unseres Vulkanvereins in der Gegend unterwegs. Sie fanden den Zugang zur Solfatara weiterhin verschlossen vor. Auch die Pisciarelli-Fumarole war nicht zugänglich. Ich bin voraussichtlich über Karneval vor Ort.

Campi Flegrei: Bodenhebung stoppte

Bodenhebung und Seismizität stoppten – Spekulationen um Ende der Hebungsphase

Nach dem (vorläufigen) Höhepunkt in der aktuellen Unruhephase der süditalienischen Caldera Campi Flegrei, der Mitte Oktober vergangenen Jahres erreicht wurde, ruht sich der Vulkan momentan aus. Wie dem neusten Wochenbericht des INGV zu entnehmen ist, kam es zuletzt nur noch zu wenigen schwachen Erdbeben und die Bodenhebung stoppte. Nachdem die Anwohner einen bevorstehenden Vulkanausbruch fürchteten und die Medien die Sorgen mit reißerischen Berichten anfeuerten, sieht es erst einmal nach einer Atempause aus. Und vielleicht könnte das Ende der Hebungsphase erreicht sein, die bereits im Jahr 2005 begann und ab 2011 richtig Fahrt aufgenommen hatte. In dieser Zeit hob sich der Boden stellenweise um 118 cm.

Über das mögliche Ende der Hebungsphase wurde bereits im Oktober spekuliert, als es die stärksten Erdbeben (M>4) der letzten Jahrzehnte gab. Grund für diese Spekulationen lieferten Vergleiche mit der recht kurzweiligen Hebungsphase 1982–84, die ebenfalls nach den stärksten Erdbeben aufhörte. Nach einigen Monaten Stillstand begann sich dann der Boden zu senken, allerdings ohne soweit abzusinken, dass die vorherige Nulllinie erreicht worden wäre: Einer Anhebung von 178 cm stand einer Absenkung von 93 cm gegenüber, so dass Netto eine Bodenhebung von 85 cm übrig geblieben war. Dieses Bodenhebungsniveau war die Ausgangsbasis der aktuellen Hebungsphase.

Neue Studie zum Bradyseismos

Eine neue Studie einer italienischen Forschergruppe vom INGV untersuchte den Untergrund der Caldera genauer und fand heraus, dass es nicht nur eine Gesteinsschicht in ca. 4-5 km Tiefe gibt, die möglicherweise aufsteigenden Magma vom weiteren Aufstieg abhält, sondern dass es zwei weitere abdichtende Gesteinsschicht in geringer Tiefe gibt, die das Hydrothermalsystem einschließen und zur Oberfläche abdichten. Daher ist es Fluiden nicht möglich an der Oberfläche im entsprechenden Maße zu entweichen. Die Deckschichten sind in gewissem Maße elastisch verformbar und wölben sich bei steigenden Fluiddruck auf, so dass sich der Boden hebt. Die untere dieser Schichten scheint soweit plastisch zu sein, dass sie Risse im Laufe der Zeit selbst reparieren und abdichten können. Nun geht man davon aus, dass es bei den starken Erdbeben Mitte Oktober zum Bruck der Schichten gekommen ist, so dass die Fluide entweichen können und der Druck im Hydrothermalsystem sinkt.

Die Forscher postulierten in ihrer Studie aber noch nicht das Ende der aktuellen Hebungsphase, denn diese unterscheidet sich von der vorherigen u.a. durch die Lage der Erdbebenherde.

Verglichen mit der Periode von 1982–84 trat ein größerer Anteil der jüngsten Seismizität in geringeren Tiefen unterhalb der aktiv entgasenden Fumarolen von Solfatara-Pisciarelli nordöstlich von Pozzuoli auf.

Der fortgesetzte Auftrieb könnte daher andauern, bis das Brechen der flachen Kruste eine schnellere Freisetzung von Gas und eine Druckentlastung der Quelle ermöglicht.

In dieser Druckentlastung sehe ich aber auch eine Gefahr: Sollte sich in Tiefen jenseits von 4-5 km eine größere Menge Schmelze angesammelt haben, könnte gerade diese Druckentlastung einen Vulkanausbruch triggern.

Nächsten Monat halte ich mich mit Leroy ein paar Tage im Golf von Neapel auf und natürlich steht auch ein Besuch der Campi Flegrei auf dem Besichtigungsprogramm.

(Quelle: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012821X23005423)

Campi Flegrei: Neuer Monatsbericht online

Monatsbericht enthüllt höhen Gasausstoß – Seismizität gering

In den letzten Wochen ist es um den süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei ruhiger geworden, nicht nur aus vulkanotektonischer Sicht, sondern auch aus medialer. Der Höhepunkt der Berichterstattung im Oktober hätte wohl nur noch infolge einer Eruption getoppt werden können. Doch genauso ungerechtfertigt die Panikmache zu dieser Zeit war, so ungerechtfertigt ist nun das Ignorieren der Thematik in der Öffentlichkeit. Zwar sehen wir momentan deutlich weniger Erdbeben als im genannten Zeitraum, vorbei ist die zugrundeliegende Aktivität aber nicht und das generelle Eruptionsrisiko steigt mit jedem Millimeter Bodenhebung weiter, insbesondere da man ja der Meinung ist, dass diese letztendlich durch magmatische Prozesse in Tiefen unter dem Hydrothermalsystem verursacht werden.

Im aktuell erschienen INGV-Bulletin für den Monat Dezember berichten die Forscher, dass sie 159 schwache Erdbeben detektierten. Wie das Säulenhistorgramm zeigt, war das der geringste Wert des laufenden Jahres und nur ein Bruchteil dessen, was man im September/Oktober an Beben registrierte. Ein anderes Diagramm stellt die Tiefe der Hypozentren dar, und hier ist eindeutig der Trend auszumachen, dass es immer mehr Erdbeben mit Tiefen von mehr als 3 km gibt. Diese Erdbeben sind es, die Besorgnis erregen und einen Hinweis liefern, dass Magma aus einem tiefer gelegenen Magmenkörper aufstiegen könnte.

Die Bodenhebung stieg im November nach einem kurzweiligen Rückgang im Oktober, als sie nur noch 4 mm pro Monat betrug, wieder an. Aktuell liegt sie bei 10 mm im Monat. Seit dem Beginn der Hebungsphase in 2005 summierte sich die Hebung auf 118 cm. Betrachtet man die letzten 7 Jahre, dann hob sich der Boden in dieser Zeit um 85 mm. Neben dem Boden steigen auch Druck und Temperatur im Hydrothermalsystem immer weiter an. Der Kohlendioxid-Ausstoß aus der Solfatara war auch im November mit 3500 Tonnen am Tag hoch und lag auf dem Niveau eines eruptierenden Vulkans.

Campi Flegrei mit Anstieg der Bodenhebung – Bericht vom 06.12.23

Erdbebenaktivität der Campi Flegrei gering – Bodenhebung stieg trotzdem

Solfatara Campi FlegreiGestern veröffentlichte das INGV das neue Wochenbulletin zur Caldera Campi Flegrei in Süditalien. Der Vulkan zeigte sich im Beobachtungszeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember von seiner ruhigen Seite und erzeugte nur 3 Erdbeben. Das ist ein denkwürdig niedriger Wert. Es sieht so aus, als wären bei der starken Erdbebensequenz erst einmal alle Spannungen im Untergrund abgebaut worden. Dennoch ist die Ruhe nur äußerlich bedingt, denn im Untergrund des Vulkans sind weiterhin magmatische Fluide tätig, die den Boden anheben. Nachdem sich die Bodenhebung nach der Erdbebensequenz deutlich verringerte und von Mitte Oktober bis Anfang November nur 4 mm im Monat betrug, stieg sie wieder an und belief sich während des genannten Beobachtungszeitraums auf 10 mm im Monat. Damit sind wir zwar noch ein Stück weit von den 15 mm pro Monat entfernt, die wir während des Sommers beobachten konnten, doch der Anstieg verdeutlicht, dass die Caldera noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Auch wenn kein medialer Alarmismus mehr herrscht, bleibt ein gewisses Ausbruchsrisiko bestehen. Davon zeugt auch der langjährige leicht steigende Trend des Kohlendioxid-Ausstoßes, dessen Ursprung zumindest teilweise magmatisch ist. Signifikanten Änderungen in den geochemischen Parametern gab es während des Beobachtungszeitraums aber nicht. Die Temperatur der Hauptfumarole bei Pisciarelli lag weiterhin bei 95 Grad. Im Becken um die Fumarole sammelte sich wieder Kondensat an, so dass man wieder von einem Schlammpool sprechen kann.

Generell wird die aktuelle Hebungsphase von den meisten Geowissenschaftlern nicht als direktes Anzeichen einer sich zusammenbrauchenden Eruption gesehen, sondern als eine weitere Phase des Bradyseismos. Dass auch dahinter letztendlich sehr wahrscheinlich eine Magmenakkumulation in der Tiefe steckt, heißt nicht, dass es mittelfristig zwangsläufig zur Eruption kommt. Doch auch ohne einen Vulkanausbruch ist es ein phantastisches Naturphänomen, das weiterer Forschungen bedarf. Vielleicht steckt ja ein vergleichbares Phänomen hinter anderen starken Bodenhebungsphasen, die uns in den letzten Monaten in Atem gehalten haben. Sollte dem so sein, müsste in diesen Regionen bald eine deutliche Subsidenz einsetzten, denn im Gegensatz zu Magma, das sich im Untergrund akkumuliert, fließen die Fluide, die als Motor des Bradyseismos vermutet werden, nach einiger Zeit wieder ab und der Boden senkt sich.

Campi Flegrei: Droht die Endzeit?

Katastrophenszenario Campi Flegrei – Sensationsmedien schüren Ängste

Geht man dieser Tage online, wird man als Vulkanophlier mit einer Flut schlecht recherchierter Artikel zum Vulkanismus überschwemmt. Spätestens seit der letzten größeren Erdbebensequenz der Campi Flegrei und der Gangintrusion auf der isländischen Reykjaneshalbinsel scheint an unserem Lieblingsthema großes Interesse zu herrschen, und Autoren und KI-Bots kreieren ein Artikelremake nach dem anderen und schüren so unbegründete Ängste vor einem möglichen Supervulkanausbruch. Offenbar interessiert nur noch Clickbait. Journalismus tritt in den Hintergrund. In keinem der Artikel ist zu lesen, dass sich die Situation unter der Campi Flegrei oder auf Reykjanes zumindest temporär etwas entspannt hat. Im Gegenteil: gestern liefen Artikel durch die Online-Medienwelt, nach denen in Italien „geheime Dokumente geleakt“ wurden. Diese vermeintlichen Leaks sollen auf einer Konferenz der Nationalen Kommission für große Risiken durchgesickert sein und wurden von der italienischen Zeitung Corriere del Mezzogiorno veröffentlicht. Demnach heißt es in dem Sitzungsprotokoll sinngemäß, dass Bodenhebung und die daraus resultierenden Erdbeben sehr wahrscheinlich durch Magma verursacht werden, das von einem Magmenkörper in 7-8 km Tiefe in ein flacher gelegenes Reservoire in 4-5 km Tiefe aufgestiegen sei. Dieses Magma würde nun durchzubrechen drohen. Diese Erkenntnis basiert u.a. auf drei Forschungsarbeiten aus den Jahren 2013, 2017 und 2023. Dabei beziehen sich die beiden erstgenannten Studien auf Ereignisse der Hebungsphase in den 1980er-Jahren.

Weiterhin postulierte eine neue Studie, die am 9. Juni 2023 auf nature.com veröffentlicht wurde, dass es Hinweise gäbe, dass sich die Verformungsart des Untergrundes ändere. Es sei ein Punkt erreicht, an dem die Gesteine des Untergrunds nicht mehr elastisch verformbar reagierten. Durch ansteigenden Druck von unten kommt es dadurch vermehrt zu Gesteinsbruch. Dadurch wächst die Gefahr, dass die Gesteinsschichten brechen, die den vermeintlichen Magmenkörper in 4 bis 5 km Tiefe abdichteten und Magma am weiteren Aufstieg hinderten. In erster Linie sahen die Studienautoren eine steigende Gefahr in Bezug auf phreatische Explosionen. Von einem Supervulkanausbruch ist hier nicht die Rede gewesen. Doch daraus hat wohl jemand in der Kommission die Gewissheit gemacht, dass es bald sehr wahrscheinlich zu einem Vulkanausbruch kommen würde.

Prinzipiell werden hydrothermale Manifestationen immer von einem Magmenkörper angefeuert und es ist klar, dass es sich bei Campi Flegrei um einen aktiven Vulkan handelt, der jederzeit wieder eruptieren kann. Dass so eine Eruption ein Supervulkanausbruch mit globalen Folgen sein wird, wie man es in den Medien gerne darstellt, dafür gibt es bis jetzt keine Anhaltspunkte. Klar ist aber auch, dass bereits eine normal große Eruption ein Problem für das betroffene Ballungsgebiet darstellen würde.

Aber was macht Campi Flegrei in diesen Tagen? Blickt man auf die Shakemap, sieht man, dass es in den letzten Tagen wieder zu einem Schwarmbeben kam. Auch danach gab es wieder täglich einige Erdbeben. Wir sind aber weit von der Hochphase im Oktober entfernt. Dem neuen INGV-Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum 20.–26. November zufolge, wurden 40 schwache Erdbeben registriert. Die Hebungsrate des Bodens lag bei 4 mm im Monat und damit weiter deutlich unter den Spitzenwerten im Oktober. Die restlichen geophysikalischen Parameter zeigten sich unverändert.

Zusammenfassen lässt sich sagen: Ja, es besteht ein gewisses Ausbruchsrisiko am Golf von Pozzuoli. Langfristig ist es sogar wahrscheinlich, dass es wieder zu einer Eruption kommen wird. Wann es soweit ist und wie groß der Ausbruch sein wird ist ungewiss. Die Wahrscheinlichkeit für eine Supervulkaneruption ist gering.

Weiterführende Links: Ich habe über zwei der hier erwähnten Forschungsarbeiten berichtet gehabt. Von den Berichten aus sind die Arbeiten verlinkt.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,1

Erdbeben der Magnitude 3,1 unter der Campi Flegrei

Datum 24.11.2023 | Zeit: 18:41:46 UTC | Lokation: 40.8315 ; 14.1365  | Tiefe: 2,8 km | Md 3,1

Gestern schrieb ich noch, dass die seismische Aktivität unter dem süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei deutlich abgenommen hat. Da gab es dann auch gleich eine Reaktion vom Vulkan: Sie kam in Form von 4 Erdstößen, von denen der Stärkste eine Magnitude von 3,1 hatte. Das Hypozentrum befand sich in 2,8 km Tiefe. Das Epizentrum lag auf dem nordwestlichen Kraterrand der Solfatara. Ein Schwarmbeben, wie man es vor dem Abflauen der Aktivität gesehen hätte, blieb erst einmal aus. Allerdings setzte heute Morgen wieder Erdbebentätigkeit ein und es gab seitdem 10 schwache Erschütterungen. Die Erdbebensequenz zeigt, dass die Campi Flegrei wahrscheinlich nur etwas verschnaufte und ihre aktuelle Hebungsphase noch nicht für beendet erklärt werden kann – besonders, da sich der Boden ja noch leicht hebt.

Dieses Heben und Senken des Untergrundes der Caldera ist kein neues Phänomen der Region, denn Spuren von Bohrmuscheln an den Säulen des Marcellums aus der Römerzeit zeugen davon, dass das ganze Areal damals um mehrere Meter tiefer lag als heute. Tatsächlich finden sich vor der Küste von Pozzuoli römische Artefakte Unterwasser. Sie sind im archäologischen Unterwasserpark von Baiae zu bewundern. Natürlich nur wenn man eine Genehmigung hat, dort abzutauchen. Die Artefakte liegen in Wassertiefen zwischen 5 und 13 m und belegen, dass die Küste tatsächlich einmal bis zu 15 m höher lag als heute. Also hat es bereits zu Zeiten der Römer erhebliche Bodenbewegungen gegeben, ohne dass es zu einem Vulkanausbruch gekommen wäre. Den letzten Ausbruch vor der Römerzeit gab es im 17. vorchristlichen Jahrhundert. Er hatte einen VEI von 4. Die erste Eruption nach der römischen Epoche, die zwischen den Jahren 753 v. Chr. bis 476 n. Chr. definiert wird, ereignete sich erst im 12. Jahrhundert nach Christus. Also gab es einen Zeitraum von 2900 Jahren ohne nennenswerte eruptive Tätigkeit, während der sich der Boden im Küstenbereich von Pozzuoli um gut 15 Meter verformte. Offenbar hatten die Römer ihre Gebäude an der Küste zu einem Zeitpunkt errichtet, als sich die Bodenhebung nahe eines Maximums befand.

Die Bodenhebung der aktuellen Phase, die im Jahr 2005 anfing und zunächst nur eine geringe Bodenverformung aufwies, nahm im Jahr 2011 Fahrt auf. Seitdem hob sich der Boden um 112 cm. Mir ist nicht bekannt, wo die natürliche Nulllinie liegt, aber berücksichtigt man die Ruinen in 13 m Wassertiefe, dürfte noch deutlich mehr Bodenhebung drin sein, bevor es zu einer Eruption kommt. Was jetzt nicht heißen soll, dass es erst zu einem Ausbruch kommen wird, wenn sich der Boden um mindestens weitere 13 Meter gehoben hat.

Das Phänomen hinter der Bodendeformation von Pozzuoli nennt man Bradyseismos. Er wird sehr wahrscheinlich von magmatischen Fluiden hervorgerufen, die in das Hydrothermalsystem der Caldera eindringen. Unklar ist, was in größeren Tiefen passiert und ob dort die Bodenhebung von einem großvolumigen Magmenkörper gesteuert wird. Klar scheint zu sein, dass die Fluide irgendwoher kommen müssen. Wahrscheinlich stammen sie aus dem Magma in größeren Tiefen. Dafür sprechen chemische Analysen der Fluide, die in der Solfatara austreten. Es gibt aber auch ältere Spekulationen, dass vor der Küste Meerwasser in den Untergrund verschwindet, sich durch Magma in großen Tiefen erwärmt und unter dem Vulkan aufsteigt und so den Boden hebt.

Mir scheint es so, als wäre noch einiges an Forschungsarbeit nötigt, bevor man die Vorgänge in der Caldera wirklich versteht. Übrigens, wer sich die Shakemap genauer anschaut, erkennt, dass viele Erdbeben wie die Perlen auf einer Schnur geometrisch angeordnet zu sein scheinen. Ein Phänomen, dass bereits früher beobachtet wurde und wahrscheinlich auf Messungenauigkeiten zurückzuführen ist.

Campi Flegrei mit Aktivitätsrückgang am 23.11.23

Nur wenige Erdbeben erschüttern Campi Flegrei – Bodenhebung ebenfalls schwächer

Heute scheint der Tag zu sein, an dem ich über rückgehende Aktivität an den verschiedenen Vulkanen berichten muss, die uns in den letzten Wochen auf Trab gehalten haben. Nicht nur auf der Reykjanes-Halbinsel ist die seismische Tätigkeit zurückgegangen, sondern auch am großen südeuropäischen Calderavulkan Campi Flegrei. Im neuen Wochenbericht des INGV, der den Beobachtungszeitraum 13. bis 19. November 2023 umfasst, heißt es, dass es in dieser Woche nur 5 Erdbeben gab. Das ist der niedrigste Stand seit … Was weiß ich? Es wurden nicht nur sehr wenige Beben registriert, sie waren zudem auch sehr schwach und hatten Magnituden im Beriech der Mikroseismizität. Im Gegensatz zum nordeuropäischen Erbeben- und Bodenhebungsgebiet  hat hier auch Letztere deutlich nachgelassen und beläuft sich seit Mitte Oktober auf nur noch 4 mm im Monat. Ähnliche Hebungsraten seihen wir auch auf Island, allerdings nicht im Monat, sondern am Tag.

Über die Vorgänge, die in der ersten Oktoberhälfte die Medien haben heißlaufen lassen, in denen Befürchtungen eines sich anbahnenden Vulkanausbruchs geäußert wurden, sind weiterhin unklar: Es wurde berichtet, dass es vermehrt Anzeichen für Magmenaufstieg gebe. Diese Befürchtungen stammten aber aus einer bereits im Frühjahr veröffentlichten Studie, die zeigte, dass es vermehrt Erdbeben in tieferen Regionen gab, die auf Gesteinsbruch hindeuteten, der von aufsteigenden magmatischen Fluiden verursacht wurde. Die vergleichsweise starken Erdbeben Anfang Oktober, die mit einer verstärkten Bodenhebung einhergingen, lagen allerdings in Tiefen des Hydrothermalsystems und somit oberhalb des vermuteten Magmenreservoirs.

Entwarnung kann trotz des aktuellen Aktivitätsrückgangs nicht gegeben werden, denn im Laufe der aktuellen Hebungsphase wechselten sich mehrmals Perioden mit höherer und geringerer seismischer Aktivität und Bodenhebung ab. So ist weiterhin alles offen, einzig eine unmittelbar bevorstehende Naturkatastrophe scheint es nicht zu geben.

Campi Flegrei mit verringerter Bodenhebung

Bodenhebung verlangsamte sich signifikant – Geht dem Vulkan die Puste aus?

Während ich auf Updates der GPS-Messungen auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel wartete, habe ich die Wartezeit überbrückt, indem ich mir das letzte Wochenbulletin vom INGV zur Campi Flegrei durchgelesen habe. Es erschien bereits am Dienstag, doch da die Seismizität der Caldera in den letzten Tagen gering war, brannte mir das Thema gerade nicht unter den Fingern.

Der Bericht befasst sich mit den Geschehnissen des Beobachtungszeitraums 30. Oktober bis 5. November 2023. In dieser Zeit wurden nur 20 schwache Erschütterungen registriert, was einen deutlichen Rückgang der Seismizität darstellt, besonders wenn man die Tätigkeit Ende September als Referenz heranzieht. Zwischen dem 21. und 23. September gab es ein starkes Schwarmbeben und es wurde ein Anstieg der Bodenhebung festgestellt. An diesen Tagen hob sich der Boden um 10 mm. In den Monaten zuvor wurde die durchschnittliche Hebungsrate mit 15 mm pro Monat angegeben. Dieser Wert galt auch für die ersten beiden Oktoberwochen. Seitdem verlangsamte sich die Bodenhebung signifikant und kam letztendlich sogar ganz zum Stillstand. Solche ruhigen Phasen gab es immer wieder mal, seitdem die Bodenhebung im Jahr 2005 angefangen hatte. Schaut man weiter zurück, dann stellt man fest, dass es bei der vorangegangenen Hebungsphase in den 1980iger Jahren eine Häufung starker Erdbeben gab, kurz bevor die damalige Bodenhebungsphase endete und sogar der umgekehrte Effekt einsetzte. Sollte sich das Muster wiederholen? Es könnte in der Tat sein, dass der Campi Flegrei die Puste ausgeht, bzw. der Aufstieg magmatischer Fluide nicht nur ins Stocken gekommen ist, sondern ganz aufhörte. Das ist aber nur reine Spekulation, ohne wissenschaftliche Belege. Die restlichen geophysikalischen Parameter zeigten sich im o. g. Beobachtungszeitraum ohne große Schwankungen. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Hauptfumarole lag bei 95 Grad. Mit dem Ende des regenarmen Sommers begann sich auch wieder Kondensat im Schlammpool zu sammeln.

Entwarnung kann man in Europas mächtigster Caldera noch lange nicht geben, aber ich denke, die Medien können von ihrem Katastrophenszenario-Tripp der letzten Wochen langsam wieder runterkommen!

Mh, schon wieder 30 Minuten um und noch keine Aktualisierung der Daten zu Island. Dafür ist mir aufgefallen, dass die GPS-Messungen an der Hekla und am Eyjafjallajökull einen Sprung nach oben um gut 20 cm machten. Da ich nicht an eine solch sprunghafte Inflation glaube, liegt die Vermutung nahe, dass es hier einen Zusammenhang mit dem Erdbeben von heute Nacht gibt. Vermutlich auch der Grund, warum es keine neuen Messungen zu Reykjanes gibt. Übrigens blieb die Blaue Lagune heute doch geschlossen.