Campi Flegrei: Weitere Erdbeben mit Magnituden größer 2

Weitere Erdbeben mit Magnituden im Zweierbereich erschütterten Campi Flegrei

In den letzten Tagen bewegte sich die Anzahl der Erdbeben in der Caldera Campi Flegrei auf dem Niveau, das wir mittlerweile als normal ansehen. Täglich gab es mehrere Erdbeben, allerdings ohne einen starken Schwarm zu erzeugen. Dafür kann man den Trend beobachten, dass es häufiger zu energiereichen Erdbeben mit Magnituden ab 2 kommt. Zuletzt geschah das gestern Abend um 18:32 UTC. Das Beben hatte eine Magnitude 2,0 und ein Hypozentrum in 2400 m Tiefe. Das Epizentrum befand sich südöstlich der Solfatara.

Bodenhebung liegt bei 15 mm im Monat. © INGV


Im heute erschienenen Wochenbericht des INGV ist zu lesen, dass es im Beobachtungszeitraum 8. bis 14. September zu 32 Erdbeben kam. Die Bodenhebung lag weiterhin bei 15 mm pro Monat und die Fumarolentemperatur von Pisciarelli bei 94 Grad. Der Kohlendioxidausstoß war unverändert hoch und die Daten folgen dem langjährigen Trend der Druckbeaufschlagung des Hydrothermalsystems. In Bezug auf die Bodenhebung ist ein Blick auf den Graphen interessant, der in der vorletzten Woche einen Drop verzeichnete. Dieser wurde durch die Bodensenkung am Monte Olibano im Zuge des letzten stärkeren Erdbebens verursacht und sollte kein Messfehler sein.

INGV dementiert Beteiligung an neuester Studie

Interessant ist ein Dementi des INGV in Bezug auf die jüngste Studie zu den Campi Flegrei, bei der es um die Erhitzung des mitteltiefen Grundwasserleiters ging und die dem Vulkan quasi eine Magmaansammlung in einer Tiefe von mehr als 4 Kilometern attestierte. Es sei zwar richtig, dass an der Studie Wissenschaftler beteiligt waren, die beim INGV arbeiten, die Studie erfolgte aber nicht im Auftrag des Instituts. Bei mir besteht schon länger der Verdacht, dass man alles vermeidet, was die Besorgnis unter der Bevölkerung weiter steigern könnte. Generell ist die Wissenschaftswelt in Bezug auf Campi Flegrei gespalten, ähnlich wie es auch hinsichtlich der Schwarmbeben nordöstlich von Santorin der Fall ist: Während eine Fraktion die These von Magmaansammlung als Auslöser der Phänomene in den Campi Flegrei vertritt, versuchen andere Forscher, die Ereignisse mit komplexen Konstrukten zu erklären, die letztendlich aber doch Magma als Motor haben. Meiner Meinung nach läuft es in den Campi Flegrei früher oder später auf einen Vulkanausbruch hinaus.

Campi Flegrei: Studie zur Erhitzung des Grundwasserleiters

Neue Studie zur Erhitzung des Grundwasserleiters der Campi Flegrei – Magmatisch bedingt

Heute wurde vom INGV mitgeteilt, dass eine neue Studie veröffentlicht wurde, die im Rahmen einer Kooperation des INGV mit dem Institut für Geowissenschaften und Georessourcen des Nationalen Forschungsrats in Pisa und der Firma Steam srl, die auf geothermische Anlagen spezialisiert ist, entstanden ist. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Solid Earth veröffentlicht und beschäftigt sich mit den magmatischen Gasen der Fumarolen im Bereich der Solfatara und Pisciarelli.

Pisciarell-Fumarole und Schlammtopf

Mit Hilfe von Gasanalysen und anderen geowissenschaftlichen Daten gelang es, ein Modell des magmatisch-hydrothermalen Systems der Solfatara zu entwickeln und einen Erklärungsansatz, warum sich das Wasser eines Grundwasserleiters in 2,7 bis 4,0 Kilometern Tiefe erhitzt, was letztendlich zum Druckaufbau des Systems führt.

Die Forscher analysierten Daten von 4 Jahrzehnten, die mithilfe speziell entwickelter Geothermometer und Geobarometer erfasst wurden. Mit den Instrumenten wurden Temperatur und Druck von drei Grundwasserleitern in unterschiedlichen Tiefen der Phlegräischen Felder gemessen. Die dabei gewonnenen Daten wurden mit geowissenschaftlichen Informationen aus Oberflächenuntersuchungen und geothermischen Explorationsbohrungen aus den 1970er- und 1980er-Jahren verglichen, die bis in Tiefen von rund drei Kilometern reichten.

Die Ergebnisse bestätigen, dass die Erwärmung und Druckzunahme im Grundwasserleiter die direkte Ursache der aktuellen Bodenhebung sind. Diese Prozesse werden durch die magmatische Entgasung gesteuert, was bereits durch Schwankungen der Schwefelisotope in den fumarolischen Fluiden der Solfatara nachgewiesen wurde. Einen Nachweis von Magma in Tiefen oberhalb von 4 Kilometern erbrachte auch diese Studie nicht. Dennoch ist klar, dass es in größerer Tiefe eine Magmenakkumulation gibt.

Bei steigendem Druck im Grundwasserleiter besteht das Risiko hydrothermaler oder phreatischer Explosionen, wie wir sie im Juli 2024 im Biscuit-Basin des Yellowstone-Nationalparks sahen. Diese könnten durch die Verdampfung von Wasser und die plötzliche Ausdehnung des Dampfes ausgelöst werden und zum Aufbrechen des überlagernden Gesteins führen. Solche phreatischen Eruptionen entstehen, ohne dass es zu einem direkten Kontakt von Magma mit Grundwasser kommt. Es reicht eine starke Hitzequelle in der Tiefe, die das Gestein überhitzt und Wasser explosionsartig ausdehnen lässt, wenn es mit diesen heißen Gesteinen in Verbindung kommt.

Laut der Gefahreneinschätzung der Studienautoren könnte eine hydrothermale Explosion die Bildung heißer Schlammströme und Geröllmassen verursachen, die sich rasch ausbreiten und entlang der Geländevertiefungen bis zur Küste vordringen – ein Szenario, das in der Vergangenheit bereits dokumentiert wurde. Voraussetzung ist das Überschreiten der mechanischen Widerstandsfähigkeit der Deckgesteine, deren Festigkeit durch die zunehmende seismische Aktivität in der Region weiter abnimmt.

Die Autoren betonen, dass es sehr schwierig ist phreatische Eruptionen oder hydrothermale Explosionen vorherzusagen. Die Gefahr wächst, je länger die aktuelle Krise anhält. (Quelle: cnr.it)

Campi Flegrei: Signifikante Bodenverformung am Mt. Olibano

Der Solfatara Krater. © Marc Szeglat

Nach Schwarmbeben vom 1. September: Vulkanologen entdecken starke Bodendeformation am Monte Olibano

Im Zuge des starken Schwarmbebens vom 1. September senkte sich der Boden im Bereich des Monte Olibano südlich der Solfatara deutlich ab. Wie das INGV heute in seinem Monatsbulletin für den August bekannt gab, kam es auch zu horizontalen Verschiebungen.

Bodenverschiebungen. © INGV

Der Monte Olibano liegt zwischen Solfatara-Krater und der Küste und ist Standort der italienischen Luftwaffenakademie gewesen. Bei der Erhebung handelt es sich um das Relikt eines alten Lavadoms und Gravitationsmessungen identifizierten im flachen Untergrund der Struktur eine Anomalie, die auf aufsteigendes Magma hindeutet, weswegen bereits kleine Veränderungen große Unruhen bei den Anwohnern der Campi Flegrei erzeugen. Dementsprechend beunruhigt dürften die Menschen auf die Veröffentlichung des INGVs reagieren, nach der sich der Boden um etwa 25 mm in süd-südwestlicher Richtung verschob und um ca. 20 mm absenkte. Die Tiltmeterstation HDM registrierte eine sprunghafte Verschiebung von 110 µrad in südlicher Richtung, was ein vergleichsweise großer Wert ist. Bei früheren Erdbeben in dem Areal gab es ebenfalls Bodenbewegungen in der gleichen Richtung, diese waren aber deutlich kleiner. Um den Dom herum hob sich der Boden weiterhin. Offenbar geriet der Monte Olibano infolge der Beben ins Rutschen, wobei es natürlich auch sein kann, dass die Beben infolge der Rutschung auftreten. Sollte ersteres der Fall gewesen sein, dann könnte ein verstärkter Fluidaufstieg Beben und Rutschung verursacht haben.

Die Bodenhebung summierte sich an der Messstation RITE im August auf 1510 mm. Die Gesamtzahl der Erdbeben lag bei 596 und war damit überdurchschnittlich hoch. In den letzten Monaten kam es auch vermehrt zu Erdbeben, die tiefer als 4 Kilometer lagen, was als Indiz einer Magmenakkumulation interpretiert werden kann.

Schaut man sich die Grafiken zu den Messdaten des Berichts an, dann erkennt man, dass alle geophysikalischen und geochemischen Parameter nur eine Richtung kennen und steil nach oben streben. Das gilt insbesondere auch für die CO2-Emissionen, die im August bei überdurchschnittlichen 5500 Tonnen am Tag lagen. Auch das Verhältnis von H2S/CO2 nahm Anfang des Monats besorgniserregende Werte an, die zeigen, dass sich in einer Tiefe zwischen 6 und 8 Kilometern Magma ansammelte – so die Interpretation der INGV-Vulkanologen.

Mir persönlich ist es ein Rätsel, wie im Angesicht dieser Daten das Risiko eines Vulkanausbruchs von manchen Entscheidungsträgern klein geredet werden kann.

Campi Flegrei: Nur wenige Anwohner wollen Kontrollen der Häuser

Wenige Anwohner der Campi Flegrei fragen Schadenskontrollen an – Angst vor Wohnungslosigkeit

Nach dem starken Schwarmbeben der vergangenen Woche ist es in den letzten Tagen aus seismischer Sicht etwas ruhiger in den Campi Flegrei, obgleich es weiterhin täglich mehrere Erdbeben gibt. Ihre Anzahl liegt in dem Bereich dessen, der typisch für den Normalzustand der Hebungsphase ist. Die Bodenhebung geht indes weiter und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass sich die Krise abschwächt.



Schäden am Haus

Grund für dieses Update ist jedoch ein Bericht italienischer Medien, nach dem der Zivilschutz nur wenige Anfragen an die Techniker des Katastrophenschutzes erhält, um Schwachstellenanalysen für private Wohngebäude durchzuführen. Der Bericht lässt zudem vermuten, dass auch nicht alle Gebäudeschäden den Behörden gemeldet werden. Bei jedem Schwarmbeben veröffentlicht die Kommune Pozzuoli entsprechende Kontaktdaten, unter denen Schäden gemeldet und Inspektionen beantragt werden können.

Die Gründe für die geringe Nachfrage nach Inspektionen liegen in der Sorge der Bürger, dass ihre Häuser und Wohnungen als nicht sicher deklariert werden und diese dann geräumt werden müssen. Außerdem meinten mehrere Hausbesitzer im Interview, dass sie Angst vor hohen Sanierungskosten hätten. Im Falle von Sicherungs- und Renovierungsarbeiten gibt es zwar staatliche Förderungen und Zuschüsse, doch bis Gelder fließen, vergehen Monate und Jahre, wenn versprochene Leistungen überhaupt gezahlt werden. Hausbesitzer und Wohnungseigentümer müssen in Vorkasse treten. In den meisten Fällen fehlt das Geld hierfür.

Wer seine Wohnung räumen muss und nicht bei Verwandten oder Freunden in der Nähe unterkommt, muss meistens in ein Hotel ziehen oder das Gebiet komplett verlassen, was für ortsgebundene Berufstätige kaum machbar ist. Es soll zwar auch hier staatliche Zuschüsse geben, doch diese decken nicht die vollen Kosten für einen dauerhaften Umzug oder für das Hotel.

Aus diesen Gründen bleiben viele Gebäudeschäden unentdeckt oder werden sogar verheimlicht. Das bedingt natürlich, dass der tatsächliche Zustand vieler Gebäude in Pozzuoli falsch eingeschätzt wird. Viele Menschen leben in unsicheren Gebäuden, die im Falle stärkerer Erdbeben einsturzgefährdet sein könnten.

Zuverlässige, wissenschaftliche Prognosen über den weiteren Verlauf der Krise in den Campi Flegrei können nicht getroffen werden. Die Szenarien reichen von einem Abklingen der Aktivität bis hin zu einer Verstärkung der Seismizität, und sogar ein Vulkanausbruch lässt sich letztendlich nicht ausschließen. Auch der Zeitrahmen, in dem das alles geschehen kann, ist völlig offen.

Generell muss man sich die Frage stellen, ob es überhaupt sinnvoll ist, vor dem Ende der Krise Gebäude aufwendig zu sanieren oder sogar Neubauten zuzulassen. Auf lange Sicht erscheint es mir ratsam, die Besiedlung der Caldera aufzugeben.

Campi Flegrei: Studie identifiziert 54000 Erdbeben mithilfe von KI

Neue Studie identifiziert 54.000 Erdbeben in den Campi Flegrei mithilfe von KI – Beben meistens tektonischen Ursprungs

Die seit 20 Jahren anhaltende und sich seit 2017 permanent steigernde Erdbebentätigkeit im Bereich der süditalienischen Caldera Campi Flegrei inspiriert zahlreiche Forscher zu Studien. So wurde jetzt im Magazin „Science“ die Studie eines internationalen Forscherteams veröffentlicht, das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz in den seismischen Aufzeichnungen der letzten 3 Jahre 54.000 Erdbeben identifizieren konnte. Weit mehr als bisher bekannt waren. Die meisten Erdbeben sollen tektonischer Natur gewesen sein und nicht direkt mit dem Aufstieg von Magma zusammenhängen. Unterhalb von 4 Kilometern Tiefe wurde keine Erdbeben festgestellt.

Eine Ausnahme bilden laut der Studie, die von Forschern der Stanford University sowie der Universität Neapel Federico II und dem INGV durchgeführt wurde, hybride Erdbeben, die sich im Bereich des Mont Obliano manifestierten. Diese Erschütterungen würden direkt mit Fluidbewegungen zusammenhängen.

Ringförmig angeordnete Erdbeben

Mit Hilfe von KI-gestützten Verfahren wurde anhand der Erdbebenmuster ein ringförmiges Störungssystem um die Bodenhebungszone im Dach der Caldera identifiziert. An diesem Störungssystem ereignen sich laut der Forschergruppe die meisten tektonisch bedingten Erschütterungen. Solche ringförmigen Störungssysteme kennen wir auch von den Dachbereichen bzw. Füllungen anderer Calderen, u.a. vom Bardarbunga in Island.

Die Beben werden nach Meinung der Forscher also nicht direkt von aufsteigendem Magma verursacht. Hinweise auf eine Magmenmigration in Tiefen von weniger als 4 km wurden nicht gefunden.
Obwohl einige Forscher, Bürokraten und auch besorgte Bürger der Region diese Nachricht so interpretieren, als würde nun die Gefahr eines Vulkanausbruchs gebannt sein, gebe ich zu bedenken, dass die allermeisten Erdbeben in Vulkanregionen eben dadurch zustande kommen, dass sich magmatische Fluide entlang von Störungen und Schwächezonen bewegen und Druckerhöhungen diese zu Beben anregen. Was folgt, ist ein Erdbebensignal, das alle Merkmale eines tektonischen Erdbebens aufweist, letztendlich aber dennoch durch Druckanstieg im magmatischen Speicher- und Fördersystem des Vulkans ausgelöst wurde. Zudem hat bis jetzt auch keine andere Studie Magma in weniger als 4 km Tiefe nachweisen können. Tatsächlich würde Magma in so geringer Tiefe kurz vor der Eruption stehen.

Rein vulkanotektonische Erdbeben, bei denen aufsteigendes Magma Gestein bricht, manifestieren sich in geringen Tiefen nur dann, wenn das Magma final aufsteigt. Bei offenen Aufstiegswegen kommt es oft erst Stunden oder Minuten vor einer Eruption zu einer seismischen Krise vulkanotektonischen Ursprungs. Die neuen Erkenntnisse der Studie liefern keinen Grund zur Entwarnung, sondern sie sagen lediglich aus, dass ein Vulkanausbruch nicht unmittelbar bevorsteht. Mehr als 54.000 Erschütterungen innerhalb von 3 Jahren (2 Beben pro Stunde) sowie die Bodenhebung sind alarmierende Anzeichen dafür, dass es im Untergrund einen starken Druckaufbau gibt. (Quelle der Studie: https://www.science.org/doi/10.1126/science.adw9038)

Campi Flegrei: Meldung weiterer Erdbeben und Lageeinschätzung

Pisciarelli in den Campi Flegrei.

Ein weiterer spürbarer Erdstoß erschütterte Calderavulkan Campi Flegrei – Lageeinschätzung des INGV-Direktors

Gestern Nachmittag hielt der Erdbebenschwarm, der bereits Sonntagabend begonnen hatte, weiter an und erzeugte u.a. noch ein weiteres Erdbeben Md 3,3, das von den Bewohnern der Region deutlich gespürt werden konnte. Anders als die vorherigen Beben mit spürbaren Magnituden lag es nicht in unmittelbarer Küstennähe, sondern nordöstlich des Solfatarakraters in unmittelbarer Nähe zum Pisciarelli-Thermalgebiet mit seiner bekannten Fumarole.

Epizentren der Beben. © INGV

Bei dem noch stärkeren Erdbeben Md 4,0, das sich nachts ereignet hatte, kam es zu einem Felssturz an der Küstenstraße Via Napoli, woraufhin ein Haus evakuiert wurde, in dem 6 Familien wohnten. Weitere Häuser wurden auf eventuelle Strukturschäden untersucht.

Wie immer in Zeiten starker Schwarmbebentätigkeit herrscht eine große Aufregung in der Regio, die in den sozialen Medien getragen wird, und auch die Mainstreammedien laufen heiß. So veröffentlichte die Onlinezeitung Fanpage ein Interview mit INGV-Direktor Professor Giuseppe De Natale, der betonte, als Wissenschaftler zu sprechen und nicht als Direktor des Instituts. Er vertritt die Meinung, dass der aktuelle Erdbebenschwarm keine Veränderungen des Status der Campi Flegrei repräsentiert, sondern dass er mit der seit Jahren anhaltenden Druckerhöhung im Hydrothermalsystem der Campi Flegrei zusammenhängt. Erdbeben und Bodenhebung sind Symptome der kontinuierlichen Druckerhöhung. Der Druck des Systems sowie die Bodenhebung und die Stärke der Erdbeben erreichen heute die höchsten Werte seit der letzten Eruption im Jahr 1538. Die Bodenhebung liegt um gut einen halben Meter höher als bei der letzten Bradyseismos-Phase und ein Ende der Aktivität ist nicht in Sicht.

De Natale rechnet mit einer weiteren Zunahme der Erdbebenstärken und hält es für möglich, dass es bald Erdbeben mit M 5,0 geben wird, welche weitere Schäden an der Infrastruktur verursachen werden. Der Geophysik-Professor betont, dass man seit 2017 einen Anstieg der Seismizität prognostiziert hätte, allerdings könne man nach wie vor nicht vorhersagen, wann es zu stärkeren Erdbeben kommen wird.  Zu einem sich möglicherweise zusammenbrauenden Vulkanausbruch äußerte sich De Natale nicht.

Betrachtet man die Eruptionsgeschichte der Campi Flegrei, wird schnell klar, dass die kleineren Post-Caldera-Eruptionen zwar keinem bestimmten Muster folgen, dass es aber immer wieder zu Clusterereignissen kam. In Phasen mit erhöhter vulkanischer Aktivität, die mehrere Jahrhunderte und sogar Jahrtausende andauerten, kam es vergleichsweise häufig zu Eruptionen. Dennoch konnte zwischen diesen Eruptionen auch mal mehrere Jahrhunderte vergehen. Die letzten 3000 Jahre waren hingegen vergleichsweise ruhig, mit nur 2 dokumentierten Ausbrüchen: der phreatischen Eruption in der Solfatara von 1198 und der Entstehung des Monte Nuovo im Jahr 1538. Die langen Zeitabstände zwischen den früheren Eruptionen verdeutlichen meiner Meinung nach, dass der sogenannte Bradyseismos letztendlich nichts anderes ist als das Aufheizen des Vulkans und die Phasen können letztendlich in einer Eruption gipfeln. Früher oder später kommt es zum Desaster.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 4,0 südlich der Solfatara

Die Via Giacomo Matteotti läuft direkt auf den Monte Olibano im Hintergrund zu. Der Rand der Solfatara erhebt sich links davon. © Marc Szeglat

Ein mittelstarkes Erdbeben Md 4,0 erschütterte Campi Flegrei – Epizentrum am Südrand der Solfatara

Datum: 01.09.2025 | Zeit: 02:55:45 UTC | Koordinaten: 40.8230, 14.1372 | Tiefe: 2 km | Md 4,0

Der Erdbebenschwarm, der gestern um 14:09 Uhr anfing, hält auch heute weiter an und brachte ein weiteres, als mittelstark einzustufendes Erdbeben hervor, das mit einer Magnitude von 4,0 zu den Top 10 der stärksten Erdbeben der bradyseismodalen Krise zählt, die bereits im Jahr 2005 begann. Der Erdstoß Md 4,0 manifestierte sich in den frühen Morgenstunden um 04:55:45 Uhr MESZ (02:55:45 UTC) an der Via Solfatara zwischen der Luftwaffenakademie und dem Eingangsbereich zur Solfatara. Die Tiefe des Erdbebenherds wurde zunächst mit 700 m angegeben, inzwischen aber auf 2000 m korrigiert. 

Erdbeben Md 4,0. © INGV

Das Schwarmbeben setzt sich aus fast 100 Einzelerschütterungen zusammen. Bereits gestern ereigneten sich (wie berichtet) zwei Erdbeben mit der Magnitude 3,3, die sich etwas weiter südlich entlang der Via Napoli an der Küste ereigneten. Das Erdbebengebiet umschließt den alten Lavadom Monte Olibano, auf dem die alte Luftwaffenakademie errichtet wurde und durch den ein Eisenbahntunnel führt. Der Monte Olibano entstand bei einem Ausbruch vor gut 4000 Jahren. Schweremessungen detektierten unter dem vulkanischen Hügel eine Anomalie, die möglicherweise von einem heißen Magmenkörper verursacht wird.

Aufgrund der anhaltenden Erdbebentätigkeit wurde der Zugverkehr auf mehreren Eisenbahnlinien vorübergehend eingestellt. Davon betroffen sind vor allem Strecken, die durch den Eisenbahntunnel des Monte Olibano führen. Der Tunnel wurde bereits öfters gesperrt und wurde durch die Erdbeben geschädigt. Zudem schickte die Kommune Pozzuoli Einsatzkräfte los, die die Infrastruktur der Region auf Schäden prüften. Es wurde eine Sitzung des Krisenstabes einberufen.

Obwohl bis jetzt nichts über größere Schäden bekannt wurde, reagieren die Anwohner des Calderavulkans besorgt. Viele der Erdbeben konnten deutlich gespürt werden und man wundert sich darüber, dass die Erdbebenherde der stärkeren Beben flacher liegen, als es bisher der Fall gewesen ist. Das schürt Sorgen vor aufsteigenden Fluiden und der Generierung phreatischer Explosionen. Sollte es zu solchen Dampfexplosionen kommen, finden sie wahrscheinlich im Bereich der Solfatara bzw. an ihrem Außenrand bei Pisciarelli statt. Doch zumindest theoretisch ist es nicht auszuschließen, dass es zu Explosionen an einem beliebigen Ort in den von Erdbeben und Bodenhebung heimgesuchten Arealen kommt.

Update: Wie jetzt bekannt wurde, kam es doch zu Schäden an einem Haus auf der Via Napoli nahe des Epizentrums. Zudem ereignete sich ein Felsabbruch an der Tuff-Klippe des Monte Olibano hinter dem Haus. Sechs Familien mussten evakuiert werden.

Campi Flegrei: Intensiver Erdbebenschwarm am 31. August

Blick auf Pozzuoli. © Marc Szeglat

Starkes Schwarmbeben trifft erneut Campi Flegrei – stärkste Einzelerschütterungen Md 3,3

Seit heute Nachmittag wird die süditalienische Caldera Campi Flegrei erneut von einem intensiven Erdbebenschwarm erschüttert, der bis jetzt aus fast 30 Einzelerschütterungen besteht. Die Beben setzten gegen 14:09 UTC ein. Die beiden stärksten Beben hatten eine Magnitude von 3,3 und eine Herdtiefe von nur 1800 m und 700 m. Für spürbare Erdbeben, die für gewöhnlich mit Gesteinsbruch einhergehen, ist das ungewöhnlich flach. Risse breiten sich immer weiter in Richtung Oberfläche aus.

Schwarmbeben. © INGV

Die Epizentren beider Beben lagen an der Küstenstraße Via Napoli, kurz vor dem Ortseingang von Pozzuoli. Hier gibt es nicht nur Fischrestaurants, sondern auch eine bröcklige Steilklippe, die auf stärkere Erdbeben mit Steinschlägen und Erdrutschen reagieren könnte. Die Beben manifestierten sich zudem unweit der Solfatara und dem Areal von Rione Terra, wo das Zentrum der Bodenhebung liegt. Die meisten der schwächeren Erschütterungen streuten um die beiden Epizentren der stärkeren Beben.

Die Kommune Pozzuoli reagierte prompt und gab eine Warnung vor dem Erdbebenschwarm heraus und forderte die Bevölkerung auf, Wohnungen und Häuser auf Schäden zu untersuchen und diese umgehend zu melden. Für gewöhnlich rücken auch immer Einsatzkräfte zu Inspektionen der Infrastruktur aus.

In den letzten Tagen gibt es eine deutliche Zunahme der Seismizität und die Gefahr ist hoch, dass sich in den nächsten Tagen noch stärkere Erdbeben ereignen werden: Die Seismizität nimmt phasenweise zu, wobei die Intervalle zwischen den stärkeren Erdbeben immer kürzer werden. In den ruhigeren Phasen werden immer sofort Stimmen laut, die meinen (oder hoffen), dass der Höhepunkt der Aktivität überschritten sei – ich glaube nicht, dass das so schnell eintritt. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Hebungsprozess weitergehen wird, bis es zum Ausbruch kommt. Allerdings könnten noch Jahrzehnte vergehen, bis es schließlich so weit ist. 20 Jahre Hebungsphase sind bereits um. Die Hebungsphase vor der Monte-Nuovo-Eruption soll 70 Jahre gedauert haben, was allerdings nicht heißt, dass es diesmal genauso lang dauern muss.

Campi Flegrei: Erdbeben am Monte Nuovo

Monte Nuovo in den Campi Flegrei. © Marc Szeglat

Erdbeben Md 3,0 am Fuße des Monte Nuovo in den Campi Flegrei – Anwohner vernahmen tiefes Grollen

Im Bereich der süditalienischen Caldera Campi Flegrei kam es gestern Abend um 19:28 Uhr Ortszeit zu einem spürbaren Erdbeben der Magnitude Md 3,0. Das Hypozentrum befand sich in nur 1900 m Tiefe an der Küste, zu Füßen des Monte Nuovo. Bei diesem Schlackenkegel handelt es sich um die jüngste vulkanische Manifestation der Caldera. Er entstand bei einer Eruption im Jahr 1538.

Der Erdstoß konnte von den Anwohnern des Calderavulkans deutlich gespürt werden und veranlasste einige Menschen, Wahrnehmungsmeldungen beim EMSC zu schreiben. Sie beschreiben ein tiefes Grollen, das kurz bevor sie das Erdbeben spürten, zu hören gewesen war. Dieses tieffrequente Geräusch wird oft von Bebenzeugen beschrieben und wird von den als ersten eintreffenden Primärwellen eines Erdbebens ausgelöst. Bei schwächeren Erdbeben sind die Primärwellen kaum zu spüren, dennoch übertragen sie Schwingungen auf die Luft und sind daher zu hören.

Die Kommune Pozzuoli informierte die Bürger umgehend über den Erdstoß und veröffentlichte Telefonnummern, unter denen Bürger evtl. entstandene Schäden an ihren Häusern melden können.

Das Erdbeben löste diesmal keinen Schwarm aus, obgleich es seitdem 12 weitere schwache Erschütterungen gab, die aber abseits des Monte Nuovo lagen und sich um das Areal der Solfatara manifestierten.

Generell ist die Seismizität in den Campi Flegrei in den letzten Tagen hoch und es könnte wieder auf ein noch stärkeres Erdbeben mit einer Magnitude im Viererbereich hinauslaufen, das dann auch wieder Schäden mit sich bringen könnte. Zuletzt verkürzten sich die Intervalle, in denen stärkere Erdbeben auftreten, deutlich. Eine nachhaltige Entspannung der Krise ist nicht in Sicht.

Sollten Bodenhebung und Erdbebentätigkeit Vorzeichen einer sich anbahnenden Eruption sein, ist es am wahrscheinlichsten, dass sich ein Ausbruch zusammenbraut, wie jeder der 1538 den Monte Nuovo entstehen ließ. Auf uns in Deutschland würde sich so eine Eruption nicht weiter auswirken, außer dass es möglicherweise zu Einschränkungen im Flugverkehr nach Italien kommen könnte. Für die Bewohner der Caldera wäre es allerdings eine Katastrophe, insbesondere, da sich die Bodenhebung zumindest damals in den Wochen und Tagen vor dem Ausbruch signifikant beschleunigte. Die Infrastruktur von Pozzuoli würde solch starke Bodendeformationen kaum überstehen.