Evakuierung der Blauen Lagune auf Island

Magmenintrusion schuf neuen Dyke auf Island – Blaue Lagune wurde evakuiert

Nachdem es gestern auf Island zu einer weiteren Intrusion eines magmatischen Gangs kam, die von zahlreichen Erdbeben begleitet wurde, herrscht heute ein wenig Katerstimmung bei Vulkanologen und Vulkanspottern, denn eigentlich hatte man mit einem neuen Vulkanausbruch gerechnet gehabt. Trotzdem lösten Intrusion und Schwarmbeben einige Unannehmlichkeiten aus, denn das Thermalressort der Blauen Lagune wurde evakuiert.

Zur Zeit als das Schwarmbeben einsetzte, befanden sich rund 800 (!) Gäste in dem Thermalresort. Laut Aussage der Betreibergesellschaft war die Evakuierung nach 40 Minuten abgeschlossen. Stellt sich die Frage, ob die Gäste in dieser Zeit das Ressort verlassen hatten, oder ob sie tatsächlich auf sicheren Boden standen?

Dass es gestern nicht zum Ausbruch kam, zeigt, wie ungenau die Prognosemodelle sind. Genauso können sie versagen, wenn es zu einem Ausbruch kommt, mit dem man eigentlich nicht gerechnet hatte. Im Untergrund des Areals befinden sich zahlreiche magmatische Gänge, und es könnte auch zu Eruptionen kommen, die sich nur wenige Minuten vorher durch Erdbeben ankündigen. Zudem kann es ebenfalls zu einer massiven Intrusion kommen, bei der starke Erdbeben zerstörerische Wirkung entfalten. Ein gewagtes Spiel, das man da in der Blauen Lagune treibt!

Katerstimmung nach ausgebliebenen Vulkanausbruch

In Zeitungen und sozialen Medien gab es im Vorfeld der Ereignisse einige Spekulationen über Zeitpunkt und Ort der erwarteten Eruption. Nun ist die Enttäuschung groß, weil man mit den Prognosen falsch lag. In einigen Foren wurde sogar gewettet und Tipps angenommen, wann es zu einem Ausbruch kommt, wobei natürlich viele auf dieses Wochenende tippten, was ja noch nicht vorbei ist. Doch was war Geschehen?  Nachdem morgens die Seismizität auf der Reykjaneshalbinsel bereits erhöht war, setzte am Nachmittag ein Schwarmbeben ein, das auf eine Magmenintrusion entlang der Sundhnúkur-Kraterreihe in geringer Tiefe hindeutete. Gegen 16 Uhr UTC erreichte der Schwarm seinen Höhepunkt, nur um gut 2 Stunden später wieder abzuflauen. Auch ich hatte damit gerechnet, dass sich spätestens am Abend eine Eruptionsspalte öffnen würde, doch der Vulkan hat anders entschieden und beließ es bei der Intrusion. Besonders groß kann diese nicht gewesen sein, denn die GPS-Daten zeigen nur an wenigen Messtationen eine leichte Subsidenz an, wenn sie denn überhaupt Abweichungen anzeigen. Weiterhin ungeklärt ist die Frage, ob es auch unter dem Kleifarvatn eine Intrusion gegeben haben könnte, denn dort hatte bereits am Morgen ein Schwarmbeben stattgefunden.
Übrigens gab es nachts nur die üblichen Erdbeben im Gebiet des erwarteten Ausbruchs. Die Bodenhebung hält unvermindert an und es besteht weiterhin ein hohes Eruptionsrisiko. Einige Vulkanologen meinen, dass es jetzt erstmal ein paar Tage braucht, bis wieder genug Druck im System herrscht, dass es zu einem neuen Ausbruchsversuch kommen kann. Da es aber nur eine kleine Intrusion war, sollte dieser Druckaufbau schnell erledigt sein.

Island: Bodenhebung und Erdbeben am 28.01.24

Neue Erdbeben auf Reykjanes – Bodenhebungsrate bleibt hoch

Nachdem es heute Morgen noch im IMO-Update hieß, dass die Erdbebentätigkeit entlang des Magmatischen Gangs bei Grindavik signifikant nachgelassen hat, gibt es heute Mittag wieder keinen Erdbebenschub. Doch nicht nur in der Gegend von Grindavik bebt es, sondern auch an den anderen Risssystemen. Besonders auffällig sind die Beben im Bereich von Bláfjallaskáli, über die ich gestern schon berichtete und wo es heute weitere Beben gegeben hat. Die beiden stärksten Erschütterungen heute brachten es auf M 2,9 und M 2,8. Bis jetzt gibt es im Hengill-System noch keine Bodenhebung, doch sollte auch dieses Spaltensystem magmatisch aktiv werden, wäre es für die Isländer deutlich dramatischer als die Aktivität bei Grindavik. Die Gegend im Übergangsbereich zwischen Reykjanes und Südisland ist dichter besiedelt und beherbergt ebenfalls ein Geothermalkraftwerk, das die Hauptstadt mit Strom und Fernwärme versorgt.

Die Bodenhebung bei Svartsengi hält unvermindert an. Zuletzt kommunizierte das IMO eine Hebungsrate von 8 mm pro Tag. An der Messstation Blal, die an der Blauen Lagune steht, ist sie immer noch besonders hoch, und der aktuelle Messpunkt machte einen Satz nach oben. Unklar ist, ob sich die Bodenhebung weiter beschleunigte, oder ob die Messung nicht korrekt war. Die nächsten Stunden werden es zeigen. Im Angesicht dieser Bodenhebung finde ich es von den Betreibern der Blauen Lagune sehr couragiert, den Badebetrieb aufrecht zu erhalten. Aber ich bin mir sicher, dass die Nachfahren der Wikinger auch nass und halbnackig bei Minusgraden zu den Bussen sprinten und sich evakuieren lassen. Wer den Bus verpasst, der rennt dann barfuß über die alten Lavaströme und testet, wie unangenehm ein Barfußgang über Aa-Lava sein kann.

Apropos Wikinger: Morgen trifft man sich wieder zu einer Konferenz und will diskutieren, wie es in Grindavik weitergehen soll. Der vor Lava schützende Erdwall um die Stadt ist fast fertiggestellt. Plan ist es, den Anwohnern der Stadt möglichst schnell wieder den Tageszugang zu ihren Häusern zu ermöglichen.

Langsame Hebung der Hekla hält an

Habe ich übrigens schon erwähnt, dass es auch eine leichte Bodenhebung an der Messstation Fedgar (FEDG) gibt, die im Bereich der Hekla steht? Hier setzte die Hebung letzten Juli ein und beträgt mittlerweile ca. 3 cm. Auch ein Mikrobeben gab es dort heute. Mich würde es nicht wundern, wenn wir in den nächsten Monaten und Jahren weitere spannende Vulkanausbrüche auf Island sehen würden.

Island: Blaue Lagune wieder geöffnet

Blaue Lagune wieder geöffnet – Keine Entspannung der Lage

Die Schließung der Blauen Lagune wurde am 5. Januar nicht verlängert und so öffnete das bekannte Thermalbad gestern wieder seine Pforten für Besucher. Die Öffnungszeiten sind allerdings limitiert, genauso die Anreise, die nur mit dem Bus erfolgen kann. Die Restaurants der Anlage, die in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut wurde und ein Touristenmagnet geworden ist, haben ihren Betrieb ebenfalls wieder aufgenommen. Die beiden Hotels bleiben hingegen bis auf weiters geschlossen.

Die Schließung der Blauen Lagune wurde lange herausgezögert und erfolgte erst kurz vor dem Rifting-Event am 10. November, als es im Vorfeld nachts bereits moderate Erdbeben gegeben hatte, die die Hotelbesucher in die Flucht trieben. Allerdings war man nicht auf eine nächtliche Evakuierung vorbereitet und so fehlte es z.B. an Bussen. Zuletzt gab es ein kurzes Reopening am Vortag der letzten Eruption am 18. Dezember. Seit dem war die Lagune geschlossen. Ich persönlich finde es erstaunlich, dass man nicht abwartet, bis die Bodenhebungen ein Ende gefunden haben, und ausgerechnet dann wieder öffnet, wenn die Ausbruchswahrscheinlichkeit wieder angestiegen ist. Vor dem letzten Ausbruch gab es ca. 90 Minuten vorher ein Schwarmbeben, das den Ausbruch ankündigte … Nicht viel Zeit, um ein Bad dieser Größe zu evakuieren, zudem man nicht weiß, wo sich die nächste Eruptionsspalte öffnen wird und wie groß der Ausbruch sein wird. Zwar erwarten die Geoforscher eine Eruption entlang des Magmatischen Gangs bei Sundhnúksgígar, doch letztendlich hält sich Magma nicht immer an die Erwartung der Forscher. Man sollte nicht vergessen, dass der Hauptaufstiegsweg der Schmelze bis in den Magmenkörper in 5 bis 6 km Tiefe direkt unter dem Gebiet der Blauen Lagune nebst Geothermalkraftwerk liegt. Ich persönlich würde zwar jetzt dort Baden – schon einfach, weil ich es faszinierend fände, aber ich würde ja auch auf den Gipfel des Strombolis steigen. Trotzdem denke ich, dass man zwischen Massentourismus und dem Handeln von Vulkanophilen ein wenig differenzieren sollte.

Erdbebentätigkeit und Bodenhebung halten unvermindert an. IMO schreibt, dass es gestern im Bereich des Magmatischen Gangs gut 200 Beben gab. Außerdem sieht man auf der Shakemap weitere Beben am Fagradalsfjall und im Gebiet von Krysuvik. Die Bodenhebung im Bereich von Sundhnúksgígar hat jetzt wieder das Niveau wie vor der letzten Eruption erreicht, ist aber noch ein gutes Stück von dem Entfernt, das vor der Riftingepisode am 10. November erreicht wurde.

Island: Seismizität hat nachgelassen

Seismizität lässt nach – Bodenhebung bei Svartsengi gering

Seit gestern Abend registrierte das seismische Netzwerk auf Reykjanes nur eine Handvoll schwacher Erschütterungen am magmatischen Gang und es sieht so aus, als hätte die Erdbebentätigkeit stark nachgelassen. Das Wetter ist zwar regnerisch, aber der Wind ist moderat, sodass man den Drop der Seismizität nicht nur dem Wetter in die Schuhe schieben kann.

Die Bodenhebung bei Svartsengi hat noch nicht ganz aufgehört, ist aber deutlich zurückgegangen, wobei inzwischen wieder das Bodenhöhenniveau wie am 10. November erreicht wurde. An anderen Messstationen wie Eldvörp, Grindavik-Nord (Messstation GRIV) und bei den Sundhunksgigar hebt sich der Boden allerdings im gleichen Tempo weiter. Woran das liegt, bleibt unklar. Ein Denkmodell ist, dass die Elastizitätsgrenze des Deckgesteins bei Svartsengi erreicht ist und sich der Boden ohne weiteres nicht weiter heben kann, was den Druck im Sill erhöhen wird und bald für eine Reaktion sorgen könnte. Vielleicht steigt dort aber auch einfach nur noch wenig Schmelze auf, was auch das Nachlassen der Erdbebentätigkeit erklären würde. Die bereits aufgestiegene Schmelze fließt noch zu den Rändern ab und stoppt auch dort bald. Andererseits gab es gut einen Tag vor den Eruptionen am Fagradalsfjall ebenfalls einen starken Rückgang der Seismizität und die Ausbrüche begannen genau dann, als man dachte der Magmenaufstieg hätte gestoppt. Die nächsten Stunden werden es zeigen, ob es sich diesmal ähnlich verhält!

Blaue Lagune öffnet morgen

Offenbar rechnet man auf Island aktuell nicht mehr mit einer Eruption oder der Entstehung eines neuen Gangs mit einhergehendem Rifting und starker Erdbebentätigkeit, denn morgen will das Thermalressort der Blauen Lagune seine Pforten wieder teilweise öffnen. Allerdings darf man nur mit dem Bus anreisen und die Hotels bleiben geschlossen. Das Bad wurde erst einen Tag vor der Bildung des magmatischen Gangs geschlossen, als es bereits zu stärkeren Erdbeben gekommen war, die nachts Hotelgäste des Ressorts in die Flucht schlugen. Ob es besonders klug ist, die Blaue Lagune wieder zu eröffnen, obwohl noch kein Gras über die aktuell anhaltende Periode magmatischer Unruhe gewachsen ist, stelle ich mal in Frage?

Blaue Lagune-Svartsengi-Thorbjörn Livecam

Aufgrund der anhaltenden seismischen Aktivität nebst Bodenhebung auf der isländischen Reykjaneshalbinsel richteten mehrere lokale Mediendienstanbieter ihre Webcams auf das betroffene Gebiet um die Blaue Lagune und das Geothermalkraftwerk Svartsengi. Die meisten Kameras stehen auf der vulkanischen Erhebung Thorbjörn, unter der es selbst zu einer signifikanten Bodenhebung kommt. Auf dieser Seite bette ich auch Livedaten zur Seismik und Bodenhebung ein.



Multiview-Blick

Multiview-Splitscreen mehrerer Cams von RUV.

Livestream vom Thorbjörn 1

LiveCam der Eruption. Die Kamera wird von MBL betrieben.

Livestream Sylingafell

Der Sylingafell-Livestream wird von RUV betrieben.

 

Karte des Eruptionsgebiets

Karte der Lage der Eruptionsspalte zwischen Stóra-Skógfell und Sundhnúkar. © IMO

Seismogramm der Messstation Grindavik

Seismogramm der Messstation FAD. © IMO

Die Seismizität auf Reykjanes wird von mehreren seismischen Messstationen erfasst. Von den öffentlich einsehbaren Geräten ist jenes am Fagradalsfjall dem Geschehen am nächsten. Auf dem Seismogramm kann man die Erdbebensignale gut sehen. © IMO

Tremor an der Messstation FAD (Nord-Fagradalsfjall). © IMO

Der Tremor wird mit besonders empfindlich eingestellten Seismometern erfasst, der überwiegend Schwingungen mit niedrigen Frequenzen erfasst. Die hier eingebaute Grafik zeigt den Tremor der Messstation Fagradalsfjall, die im Norden des Vulkans steht. © IMO

Bodendeformation im Bereich Grindavik


Diese GPS-Messstation zeigt detektiert die Bodenhebung bei Svartsengi. © IMO

Das Reykjanes-Svartsengi-Vulkansystem auf Island

Am 25. Oktober 2023 setzte im Südwesten der Reykjanes-Halbinsel ein starkes Schwarmbeben an. Zwei Tage später begann eine Bodenhebung im Bereich des Vulkansystems Svartsengi, die schnell an Fahrt aufnahm. Die Bodenhebung wird von Magma verursacht, dass sich in 4-5 km Tiefe in einer horizontal liegenden Schicht akkumuliert. Betroffen ist ein recht großes Areal um den Vulkan Thorbjörn, der während der letzten Eiszeit unter der Gletscherbedeckung entstand und daher die Form eines Tafelvulkans hat. Obwohl sich Erdbeben und Bodenhebung auf einem Gebiet nordwestlich von Thorbjörn konzentrieren, gibt es auch Erdbeben im Nordosten und im Süden des Areals. Dort reichen sie bis an den Ort Grindavik heran. Im Nordosten liegen die vulkanischen Erhebungen von Sýlingafell und Stora-Skogfell. Dazwischen spannt sich eine kleine Kraterreihe entlang einer früheren Eruptionsspalte auf. Im Nordwesten liegt das Geothermalkraftwerk Svartsengi mit der Blauen Lagune und westlich davon befindet sich die Schlackenkegelreihe Eldvörp, an der es im 13. Jahrhundert Eruptionen gab, die mehrere Lavafelder bildeten.

Die beschriebenen vulkanischen Manifestationen um Svartsengi werden von einigen Autoren als Teil des größeren Reykjanes-Vulkansystems betrachtet. Andere Autoren sehen in ihnen ein eigenständiges Vulkansystem.

Generell betrachtet liegt das Reykjanes-Vulkansystem an der südwestlichen Spitze der Reykjanes-Halbinsel, wo sich der Mittelatlantische Rücken über den Meeresspiegel erhebt. Es besteht aus einem weiten Gebiet postglazialer Basaltkraterreihen und kleiner Schildvulkane. Das submarine Vulkansystem Reykjaneshryggur grenzt an das Reykjanes-Vulkansystem und wird als Teil desselben betrachtet. Es ist das westlichste System einer Reihe von fünf dicht beieinander liegenden, gestaffelten Spaltsystemen, die sich diagonal über die Reykjanes-Halbinsel erstrecken. Östlich des beschriebenen Systems befindet sich das Vulkansystem des Fagradalsfjalls, das zuletzt im Sommer 2023 ausbrach.

Trotz der starken Bodenhebung im November 2023 ist es noch nicht als sicher anzusehen, dass es auch zu einen Vulkanausbruch hier kommen wird. Bereits Ende 2020 kam es zu eine starken Bodenhebung. Drei Monate später startete dann einer Eruption am Fagradalsfjall.

Update: Inzwischen gab es 4 Eruptionen im Svartsengi System. Hier eine Chronik.

Erdbeben M 5,0 erschüttert Island am 09.11.2023

Stärkstes Erdbeben der Serie auf Reykjanes manifestiert sich nahe Grindavik

Gäste fliehen nachts aus Hotel der Blauen Lagune

Datum 09.11.23 | Zeit: 00:46:06 UTC | Lokation: 63.864 ; -22.454 | Tiefe: 2,5 km | Mb 5,0

Heute Nacht hat sich um 00:46 UTC das stärkste Beben der aktuellen Hebungsphase ereignet. Es hatte eine Magnitude von 5,0 und einen Erdbebenherd in nur 2,5 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 2.8 km nord-nordwestlich von Grindavík verortet. Damit lag der Erdstoß direkt vor den Stadttoren und dürfte die Menschen aus dem Schlaf gerissen haben. Außerdem lag es sehr flach und könnte ein Anzeichen dafür gewesen sein, dass Magma weiter Richtung Erdoberfläche migriert.

Aus dem Schlaf gerissen wurden auch die Gäste des Hotels der Blauen Lagune, die teilweise nachts in Panik flüchteten. Allerdings kamen bei weitem nicht alle weg, da viele der Gäste keinen eigenen Wagen zur Verfügung hatten. So wurden Taxen bestellt, von denen es aber auch nicht genug gab. In lokalen Medien heißt es, dass etwa 40 Personen das Hotel verlassen wollten, aber nur wenigen gelang es. Außerdem waren Steine auf die Straße zum Hotel gefallen. Sie stammten aus hohen Lavawällen am Straßenrand. Es könnte halt doch ein wenig beunruhigen, wenn man weiß, dass sich in 4-5 km unter einem Magma ansammelt und auf seinen Ausbruch wartet. Was mich verwundert ist, wie man die Leute im Notfall evakuieren möchte, wenn an der Blauen Lagune keine Busse zur Verfügung stehen? Man kann nicht zwingend davon ausgehen, dass man Stunden Zeit hat, um Busse zu rufen, wenn das Magma final aufsteigt!

Ich plädiere ja immer für Eigenverantwortung (zu der meiner Meinung nach auch gehört, sich selbst zu überlegen, wie man im Notfall evakuieren kann), aber irgendwann ist natürlich der Zeitpunkt gekommen, wo die Behörden überlegen müssen, ob es nicht im allgemeinen Interesse ist, Sperrungen und Evakuierungen anzuordnen. Die Erfahrung zeigt ja, dass Geschäftsleute ihr Glück oft bis zum geht nicht mehr ausreizen und Geld verdienen wollen und natürlich teilweise auch müssen, da so eine Anlage ja hohe laufende Kosten hat und die Angestellten bezahlt werden müssen. Viele Touristen kommen zu dieser Jahreszeit nach Island, einzig um in der Lagune zu Baden und Polarlichter zu gucken, oft auf einen Zwischenstopp auf einem Transatlantikflug. Naja, wahrscheinlich kommen sie dann bald auch wieder, um einen Vulkanausbruch zu bewundern.

Natürlich blieb es nicht bei dem Erdbeben Mb 5,0, denn es war Teil eines neuen Erdbebenschubs innerhalb des anhaltenden Schwarmbebens, das am 25. Oktober begann. Es gab auch mehrere Erdbeben mit Magnituden im Vierer- und Dreierbereich. Insgesamt wurden 28 Beben mit Magnituden ab 3 detektiert. Der Schub dürfte sich aus ca. 800 Einzelbeben zusammensetzen. Seit Beginn des Erdbebenschwarms wurden fast 29.000 Erschütterungen detektiert. Man kann davon ausgehen, dass die Bodenhebung, die gestern Abend bis zu 10 cm betrug, anhält. Ein Update gibt es, wenn neue Messwerte vorliegen.

Evakuierungsplan Grindavik

Grindavík bereitet sich auf mögliche Evakuierung vor

Heute pfeifen es die isländischen Medien von den Dächern: der drohende Vulkanausbruch im Gebiet von Thorsbjörn-Svartsengi und Eldvörp könnte ein ernstes Problem für die Isländer darstellen und Infrastruktur gefährden. Neben der Blauen Lagune und dem Geothermalkraftwerk Svartsengi, sieht man auch eine Bedrohung für den Ort Grindavík. Lavaströme könnten innerhalb von einem Tag die Gemeinde am Atlantik erreichen und dem Erdboden gleich machen, oder wenigstens eine Schneise durch die Stadt schlagen. Es ist auch nicht völlig ausgeschlossen, dass sich eine Eruptionsspalte in direkter Nachbarschaft zum Ort öffnet, dann blieb den Menschen nur wenig Zeit zur Flucht. Daher wurden bereits jetzt vom Ministerium für Katastrophenschutz und Notfallmanagement Evakuierungspläne veröffentlicht. Sie gelten auch für den Fall eines Erdbebens.
Der Plan umfasst Fluchtwege innerhalb und außerhalb der Stadt. Im Falle einer Evakuierung werden die Bewohner über die Notrufnummer 112 informiert und aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Folgende Schritte sind dabei zu beachten:

  • Stellen Sie sicher, dass alle Fenster in Ihren Häusern geschlossen sind, trennen Sie die Stromversorgung und überprüfen Sie Ihre Notfallausrüstung.
  • Verlassen Sie Ihr Zuhause und bringen Sie einen gut sichtbaren Aufkleber an, der anzeigt, dass das Haus verlassen wurde.
  • Wenn möglich, überprüfen Sie Ihre Nachbarn und Kollegen.
  • Fahren Sie vorsichtig weg und nehmen Sie evakuierte Fußgänger auf, wenn Platz in Ihren Autos ist.
  • Halten Sie sich über Radio und Medien auf dem Laufenden.
  • Melden Sie sich in einem Massenhilfezentrum außerhalb von Grindavík an. Es ist nicht erforderlich, an den Sammelstellen anzuhalten.
  • Notfälle und Unfälle sollten unter der Rufnummer 112 gemeldet werden, oder bei fehlendem Telefonanschluss kann eine weiße Fahne an der Tür oder am Fenster angebracht werden.

Eltern oder Erziehungsberechtigte sollten ihre Kinder im Vorschul- und Grundschulalter betreuen, wenn die Umstände dies zulassen. In verschiedenen Einrichtungen, darunter Reykjaneshöll in Reykjanes, Kórinn in Kópavogur und Vallaskóli in Selfoss, werden Hilfsstationen eingerichtet.

Das Sportzentrum in Grindavík wird als Sammelstelle dienen, hauptsächlich für diejenigen, die Hilfe benötigen, um die Stadt zu verlassen. Es ist wichtig, dass die Bewohner von Grindavík diese Informationen sorgfältig studieren und sich auf den Evakuierungsplan vorbereiten.

Betrieb der Blauen Lagune geht weiter

Während man die Stadt also auf eine Evakuierung vorbereitet, scheint das Management des Thermalbads Blaue Lagune noch total relaxt zu sein! Journalisten der Zeitung Iceland Review intervierten Badegäste auf dem Parkplatz vor dem Bad, als sie diese gerade verließen. Sie wurden gefragt, ob sie über die aktuelle Situation Bescheid wissen würden, worauf sich die meisten ausländischen Badegäste ahnungslos gaben. Das Management zeigte sich seinerseits erstaunt und sagte den Journalisten auf Nachfrage, dass man die Badegäste darüber aufkläre, dass sich unter dem Bad Magma ansammelt. Offenbar verlässt man sich vor Ort darauf, dass man im Falle eines finalen Magmenaufstiegs früh genug gewarnt wird, um die Badegäste und Mitarbeiter zu evakuieren. Na denn, mal abwarten und hoffen, dass es gut geht. Falls nicht, rollt der nächste Prozess auf die Vulkantourismusbranche zu.

Ich selbst kenne Grindavik und die Blaue Lagune ganz gut. Es wäre wirklich schade, wenn es hier zu Zerstörungen käme. In Grindavik gibt es einen kleinen Campingplatz und der Diner an der Tankstelle sit ein beliebter Treffpunkt von Vulkanspottern, wenn der Fagradalsfjall eruptiert. Die Blaue Lagune ist sicherlich toll, mir aber zu kommerzialisiert. Ein weniger bekanntes Kleinod ist das Thermalbad „Myvatn Nature Baths“ auf Nordisland. Die Blaue Lagune des Nordens kann einspringen, falls es das große Thermalbad auf Südisland bei einem Vulkanausbruch zerlegt.

Island am 05.11.23: Seismische Aktivität weiterhin hoch

Nach leichtem Rückgang gestern folgt heute eine neue Intensivierung des Schwarmbebens

Datum 05.11.23 | Zeit: 05:45:18 UTC | Lokation: 63.876 ; -22.544  | Tiefe: 3,1 km | Md 4,2

Gestern ließ die Erdbebentätigkeit unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel nach, nur um heute Morgen dann erneut mit einem Erdbebenschub durchzustarten. Kurz vor 5 Uhr begann die signifikante Aktivitätssteigerung und Hunderte, wenn nicht sogar mehr als tausend Erschütterungen manifestierten sich seitdem. Die Beben streuten über einen großen Bereich im südwestlichen Island und erfassten auch das Reykjanes-Ridge. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 4,2 und ein Hypozentrum in 3,1 km Tiefe. Damit lag es flacher als die meisten anderen stärkeren Erdbeben. Möglicherweise strebt das Magma vom Gang aus bereits gen Oberfläche. Der Erdstoß wurde 6,5 km nordwestlich von Grindavík verortet, also in jenem Bereich der Ebene südwestlich von Svartsengi, unter der sich das meiste Magma zu akkumulieren scheint. Die stärkste Bodendeformation wird aktuell an der Messstation SKSH gemessen: Innerhalb weniger Stunden hob sich der Boden um gut 10 mm. Insgesamt beträgt die Bodenhebung hier fast 80 mm. Auch an der weiter westlich gelegenen Messstation ELDC hob sich der Boden besonders stark an.

Generell scheint sich die Magmenintrusion weiter in Richtung Westen zu verlagern. Aber auch die Deflation an den östlich gelegenen Messstationen am Fagradalsfjall stoppte und es deutet sich bereits wieder eine leichte Inflation an. Die starke Bodenhebung lässt befürchten, dass es diesmal im Bereich von Svartsengi und der Blauen Lagune zu einer Eruption kommen könnte. Andererseits gab es in dem Areal bereits öfters Schwarmbeben nebst Bodenhebung, ohne dass es dort zu einer Eruption gekommen wäre. Diese fand dann ausschließlich im Bereich des Fagradalsfjalls statt. Ob, wann, wo die Schmelze letztendlich austreten wird, ist ungewiss und lässt sich (noch) nicht prognostizieren. Generell halte ich eine weitere Eruption auf der Reykjanes-Halbinsel allerdings für wahrscheinlich.

Chemisch differenziertes Magma könnte mehr Gas enthalten und explosiver gefördert werden

Wie schwer eine realistische Einschätzung der Lage ist, zeigt ein Interview mit dem isländischen Vulkanologen Þorvaldur Þórðarson bei MBL, der bereits am Freitag sagte, es sei wahrscheinlich eher eine Frage von Stunden, bestenfalls Tagen, bis es zu einer Eruption kommen könnte. Seiner Einschätzung nach könnte ein Ausbruch bei Svartsenig anders verlaufen, als es bei den letzten beiden Eruptionen der Fall war, denn das frisch aufsteigende Magma könnte sich mit der Schmelze der vorangegangen Intrusionen mischen, die schon mehr Zeit hatte, sich chemisch zu verändern. Dadurch könnte das Magma mehr Gas enthalten und wieder in großen Lavajets (Fontänen) eruptiert werden, so wie wir es in der zweiten Eruptionsphase der ersten Fagradalsfjall-Eruption gesehen haben. In welche Richtung sich die Lavaströme bewegen würden, lässt sich jetzt noch nicht sagen, denn die größte Magmenakkumlation befindet sich nahe der Wasserscheide auf Reykjanes. Ein Szenario ist aber, dass sich die Schmelze auf Grindavik zubewegen könnte. Man rechnet aber damit, dass genug Zeit zur Evakuierung der Gemeinde bleiben würde.

Schwarmbeben auf Island intensivierte sich am 03.11.23

Signifikante Zunahme der Erdbebenaktivität auf Reykjanes

Sorge vor Vulkanausbruch unter der Blauen Lagune steigt

Datum 03.11.23 | Zeit: 03:51:22 UTC | Lokation: 63.882 ; -22.474 | Tiefe: 4,7 km | Md 4,2

Auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel intensivierte sich der Erdbebenschwarm signifikant. Er konzentrierte sich auf den Bereich nordwestlich von Thorbjörn, in dem die Bodenhebung am größten ist. Die genaue Anzahl der Beben wurde bis jetzt nicht kommuniziert, aber in den Tabellen von IMO werden 528 Erschütterungen angezeigt, die sich innerhalb der letzten 2 Tage manifestierten. Die tatsächliche Anzahl wird aber deutlich höher sein und im vierstelligen Bereich liegen. Es wurden 19 Beben mit Magnituden größer 3 festgestellt. Zwei Beben hatten die Magnituden 4,2 und 4,1. Während das Hypozentrum des stärkeren Bebens in 4,7 km Tiefe lag, befand sich der Erdbebenherd des zweiten Bebens in nur 500 m Tiefe. Zudem lag es nur 3 km von Grindavik entfernt. Generell ist in den letzten Stunden zu beobachten gewesen, dass sie die Hypozentren weiter in Richtung Oberfläche verlagerten. Auffällig ist, dass es während des Schwarms nur wenige Erdbeben in größeren Tiefen kam, daher ist es nicht klar zu bestimmen, von wo aus die Schmelze aufsteigt. Den Wissenschaftlern stellt sich die Frage, ob es senkrecht aufsteigt und von einer tiefen Magmenquelle unterhalb des Gebiets mit der Bodenhebung gespeist wird, oder ob es Diagonal migriert und von dem 10 km tief gelegenen Magmenkörper unter dem Fagradalsfjall stammt, der sich dort bereits seit Ende der letzten Eruption etablierte.

Blaue Lagune und Geothermalkraftwerk bedroht

Mittlerweile sammelt sich immer mehr Schmelze direkt unter der Blauen Lagune an und es stellt sich natürlich die Frage, was passiert, wenn es ausgerechnet dort zu einem Vulkanausbruch kommen sollte. Das Becken der Lagune wurde künstlich abgedichtet, aber in dem Areal gibt es eine große Ansammlung von Grundwasser, im Gegensatz zum Areal des Fagradalsfjalls. Sollte Schmelze hier final aufsteigen, kommt sie unweigerlich mit dem Grundwasser in Kontakt, was besonders im Anfangsstadium der Eruption phreatomagmatische Explosionen verursachen würde.

Wie isländische Medien berichten, gab es gestern eine Bürgerversammlung in der Sporthalle von Grindavik. Vertreter von IMO und dem Zivilschutz stellten sich den Fragen der Bürger und sprachen über die neusten Forschungsergebnisse. Wie ich letztens geschrieben habe, arbeiteten die Vulkanologen an einem Modell der Geschehnisse im Untergrund und entwickelten auch Vorhersagemodelle zur Richtung der Lavaströme. Sollte es im Bereich der Blauen Lagune zu einer effusiven Eruption kommen. In diesem Fall könnten Lavaströme innerhalb weniger Tage Grindavik erreichen.

Die Leiterin der IMO-Abteilung für Vulkanausbrüche und Erdbeben, Kristín Jónsdóttir, erzählte, dass von Krýsuvík bis Reykjanestá Anzeichen von Landhebung zu sehen seien. Die Situation ist ähnlich wie vor den vergangenen Ausbrüchen, nur dass sich die Bodenhebung schneller entwickelt.

Apropos Bodenhebung: Auf der öffentlich zugänglichen Seite der GPS-Messungen gibt es heute keine neuen grünen Punkte, die aktuelle Messungen anzeigen. Stay tuned!