Studie erklärt Zyklizität von Eiszeiten

Studie belegt Zusammenhang zwischen Milanković-Zyklen und Eiszeiten

Das Klima auf der Erde unterliegt natürlichen Schwankungen und kann dabei extreme Formen annehmen: während der Kreidezeit lagen die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen 8 und 10 Grad höher als heute. Trotzdem fühlten sich Dinosaurier am Äquator pudelwohl. Es gab auch das andere Extrem, als sich vor ca. 700 Millionen Jahre die Erde in einen Schneeball verwandelte und komplett von Eis bedeckt war.  Damals war es um bis zu 30 Grad kälter als heute. Dies wurde durch einen extrem niedrigen Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre in Kombination mit ungünstigen astronomischen Parametern verursacht. Zudem verursachten massive Vulkanausbrüche, die große Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre freisetzten, ungewöhnliche Warmphasen. Wurden hingegen Vulkanasche und Schwefeldioxid freigesetzt, kam es zu Kälteperioden. Solche extremen Klimaveränderungen, die schnell abliefen, gingen oft mit Massenaussterben einher.

Während der Mensch sich besonders gut an gemäßigte Klimazonen angepasst hat, musste er im Laufe seiner Geschichte auch Eiszeiten überstehen. Klimaschwankungen und Extreme gelten als Motor der Evolution und trugen zur Entwicklung menschlicher Fähigkeiten bei. Der moderne Mensch existiert seit etwa 300.000 Jahren, entwickelte sich in den Savannen Ostafrikas und breitete sich von dort aus in mehreren Wellen über den gesamten Planeten aus. Besonders die Eiszeiten der letzten 100.000 Jahre mit ihren starken Klimaschwankungen zwangen Homo sapiens zur Innovation: Er lernte den gezielten Einsatz von Werkzeugen, verfeinerte seine Jagdtechniken, beherrschte das Feuer und entwickelte eine komplexe Sprache.

Lange Zeit war unklar, was genau Eiszeiten auslöst und wieder beendet. Sicher ist, dass die letzten Eiszeiten einem Zyklus von etwa 100.000 Jahren folgten und dass es in den Zwischenperioden kleinere Warm- und Kaltphasen gab. Bereits seit Langem werden die sogenannten Milanković-Zyklen als Ursache für diesen Wechsel diskutiert. Allerdings blieb unklar, welcher der Parameter in den Bahnschwankungen der Erde letztlich den Beginn und das Ende von Eiszeiten bestimmt. Eine aktuelle Studie, die im Fachjournal Science veröffentlicht wurde, liefert nun neue Erkenntnisse zu den natürlichen Klimazyklen der Erde. Ein internationales Forschungsteam analysierte Foraminiferenschalen in marinen Sedimenten, um den Zusammenhang zwischen der Erdumlaufbahn und dem Wechsel von Eiszeiten und Warmphasen besser zu verstehen.

Die Milanković-Zyklen beschreiben langfristige Schwankungen in der Erdbewegung, die das Klima über Zehntausende bis Hunderttausende von Jahren beeinflussen. Sie wurden nach dem serbischen Mathematiker und Geophysiker Milutin Milanković benannt, der in den 1920er Jahren ihre Auswirkungen auf das Erdklima berechnete. Die Zyklen entstehen durch Veränderungen in drei Hauptparametern der Erdbewegung:

1. Exzentrizität (100.000- und 400.000-Jahres-Zyklen)

Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne schwankt zwischen nahezu kreisförmig und leicht elliptisch. Wenn die Bahn elliptischer ist, schwankt die Sonneneinstrahlung auf der Erde stärker, was die Intensität der Jahreszeiten beeinflusst.

2. Obliquität (41.000-Jahres-Zyklus)

Die Erdachse ist nicht senkrecht zur Umlaufbahn geneigt, sondern schwankt zwischen etwa 22,1° und 24,5°. Eine größere Neigung verstärkt die Jahreszeiten, während eine geringere Neigung für ein ausgeglicheneres Klima sorgt.

3. Präzession (ca. 26.000-Jahres-Zyklus)

Die Erde taumelt wie ein Kreisel um ihre eigene Achse. Dadurch verändert sich die Richtung, in die die Achse zeigt, was wiederum beeinflusst, wann die Jahreszeiten während der Umlaufbahn um die Sonne auftreten.

Auswirkungen auf das Klima

Diese Zyklen beeinflussen die Menge und Verteilung des Sonnenlichts, das die Erde erreicht, und sind eine Hauptursache für den Wechsel zwischen Eiszeiten (Glazialen) und Warmzeiten (Interglazialen) in den letzten Millionen Jahren. Sie allein reichen jedoch nicht aus, um den aktuellen menschengemachten Klimawandel zu erklären, da dieser durch den Ausstoß von Treibhausgasen dominiert wird.

 




Unter der Leitung der Universität Cardiff und mit Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts analysierten Wissenschaftler Sauerstoffisotopendaten aus Tiefseesedimenten. Diese Daten geben Aufschluss über die Größe der Eisschilde auf der Nordhalbkugel sowie über Temperaturveränderungen in der Tiefsee. Die Studie zeigt, dass zyklische Schwankungen der Erdachse und der Bahngeometrie die Verteilung des Sonnenlichts beeinflussen und langfristige Klimaveränderungen auslösen.

© Stephen Barker et all. / Science

Schon seit über einem Jahrhundert wird ein Zusammenhang zwischen der Erdumlaufbahn und den Klimazyklen vermutet, der jedoch erst in den 1970er Jahren durch Daten bestätigt wurde. Unklar blieb jedoch, welcher Orbitalparameter den größten Einfluss auf den Beginn und das Ende von Eiszeiten hat. Durch die Analyse zyklischer Muster in der Klimageschichte konnte das Forschungsteam diese Frage nun beantworten. Die Ergebnisse ermöglichen eine präzisere Rekonstruktion vergangener Zwischeneiszeiten und eine bessere Prognose zukünftiger klimatischer Entwicklungen.

Triggerpunkte für das Auslösen von Eiszeiten entschlüsselt

Die Forscher fanden heraus, dass eine Eiszeit in hohen Breiten unter dem Einfluss einer ausgeprägten Neigung der Erdachse (Obliquität) beginnt. Die Enteisung hingegen setzt ein, wenn Präzession und Obliquität gemeinsam wirken und sich auf die gesamten Gletschereisschilde ausdehnen.

Eine lange Enteisungsphase tritt ein, wenn die Veränderung der Präzession früh im Zyklus der Obliquität einsetzt. Dadurch verzögert sich der Rückzug der Eisschilde nach Norden in Richtung ihres interglazialen Zustands. Zudem stellten die Forscher fest, dass die präzessionsbedingten Wärmephasen, die eine Eiszeit beenden (und stets mit zunehmender Obliquität einhergehen), direkt auf Phasen mit geringer Exzentrizität folgen. Dies stützt die Annahme, dass eine niedrige Exzentrizität – durch die reduzierte Amplitude der Präzession – das Wachstum großer Eisschilde begünstigt.

Die Studie bestätigt, dass die langfristigen Klimaveränderungen der Erde nicht zufällig, sondern weitgehend vorhersehbar sind. Da die Erde sich aktuell in einer Zwischeneiszeit befindet, wäre unter natürlichen Bedingungen ein Übergang in eine neue Eiszeit in etwa 10.000 Jahren zu erwarten. Die Forscher betonen jedoch, dass die hohen CO₂-Emissionen der Menschheit das Klimasystem bereits stark beeinflusst haben und diesen natürlichen Verlauf wahrscheinlich verändern werden. Zukünftig wollen sie eine Klimabaseline für die kommenden Jahrtausende erstellen, um den Einfluss des menschlichen Handelns besser quantifizieren zu können. Die Studie liefert damit eine wichtige Grundlage für zukünftige Klimaprognosen und politische Entscheidungen.

Die aktuelle Weltpolitik hat aber das Thema Klimawandel weitestgehend aus den Augen verloren und fokussiert sich auf die Themen Wirtschaft und Krieg. Ob die Menschheit unter diesen Bedingungen noch das Einsetzen der nächsten Eiszeit erleben wird, ist fraglich.

(Quelle: Science, Pressemeldung AWI)