Starke Schwankungen der Tremoramplitude ohne Aktivitätsverstärkung – Magmenaufstieg möglich
Wer sich in diesen Tagen den Tremorgraphen des Strombolis anschaut, der vom LGS zur Verfügung gestellt wird, reibt sich vielleicht genauso verwundert die Augen wie ich. Seit Samstagnacht erkennt man zwei ausgeprägte Spitzen, von denen die erste bis weit in den roten Bereich hineinreichte, allerdings ohne dass es zu einer erkennbaren Aktivitätserhöhung des Vulkans gekommen wäre. Normalerweise deuten solche Tremoranstiege darauf hin, dass es entweder zu einer starken Explosion gekommen ist oder ein Lavastrom eruptierte.
Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Im täglichen Update vom LGS liest man, dass es zwar eine starke Entgasungstätigkeit gibt, aber nur wenige Explosionen. So wurden gestern nur 18 thermische Durchgänge im nordöstlichen Kratersektor registriert, und auch die Anzahl der VLP-Erdbeben war mit weniger als 10 pro Stunde eher unterdurchschnittlich. Die wenigen Eruptionen verursachten einen mittelstarken akustischen Explosionsdruck von 0.81 bar. Einzig der gemessene Schwefeldioxid-Ausstoß im nordöstlichen Kratersektor lag bei 239 Tonnen am Tag und wurde als hoch eingestuft. Neue Daten zum Kohlendioxid-Ausstoß lagen nicht vor, doch vielleicht liegt gerade hier der Schlüssel zum Verständnis der aktuellen Vorgänge am Vulkan: Aus der Tiefe könnte ein größerer Magmenkörper aufsteigen, dessen Fluidbewegungen die Tremorspitzen erzeugen. Ein solcher tief sitzender Magmenkörper macht sich gewöhnlich durch einen hohen Kohlendioxid-Ausstoß bemerkbar. Ein weiteres Szenario ist, dass es eine Blockade in einem Hauptaufstiegsweg der Schmelze gibt und sich unter der Blockade hoher Druck aufbaut. In diesem Fall wäre in Kürze mit einer stärkeren Explosion zu rechnen, die den Schlot freiräumt. Natürlich kann auch die Tremormessung falsch sein, und der Stromboli macht gerade einfach eine kleine Pause.
Aufstieg zum Krater auf Stromboli bleibt gesperrt
Wer zum Stromboli reist, sollte sich darüber im Klaren sein, dass der Zugang zum Kraterbereich seit Jahren gesperrt ist und wohl auf absehbare Zeit nicht freigegeben wird. In den letzten Jahren neigt der Vulkan zu Paroxysmen, die pyroklastisches Material auf die Cima und den Pizzo auswerfen können, wo sich früher die Schaulustigen aufhielten. Insofern ist das Risiko im Vergleich zu früher gestiegen. In Zeiten ohne Lavaspattering, das als zuverlässiger Indikator für eine Aktivitätssteigerung gilt, würde ich das Risiko einer Gipfelüberquerung als vertretbar einschätzen. Ob ich allerdings noch eine ganze Nacht dort oben verbringen würde, wäre situationsabhängig. Bis vor der letzten starken Explosion im Juli konnte man wenigstens noch bis zum Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter aufsteigen, und mit einer geführten Gruppe ging es sogar auf 400 Höhenmeter hinauf. Doch auch diese Touren wurden inzwischen untersagt. Der aktuelle Stand ist, dass nach einer kompletten Sperrung der Weg bis zum Osservatorio am Punta Labronzo auf 110 m Höhe wieder freigegeben wurde. Die Pizzeria dort ist jedoch weiterhin geschlossen, was auf Verstöße gegen die Bauordnung zurückzuführen ist.
Stromboli war für mich früher immer ein Ziel, das ich oft mehrmals im Jahr ansteuerte, manchmal auch nur für ein verlängertes Wochenende, was sich trotz der vergleichsweise aufwendigen Anreise lohnte. Heutzutage, wo man kaum noch spontan einen günstigen Direktflug nach Neapel oder Catania bekommt, die allgemeinen Preise stark gestiegen sind und der Vulkan gesperrt ist, macht es kaum noch Sinn. Früher träumte ich immer von einem Haus auf Stromboli, das für Normalsterbliche natürlich unbezahlbar war. Ich bin zwar nicht auf dem Laufenden, was die Immobilienpreise dort betrifft, aber im Endeffekt bin ich froh, dass sich dieser Traum nicht erfüllt hat.
Die Sperrung des Aufstiegs mag zeitweise berechtigt sein, doch auch wenn sich starke Eruptionen praktisch nicht vorhersagen lassen, halte ich eine dauerhafte Komplettsperrung des Aufstiegs für überspitzt. Wenigstens sollten in normalen Zeiten limitierte Permits für Einzelpersonen ausgegeben werden, so dass man nach einer Registrierung eigenverantwortlich aufsteigen kann. Doch in Zeiten, in denen verantwortliche Behörden und ein großer Teil der Bevölkerung ausschließlich auf Nummer sicher gehen, wird das ein weiterer Traum eines vulkanaffinen Individualisten bleiben. Wie heißt es doch so schön? Mit gehangen, mit gefangen!