Heute stehen wieder die Geschehnisse auf der Azoreninsel São Jorge im Fokus meiner Berichterstattung.
Zusammenfassung
- Auf São Jorge wurden vulkanisch-bedingte Erdbeben festgestellt
- Sie sind ein weiteres Indiz für Magmenaufstieg
- Bisherige Erschütterungen waren tektonischer Natur
- Das Verhalten des Vulkans ist mysteriös
Die seismische Krise auf der Azoreninsel São Jorge hat in der letzten Woche deutlich an Schwung verloren, dennoch wird immer noch Mikroseismizität registriert, unter die sich gelegentlich ein stärkeres Erdbeben mischt. Seit Beginn der Erdbeben am 19. März, wurden inzwischen gut 28.000 Erschütterungen detektiert. Mehr als 200 Beben waren so stark, dass sie von den Anwohnern gespürt werden konnten. Bis Dienstag waren alle Beben tektonischen Ursprungs, doch nun wurden erstmalig Hybriderdbeben aufgezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus vulkanotektonischen Erschütterungen und Erdbeben mit niedrigen Frequenzen, die beide auf Fluidbewegungen im Untergrund zurückzuführen sind. Damit dürfte klar sein, dass sich Magma im Untergrund bewegt und zumindest für einen Teil der Bodenhebung verantwortlich sein dürfte. Ein wenig mysteriös bleibt die Situation dennoch, da man eigentlich eine stärkere Präsenz vulkanotektonischer Erdbeben erwarten sollte, wenn es denn schon zu Bodenhebungen infolge von Magmenaufstieg kommt.
Prozesse unter São Jorge teilweise mysteriös
Die Anwesenheit von magmatischen Fluiden im Untergrund bedeuten noch nicht, dass ein Vulkanausbruch unmittelbar bevorsteht. Tatsächlich lässt sich bis jetzt nicht prognostizieren, ob- und wann es zu einer Eruption auf São Jorge kommen wird. Zuletzt kamen kanarische Wissenschaftler zum Schluss, dass sich gut 20 Millionen Kubikmeter Lava unter der Insel ansammelten. Seitdem nahm die Bodenhebung weiter zu.
Mir dünkt, dass die Vorzeichen von Vulkanausbrüchen auf den Azoren nicht hinlänglich erforscht sind. Dazu gab es in den letzten Jahrzehnten einfach zu wenige Ausbrüche. Jedes Vulkansystem ist einzigartig und Erkenntnisse, die an anderen Vulkanen gesammelt wurden, sind nicht unbedingt 1:1 auf jeden Vulkan übertragbar. Die aktuelle seismische Krise stellt auf den Azoren eine gute Gelegenheit dar, mehr über die Vulkane dort zu lernen.
Auf den Azoren sind 26 Vulkansysteme bekannt. Die letzte größere Eruption manifestierte sich 1958, als der Capelo auf Faial eruptierte. 1964 kam es vermutlich zu einer kleineren submarinen Eruption vor São Jorge. Die Geowissenschaftler haben also einiges zutun, bis sie die Vulkane der Inseln richtig verstehen werden und Prozesse im Erdinneren korrekt interpretieren können.