Santorin: Weitere Erdbeben mit Magnitude 5,0

Steilküste am Calderarand on Santorin ist besonders Steinschlaggefährdet. © Marc Szeglat

Schwarmbeben bei Santorin hält sein hohes Niveau – 2 weitere Beben mit der Magnitude 5,0

Der Erdbebenschwarm, der sich nordöstlich von Santorin unter dem Meeresboden zuträgt, geht unvermindert weiter. Seit gestern haben sich Hunderte Erdbeben ereignet. 25 Beben hatten Magnituden ab 4. Das bislang stärkste Beben ereignete sich gestern und hatte die Magnitude 5,1. Heute gab es zwei Beben M 5,0. Diese Beben sind als mittelstark einzustufen, doch im Verbund mit den anderen spürbaren Beben wirken sie auf Santorin zunehmend destabilisierend. Dabei werden nicht nur das Gefüge der Gesteine geschwächt, sondern auch das der Bauten, und es kommt zunehmend zu Gebäudeschäden. Die stärksten Schäden wurden bis jetzt aber durch teils massive Steinschläge entlang der Steilküsten verursacht. Besonders entlang der Küstenlinie wurden einige Strandbars und Verkaufsbuden durch Steinschläge demoliert. Ein Aufenthalt hier ist lebensgefährlich. Insbesondere falls sich noch stärkere Erdbeben ereignen sollten, könnten große Felsstürze entstehen. Dieses Risiko ist aber bereits jetzt deutlich erhöht.


Der Katastrophenschutz war in den letzten Tagen nicht untätig und hat bereits angefangen, Personal und Material für den Notfall auf die Insel zu schaffen. Darunter befinden sich auch Notstromaggregate. Es wurden besonders gefährdete Gebiete ausgewiesen, die man dringend meiden sollte. Die Bevölkerung wird über SMS-Nachrichten gewarnt und informiert. Im Falle eines Starkbebens soll man wegen der Tsunamigefahr umgehend den Küstenbereich verlassen und höher gelegenes Gelände aufsuchen, was auf Santorin einfach sein sollte. Aber auch umliegende Inseln wären in diesem Fall betroffen.

Weiterhin versuchen viele Anwohner und Besucher, Santorin zu verlassen. Fähren und Flüge von der Insel sind praktisch ausgebucht. Mir stellt sich die Frage, ob man die Insel nicht komplett evakuieren will, doch kurzfristig so viele Schiffe aufzutreiben dürfte schwierig werden.



Tektonik des Erdbebengebiets bei Santorin

Der größte Teil der Beben manifestiert sich immer noch nordöstlich des Unterwasservulkans Kolumbos. Genauere Barymethirsche-Karten zeigen, dass es in dem Bereich eine Kette kleinerer Unterwasservulkane gibt, die zum Kolumbos-System gehören. Sie liegen nördlich eines Segments der Santorin-Amorogos-Fault-Zone, die das tektonisch bestimmende Element der Region ist und für das Starkbeben von 1956 verantwortlich gemacht wird. Während inzwischen die meisten Seismologen wohl davon ausgehen, dass die Beben rein tektonischer Natur sind, halte ich das betroffene Störungssegment eigentlich für zu klein, um die Erdbeben ohne magmatischen Einfluss hervorbringen zu können. Allerdings zeigt eine Studie vom letzten Jahr, dass das Erdbeben Mw 7,8 von 1956 ein Stück Meeresboden zerbrach: Es entstand ein neuer 75 Kilometer langer Riss entlang der Amorgos-Verwerfung, an dem der Boden bis zu 16,8 m angehoben worden war. Dieser Bodenversatz trat urplötzlich auf und regte einen Tsunami an, ähnlich wie man es vom großen Sumatrabeben im Jahr 2004 her kennt. Allerdings befindet sich die Amorgos-Verwerfung nördlich des aktuellen Erdbebenclusters. Dieser liegt an dem beschriebenen kleineren Segment des Störungssystems, das im Norden von der Amorgos-Verwerfung und im Süden von der Anafi-Astypalea-Störung begrenzt wird. Zwischen diesen beiden Störungen entstand der Graben, in dem die Vulkane Santorin und Kolumbos liegen.