Island: Gefahr einer Eruption rückläufig

Bodenhebung auf Island deutlich verlangsamt – Eruptionsrisiko nimmt ab

Heute gab es entlang des magmatischen Gangs bei Grindavik gut 250 Erdbeben. Die meisten hatten geringe Magnituden und manifestierten sich in 3-6 km Tiefe. Auf den Grafiken zu den GPS-Messungen erkennt man, dass die Bodenhebung nun praktisch überall deutlich nachgelassen hat. Eine Ausnahme bildet die Messstation VMOS, die nordwestlich von Grindavik liegt. Dort hebt sich der Boden noch mit einer Rate von 6 mm pro Tag. Während der vertikale Versatz generell rückläufig ist, verzeichnen viele Stationen aber noch einen signifikanten Horizontalversatz.

In einem Interview auf MBL sagte Magnús Tumi Guðmundsson, Professor für Geophysik an der Universität Island, dass nun gut 90 % der Schmelze im Dyke erstarrt seien. Da der magmatische Gang im Schnitt nur 2 Meter breit sei, gehe das recht schnell, denn das umgebende Krustengestein ist deutlich kühler als die Schmelze, und aufgrund der großen Kontaktfläche des Gangs bei geringer Mächtigkeit wird die Schmelze praktisch abgeschreckt. Wobei man bedenken muss, dass sich die Schmelze zwar bis zur Solidustemeratur abgekühlt hat, aber noch lange nicht erkaltet ist. Die Solidustemperatur von Basaltmagma liegt bei etwas weniger als 1000 Grad Celsius. Man kann davon ausgehen, dass die Schmelze mit Temperaturen von etwas mehr als 1250 Grad in den Dyke eingedrungen ist und sich seitdem um ungefähr 300 Grad abgekühlt haben dürfte. Im Zentrum des Dykes gibt es aber immer noch Schmelze, die eruptiv austreten könnten, doch die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt stetig ab, obwohl immer noch ein Ausbruchsrisiko besteht.

Generell sieht es momentan so aus, als würde alles von Zustrom neuer Schmelze in den Sill unter Svartsengi abhängen. Da sie dieser seit gestern verringert, kann es gut sein, dass der Ausbruch erstmal ganz ausbleibt. Bis gestern sah es noch so aus, als würde der Sill Ende des Monats wieder soweit mit Magma gefüllt sein wie vor der Intrusion der Schmelze in den magmatischen Gang, wodurch das Eruptionsrisiko oder das Risiko einer neuen Gangbildung wieder sehr hoch gewesen wäre. Tatsächlich stellen diese Betrachtungen nur eine Momentaufnahme dar und die Situation kann sich von einer Sekunde zur anderen ändern.

Ätna mit anhaltender Aktivität am 26.11.23

Strombolianische Aktivität am Ätna ist persistent

Den vierten Tag in Folge geht die intensive strombolianische Tätigkeit am Ätna weiter. An der Aktivität sind mehrere Förderschlote des Neuen Südostkraters beteiligt. Das Besondere an dieser Eruptionsphase ist das zyklische An- und Abschwellen der Aktivität. Ein Augenzeuge beschreibt, dass es praktisch stündlich zu einer mehrminütigen Hochphase kommt, in der es besonders viele Eruptionen gibt. Manche von ihnen seien sehr stark und werden von platzenden Lavablasen erzeugt, die glühende Tephra fast kugelförmig verteilen und besonders weit streuen. Starker Wind verfrachtete die Explosionsgeräusche in südöstlicher Richtung, so dass sie vermehrt in einigen Ortschaften am Fuß des Vulkans wahrgenommen wurden, was natürlich zu einiger Beunruhigung bei den Anwohnern führte. Doch im Prinzip kennen die Menschen ihren Vulkan und reagieren auf seine Aktivitäten überwiegend gelassen, solange kein Lavastrom ihre Häuser bedroht.

Der gleiche Wind war es, der es den Wissenschaftlern vom INGV schwer machte, Infraschallsignale zu detektieren und die Häufigkeit der Explosionen festzustellen. Trotzdem brachte man eine kurze Meldung heraus, in der darauf hingewiesen wird, dass auch geringe Mengen Vulkanasche gefördert werden, weshalb es in einigen Ortschaften, die in Windrichtung liegen, zu leichten Ascheniederschlägen kommen könnte. Man beschrieb auch den deutlich fluktuierenden Tremor.

Eine ähnliche Aktivität gab es bereits häufiger am Ätna. So wurde sie z. B. im Frühjahr 2021 zwischen Paroxysmen beobachtet. Aus dem Jahr 2014 kenne ich sie auch, als es zu einer Serie verkappter Paroxysmen kam. Zuverlässige Prognosen lassen sich aus dem Verhalten des Vulkans nicht ableiten, aber man kann einige Szenarien aufstellen, wie es weitergehen könnte:

  • Die Aktivität geht auf diesem Niveau weiter und endet dann.
  • Es gibt eine länger anhaltende Phase strombolianischer Eruptionen, die auch noch stärker werden können oder bei denen kurze Lavaströme gefördert werden.
  • Die Aktivität steigert sich zu einem Paroxysmus.

Wie das INGV mitteilte, gibt es aktuell keine signifikante Bodenhebung, die über das normale Niveau hinausgeht. Es scheint momentan daher eher unwahrscheinlich zu sein, dass die Aktivität das Vorspiel einer sich anbahnenden Flankeneruption ist.

Island: Daten neuer GPS Stationen online

Neue Daten wurden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – Lokal weiter hohe Bodenhebungsraten

Auf Island hört man offenbar auf Kritik, denn heute wurde die Website mit den öffentlich zugänglichen GPS-Daten überarbeitet. Die Werte wurden nicht nur durch neue Skalierungen ergänzt, sondern auch durch das Hinzufügen der Datensätze mehrerer neuer GPS-Messstationen. Sie liefern jetzt ein deutlich detaillierteres Bild der Bodenhebung. Zu sehen ist, dass sich die Bodenhebung bei Svartsengi abschwächte, aber auch, dass sie im Bereich zwischen Hagafell und Sýlingarfell weiterhin hoch ist. Dort befindet sich das Areal, an dem die Wissenschaftler das Ausbruchsrisiko besonders groß einschätzen.

Der emeritierte Professor Haraldur Sigurðsson forderte noch vor ein paar Tagen, dass man die Daten der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte.

Andere Wissenschaftler vertreten in den Medien die Meinung, dass man über die Reaktionen auf die Bildung des magmatischen Gangs diskutieren und die Situation neu bewerten müsse. Aus jedem neuen Szenario würde man lernen. Gemeint ist damit die Frage, ob die Evakuierung von Grindavik gerechtfertigt war, was sie meiner Meinung nach war. Geoforscher Freysteinn Sigmundsson meinte, dass man in der Fachwelt über die Geschwindigkeit erstaunt war, mit der sich der magmatische Gang bildete. Er geht davon aus, dass sich in den Jahrhunderten der Ruhe auf Reykjanes große tektonische Zugspannungen aufbauten, die ihren Teil zu der rasanten Entwicklung des Rifts beitrugen. Wie ich bereits früher anmerkte, muss man sich die Frage stellen, ob das Magma nicht nur der Auslöser eines Ereignisses war, das sich später auch ohne sein Zutun ereignet hätte.

Klar ist, dass auch Wissenschaft und Erfahrung Fehleinschätzungen nicht vermeiden können. Letztendlich weiß niemand genau, was unter unseren Füßen vorgeht und wann Magma bereit ist zu eruptieren. Ich persönlich war davon überzeugt, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorsteht. Hieraus ist inzwischen eine Mittelbar geworden. Geologische Ereignisse haben ihre eigene Zeitskala.

Kilauea mit hoher Seismizität am 25.11.23

Erdbebentätigkeit am Kilauea hat wieder angezogen

Seit gestern bebt auf Hawaii die Erde wieder besonders oft. Das HVO registrierte am Kilauea mehr als 220 Erdbeben. Viele davon manifestierten sich entlang des oberen Südwestrifts, aber auch das Südostrift war betroffen gewesen. Diese Beben lagen alle in geringen Tiefen und deuten auf Bewegungen magmatischer Fluide hin. Insbesondere trifft dies zu, da auch eine hohe Inflation registriert wird. Insgesamt herrscht im Gipfelbereich des Kīlaueas ein hohes Inflationsniveau, das über dem Niveau vor dem jüngsten Ausbruch im September 2023 liegt und den höchsten Stand seit der Leilani-Eruption in 2018 aufweist. Bei den effusiven Eruptionen, die wir in den letzten Jahren im Halema’uma’u-Krater bewundern durften, akkumulierte sich das Magma vor der Eruption häufig nordwestlich oder südlich des Kraters, reichte aber nicht so weit das Südwestrift hinunter, wie es jetzt der Fall ist. Daher kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, dass sich die kommende Eruption nicht außerhalb des Kraters ereignen wird.

Nachdem es im Sommer zu einem Rückgang der Seismizität im Küstenbereich von Pahala kam, zieht die Tätigkeit dort seit einigen Tagen wieder an. Es steigt also mehr Schmelze vom Mantelplume unter Hawaii auf und speist die tief gelegenen Speichersysteme der beiden Vulkane Kilauea und Mauna Loa.

Am Mauna Loa gibt es auch noch eine leichte Bodenhebung, doch seit meinen letzten Berichten im Frühjahr hat sie deutlich nachgelassen. Von meiner Seite aus gab es lange kein Update zum Mauna Loa, weil die Messwerte zur Bodendeformation offline waren. Nun sind sie seit einigen Wochen aber wieder online und man sieht im Graf deutlich, dass sich die Kurve abgeflacht hat. Mit der aktuellen Verstärkung der Bebentätigkeit unter Pahala könnte sich dieser Umstand aber bald ändern und wieder eine höhere Inflation nebst Bodenhebung einsetzten. Von einem neuen Ausbruch scheinen wir aber weit entfernt zu sein.

Erta Alé mit Wärmestrahlung

Wo wir gerade bei Schildvulkanen sind: Ein weiterer Vertreter dieses Vulkantyps liegt in der äthiopischen Wüste Danakil. Hier wurde nachts eine hohe Wärmestrahlung mit 102 MW Leistung detektiert. Sie könnte von verstärkter effusiver Aktivität aus einem der drei tätigen Hornitos stammen. Auf einen neuen Lavasee dürfte man dort erst einmal vergeblich hoffen, einfach weil es keinen Krater mehr gibt. Neue Drohnenaufnahmen bestätigen, was schon länger vermutet wurde: Die Lavastromeruptionen der letzten Monate füllten den Krater komplett auf.

Island: Atempause für Grindavik

Nur wenige Erdbeben am Dyke – Experten entwickeln Notfallpläne für Kampf gegen Lava

Heute Nacht wurden seit Mitternacht nur 90 Erdbeben entlang des Dykes bei Grindavik detektiert. Ihre Anzahl hat weiter abgenommen. Rückläufig ist auch die Bodenhebung bei Svartsengi, die ungefähr auf die Werte zurückgekehrt ist, wie wir sie vor dem 10. November sahen. Ob es ein langfristiger Trend ist oder nur eine kurze Verschnaufpause, werden die nächsten GPS-Messugnen zeigen.

IMO-Wissenschaftlerin Kristín Jónsdóttir meinte in einem Interview mit isländischen Medien, dass die Geowissenschaftler von der Schnelle der Entwicklung des magmatischen Gangs überrascht worden seien. Vielfach wird die Situation mit den Vorgängen am Vulkan Krafla verglichen, der zwischen 1975 und 1984 aktiv war. Allerdings verhält sich jeder Vulkan zumindest in Details anders, so dass man Erfahrungen von dem einen Vulkan nicht 1:1 auf den anderen übertragen kann. Die 1970iger Jahre stehen bei den Isländern gerade hoch im Kurs, denn neben den Krafla-Bränden gab es in dieser Dekade noch einen anderen bemerkenswerten Vulkanausbruch auf Island: 1974 brach auf der Westmännerinsel der Vulkan Eldfjall aus. Er befindet sich auf der Insel Heimaey und bildete sich direkt hinter dem gleichnamigen Fischerort. Lava strömte in die Stadt, schnitt eine Schneise durch sie und drohte die schmale Hafeneinfahrt zu verschütten. Damals nahm man den Kampf gegen die Gesteinsschmelze auf, baute Erdwälle und pumpte große Mengen Meerwasser auf die Lavaströme, um sie abzukühlen. Tatsächlich gelang es zu verhindern, dass die Hafeneinfahrt komplett blockiert wurde. Gestern besichtigten Experten der EU Grindavik, um zu prüfen, ob man im Falle einer Eruption hier ähnlich wie auf Heimaey vorgehen könne.

Wasser spielt auch eine Rolle bei dem Erdbebenschwarm, der sich gestern beim Geothermalkraftwerk Hellisheiði im Osten der Reykjanes-Halbinsel ereignete. Wie oben genannte IMO-Wissenschaftlerin meinte, würden die Beben dort nicht natürlichen Ursprungs sein, sondern durch eine Wasserinjektion in den Untergrund hervorgerufen werden. Offenbar pumpt man große Mengen Wasser in die Bohrlöcher am Kraftwerk, um Erdwärme zu gewinnen. Das löste gestern Abend sogar noch ein Erdbeben M 3,4 aus.

Ätna schießt sich ein – News vom 24.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Strombolianisch

Ätna mit frequenten strombolianischen Eruptionen – Paroxysmus könnte bald anfangen

Der Ätna ist aktuell in seinem Gipfelbereich nicht nur wolkenfrei, sondern erzeugt auch am laufenden Band strombolianische Eruptionen, die sich auf den Livecams gut beobachten lassen. Auf einer der Kameras vom Neuen Südostkrater sieht es so aus, als würde durch die Scharte in der Südflanke bereits glühende Lava fließen. Auf den Standbildern lässt sich schlecht beurteilen, ob es sich um glühende Tephra handelt, die über den Boden rollt, oder ob tatsächlich ein Lavastrom unterwegs ist. Der Tremor erzeugt aber noch sein Zackenmuster, ohne definitiv durchzustarten. Von daher könnte der Paroxysmus noch etwas auf sich warten lassen, sofern es denn einen geben wird.

Über Nacht blieb der Paroxysmus aus. Dafür gab es gemäß des fluktuierenden Tremor kurzlebige Phasen erhöhter strombolianischer Tätigkeit, die es heute Morgen sogar bis in die deutschen Nachrichtensender schaffte. Die Szenerie ist atemberaubend, denn im Laufe der Woche fiel viel Schnee und der fast volle Mond beleuchtete die Szenerie. Entsprechend tolle Fotos wurden in den sozialen Medien geteilt.

Die Eruptionen förderten eine größere Menge glühender Tephra, die sich im Kraterbereich, aber auch auf den Flanken des Neuen Südostkraters ablagerten bzw. die Flanken hinabrollten. Das verursachte eine moderte Wärmestrahlung mit 85 MW Leistung. Vor gut 10 Jahren erlebte ich am Ätna selbst einmal so eine lange Aufheizphase vor einem Paroxysmus. Sie zog sich gut 5 Tage hin, und als dann endlich der Hauptausbruch begann, befand ich mich wieder auf dem Weg zum Flughafen. Ich bin gespannt, wie lange das aktuelle Spielchen weitergeht? Natürlich muss es nicht zwingend zu einer paroxysmalen Eruption kommen, doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß. Aber wie wir in den letzten 2 Wochen am Beispiel Island gesehen haben: Vulkane scheren sich einen Dreck um Erwartungen und Wahrscheinlichkeiten.

Erdbeben Mw 6,9 bei den Mariannen am 24.11.23

Starkes Erdbeben MW 6,9 erschüttert pazifische Inselregion des Mariannenbogens

Datum 24.11.2023 | Zeit: 09:05:03 UTC | Lokation: 20.123 ; 145.556  | Tiefe: 10 km | Mw 6,9

Heute Morgen gab es ein starkes Erdbeben der Magnitude 6,9 bei den Marianneninseln des zirkumpazifischen Feuergürtels. Das Hypozentrum befand sich in nur 10 km Tiefe. Das Epizentrum wurde 546 km nordnordwestlich von Saipan verortet. Saipan ist die größte Insel der Nördlichen Marianen, einem Außengebiet der USA. Somit obliegt auch die seismologische und vulkanologische Überwachung der Region dem USGS. Während die hier veröffentlichten Daten vom EMSC stammen, kam das USGS auf andere Werte zum Erdbeben: Demnach lag die Magnitude bei 7,1 und die Tiefe bei 12,4 km. Trotz der Stärke des Erdbebens und der vergleichsweise geringen Tiefe wurde kein Tsunamialarm gegeben. Berichte über Schäden gibt es auch nicht, da sich der Erdstoß fernab der Zivilisation ereignete. Es wurde auch eine Reihe von Nachbeben detektiert. Von ihnen hatten acht Erschütterungen Magnituden im 5er-Bereich.

Das Erdbeben stand vermutlich mit der Subduktion der pazifischen Platte unter die Mikroplatte der Mariannen entlang des Mariannengrabens in Verbindung. Diese grenzt im Westen an die Philippinenplatte und bildet dort eine divergente Plattengrenze. Das Epizentrum befand sich etwa in der Mitte der Mariannenplatte zwischen den beiden tektonischen Begrenzungen. Und hier kommt mein „vermutlich“ am Anfang dieses Absatzes ins Spiel, denn das Beben manifestierte sich wenige Kilometer östlich der Vulkane Supply Reef (submarin) und Maug Island und könnte auch mit den Vulkanen in Verbindung stehen, obwohl es für ein vulkanisch bedingtes Erdbeben eigentlich zu stark war. Auch der größte Inselvulkan der Mariannen -Agrigan (unterer Kartenrand)- ist nicht weit vom Epizentrum entfernt gelegen.

Generell ist die Inselkette der Mariannen vulkanischen Ursprungs. Die Aktivität der Vulkane könnte durch das Erdbeben beeinflusst werden. Damit eine Eruption ausgelöst wird, müsste es aber bereits einen geladenen Vulkan geben.

Island: Schwarmbeben im Osten von Reykjanes

Schwarmbeben im Hengil-System – Spalten in Grindavik werden verfüllt

Heute Morgen gab es einen kleinen Erdbebenschwarm im Osten der Reykjaneshalbinsel. Es manifestierte sich in der Nähe eines weiteren Geothermalkraftwerks nahe Reykjavik, das auf den Namen Hellisheiði hört. Es liegt in einem Areal, das zum Spaltensystem Hengill gehört, das genaugenommen zwischen Reykjanes und Südisland liegt.

Darüber hinaus gab es weitere Erschütterungen im Bereich des magmatischen Gangs bei Grindavik. Wie IMO berichtet, gab es gestern rund 650 Erdbeben dort, was deutlich mehr ist, als man anhand der Erdbebentabelle auf der Website der isländischen Wetterbehörde hat ablesen können. Das Seismogramm, das ich in dem Bericht von gestern Abend veröffentlicht habe, deutete sowas an. Zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden wurden 300 weitere Erdbeben registriert. Gegenüber der Hochphase der seismischen Aktivität mag das wenig erscheinen, doch immer noch kann man von einer regen Erdbebentätigkeit sprechen, die in ruhigeren Zeiten bereits eine Meldung wert gewesen wäre. Die letzten GPS-Messungen wiesen auf anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi hin, die in den letzten Stunden aber etwas nachgelassen haben soll. Die Ausbruchsgefahr bleibt hoch, auch wenn sich das Risiko für eine Eruption im südlichen Bereich des magmatischen Gangs reduziert hat.

Im Gegensatz zu den Sizilianern am Ätna, die in der Literatur oft für fatalistisch gehalten werden, gibt man sich auf Island kampfbereit. Dort hat man bereits gestern angefangen, die großen Erdspalten, die sich am 10. November geöffnet hatten, mit Schotter zu verfüllen. Sicherlich mehr als nur eine Sicherheitsmaßnahme, um zu verhindern, dass neugierige Journalisten in die Spalten stürzen: Kaum wurde die Gefahrenstufe etwas reduziert, arbeitet man offensichtlich daran, den Bewohnern der Stadt eine Rückkehr in ihre Häuser zu ermöglichen. Ich finde es toll, da ich Grindavik als Ausgangsbasis zu Touren auf Reykjanes mag, doch aufgrund der anhaltenden Magmenakkumulation unter Svartsengi halte ich allzu viel Optimismus für verfrüht. Aber wie ich die Isländer einschätze, kehren die Anwohner auch nach Grindavik zurück, wenn sich weiter nördlich eine Eruptionsspalte öffnen sollte.

Ätna wird unruhiger – News vom 24.11.23

Staat: Italien | Koordinaten: 37.73, 15.00 | Aktivität: Fumarolisch

Zunahme der strombolianischen Aktivität am Ätna – Vulkan hängt in Wolken

Heute Nacht hatte der diensthabende Vulkanologe vom INGV Catania ein bisschen was zu tun, als er auf seine Monitore schaute und die Instrumente am Vulkan Ätna überwachte: Via LiveCam beobachtete er eine Zunahme der strombolianischen Aktivität und brachte um 4:22 UTC eine Meldung heraus, die auf der Website des INGV veröffentlicht wurde. Darin hieß es, dass neben glühender Tephra auch etwas Vulkanasche ausgestoßen wurde, die nach Modellberechnungen in Richtung Nordnordost driftete. Die Vulkanasche stieg aber nicht so hoch auf, dass eine VONA-Warnung für den Flugverkehr ausgegeben wurde.

Während die normale Erdbebentätigkeit unter dem Vulkan gering bleibt, fährt der Tremor wieder Achterbahn bzw. versucht sich an dem Zackennahtprogramm einer Nähmaschine. Es gibt einen frequenten Wechsel der Tremoramplitude und die Peaks reichen bis in den roten Bereich hinein. Außerdem registrierte MIROVA nachts eine moderate Wärmestrahlung mit 140 MW Leistung. Für mich sieht es nach wie vor aus, als würde sich der Vulkan auf einen neuen Paroxysmus vorbereiten. Wann es soweit sein wird, lässt sich aber nicht bestimmen.

Lavastrom vom ursprünglichen Südostkrater während Paroxysmus

Aufgrund des Paroxysmus und der gesteigerten Aktivität des Ätnas veröffentlichte das INGV am Dienstag wieder ein Wochenbulletin, das die Aktivität der Periode vom 1. bis 19. November dokumentierte. In erster Linie beschrieb man die Auswirkungen der paroxysmalen Episode vom 12.11.2023 und konzentrierte sich auf die Verbreitung der Lavaströme, die bei diesem Ereignis gefördert wurde. Besonders interessant ist, dass ein kleinerer Lavastrom von einem neuen Förderschlot im ursprünglichen Südostkrater ausging, der seit mindestens 12 Jahren inaktiv war. Eine spannende Entwicklung, wie ich finde. Auf der Karte sieht man auch gut, dass alle Förderschlote -auch die in der Bocca Nuova- praktisch auf einer Linie liegen. Sie markiert wahrscheinlich einen Riss durch den Gipfelbereich des Vulkans Ätna.

Interessant ist auch der Umstand, dass sich der Tremor auf einen Bereich unterhalb des Südostkraterkomplexes konzentrierte, so wie man es schon im letzten Monatsbulletin lesen konnte. Offenbar steckt ein Magmenkörper in einer Tiefe von 2700 bis 2900 m über dem Meeresspiegel. Unklar ist, ob neues Magma aus größerer Tiefe aufsteigt. Wenn dem so ist, dann ist der Aufstiegsweg frei und das Magma migriert ohne größere Blasenbildung nach oben. Dagegen spricht, dass chemische Analysen des paroxysmal eruptierten Materials weiter entwickelt waren als die Lava, die in den vorherigen Eruptionsphasen eruptiert wurde. Das spricht für eine längere Verweildauer der Schmelze in einem Magmenkörper. Kurz vor dem Paroxysmus gab es eine signifikante Bodenhebung von ca. 3 µrad. In erster Linie sprangen Klinometer oberhalb der Höhe der Tremorquelle an, aber auch auf der Nordostflanke gab es Klinometer, die auf 1400 und 1200 m Höhe installiert sind, die eine erhebliche Bodenverformung gemessen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass vor dem Paroxysmus Magma aus einem Reservoir aufstieg, das sich im Frühsommer unter der Nordflanke des Vulkans gebildet haben könnte, als es dort zu zwei Schwarmbeben kam. Dass die Schmelze während des finalen Aufstiegs aber keinen Tremor erzeugte oder Erdbeben auslöste, ist schon seltsam.