Fast 500 Erdbeben erschütterten den Kilauea innerhalb von 24 Stunden – Ausbruchswahrscheinlichkeit ist hoch
Am Vulkan Kīlauea auf Big Island, Hawaii, begann am 27. Juni ein seismischer Schwarm, der bis heute anhält und sogar an Aktivität zugenommen hat. Am 29. Juni (der auf Hawaii noch nicht zu Ende ist) wurden bisher etwa 480 Erdbeben registriert. Es ist möglich, dass die Marke von 500 Erdbeben noch erreicht wird. Obwohl es auch mehrere tiefsitzende Erdbeben bei Pahala an der Küste gab, treten die meisten Erdbeben in der oberen Südostriftzone auf, wo es in den letzten Wochen immer wieder Schwarmbeben gab. Diese Schwarmbeben erzeugten Erschütterungen mit Magnituden im Bereich von 3. Die Erdbebenherde liegen in 1,5 bis 3 Kilometern Tiefe. Erstaunlicherweise ist die Region direkt südlich des Halemaʻumaʻu-Kraters ruhig.
Die Erdbeben stehen in direktem Zusammenhang mit der Inflation von Magma in ein flach gelegenes Speicherreservoir und sind vulkanotektonischen Ursprungs: Das in den Untergrund eindringende Magma verursacht Gesteinsbruch, der die Erschütterungen auslöst. Die Inflation verursacht nicht nur die Erdbeben, sondern auch eine Bodenhebung, die in den letzten Tagen eine Versteilung der Vulkanflanken im Gipfelbereich um 1 µrad pro Tag verursachte.
Das HVO weist in seinem jüngsten Update darauf hin, dass eine signifikante Zunahme der Seismizität und/oder Verformung zu einer neuen Eruption in der Gipfelregion führen könnte. Derzeit gibt es jedoch keine Anzeichen für einen bevorstehenden Ausbruch, außer den beschriebenen Ereignissen. So ist der Schwefeldioxid-Ausstoß im Gipfelbereich recht gering und belief sich zuletzt auf 75 Tonnen pro Tag.
Aktivität am Puʻuʻōʻō gering
Die Seismizität und Bodenverformungsraten in der mittleren und unteren östlichen Riftzone sowie in der unteren südwestlichen Riftzone bleiben niedrig. Die jüngste Eruptionsaktivität und die andauernden Unruhen beschränken sich auf die Regionen des Gipfels und der oberen Riftzone. Kontinuierliche Gasüberwachungsstationen in Windrichtung von Puʻuʻōʻō in der mittleren östlichen Riftzone, dem Ort der Eruptionen von 1983 bis 2018, zeigen keine nachweisbaren SO₂-Emissionen. Allerdings sieht man, dass die Erdbeben im oberen Südostrift immer weiter in Richtung des Puʻuʻōʻō-Kraters migrieren. Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass sich Magma in diese Richtung bewegt und wir in einigen Monaten hier wieder Aktivität erleben werden.
Mögliche Szenarien für den Kilauea
Seit dem Ausbruch am 3. Juni 2024 hat Magma das Speichersystem unter Halemaʻumaʻu und der südlichen Calderaregion wieder unter Druck gesetzt und Erdbeben in der oberen südöstlichen Riftzone und in der Caldera südlich von Halemaʻumaʻu ausgelöst. Derzeit ist unklar, ob diese Aktivitätszunahme zu einer Intrusion oder einem Ausbruch in naher Zukunft führen oder als seismische Unruhe in der Tiefe fortbestehen wird. Generell besteht aber ein erhöhtes Ausbruchsrisiko für den Gipfelbereich des Vulkans Kilauea.