Shiveluch ist ein Vulkan auf der sibirischen Halbinsel Kamtschatka. Er liegt in Sichtweite des Klyuchevskoy, auf der nördlichen Seite des Kamchatka-Tales, dass durch den gleichnamigen Fluss geteilt wird. Alle 2 Stunden überquert eine Fähre den Fluss. Die betagte Fähre besteht eigentlich nur aus einem Schwimmponton, der von einem kleinen Schlepper manövriert wird. Doch die Tage der Fähre sind gezählt: eine neue Brücke befindet sich im Bau. Wir erwischten die letzte Fähre des Tages um 18 Uhr. Gut eine Stunde später wühlte Aleksey seinen 4×4 Bus durch das Ignimbrit-Feld am Fuße des Vulkans. Während sich unser Ziel in Wolken hüllte, konnten wir den Klyuchevskoy in der Ferne Feuer speien sehen. Ganz wohl war mir bei dem Gedanken nicht, nachts weit auf das Ignimbrit-Feld hinauszufahren. Immerhin zeugen die Ablagerungen pyroklastischer Ströme von verheerenden Eruptionen des Shiveluch und wir hatten noch keine Gelegenheit die Aktivität des Vulkans zu beobachten. So fuhren wir nur wenige Kilometer in das Ignimbrit-Feld hinein. Dieses erstreckt sich gut 18 Kilometer vom Lavadom in südöstlicher Richtung. Tiefe Erosions-Canyons durchziehen das Feld und zwangen Aleksey zum wilden kreuzen des Feldes. Bald errichteten wir unser Lager und bauten unser Tipi auf. Obwohl wir weniger hoch waren, als die Tage zuvor am Klyuchevskoy, war es auch hier frostig.
Der nächste Morgen begrüßte uns mit einem Wolkenloch und einen fast freien Blick auf den Shiveluch, der gerade einen kleinen pyroklastischen Strom emittierte. Ein Blick Richtung Klyuchevskoy zeigte: nichts! Keine Lavafontäne, keine Aschewolke mehr, die Eruption schien in der Nacht aufgehört zu haben.
Wir beschlossen unser Lager zu verlagern und wagten uns noch einige km weiter in die Todeszone des Vulkans vor. Aleksey ging bis ans Limit und fuhr seinen Wagen in einer Mulde fest, die mit Schnee gefüllt war. Die Verschränkungfähigkeit seines Mitsubishis war erstaunlich!
Da nachmittags mal wieder ein Schneesturm aufzog, verließen wir die allzu exponierte Lage und zogen uns etwas zurück, um erneut ein Lager aufzuschlagen. Am folgenden Morgen waren wir eingeschneit. Eine Wanderung führte uns bis auf wenige Kilometer an den wolkenverhangenen Dom heran. Der Wind peitschte uns wild ins Gesicht und sollte erst am Abend etwas nachlassen. Stunden verbrachten wir in den folgenden Nächten in der Kälte, um die wenigen wolkenfreien Augenblicke nicht zu verpassen. Die Aktivität am Lavadom war ernüchternd. Nur an wenigen Punkten war Rotglut zu beobachten. Gelegentlich lösten sich Schuttlawinen, die eine schwache Lichtspur auf dem Domhang hinterließen. Richard und Martin bewiesen mehr Ausdauer als ich und verbrachten fast die ganzen Nächte im Freien, während ich mich stundenweise in meinen Schlafsack kuschelte.
Eine größere Eruption blieb während unserer Zeit am Shiveluch aus. Trotzdem war es eine faszinierende Erfahrung auf Du und Du mit diesem Vulkan gewesen zu sein.