Erdbebentätigkeit auf hohem Niveau stabil – Situation bleibt angespannt
In den ersten 6 Stunden des Tages registrierte das seismische Netzwerk auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel gut 500 Erdbeben. Die stärkste Erschütterung manifestierte sich heute Morgen und hatte eine Magnitude von 3. Das Epizentrum befand sich 3,7 km nordnordöstlich von Grindavík, und das Hypozentrum wurde in 5,1 km Tiefe ausgemacht. Es lag also in der Gegend von Halgafell in einer Tiefe, in der der magmatische Gang am aktivsten ist. Die Magmenbewegungen im Gang sollen sich weiter verlangsamt haben, dennoch scheint viel Schmelze in dem beschriebenen Gebiet des Erdbebens aufzusteigen. Ein Grund, warum es bis jetzt nicht zur Eruption gekommen ist, liegt vermutlich darin, dass der Dyke länger geworden ist und nun 20 km lang sein soll. Er breitete sich vor allem an seinem Nordende aus. Der Gasdruck im Gang reicht offenbar nicht aus, um die Schmelze Richtung Erdoberfläche zu treiben. Dabei wird sie in nur ca. 400-500 m Tiefe vermutet.
Gestern unternahm man Messungen in einem Bohrloch, das zum Geothermalkraftwerk Svartsengi gehört, und detektierte Schwefeldioxidgas. Das Bohrloch wurde diagonal abgeteuft und reicht bis unter den Vulkanhügel Halgafell in einer Tiefe von 2,5 km. Manche Autoren schreiben auch, dass es in Richtung der Kraterreihe Sundhnúksgigur führt. Jedenfalls wird in dem Areal das Zentrum des Magmenaufstiegs vermutet. Das Schwefeldioxid im Bohrloch wird als Beweis dafür angesehen, dass sich in der Tiefe tatsächlich Mama akkumuliert.
Die Vulkanologen von IMO fertigten eine neue Karte an, auf der nicht nur der magmatische Gang eingezeichnet ist, sondern auch die beiden Störungszonen des Rifts, an denen sich der Boden um 25 cm absenkte. Die Subsidenz ist noch nicht abgeschlossen. Der Boden senkt sich zudem nicht nur ab, sondern driftet auch noch weiter auseinander. Es sieht so aus, als wären wir Zeugen einer tektonischen Grabenbildung geworden, die im Zusammenhang mit der Kontinentaldrift steht: Island liegt auf dem mittelatlantischen Rücken, der die divergente Naht zwischen Eurasien und Nordamerika darstellt. Während sich Europa kaum bewegt, driftet Nordamerika mit einer Rate von bis zu 2 cm pro Jahr nach Westen. Diese Krustenbewegung zerrt an Island und die Erdkruste gibt dem Stress von Zeit zu Zeit nach und reißt. Manche Forscher wie der in den USA lebende Vulkanologe Haraldur Sigurðsson sehen diesen Prozess als Grund für die Bildung des Rifts an und nicht die Intrusion des Magma. Das Magma schoss demnach nach oben, als sich der Spalt aufgrund der tektonischen Kräfte öffnete, und verfügt demnach (noch) nicht über genug Gasdruck, als dass es eruptieren könnte. Gesteinsschmelze ist zwar leichter als das feste umgebende Gestein und steigt wie ein Korken im Wasser auf, doch dieser Dichteunterschied ist in ca. 5 km Tiefe ausgeglichen, weshalb sich dort normalerweise die obersten Magmenkörper bilden. Für den weiteren Aufstieg muss der Gasdruck in der Schmelze größer als der Umgebungsdruck sein, was bis jetzt scheinbar nicht der Fall ist.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Graben aufgrund tektonischer Prozesse formierte, dürfen wir nicht vergessen, dass sich bereits vor letzter Woche Freitag, als sich der Riss öffnete, Magma im Untergrund ansammelt. Diese Magmenakkumulation scheint unabhängig der Grabenbildung weiter zu gehen, denn die GPS-Messungen zeigen wieder eine Bodenhebung in Gegenden außerhalb des Grabens an. Vor allem hebt sich der Boden im Bereich vom Fagradalsfjall. Daher könnten wir auch dort bald wieder einen Vulkanausbruch sehen.
Entlang des magmatischen Gangs besteht weiterhin eine hohe Ausbruchsgefahr. Einige isländische Vulkanologen meinen, dass diese für die nächsten 2 Wochen hoch bleibt. Sollte es bis dahin nicht zu einem Ausbruch gekommen sein, würde die Gefahr abnehmen.