Lavastrom überwindet bei Svartsengi die Befestigungsanlage – Feuerwehrleute löschen Lavafront
Heute Nacht überwand ein weiterer Lavastrom die Deiche der Befestigungsanlagen beim Geothermalkraftwerk Svartsengi. Der Lavastrom ist stärker als jener, der bereits am Dienstag den Damm überfloss. Bilder zeigen, wie Feuerwehr und Hilfskräfte mit vereinten Kräften und schwerem Gerät gegen den Lavastrom ankämpfen. Doch noch immer kommt das Wasser aus den Schläuchen der Feuerwehr. Bis eine Pipeline mit fester Verrohrung steht und starke Pumpen das Wasser der Blauen Lagune zur Lavafront transportieren können, wird wohl – selbst in isländischem Tempo – noch einige Zeit vergehen. Das Material muss erst einmal beschafft werden, und starke Pumpen wachsen auch nicht auf den Bäumen, mal davon abgesehen, dass es davon in Island nicht so viele gibt.
Dass ausgerechnet jetzt die Dämme von Lava überflutet werden, überrascht ein wenig, denn die sichtbare Aktivität am Krater auf der Sundhnukur-Spalte hat signifikant nachgelassen. Im Dämmerlicht der Mittsommernacht war noch rot illuminierter Dampf über dem Krater sichtbar, aber das Becken des Kanals ist offenbar komplett leergelaufen und Teile der Wände kollabierten weiter. Es gab nur ein kurzes Squeeze-Out von etwas Lava, die aus Richtung des Kraters kam. Der Tremor hat an der Messstation Litla-Skógfell, die am Nordende der Sundhnukur-Spalte steht, nachgelassen. Auf der Messstation Grindavik im Süden der Spalte fluktuiert er, ist aber noch erhöht.
Die Lava, die bei Svartsengi am Damm austritt, ist überwiegend unterirdisch unterwegs und fließt durch Tubes. Die Vermutung liegt nahe, dass die Schmelze aus dem Becken am Krater und natürlich auch ein guter Teil des Lavasees im Krater in den letzten Tagen nach Norden in Richtung Sýlingarfell abgeflossen ist und dort den Druck im sekundären Lavasee erhöht hat, bis auch dieser drainierte und den Lavastrom Richtung Svartsengi schickte. In ihrem letzten Update schrieben die IMO-Vulkanologen, dass das Lavafeld bei Sýlingarfell immer dicker wird und sich dort eine Röhre gebildet hat. Die Lavafront ist noch ein gutes Stück vom Kraftwerk entfernt, und ich denke nicht, dass der Nachschub an Lava so lange anhält, dass der Lavastrom das Kraftwerk erreichen wird.
Die Bodenhebung bei Svartsengi geht praktisch unverändert weiter und beschleunigte sich trotz Nachlassens der sichtbaren Aktivität am Krater bis jetzt nicht. Entweder gibt es noch einen verborgenen Förderschlot oder es steigt bei weitem nicht mehr so viel Magma aus dem tief gelegenen Reservoir in das flacher liegende auf wie zuvor. Sollte sich die Hebungsrate nicht beschleunigen, wird bis zum nächsten Ausbruch wahrscheinlich deutlich mehr Zeit vergehen, als wir es seit November gesehen haben. Wenn es an dieser Stelle überhaupt zu einem weiteren Ausbruch kommen sollte.