Vulkanausbruch auf Island geht weiter – Strommasten zerstört
Der Vulkanausbruch auf der isländischen Reykjaneshalbinsel hält auch mittags weiter an, hat sich aber gut 12 Stunden nach seinem Anfang deutlich abgeschwächt. Die Eruptionsspalte auf der Sundhnúkur-Kraterreihe ist nur noch auf halber Strecke aktiv und der Lavaausstoß hat sich reduziert. Während der Initialphase der Eruption betrug der Lavaausstoß ca. 1200 Kubikmeter pro Sekunde und lag damit deutlich unter den etwa 2500 Kubikmetern pro Sekunde, die bei der letzten Eruption gefördert wurden.
Obwohl sich der Lavanachschub bereits verringerte, hat sich die Lavafront in kurzer Zeit weiter ausgebreitet und die nördlichen Schutzwälle in der Region Njarðvíkuræd beim Geothermalkraftwerk Svartsengi erreicht. Dort wurden einige Strommasten zerstört, die außerhalb der Schutzwälle lagen. Offenbar hat es sich um wichtige Strommasten gehandelt, denn in Grindavik und im Geothermalkraftwerk selbst fiel der Strom aus. Damit wurde auch die Warmwasserversorgung von Grindavik unterbrochen, denn die Pumpen kamen zum Stillstand. Die Lava floss auch über die Wasserleitungen, die im Februar im Boden vergraben wurden. Sie sollen noch intakt sein. Grindavik selbst ist nicht weiter beschädigt worden, wird aber per Drohne überwacht.
Nachts wurde auch das Ressort der Blauen Lagune evakuiert. Gut 200 Personen haben sich dort aufgehalten. Bei den meisten Leuten handelte es sich um Hotelgäste. Ich finde es mittlerweile ziemlich erheiternd, wie unterschiedlich Gefahrenlagen eingeschätzt werden, sobald nur genug Geld im Spiel ist: Während man als Individualreisender und journalistischer Fotograf an den Vulkanen der Welt auf immer mehr Restriktionen stößt, wird der Badebetrieb eines millionenschweren Unternehmens seelenruhig weitergeführt, obwohl man weiß, dass sich in 4 bis 5 Kilometern Tiefe unter dem Ressort Magma ansammelt. Kleine Verschiebungen im Untergrund können jederzeit dazu führen, dass die Lava woanders ausbricht als angenommen, und selbst wenn das Ressort selbst nicht direkt in der Lava vergeht, könnten Fluchtwege abgeschnitten werden. Die Fehleinschätzung der Vulkanologen, dass es im November aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr zu einem Ausbruch kommen wird, und die geringe Vorwarnzeit von weniger als 30 Minuten sollten doch langsam auch den verantwortlichen Behörden und Politikern klar machen, wie unberechenbar die Situation ist und auch bleiben wird, solange sich Magma im Untergrund akkumuliert. Was da wohl los sein wird, wenn sich das Thermalbad mal in einen gigantischen Kochtopf mit Fleischeinlage verwandelt?
Das Beispiel zeigt, dass an einem Vulkan alles sehr schnell eskalieren kann und Eruptionen nicht immer nach „Schema F“ ablaufen. Auf Island kommt hinzu, dass der Untergrund im Svartsengi-Gebiet und insbesondere bei Sundhnúkur ausgeleiert ist und dem Magma nur noch wenig Widerstand beim finalen Aufsteigen geboten wird, so dass die Seismizität vor einem Ausbruch von Mal zu Mal schwächer wird, was zuverlässige Prognosen erschwert bis unmöglich macht.
Übrigens, der Lavastrom nähert sich aktuell dem Parkplatz der Blauen Lagune an! Ohne Schutzdämme wäre das Resort spätestens jetzt Geschichte.