Grimsvötn: 5. Tag des Vulkanausbruches

Update 18.20 Uhr: Eine Gruppe von Vertretern der Tourismusbranche besuchte den Grimsvötn heute Nacht. Sie sahen nur noch Dampf aufsteigen und gehen vom Ende der Eruption aus. Der Tremor ist zwar rückläufig, bewegt sich aber noch auf hohem Niveau. Daher halte ich weitere Explosionen für möglich. Der Luftraum über Deutschland wurde inzwischen wieder frei gegeben.

……….

Der 5. Tag der Grimsvötn-Eruption beschert Flugverbote und die Schließung von Flughäfen in Norddeutschland. Unterdessen hat die Eruption weiter nachgelassen. Eine geschlossene Wolkendecke über dem Vatnajökull verhindert visuelle Beobachtungen, Radarmessungen konnten die Eruptionswolke nicht mehr erfassen. Sie soll daher auf jeden Fall niedriger als 5 km sein. Bereits gestern ging der Ascheausstoß von über 10.000 Tonnen pro Sekunde auf unter 1000 t/s zurück.

In den letzten Stunden wurden wieder Erdbeben unter dem Vatnajökull aufgezeichnet. Diese lagen allerdings südlich vom Eruptionszentrum. Möglicherweise befindet sich dort ein Schmelzwassersee unter dem Gletscher, der die Eisdecke bewegt und sich auf einen Durchbruch vorbereitet. Dann würde es einen der gefürchteten Gletscherläufe geben.

Auch am Westrand des Vulkans Katla traten einige Erdbeben auf. Einige Wissenschaftler und Vulkanophile rechnen (hoffen) mit einem Ausbruch des Vulkans unter dem Gletscher Myrdalsjökull. Die letzten 3 Eruptionen der Katla folgten 6 – 18 Monate nach einem Ausbruch des Eyjafjallajökulls, dessen Ausbruch nun 12 Monate her ist.

Ich persönlich halte das Flugverbot bei den geringen Aschekonzentrationen über Deutschland für übertrieben. Sicherlich können Flugzeuge gefährdet werden, die durch eine dichte Aschewolke in Vulkannähe fliegen, aber bei Korngrößen die Feinstaubpartikeln entsprechen, halte ich dies für eher unwahrscheinlich. Die Hysterie ist sehr wahrscheinlich darin begründet, dass solche feinen Partikel in den geringen Konzentrationen jetzt erst nachweisbar sind. Vulkanausbrüche von der Größe des Grimsvötn gibt es weltweit ca. alle 3 Jahre, solche von der Größe des Eyjafjallajökulls ereignen sich jährlich. Ich frage mich, warum nicht mal langsam entsprechende Versuche im Windkanal gemacht werden um die Frage nach der Belastbarkeit der Maschinen zu klären. Stichwort: Sandstrahlgebläse!

In diesem Zusammenhang hat die Fluggesellschaft Ryanair gestern einen Selbstversuch gestartet: eine Maschine flog über Schottland (wo die Aschekonzentration noch höher war, als über Norddeutschland) durch die Aschewolke und es ist absolut nichts Auffälliges passiert.

Das ganze Debakel zeigt allerdings deutlich, wie wenig die Behörden in Deutschland und Europa auf Naturkatastrophen vorbereitet sind. Man rechnet hier nur mit Überflutungen und Stürmen. Nur weil die Europäer in den letzten Jahrzehnten weitestgehend von dramatischen Ereignissen wie Erdbeben und Vulkanausbrüchen verschont geblieben sind, heißt es nicht, dass sich nicht jederzeit ein Naturphänomen ereignen könnte, das zur Katastrophe wird. Ein landesweiter Ausfall des Stromnetzes würde nach einigen Tagen den Zusammenbruch der Gesellschaft bewirken.

4 Gedanken zu „Grimsvötn: 5. Tag des Vulkanausbruches“

  1. Die britische Flugsicherung bestreitet, dass die Ryanair-Maschine durch die angebliche Wolke geflogen ist. Aber wie auch immer. Bislang ist nichts über einen Messflug bekannt. Ramsauer spricht zwar von zahlreichen Messtationen in Deutschland, aber ich bin davon überzeugt, alles fußt auf dem Rechenmodell des britischen Met-Office.

    • Ja, so ist es, das beruht alles auf Modellrechnungen des VAAC in London. Es kommt ja auf die Partikelkonzentration in höheren luftschichten an, da hilft keine Messstation am Boden. Ob die Falcon des DLR wieder unterwegs war, weiß ich nicht. Normalerweise brauchen die ein paar Tage um das Flugzeug entsprechend umzurüsten.

      • Die Gefahr besteht nicht nur aus der Erosion an exponierten Flugzeugbauteilen wie Triebwerkseinläufe und Cockpitscheiben oder Verschmelzen der Asche an heißen Triebwerksteilen. Feinste Aschepartikel können durch das Air Conditioning System in die Kabine und in die luftgekühlte Elektronik des Flugzeuges geraten. Und da bestehen eben zusätzliche Gefahren. Und dort könnte die Asche z.B. die Feinfilter schädigen oder direkt in die Elektronik gelangen. Oder durch den pneumatische Vorspanndruck der Hydraulikanlagen kann theoretisch auch Asche in die Hydraulikanlage eines Flugzeuges gelangen. Deswegen macht es schon Sinn, Flugverbote rechtzeitig auszusprechen, auch wenn die Wolke so an sich nicht sichtbar ist.
        Aber ich gebe Euch recht. Die Wirtschafts- und Infrastrukturen in Europa sind auf einen richtigen Vulkanausbruch nicht vorbereitet. Und dabei gibt es sogar ruhende (nicht erloschene) Vulkangebiete mitten in Europa und auch in Deutschland. Und wie weitreichend Vulkanausbrüche sein können (klimaologisch oder auch sozialpolitisch), hat die Vergangenheit schon oft genug bewiesen.

      • Sicherlich ist es teilweise berechtigt jedes Risiko auszuschließen, allerdings dürfte man dann z.B. nicht über die Sahara fliegen, oder wenn bei uns der Scirocco rüberweht. In der Arabischen Welt gibt es Grenzwerte für Wüstensand in der Luft und tatsächlich entsprechende Flugverbote. Allerdings sind die Grenzwerte höher angesetzt, als die für Vulkanasche bei uns. Es sind dringend Studien und Konzepte nötig, nicht nur Modellrechnungen!

        Auf Notsituationen ist man hier garnicht vorbereitet. Es gibt nicht einmal Lebensmittel-Depots, oder Trinkwasser-Reserven, wenn flächendeckend der Strom ausfällt!
        Was wenn… eine VEI 7 Eruption der Campi Flegrei würde hier für Wochen und Monate alles lahmlegen! Wie würde man die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten? Eine Naturkatastrophe globalen Ausmaßes kommt bestimmt irgendwann, leider denken die Verantwortlichen nur in Zeiträumen, die ihren Legislatur-Perioden entsprechen.
        Die jetzigen Technologie-Konzepte sind nur auf Schnelligkeit und Effizienz ausgelegt, aber nicht auf Robustizität und Sparsamkeit. Nicht umsonst fliegt man in der Antarktis noch mit modernisierten DC 3s durch die Gegend.

Kommentare sind geschlossen.