Mehr als 4900 Tote in der Türkei und Syrien
Nach der starken Erdbebenserie gestern wird langsam das ganze Ausmaß der Katastrophe sichtbar, wobei von Anfang an klar war, dass die Region von einer der schlimmsten Erdbebenkatastrophen der letzten Jahrzehnte heimgesucht wurde. Bis jetzt wurden in der Türkei und in Syrien mehr als 4900 Todesopfer bestätigt. Hinzu wurden über 20.000 Verletzte gemeldet. Es ist davon auszugehen, dass die Todeszahlen weiter steigen werden: unter den Trümmern der zahlreichen eingestürzten Hochhäuser werden noch viele Opfer verschüttet sein. Noch ist es das Ziel, nach Verschütteten zu suchen, die noch unter den Trümmern am Leben sein könnten, doch die Chance sie zu retten sinkt von Stunde zu Stunde.
Inzwischen sind großangelegte Hilfsaktionen angelaufen. Die Türkei hatte kurz nach der Katastrophe um internationale Hilfe gebeten. Wer helfen möchte, kann bei einer der vielen Organisationen spenden.
Was war geschehen? Gestern um 01:17:36 UTC begann eine Serie starker Erdbeben. Das Initialbeben hatte eine Momentmagnitude von 7,8. Das Epizentrum lag 30 km west-nordwestlich der Millionenstadt Gaziantep. Nur wenige Minuten später folgte ein weiter starker Erdstoß Mw 6,7. Er manifestierte sich ca. 11 Minuten nach dem ersten Beben. Das Epizentrum lag in der gleichen Region. Während sich das Hypozentrum des ersten Bebens in 10 km Tiefe befand, lag das zweite Beben 40 km tief. Aufgrund der geringeren Magnitude und der größeren Tiefe war es an der Erdoberfläche weniger stark zu spüren gewesen. Trotzdem versetzte es vielen bereits beschädigten Gebäuden den Todesstoß. Dem nicht genug, ereignete sich um 10:24:49 UTC ein weiteres starkes Erdbeben der Magnitude Mw 7,5. Es wurde in den Medien als Nachbeben bezeichnet, doch dieser Meinung bin ich nicht. Hierbei handelte es sich um ein weiteres Starkbeben, das vom EMSC in gut 90 km Entfernung von den anderen Beben lokalisiert wurde. Demnach befand es sich nordwestlich des eigentlichen Bebenclusters. Sein Epizentrum wurde 11 km süd-südöstlich von Elbistan ausgemacht. Der Erdbebenherd lag auch hier 10 km tief. Der Erdstoß wirkte sich natürlich auch auf die Erdbebenzone aus und verursachte weitere Schäden. Insofern war der Appell der Behörden, der nach dem ersten Erdstoß ausgegeben wurde, die Häuser nicht mehr zu betreten, das Gebot der Stunde!
Neben diesen 3 Beben, die ich als Bebenserie bezeichnen würde, gab es Hunderte Nachbeben entlang des unteren Bereichs der Ostanatolischen Verwerfung. In dem betroffenen Bereich teilt sie sich in 2 Arme auf, deren Verlauf sehr gut anhand des geteilten Bebenclusters auf der Shakemap zu sehen ist. Die meisten Erschütterungen gab es entlang des südlichen Arms, der nahe der Grenze zu Syrien verläuft. Das dritte Beben Mw 7,5 lag am Nordarm der Störung und verursachte dort die Nachbeben. Das EMSC registrierte 25 Nachbeben mit Magnituden ab 5. Alleine diese Beben hatten schon ein moderates Zerstörungspotenzial. Aktuell nehmen Häufigkeit und Intensität der Nachbeben ab.