Der Antelope-Canyon im Land der Navajos

Lichtstrahl im Antelope Canyon. © Leroy Szeglat

Den Antelope-Canyon besuchte ich bereits zweimal. Das erste Mal zu Anfang der 1990er Jahre, als der Canyon noch ein Geheimtipp für Liebhaber geologischer Naturwunder war, das zweite Mal im Juli 2024, als der Massentourismus dieses Kleinod komplett entzaubert hatte. Obwohl das Spiel von Licht, Schatten und Farbe unverändert war, wurde der Slotcanyon von den vielen Menschen entweiht. Schon erstaunlich, was einige Jahrzehnte der Entwicklung nicht alles kaputt machen können.

Antelope-Canyon: Im Sandstein aus der Zeit der Dinosaurier

Dabei ist die Basis des Canyons alt, uralt sogar, denn die Sandsteine der Navajo-Serie des Coloradoplateaus wurden bereits im Erdzeitalter Jura abgelagert und sind zwischen 190 und 180 Millionen Jahren alt. Zu dieser Zeit erlebten die Dinosaurier ihre volle Blüte. Die Sandkörner wurden über mehrere Millionen Jahre hinweg in einer Wüste abgelagert, so dass ein riesiges Dünenfeld entstand. Der Sand geriet unter den Druck der immer mächtiger werdenden Schichten und zementierte, indem Fluide Mineralien wie Quarz und Kalzit durch die Poren zirkulieren ließen und mineralisierten. Eisenoxide verliehen dem Sandstein seine rote Färbung.

In den folgenden Jahrmillionen wurde das Gebiet durch tektonische Kräfte angehoben. Dies setzte die Sandsteinformationen den Elementen aus, insbesondere dem Wasser, aber auch Wind und Frost nagten an ihm. Der eigentliche Canyon entstand durch die Erosion: Während der Regenzeit fließen in der Region starke Regenfälle, die zu heftigen Sturzfluten führen. Diese Fluten spülten mit enormer Kraft durch den Sandstein und schnitten dabei die engen, tiefen Schluchten aus, die heute als Slot Canyons bekannt sind. Von diesen gibt es mehrere auf dem Coloradoplateau und besonders abenteuerliche Gesellen entwickelten eine eigene Sportart: das Canyoning.

Die Erosion durch Wasser war so intensiv, dass sich die schmalen und tiefen Schluchten bildeten, die den Antelope-Canyon auszeichnen. Die geschwungenen, wellenförmigen Wände und die glatten Oberflächen sind das Ergebnis dieser lang andauernden Erosionsprozesse.

Die beeindruckenden Lichtspiele im Canyon sind ein Nebeneffekt der engen Spalten an der Oberfläche, durch die das Sonnenlicht nur an bestimmten Stellen und zu bestimmten Tageszeiten einfällt. Diese wechselnden Lichtverhältnisse tragen zur Schönheit und Einzigartigkeit des Canyons bei. Tatsächlich gibt es Bereich im Antelope Canyon, die ehr den Charakter einer Höhle aufweisen als den einer Schlucht, so schmal ist er an der Oberfläche. Außerdem gibt es eine Oberen- und Unteren-Antelope-Canyon, da er in seiner Mitte erodierte und nicht ganz durchgeht.

Bei meinem jüngsten Besuch dort macht mich unser indigener Führer auf eine dünne Schicht vulkanischen Gesteins aufmerksam, die er als alten Lavastrom bezeichnete. Er meinte, dass es hier früher einen Vulkan gegeben habe, der Lavaströme aussandte, als sich die Sandsteine abgelagert haben. Leider blieb keine Zeit, damit man sich das genauer anschauen konnte. Für mich sah es allerdings eher wie ein zementiertes Konglomerat oder eine dünne Tuffschicht aus. Für einen Lavastrom war mir die Schicht zu dünn. Allerdings ist sie halt so alt wie der Sandstein und könnte schon einiges an Erosion und Umwandlung erlebt haben, bevor sich weitere Sandstein auf ihr ablagerte. Zudem gab es in dem Areal eine Diskordanz. In der Literatur konnte ich keinen Hinweis auf entsprechende Gesteine am Antelope Canyon entdecken, obwohl es bekannt ist, dass es am nahegelegenen Grand Canyon Vulkanausbrüche gab.

Übrigens: Der Antelope-Canyon ist nicht in einem Nationalpark geschützt, sondern liegt auf Privatland eines Navajo-Reservats. Lange Zeit war er nur den amerikanischen Ureinwohnern bekannt. Für die Navajos war der Canyon lange Zeit ein heiliger Ort. Erst im 20. Jahrhundert tauchte er in der Literatur auf, zunächst in wissenschaftlichen Berichten und Tagebüchern und später in Reiseführern und Kunstwerken. Sein Bekanntheitsgrad stieg deutlich in den 1980er und 1990er Jahren, hauptsächlich durch die Arbeit von Fotografen, die seine außergewöhnliche Schönheit dokumentierten.